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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 28.06.2004
Aktenzeichen: 12 U 464/02
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 256 Abs. 1
ZPO § 287
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 252
1. Die wesentliche Grundlage für die Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes bilden das Maß und die Dauer der Lebensbeeinträchtigung des Unfallgeschädigten, die Größe, Heftigkeit und die Dauer der Schmerzen und Leiden sowie die Dauer der Behandlung und der Arbeitsunfähigkeit, Übersehbarkeit des weiteren Krankheitsverlaufes, die Fraglichkeit der endgültigen Heilung sowie ferner Grad des Verschuldens und die Gesamtumstände des Falles. Dabei ist der aus der Rechtsprechung ersichtliche Rahmen nicht zu sprengen.

2.a) Lücken im Vortrag des Unfallgeschädigten zu seinem unfallbedingten Verdienstausfall muss das Tatgericht durch Schätzung des Mindestschadens ausfüllen. Dies gilt aber nur, wenn es nicht an einer ausreichenden Befundgrundlage fehlt. Für eine Schätzung des Verdienstausfalls eines Versicherungsmaklers ist es erforderlich, an die Geschäftsentwicklung und die Geschäftsergebnisse in den letzten Jahren vor dem Unfall anzuknüpfen. Fehlen genaue Anhaltspunkte und ausreichende Vergleichszeiträume, so muss angenommen werden, dass ohne den Unfall wenigstens eine durchschnittliche Geschäftsentwicklung zu erwarten gewesen wäre. Eine Schätzung scheitert im Fall eines angeblich teilweise eingetretenen Verdienstausfalls, wenn Daten über einen genügenden Vergleichszeitraum fehlen und die vorhandenen Einzelinformationen gegen den Eintritt eines Verdienstausfallschadens sprechen.

b) Ist die Leistungsklage auf Ersatz von Verdienstausfall in diesem Sinne unbegründet, dann kann der Kläger insoweit auch nicht hilfsweise die Feststellung der Ersatzpflicht des Unfallverursachers und seines Haftpflichtversicherers begehren.


OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 12 U 464/02

Verkündet am 28.06.2004,

in dem Rechtsstreit

wegen eines Schadensersatzanspruches aus einem Verkehrsunfall.

Der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dierkes, die Richterin am Oberlandesgericht Frey und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Eschelbach

auf die mündliche Verhandlung vom 7. Juni 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 28. Februar 2002 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um den Schadensersatzanspruch des Klägers aus einem Verkehrsunfall vom 25. März 1998. Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig; umstritten sind der Anspruch des Klägers auf Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes und auf seinen Ersatz von Verdienstausfall als Versicherungsvertreter. Der Unfall ereignete sich dadurch, dass ein Lkw der Zweitbeklagten, der vom Erstbeklagten geführt wurde und der bei der Drittbeklagten gegen Haftpflicht versichert ist, auf den an einer Ampel stehenden Pkw Toyota Corolla des Klägers auffuhr und dann dieses Auto auf ein wiederum davor befindliches Fahrzeug aufschob. Dadurch entstanden kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderungen beim ersten Aufprall von 19 - 24 km/h und beim Sekundäraufprall von 10 - 14 km/h (Bl. 220 f. GA). Durch den zweimaligen Aufprall erlitt der Kläger eine HWS-Distorsion ohne knöcherne oder sonst optisch dokumentierbare Verletzungen. Wegen Übelkeit und Schwindel wurde er drei Tage lang im Krankenhaus beobachtet. Danach war er wiederholt krankgeschrieben. Die Drittbeklagte hat vorgerichtlich ein Schmerzensgeld von 3.500 DM gezahlt und weitere Forderungen zurückgewiesen.

