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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 25.11.2003
Aktenzeichen: 12 U 714/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 286 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
1. Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Feststellungen begründen gebieten. Solche Zweifel liegen schon dann vor, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass die erstinstanzlichen Feststellungen nach einer Beweiserhebung keinen Bestand haben werden. Dies gilt auch für Feststellungen, die aufgrund eines Sachverständigengutachtens getroffen worden sind.

2. Gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat der Richter ohne Bindung an Beweisregeln die Entscheidung zu treffen, ob er an sich mögliche Zweifel überwinden und sich von einem bestimmten Sachverhalt als wahr überzeugen kann. Rein theoretische Möglichkeiten eines anderen Geschehensablaufs stehen der Feststellung eines bestimmten Sachverhalts nicht entgegen.

3. Bei Vorliegen von Spuren mit ausreichender Indizbedeutung kann festgestellt werden, dass ein Kraftfahrer von einem ihm wegen Glatteis auf seiner Fahrspur entgegen kommenden Fahrzeug zum Ausweichen gezwungen wurde. Erweist sich die Ausweichreaktion objektiv als falsch, weil das schleudernd entgegen kommende Fahrzeug auf seine eigene Fahrspur zurückkehrt und dort mit dem ausweichenden FAhrzeug kollidiert, so ist ein Mitverschulden des Ausweichenden ausgeschlossen, jedoch hat dieser für die Betriebsgefahr seines Fahrzeugs einzustehen.

4. Die Zahlung einer Schmerzensgeldrente durch den Unfallverursacher ist neben einem Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldkapitals und einem immateriellen Vorbehalt nicht angebracht, wenn beim Verletzten keine schwersten Dauerschäden vorliegen.


OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 12 U 714/02

Verkündet am 25. 11. 2003

in dem Rechtsstreit

wegen eines Schadensersatzanspruches aus einem Verkehrsunfall.

Der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. Wohlhage, die Richterin am Oberlandesgericht Frey und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Eschelbach auf die mündliche Verhandlung vom 27. Oktober 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 25. April 2002 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Trier teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt gefasst:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000 Euro nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 8. März 1999 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger die immateriellen und die materiellen Schäden jeweils zu drei Vierteln zu ersetzen, welche diesem aus dem Unfallereignis vom 6. Januar 1998 auf der Landstraße 149 noch entstehen werden, soweit die Ansprüche nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergehen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

III. 1. Von den Gerichtskosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen 18 % der Kläger, 82 % die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner. Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers in erster Instanz tragen 18 % der Kläger selbst, 82 % die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und 2) tragen 82 % diese jeweils selbst, 18 % der Kläger.