Der Kläger hat vorgetragen, er habe vor dem Unfall in der Anlaufphase seiner Tätigkeit als Versicherungsmakler vom 1. Oktober 1996 bis zum 1. März 1997 insgesamt 28.800 DM (Bl. 36 GA) bzw. 27.074,66 DM (Bl. 127 GA) an Provisionen verdient, im Zeitraum von 1. März 1997 bis zum 1. März 1998 aber insgesamt 60.673,03 DM (Bl. 3 GA) bzw. 52.809,60 DM zuzüglich 3.600 DM "Bestandsprämie" (Bl. 127 GA); im Zeitraum vom 1. März 1998 bis zum 1. Dezember 1998 habe er überwiegend unfallbedingt nur noch 13.724,56 DM an Provisionen erhalten (Bl. 36 GA) bzw. vom 1. April 1998 bis 1. Dezember 1998 nur 11.079,46 DM (Bl. 128 GA). Dann sei er als Versicherungsmakler bei der P... Versicherung ausgeschieden. Stornobeträge von seinem Provisionsverdienst, wie er vor dem Unfall festzustellen sei, seien nicht mehr abzusetzen (Bl. 36 GA). Er sei vom 25. März 1998 bis 1. Juni 1998 unfallbedingt arbeitsunfähig krank gewesen; danach habe er einen Arbeitsversuch unternommen, der aber wieder abgebrochen worden sei. Vom 9. Juni 1998 bis zum 30. Juni 1998 habe er nur drei Stunden täglich arbeiten können; demnach habe zu 62,5 % Arbeitsunfähigkeit bestanden. Wegen Verschlimmerung seines Zustands habe er vom 1. Juli 1998 bis 10. Juli 1998 nicht arbeiten können. Danach habe er wieder einen Arbeitsversuch unternommen, der erneut abgebrochen worden sei. In der Zeit vom 17. Juli 1998 bis zum 26. Juli 1998 sei er wiederum zu 62,5 % in der Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt gewesen, ebenso nach einem zwischenzeitlichen Arbeitsversuch wieder in der Zeit vom 18. August 1998 bis 15. September 1998. Insgesamt sei ihm ein Verdienstausfall entstanden, der sich anhand der Vorjahreseinnahmen schätzen lasse. Aus dem von der P... Versicherung bescheinigten Provisionsumsatz für das Jahr bis zum Unfall von 60.673,04 DM ergebe sich ein Provisionsverdienst im Monatsdurchschnitt von 5.056 DM und ein Tagesdurchschnitt von 168,53 DM (Bl. 5 GA); aus dem später errechneten Provisionsverdienst von 87.097,67 DM für die Zeit vom 1. Oktober 1996 bis 1. April 1998 ergebe sich ein Monatsdurchschnitt von 4.838,75 DM (Bl. 128 f. GA). Danach berechne sich der Verdienstausfall in den genannten Zeiten der Arbeitsunfähigkeit zu 100 % oder zu 62,5 % von insgesamt 27.070,11 DM an Provisionen vor Steuer (Bl. 6 GA; in Bl. 129 GA: 11.079,46 DM). Ein Steuerabzug sei mangels Einkommensteuerpflicht nicht zu seinen Lasten vorzunehmen, weil er Verlustanteile (Bl. 13 GA) wegen einer Beteiligung an einer Boutique zu tragen gehabt habe (Bl. 41 f. GA). Er müsse sich nur ersparte Aufwendungen anrechnen lassen, die sich auf höchstens 25 DM pro Tag beliefen (Bl. 64 GA); das seien insgesamt 4.015,62 DM. Er sei täglich 20 - 30 km mit dem Auto gefahren und habe 5 DM Telefonkosten pro Tag verursacht (Bl. 62 GA). Die Differenz ergebe die Klageforderung. Er habe vor dem Unfall ein monatliches Fixum von 1.800 DM (Bl. 176 GA) bzw. 1.500 DM (Bl. 165)erhalten, das nach dem Unfall nicht mehr ausgezahlt worden sei (Bl. 126 GA). Die weiter gehende Schmerzensgeldforderung sei mit Blick auf die chronische Beeinträchtigung infolge der HWS-Distorsion gerechtfertigt.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, an ihn gesamtschuldnerisch 23.054,49 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

den Beklagten zu 1) zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens jedoch 11.500 DM, nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben geltend gemacht, die Klage auf Schadensersatz wegen Verdienstausfalls sei unsubstantiiert. Soweit sie sich auf Umsatzbescheinigungen der P... Versicherung stütze, die nach den späteren eigenen Mitteilungen des Klägers falsch seien (Bl. 139 f. GA), handele es sich um Gefälligkeitsbescheinigungen (Bl. 183 GA). Soweit Einzelabrechnungsunterlagen ausgewertet worden seien, seien zu Unrecht Fixum und Provisionszahlungen addiert worden (Bl. 142 GA). Für den angeblichen Wegfall der Zahlung des Fixums nach dem Unfall fehle eine vertragliche Grundlage, so dass insoweit ein Verdienstausfall insoweit nicht in Betracht komme (Bl. 143 GA). Die "Bestandspflegeprämie" des Klägers sei bei der Prüfung eines Verdienstausfalls nicht zu berücksichtigen (Bl. 143 GA). Der Nettoverdienst gehe aus allen Mitteilungen des Klägers nicht konkret hervor (Bl. 140 GA). Die attestierten Zeiten der Arbeitsunfähigkeit stünden im Gegensatz zu den ärztlichen Befunden unmittelbar nach dem Unfall. Tatsächlich habe der Kläger - so haben die Beklagten unwidersprochen behauptet - in der Zeit, in der er angeblich arbeitsunfähig krank gewesen sei, Verträge geschlossen (Bl. 27, 141, 153 GA). Es fehle insgesamt an aussagekräftigen Anknüpfungspunkten für eine Schadensschätzung. Zudem habe der Kläger nicht ausreichend dargelegt, welche Provisionseinnahmen er nach dem Unfall gehabt habe. Stornoabzüge seien zu Unrecht in Abrede gestellt worden (Bl. 55 a.E. GA). Die weitere Schmerzensgeldforderung sei nicht gerechtfertigt (Bl. 78 GA).

Das Landgericht hat den Erstbeklagten zur Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes von 1.789,52 Euro (3.500 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 12. Juli 1999 verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen (Bl. 219 ff. GA). Der Verdienstausfall des Klägers sei auch unter Berücksichtigung der Beweiserleichterungen des § 287 ZPO nicht substantiiert dargelegt worden. Eine Schadensberechnung anhand abstrakter Werte der Minderung der Erwerbsfähigkeit genüge nicht den Anforderungen an eine konkrete Schadensberechnung. Die Vorlage von Kontoauszügen reiche nicht aus, um einen konkreten Sachvortrag zu ersetzen. Der Kläger hätte mit Blick auf Verzögerungen bei der Gutschrift die Verträge, die zu einer Provision geführt hätten, konkret benennen müssen. Andernfalls sei nicht nachvollziehbar, dass und in welchem Umfang nach dem Unfall geringere Provisionseinnahmen erzielt worden seien. Für das HWS-Syndrom zweiten Grades sei ein Schmerzensgeld von insgesamt 7.000 DM angemessen.