2. Von den Gerichtskosten des Berufungsverfahrens tragen 31 % der Kläger, 69 % die Beklagten als Gesamtschuldner. Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren tragen 31 % der Kläger selbst, 69 % die Beklagten als Gesamtschuldner; von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten im Berufungsverfahren tragen 69 % die Beklagten jeweils selbst, 31 % der Kläger.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der zum Unfallzeitpunkt 41jährige Kläger macht den Ersatz von Schäden aus einem Verkehrsunfall geltend, der sich am 6. Januar 1998 gegen 6.40 Uhr bei Dunkelheit auf der L......... 1.. zwischen H......... und N........ bei Stationskilometer ..... ereignet hat. Diese Straße verfügt an der Unfallstelle über eine zweispurige, insgesamt 6,80 m breite Fahrbahn, flankiert von unbefestigten Seitenstreifen mit anschließenden stark abfallenden Böschungen an beiden Seiten. Der Kläger fuhr mit seinem Pkw M.......... von N......... kommend in Richtung H........; er befand sich auf dem Weg zur Arbeit als Polizeibeamter bei der Schutzpolizeiinspektion H.......... Vor dem Unfall durchfuhr er eine langgezogene Linkskurve und kam dann auf ein gerades Teilstück der Straße. Der Beklagte zu 1), der sich gleichfalls auf dem seit Jahren von ihm befahrenen Weg zu seiner Arbeitsstelle als Werkstoffprüfer der Firma D.... in N......... befand, kam dem Kläger mit seinem Pkw F..........., der bei der Beklagten zu 2) gegen Haftpflicht versichert ist, auf einem Streckenabschnitt mit etwa 5 % Gefälle entgegen. Der Erstbeklagte hatte gerade eine Linkskurve durchfahren, als die Fahrzeuge auf seiner Fahrspur frontal zusammenstießen. Das Fahrzeug des Erstbeklagten blieb danach in einer leicht gegen den Uhrzeigersinn gedrehten Endstellung in unmittelbarer Nähe des Kollisionspunkts stehen. Das Fahrzeug des Klägers wurde in einer bogenförmigen Auslaufbewegung zurückgeschleudert, rollte rückwärts über die Fahrbahn hinaus, die Böschung hinab und blieb am Fuß der Böschung liegen. Der Kläger war in seinem Fahrzeug eingeklemmt und musste mit der Rettungsschere befreit werden. Er wurde ins Krankenhaus verbracht, wo eine offene Durchspießungsverletzung mit Trümmerbruch des rechten Unterschenkels und Wadenbeins festgestellt wurde, ferner eine Außenknöcheltrümmerfraktur links, eine schwere Einstauchung der Schulter sowie eine Stauchung der Halswirbelsäule. Auch der Erstbeklagte war schwer verletzt.

Der Kläger hat vorgetragen, er habe in Kenntnis der Witterungslage und der Örtlichkeiten mit Glatteisbildung gerechnet. Er sei, was er als angemessen erachtet habe, mit etwa 70 km/h gefahren und habe unterwegs mehrfach durch leichtes Bremsen geprüft, ob Glätte festzustellen sei. Dies sei bis zum Unfallort nicht der Fall gewesen. Er habe das entgegenkommende Fahrzeug an den Scheinwerfern erkannt, die sich plötzlich hin und her bewegt hätten. Daraus habe er entnommen, dass das Fahrzeug ins Schleudern geraten sei (Bl. 5 f. GA). Unmittelbar vor der Kollision habe sich das Fahrzeug des Erstbeklagten teilweise auf seiner Fahrbahn befunden; deshalb habe er keine andere Reaktionsmöglichkeit gesehen als nach links auszuweichen. Dabei habe es sich um eine kontrollierte Bewegung gehandelt (Bl. 119 GA); sein Fahrzeug sei nicht geschleudert (Bl. 7 GA). Der Unfallgegner habe seinerseits gegengesteuert und sei, wie aus der Schleuderspur vor dem Unfallort zu entnehmen sei, kurz vor dem Aufprall auf seine eigene Fahrspur zurückgekehrt. Dadurch sei es zum Frontalzusammenstoß auf der Fahrspur des Erstbeklagten gekommen. Dabei sei die Kollisionsgeschwindigkeit des Fahrzeugs des Erstbeklagten wesentlich höher gewesen als diejenige seines Fahrzeugs. Er habe den Unfall nicht verschuldet; vielmehr habe es sich dabei für ihn um ein unabwendbares Ereignis gehandelt. Er sei vom 6. Januar 1998 bis zum 30. Januar 1998 stationär im Krankenhaus behandelt worden, wobei insbesondere der Trümmerbruch am Unterschenkel durch eine mit Schrauben verriegelte Nagelung versorgt worden sei. Am 25. Februar 1998 seien zwei Schrauben operativ entfernt worden, am 14. August 1998 zwei weitere. Die Entfernung des Nagels und einer abgebrochenen Schraubenspitze sei durch einen weiteren Eingriff am 2. November 1999 erfolgt. Der Knochentrümmerbruch verheile nur langsam, weshalb auch die Verletzung der Schulter erst mit einiger Verzögerung operativ versorgt worden sei.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagten zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen und eine monatliche Schmerzensgeldrente zu zahlen, ferner festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm sämtliche künftigen materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie haben vorgetragen, der Erstbeklagte sei mit einer Geschwindigkeit von 60 - 70 km/h gefahren. Die Fahrbahn sei zwar feucht, aber nicht glatt gewesen. Der Erstbeklagte sei nicht ins Schleudern geraten und er sei auf seiner Fahrspur verblieben (Bl. 37, 165 GA). An das eigentliche Unfallgeschehen habe er verletzungsbedingt keine Erinnerung (Bl. 38 GA). Der Unfall stelle sich aber nach Lage der Dinge für ihn als ein unabwendbares Ereignis dar. Insbesondere folge aus dem rekonstruierten Anstoßwinkel von 155 - 175°, dass die Unfallschilderung des Klägers nicht zutreffen könne (Bl. 126 GA). Nicht rekonstruierbar sei, dass (Bl. 221 GA) und gegebenenfalls wie weit der Erstbeklagte vor dem Aufprall auf die Gegenfahrspur geraten gewesen sei (Bl. 127 GA). Dass dessen Kollisionsgeschwindigkeit höher als diejenige des Klägers gewesen sei, werde mit Nichtwissen bestritten, ebenso, dass der Kläger einen dauernden körperlichen Schaden davongetragen habe.

Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wurde - ausschließlich zur Spurensicherung - von der Ermittlungsbehörde ein Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. T..... eingeholt (Bl. 22 ff. BA 63 Js 411/98 StA Saarbrücken). Das Landgericht führte diese Erkenntnisse durch Vernehmung von Dipl.-Ing. T..... als sachverständiger Zeuge in die mündliche Verhandlung ein. Es vernahm auch die unfallaufnehmenden Polizeibeamten B...... (Bl. 52 f. GA), S... (Bl. 54 f. GA) und S...... (Bl. 61 f. GA) als Zeugen. Es holte ferner ein Gutachten des Sachverständigen H..... ein (Bl. 75 ff.; 136 ff. GA), berücksichtigte das von der Zweitbeklagten vorgelegte Gegengutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. R.... (von der Akten getrennt vorliegend; ergänzende Stellungnahme Bl. 154 ff. GA) und holte schließlich ein Gutachten des weiteren Sachverständigen Dr.-Ing. B.... ein (Bl. 174 ff. GA). Auf dieser Grundlage wies das Landgericht, nachdem die letzte mündliche Verhandlung im Sinne von § 26 Nr. 5 EGZPO am 25. März 2002 stattgefunden hatte (Bl. 230 GA), durch Urteil vom 25. April 2002 die Klage ab (Bl. 233 ff. GA).