Gegen dieses Urteil vom 28.2.2002 richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er weiter gehende Ansprüche verfolgt. Der Kläger macht geltend, das Landgericht hätte die Klage auf Ersatz des Verdienstausfalls nicht als unsubstantiiert abweisen dürfen; jedenfalls hätte es die Leistungsklage in eine Feststellungsklage umdeuten müssen. Er habe dargelegt und unter Beweis gestellt, dass sein monatlicher Durchschnittsverdienst vor dem Unfall 5.123,39 DM, danach nur noch 1.384,93 DM betragen habe. Das ergebe sich aus der erstinstanzlich vorgelegten Tabelle, welche die im Anlagenordner enthaltenen Buchungsbelege der P... Versicherung ausgewertet habe. Daraus gehe hervor, dass er vom 1. Oktober 1996 bis 1. März 1997 insgesamt 27.074,66 DM, vom 1. März 1997 bis zum 1. März 1998 insgesamt 52.809,60 DM an Provisionen und 300 DM monatliche "Bestandsprämie" eingenommen habe. Bei allem seien Stornobeträge bereits berücksichtigt. Weitere 3.613,41 DM Provisionen seien zwar vor dem Unfall verdient, aber erst danach gezahlt worden. Insgesamt ergebe dies 87.097,67 DM in 17 Monaten, also 5.123,39 DM im Monatsdurchschnitt (Bl. 127, 348, 393 GA). Nach dem Unfall habe er bis zum Ende der Beschäftigung für die P... Versicherung 11.079,46 DM an Provisionen in acht Monaten verdient, also 1.384,94 DM im Monatsdurchschnitt. Daraus ergebe sich für sechs Monate ein Differenzbetrag von 22.430,67 DM. Hiervon seien ersparte Aufwendungen von 30 DM pro Arbeitstag abzusetzen, insgesamt also 3.600 DM in sechs Monaten. Daraus ergebe sich ein Erwerbsschaden von 18.830,76 DM (9.628,01 Euro) brutto. Steuerbeträge seien nicht abzuziehen; die Steuer werde er im Fall einer Verurteilung und Zahlung der Beklagten abführen (Bl. 350 GA). Bezüglich der Schmerzensgeldklage habe das Landgericht eine überholte Einteilung verschiedener HWS-Verletzungen zu Grunde gelegt. Es habe die konkreten Befunde nicht vor Augen gehabt (Bl. 352 ff. GA).

Der Kläger beantragt,

I. unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 9.628,01 Euro (18.830,76 DM) nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

hilfsweise festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger den Verdienstausfall aufgrund des Unfallereignisses vom 25. März 1998 für den Zeitraum vom 26. März 1998 bis September 1998 zu erstatten,

2. den Beklagten zu 1) zu verurteilen, an ihn weitere 1.789,52 Euro (3.500 DM) nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

II. hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie machen geltend, der Kläger verweise für seine Hilfs-Feststellungsklage auf Rechtsprechung zu noch nicht bezifferbaren Unterhaltsansprüchen. Damit sei der vorliegende Fall nicht vergleichbar. Der Kläger müsse seinen bezifferten Erwerbsschaden vielmehr konkret nachweisen; das sei nicht gelungen. Seine Leistungsklage gehe auch deshalb fehl, weil er in der Zeit, in der er angeblich zu 100 % arbeitsunfähig gewesen sei, tatsächlich Verträge abgeschlossen habe. Eine abstrakte Differenzbetrachtung scheide deshalb aus, weil der Kläger nur einen begrenzten Ausfall seiner Arbeitsfähigkeit habe hinnehmen müssen. Eine Substantiierung sei dem Kläger nicht gelungen, weil er seit 1996 weder Handelsbücher geführt noch Steuererklärungen abgegeben habe. Seine Aufwendungen habe er ebenso wenig nachvollziehbar dargelegt wie Provisionsminderungen durch Stornierungen (Bl. 371 GA). Erst recht sei nicht dargestellt worden, dass vor dem Unfall angebahnte Vertragsabschlüsse später unfallbedingt ausgefallen seien. Da der Kläger seinen Handelsvertretervertrag zum 1. Dezember 1998 gekündigt habe, greife die Betrachtung des Einnahmenrückgangs für die Folgezeit nach dem Unfall zu kurz. Der Wechsel zu einer anderen Tätigkeit als Versicherungsmakler habe zu einem unfallunabhängigen Rückgang der Provisionseinnahmen und einem Anwachsen von Stornierungen geführt (Bl. 374 GA). Deshalb hätte der Kläger zur Darlegung seines Verdienstausfallschadens auch einen weiteren Zeitraum des Provisionsgewinns über Dezember 1998 hinaus darstellen müssen, zumal der Verdienstausfall namentlich für die typischerweise umsatzschwachen Sommermonate reklamiert werde, aber der Provisionsverdienst in der umsatzstarken Weihnachtszeit nicht in die Vergleichsbetrachtung einbezogen worden sei (Bl. 377 GA). Bei der vormaligen Abhängigkeit des Klägers hinsichtlich seines Provisionsverdiensts von der P... Versicherung komme eine Scheinselbständigkeit in Betracht, die für die Frage des Steuerabzugs relevant sei. Die ersparten Aufwendungen seien zu niedrig veranschlagt worden. Die Schmerzensgeldforderung sei in ausreichendem Maße erfüllt oder vom Landgericht zuerkannt worden.

Der Senat hat ein schriftliches Gutachten des Sachverständigen Dipl. Betriebswirt E... G... vom 28. Januar 2004 eingeholt. Der Sachverständige hat sein Gutachten in der mündlichen Verhandlung vom 7. Juni 2004 vor dem Senat erläutert. Wegen des Ergebnisses dieser ergänzenden Beweiserhebung wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 7. Juni 2004 (Bl. 465 ff. GA) verwiesen. Hinsichtlich der Feststellungen des Landgerichts nimmt der Senat gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug.

II.

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

1. Die Schmerzensgeldforderung des Klägers ist mit den gezahlten bzw. zugesprochenen 7.000 DM (3.579,04 Euro)erfüllt. Eine weiter gehende Schmerzensgeldforderung steht dem Kläger nicht zu, zumal die über ein Jahr nach dem Unfallzeitpunkt angesiedelten Restbeschwerden nach dem Gutachten des orthopädischen Sachverständigen Prof. Dr. med. C... sicher nicht unfallbedingt sind (Bl. 273 GA).

Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes ist von seiner Doppelfunktion auszugehen (BGHZ 18, 149, 154 ff.). Es soll dem Geschädigten einen angemessenen Ausgleich für diejenigen Schäden bieten, die nicht vermögensrechtlicher Art sind, und zugleich dem Gedanken Rechnung tragen, dass der Schädiger dem Geschädigten Genugtuung dafür schuldet, was er ihm angetan hat. Der Entschädigungs- und Ausgleichsgedanke steht im Vordergrund (BGHZ 128, 117, 119). Die wesentliche Grundlage für die Höhe der Bemessung des Schmerzensgeldes bilden danach das Maß und die Dauer der Lebensbeeinträchtigung, die Größe, Heftigkeit und die Dauer der Schmerzen und Leiden sowie die Dauer der Behandlung und der Arbeitsunfähigkeit, Übersehbarkeit des weiteren Krankheitsverlaufes, die Fraglichkeit der endgültigen Heilung sowie ferner Grad des Verschuldens und die Gesamtumstände des Falles. Dabei ist der aus der Rechtsprechung ersichtliche Rahmen nicht zu sprengen (KG Urteil vom 16. Januar 1997 - 12 U 6048/95). Das bereits gezahlte oder zuerkannte Schmerzensgeld von 7.000 DM liegt auch bei schwereren Fällen der HWS-Distorsion im oberen Bereich dessen, was in der Rechtsprechung hierfür zuerkannt wird. So wurde bei einer schweren HWS-Distorsion mit Halswirbelkörpervorderkantenimpression und einer zusätzlich erlittenen Gehirnerschütterung mit Folgen, die bis zu 18 Monaten andauerten, 7.300 DM (3.732 Euro) Schmerzensgeld zuerkannt (LG Saarbrücken Urteil vom 6. Dezember 1995 - 9 O 273/94). Bei einem Cervikalsyndrom nach HWS-Distorsion und mehrmonatiger Aufhebung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit wurden 5.000 DM (2.556 Euro) Schmerzensgeld zugesprochen (LG Limburg Urteil vom 20. Mai 1994 - 1 O 435/92), ebenso bei einem HWS-Syndorm, das nach Angaben der behandelnden Ärzte als Schleudertrauma ersten bis zweiten Grades eingestuft wurde (OLG Frankfurt NZV 1994, 26). Wer bei einem Auffahrunfall ein HWS-BWS-Syndrom und eine Syndesmophytenfraktur erleidet, sich danach unfallbedingt acht Tage in stationärer Behandlung befindet, etwa zwei Monate arbeitsunfähig erkrankt ist, eine fortwirkende Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule beklagt, ohne dass eine andauernde Minderung der Erwerbsfähigkeit oder andere Beeinträchtigungen vorliegen, hat auch nach einer jüngeren Entscheidung einen Anspruch auf eine Schmerzensgeldzahlung von 2.600 Euro (OLG Düsseldorf Schaden-Praxis 2003, 418 f.). Im Allgemeinen werden Schmerzensgeldbeträge, wie sie hier bereits dem Kläger zuerkannt wurden, allein für HWS-Distorsionen der geltend gemachten Art also nicht anerkannt. Dem Vorbringen des Klägers ist nichts zu entnehmen, was eine noch höhere Schmerzensgeldforderung rechtfertigen könnte. Das Landgericht hat die bestimmenden Umstände zutreffend bewertet. Seinem Hinweis auf einen bestimmten Grad des Schleudertraumas ist nicht zu entnehmen, dass ihm der aktenkundige Befund nicht vor Augen gestanden habe.