Das Landgericht hat im Wesentlichen ausgeführt: Die Kollision sei aus der Sicht der Beklagten als unabwendbares Ereignis anzusehen. Der Zusammenstoß habe sich auf der Fahrspur des Erstbeklagten ereignet. Für diesen hätte nur dann ein abwendbares Unfallgeschehen vorgelegen, wenn er vor der Kollision auf die Gegenfahrbahn geraten gewesen wäre oder den Kläger durch seine Fahrbewegung dazu herausgefordert hätte, nach links zu steuern. Dafür hätten sich jedoch keine ausreichenden Anhaltspunkte ergeben. Es könne offen bleiben, ob die am Unfallort festgestellten Spuren von den Sachverständigen und Zeugen richtig zugeordnet worden seien. Denn auch aus diesen Spuren ergäben sich keine verwertbaren Anknüpfungstatsachen dazu, ob der Pkw des Erstbeklagten vor der Kollision auf die Gegenfahrbahn geschleudert sei. Wegen der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers. Er macht geltend, bereits im Ermittlungsverfahren sei die zum Fahrzeug des Erstbeklagten weisende Schleuderspur aufgefallen; daher sei zur Spurensicherung Dipl. Ing. T..... hinzu gebeten worden. Nur weil dieser bereits zu der Überzeugung gekommen sei, die Schleuderspur müsse dem Fahrzeug des Erstbeklagten zugeordnet werden, hätten die Beklagten seiner Beauftragung als Sachverständiger widersprochen. Die Polizeibeamten S.... und S...... hätten die Spur festgestellt und beschrieben, aber eine definitive Zuordnung zum Fahrzeug des Beklagten unterlassen; diese Zuordnung hätten indes der Zeuge B...... und der gerichtliche Sachverständige H..... vorgenommen. Darauf gehe das angefochtene Urteil nicht ein. Auch die Überlegungen des Sachverständigen Dr. Ing. B.... seien nicht vollständig ausgeschöpft worden. Es gebe Indizien für die Richtigkeit seines Vorbringens, aber keine konkreten Anzeichen, die dagegen sprächen. So habe er allein bei gleich hoher Ausgangsgeschwindigkeit bis zum Zusammenprall seine Fahrgeschwindigkeit deutlich reduziert; das spreche für seine gezielte Reaktion auf eine Gefahrenlage, die der Erstbeklagte durch Schleudern verursacht habe. Weil der Erstbeklagte ihm ausweislich der Schleuderspur doch auf seiner Fahrspur entgegengekommen sei, habe zuletzt eine Ausweichbewegung beider Fahrzeugführer in Richtung auf die Fahrspur des Erstbeklagten vorgelegen. Er sei bergauf gefahren und habe sich im Zeitpunkt der Kollision bereits länger als der Erstbeklagte auf gerader Strecke befunden. Auch das habe es ihm ermöglicht, sein Fahrzeug bei plötzlich auftretendem Glatteis besser unter Kontrolle zu bringen als der Erstbeklagte. Hinzu komme, dass sein Fahrzeug über ein Anti-Blockiersystem verfügt habe, aber nicht dasjenige des Erstbeklagten. Er habe bis kurz vor der Kollisionsstelle eine unvereiste Fahrbahn befahren. Demgegenüber sei die Fahrbahn aus der Fahrtrichtung des Erstbeklagten bereits über eine längere Strecke hinweg glatt gewesen. Er selbst sei erst nach links ausgewichen, als es aus seiner Einschätzung heraus keine andere Reaktionsmöglichkeit mehr gegeben habe. Er sei vom 6. Januar 1998 bis zum 4. Januar 1999 arbeitsunfähig, danach mit Einschränkungen im Innendienst eingesetzt gewesen; für weitere vier Monate sei er wegen der Schulterverletzung von September 1999 bis Januar 2000 erneut arbeitsunfähig gewesen. Über seine weitere dienstliche Verwendung werde noch entschieden (Bl. 254 GA). Das Versorgungsamt habe zuletzt mit Bescheid vom 20. September 2002 den Grad seiner Behinderung von 50 % anerkannt (Bl. 275 ff. GA).

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn

a)ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 4 % Zinsen seit dem 8. März 1999,

b)eine angemessene Schmerzensgeldrente von monatlich 153,39 Euro ab dem 6. Januar 1998, die jeweils fällig werdenden Beträge nebst 4 % Zinsen seit dem 4. des Fälligkeitsmonats, beginnend mit dem 9. März 1999

zu zahlen sowie

2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm sämtliche materiellen und weiteren immateriellen Schäden zu ersetzen, die aus dem Unfall vom 6. Januar 1998 entstanden sind und noch entstehen, soweit Ansprüche nicht auf Dritte übergegangen sind.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie meinen, aus Hinweisen, die das klägerische Vorbringen unterstützten, folge noch nicht, dass die landgerichtliche Annahme der Beweisfälligkeit des Klägers im Ergebnis falsch sei. Die Überzeugung des sachverständigen Zeugen T..... von der Ursächlichkeit der Spuren sei unerheblich. Der Sachverständige Dr. Ing. B.... habe nach Auswertung aller Befundtatsachen als Ergebnis festgehalten, es lasse sich nicht sicher feststellen, dass die Schleuderspur dem Fahrzeug des Erstbeklagten zuzuordnen sei. Dem habe das Landgericht auch dann folgen dürfen, wenn sowohl die als Zeugen vernommenen Polizeibeamten als auch der Sachverständige Hinweise dafür erkannt hätten, dass möglicherweise doch eine Spurenzuordnung in Betracht kommen könnte. Das Vorbringen des Klägers, er allein habe seine Geschwindigkeit bis zur Kollision wesentlich reduziert, sei ebenso wenig bewiesen wie eine instabile Lage des Fahrzeugs des Erstbeklagten. Sichere Feststellungen zur Frage, wo genau die Fahrbahnvereisung begonnen und geendet habe, seien nicht getroffen worden. Das Vorbringen zur körperlichen Betroffenheit des Klägers und zur Feststellung des Grades seiner Behinderung durch das Versorgungsamt werde bestritten (Bl. 270 GA).