2. a) Die auf Ersatz des Verdienstausfalls gerichtete Leistungsklage ist unbegründet.

Eine im Sinne von § 287 ZPO, § 252 BGB ausreichend fundierte Grundlage für eine gerichtliche Schätzung des Mindestschadens liegt nicht vor. Lücken im Vortrag eines Geschädigten zum Schadensumfang kann und muss das Tatgericht zwar durch Schätzung des Schadens, notfalls auch nur eine Mindestschadens, ausfüllen, dies aber nur, wenn es nicht bereits an einer ausreichenden Befundgrundlage fehlt und eine Schätzung deshalb in der Luft hängen muss (vgl. BGHZ 133, 155, 159 f.; 142, 259, 269; BGH Urt. vom 23. September 2003 - VI ZR 395/02). So liegt es hier.

Für eine Schadenseinschätzung hinsichtlich eines Verdienstausfalls ist es regelmäßig erforderlich, an die Geschäftsentwicklung und die Geschäftsergebnisse in den letzten Jahren vor dem Unfall anzuknüpfen (BGH NJW 2001, 1640, 1641). Das scheidet hier aus, weil der Kläger zur Zeit des Unfalls kaum mehr als ein Jahr als Versicherungsvertreter tätig gewesen war. Seine anfänglichen Provisionseinnahmen waren nicht etwa wegen einer "Anlaufphase" geringer; vielmehr ist der Monatsdurchschnitt auch in der Phase vor dem Unfall zurückgegangen. Selbst im engsten zeitlichen Umfeld um das Unfallereignis vom 25. März 1998 ist eine solche Tendenz zu beobachten. So wurden dem Kläger nach den Abrechnungsunterlagen im Monat März 1998 keine Provisionszahlungen gutgebracht, obwohl die Vermittlung von Vertragsabschlüssen, die früher erfolgt wäre, nicht durch das Unfallereignis beeinflusst sein konnte. Nach dem Unfall sind hingegen wieder Provisionsgutschriften zu verzeichnen (vgl. Übersicht in Seite 17 des Gutachtens des Sachverständigen G... vom 28. Januar 2004). Allerdings bleiben in allen Fällen die Daten der vermittelten Vertragsabschlüsse, die Provisionen auslösen konnten ("Produktionsdaten", Bl. 468 GA), in den Unterlagen offen; eine Dokumentation dieser Daten der eigentlichen Arbeitsleistung des Klägers fehlt ganz. Eine genaue Festlegung des Zeitpunkts der Vertragsabschlüsse, die zum Provisionsverdienst und - mit mehrwöchiger Verzögerung (Bl. 469 GA) - zur Provisionsgutschrift führten, ist deshalb nicht möglich. Das hat der Sachverständige G... betont und nachvollziehbar ausgeführt, eine präzise Unterscheidung zwischen der Vermittlung von Vertragsabschlüssen durch den Kläger vor und nach dem Unfall sei deshalb nicht möglich. Aus demselben Grund kann auch nicht in einem zeitlichen Umfeld von wenigen Monaten vor und nach dem Unfall ein annähernd zuverlässiger Vergleich der jeweiligen Provisionsverdienste des Klägers durchgeführt werden. Auch wurden die Gutschriften der Agentur K..., für die der Kläger als Unterbevollmächtigter tätig geworden war und an die die P... Versicherung die von dem Kläger verdienten Provisionen überwies, nur bis zum Zeitpunkt des 1. April 1998 vorgelegt. Über den eigentlichen Schadenszeitraum und die Folgezeit fehlen entsprechende Informationen; auch das hat der Sachverständige G... betont (Bl. 469 GA).