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des sachverständigen Zeugen T..... und des Sachverständigen Dr. Ing. B..... Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27. Oktober 2003 (Bl. 299 ff. GA) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist überwiegend begründet. Der Kläger hat dem Grunde nach gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Ersatz seiner materiellen und immateriellen Schäden aus §§ 823, 847 BGB a.F., §§ 7, 17 StVG a.F., § 3 PflVersG, weil der Erstbeklagte den Unfall verursacht und verschuldet hat. Den Kläger trifft kein Mitverschulden. Er muss sich aber die Betriebsgefahr seines Fahrzeugs in Höhe einer Mithaftungsquote von 25 % anrechnen lassen.

1. Der Erstbeklagte hat den Unfall verursacht und verschuldet.

a) Die Beweiswürdigung des Landgerichts, das zu einem anderen Resultat gelangt ist, begegnet Bedenken.

Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO n.F. hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Zweifel im Sinne dieser Vorschrift liegen schon dann vor, wenn aus Sicht des Berufungsgerichts eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben wird, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt. Dies gilt auch für Tatsachenfeststellungen, die auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens getroffen worden sind (BGH Urteil vom 15. Juli 2003 - VI ZR 361/02). Auch Fehler bei der erstinstanzlichen Beweiswürdigung können Anlass zu Zweifeln bieten (OLG Saarbrücken OLG-Report Saarbrücken 2003, 196 f.).

Im vorliegenden Fall ergeben sich Zweifel, da das Landgericht nicht alle aussagekräftigen Indizien in einer Gesamtschau ausgewertet hat. Zudem liegt der Annahme, die festgestellte Blockierspur sei für die Bewertung unerheblich, ein zu eng gefasster Beweismaßstab zu Grunde. Nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat der Richter ohne Bindung an Beweisregeln die Entscheidung zu treffen, ob er an sich mögliche Zweifel überwinden und sich von einem bestimmten Sachverhalt als wahr überzeugen kann. Jedoch setzt das Gesetz eine von allen Zweifeln freie Überzeugung nicht voraus. Das Gericht darf keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen und keine unumstößliche Gewissheit bei der Prüfung verlangen, ob eine Behauptung wahr und erwiesen ist. Vielmehr darf und muss sich der Richter in Grenzfällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen (BGHZ 53, 245, 255 f.; BGHR ZPO § 286 Abs. 1 Beweismaß 1 und 2). Daher kann auch bei Zuordnung einer Bremsspur zum Fahrzeug des Unfallgegners, deren gedachte Verlängerung auf die Gegenfahrbahn weist, darauf geschlossen werden, dass dieses Fahrzeug sich zuvor auf der Gegenfahrspur bewegt hatte.

b) Der Senat hält das Klägervorbringen dazu, dass der Erstbeklagte auf eisglatter Fahrbahn von seiner Fahrspur abgekommen ist und den Kläger zu einer Ausweichbewegung veranlasst hat, für bewiesen. Dabei sind mehrere Faktoren in der Gesamtschau zu berücksichtigen.