Allgemeine Regeln darüber, welche Zeiträume vor dem Unfall als Grundlage der Prognose für die künftige hypothetische Geschäftsentwicklung heranzuziehen sind, lassen sich nicht aufstellen (BGH NJW 2001, 1640, 1641). Fehlen genaue Anhaltspunkte, muss angenommen werden, dass eine wenigstens durchschnittliche Geschäftsentwicklung ohne den Unfall zu erwarten gewesen wäre. Aber auch deren Feststellung ist ausgeschlossen, weil acht Monate nach dem Unfall ein Wechsel in der Tätigkeit des Klägers als Versicherungsmakler eintrat. Der Zeitraum für einen aussagekräftigen Vergleich des Provisionsverdienstes des Klägers vor dem Unfall und des nur geminderten, aber nicht aufgehobenen Provisionsverdienstes nach dem Unfall beschränkt sich deshalb auf jeweils wenige Monate vor und nach dem Unfall. Für die Zeit ab Dezember 1998 sind keine Informationen mehr mitgeteilt worden. Der Vergleich wird dabei vor allem auch dadurch erschwert, dass der Verdienst des Klägers in der branchentypisch besonders umsatzstarken Weihnachtszeit zwar für die Phase vor dem Unfall bekannt, aber für diejenige nach dem Unfall nicht mitgeteilt wurde. Auch das hat der Sachverständige G... hervorgehoben (Bl. 469 GA).

Ergänzende Informationen fehlen oder sind nicht aussagekräftig im Sinne des Klagevorbringens.

Die zunächst vom Kläger präsentierten Provisionsbescheinigungen der P... Versicherung sind mit den später vorgelegten Abrechnungsunterlagen nicht vereinbar; sie müssen deshalb außer Betracht bleiben.

Steuererklärungen für die Jahre ab 1996 hat der Kläger nicht abgegeben; Steuerbescheide liegen demgemäß nicht vor, vielmehr wurde für eine vorläufige Veranschlagung nur eine Schätzung des Finanzamts angestellt. Darauf kann eine gerichtliche Schadensschätzung jedenfalls bei der hier gegebenen Sachlage nicht aufbauen.

Der Kläger hat im Zeitraum attestierter Arbeitsunfähigkeit Verträge geschlossen. Das haben die Beklagten behauptet, ohne dass der Kläger dem schriftsätzlich entgegen getreten ist. Ebenso ist der Vortrag der Beklagten, der Kläger habe nicht nur für die P... Versicherung Vertragsabschlüsse vermittelt, unbestritten geblieben. Dies erscheint vor dem Hintergrund, dass der Kläger wenige Monate später die Vermittlertätigkeit für die P... Versicherung ganz aufgegeben hat, nicht aus der Luft gegriffen. Deshalb ist das zum Vergleich der Provisionsverdienste des Klägers vor und nach dem Unfall von der P... Versicherung beschaffte Unterlagenmaterial lückenhaft. Allein dieses Material ist aber Grundlage des (jüngsten) Klägervorbringens und der Begutachtung durch den gerichtlichen Sachverständigen G.... Es liefert deshalb in dem genannten Punkt keine zuverlässige Befundgrundlage für die Vergleichsbetrachtung.

Das Gutachten des Sachverständigen G... geht auch auf der Grundlage der Auswertung der Unterlagen der P... Versicherung davon aus, es sei eigentlich kein unfallbedingter Verdienstausfall feststellbar (Seite 23 des Gutachtens vom 28. Januar 2004). Schließlich nimmt der Sachverständige einen Provisionseinnahmen-Ausfall von 3.265,13 DM (1.335,55 Euro) an, "um Imponderabilien hinsichtlich des Provisionseinnahmen-Ausfalls nach dem hier zur Debatte stehenden Unfallereignis nicht zu Lasten des Klägers gehen zu lassen". Diese Annahme ist aber mit der Verteilung der Beweislast im Haftpflichtprozess unvereinbar.

Soweit der unfallbedingte Wegfall eines Fixums als Verdienstausfallschaden geltend gemacht wird, ist die Klage auch deshalb unbegründet, weil nicht geklärt werden kann, warum das Fixum nach dem Unfall nicht mehr gezahlt wurde. Nach den in verschiedenen Varianten vorgelegten schriftlichen Verträgen lieferte der Unfall keinen Grund dafür, das Fixum nicht mehr zu zahlen; denn für solche Fälle war es vorgesehen. Auf Unklarheiten und Widersprüche in den verschiedenen Exemplaren der von ihm vorgelegten schriftlichen Verträge hingewiesen hat der Kläger nur behauptet, dass letztlich mündliche Vereinbarungen gegolten hätten, die schriftlichen Verträge als bloße Muster zu betrachten und nicht wirksam geworden seien. Auf Grund eines derart wechselnden Vorbringens kann nicht zum Nachteil der Beklagten entschieden werden.

b) Die Hilfs-Feststellungsklage ist mangels eines berechtigten Interesses an der begehrten Feststellung unzulässig. Grundsätzlich fehlt das Feststellungsinteresse, wenn der Kläger dasselbe Ziel mit einer Klage auf Leistung erreichen kann (BGH NJW 1984, 1118; BGHR ZPO § 256 Abs. 1 Feststellungsinteresse 2, 32). Es besteht zwar keine generelle Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage. Vielmehr ist eine Feststellungsklage trotz der Möglichkeit, Leistungsklage zu erheben, zulässig, wenn die Durchführung des Feststellungsverfahrens unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit zu einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte führt (BGHR ZPO § 256 Abs. 1 Feststellungsinteresse 32, 49). Dementsprechend ist anerkannt, dass dann, wenn eine Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen ist, der Kläger in vollem Umfange Feststellung der Ersatzpflicht begehren kann. So liegt es aber dann nicht, wenn zwar das Schadensereignis abgeschlossen ist, aber der Schadensumfang nicht ermittelbar ist. § 256 Abs. 1 ZPO ermöglicht es nicht, die Einstandspflicht der Beklagten festzustellen, ohne dass der Schaden an sich, also die "Anspruchsbasis", feststünde. Vielmehr fehlt der Feststellungsklage in einem derartigen Fall nicht nur der sachlich-rechtliche Anspruchsgrund, sondern auch der Vortrag der tatsächlichen Voraussetzungen des Rechtsverhältnisses, das Gegenstand der Feststellungsklage sein soll (BGHR ZPO § 256 Abs. 1 Feststellungsinteresse 23).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

IV.

Ein Grund für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegt nicht vor. Das gilt auch für die Frage des Verhältnisses von Leistungs- und Feststellungsklage im Haftpflichtprozess.

V.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 11.417,53 Euro festgesetzt (Berufungsantrag zu 1.: 9.628,01 Euro, Berufungsantrag zu 2.: 1.789,52 Euro).

Ende der Entscheidung

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