Die am Unfallort festgestellte Blockierspur (Lichtbilder Bl. 32, 33 BA 63 Js 411/98 StA Saarbrücken) ist nach der Überzeugung des Senats sicher dem Fahrzeug des Erstbeklagten zuzuordnen. Sie war bei Eintreffen der ersten Polizeibeamten und des von diesen herangezogenen Dipl. Ing. T..... "frisch". Das hat der vom Landgericht vernommene Zeuge B...... angegeben (Bl. 53 GA); der sachverständige Zeuge T..... hat im Ergebnis denselben Befund vor dem Senat bestätigt und näher erläutert (Bl. 301 GA). Die Überlegung, dass die Spur von einem früheren Verkehrsvorgang vor dem Unfall stammt oder durch eines der anschließend am Unfallort eintreffenden Polizei- und Rettungsfahrzeuge verursacht wurde, ist zu vernachlässigen.

Der Zeuge B..... von der rheinland-pfälzischen Polizeiinspektion H......... war vor seinen saarländischen Kollegen am Unfallort eingetroffen (vgl. Bl. 52 a.E. GA) und er hatte die Spur bereits entdeckt. Auch zumindest die Mehrzahl aller anderen Fahrzeuge, die nach dem Unfall vor Ort waren, dürften bei Eintreffen des Beamten Barthen noch nicht dort gewesen sein. Hätte eines dieser Fahrzeuge die Spur verursacht, so wäre dies mit hoher Wahrscheinlichkeit bemerkt und im Rahmen der Unfallaufnahme festgehalten worden. In allen Akten findet sich kein Hinweis auf ein solches Ereignis.

Dass ein unbekannter Verkehrsteilnehmer vor dem Unfall die Spur verursacht hätte, scheidet aus. Der Unfall geschah zu früher Morgenstunde zu Beginn des Berufsverkehrs. Die Spur verlief bis fast an das Fahrzeug des Erstbeklagten in seiner nachkollisionären Endstellung am Kollisionspunkt heran und wies auf dieses Fahrzeug hin. Hätte ein anderer Verkehrsteilnehmer die Spur verursacht, so hätte dies in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfall geschehen sein müssen; der Vorfall hätte zudem in einem äußerst engen räumlichen Zusammentreffen mit dem Kollisionspunkt geschehen sein und der Verkehrsteilnehmer hätte schließlich nahezu identisch mit dem späteren Unfall ein Bremsmanöver als Reaktion auf Gegenverkehr o.ä. durchführen müssen. Das erscheint so, wie es der Sachverständige Dr. Ing. B.... erläutert hat (Bl. 304 GA), als eine rein theoretische Möglichkeit, die der Senat vernachlässigen kann. Dass die Spur vor dem Fahrzeug des Erstbeklagten endete und keine markante Abrißstelle als Hinweis auf eine Beendigung erst im Augenblick der Kollision aufwies, steht der Spurenzuordnung nicht notwendig entgegen. Dies hat der Sachverständige Dr. Ing. B..... erklärt.

Die Bremsblockierspur ist nur auf der Fahrbahn des Erstbeklagten, dort aber leicht diagonal verlaufend, gezeichnet worden. Sie stammt von den linken Rädern des Fahrzeugs des Erstbeklagten, was mit der einseitigen Belastungswirkung bei einer bogenförmigen Fahrbewegung von der Gegenfahrspur nach rechts erklärbar ist. In ihrer gedachten Verlängerung ergibt diese Spur, dass der Erstbeklagte vor der Spurenzeichnung die Mittellinie überschritten und sich teilweise auf der Fahrspur des Klägers befunden hatte. Wie weit er dort hinein gefahren war, lässt sich nicht mehr genau rekonstruieren. Jedenfalls ist das klägerische Vorbringen, der Erstbeklagte sei "teilweise" auf seine Fahrspur geraten, durch die Blockierspur bewiesen. Dann ist bei lebensnaher Bewertung auch belegt, dass der Kläger auf Grund der Fahrbewegungen des Fahrzeugs des Erstbeklagten auf seiner Fahrspur den Eindruck gewinnen konnte, dieses Fahrzeug werde möglicherweise seine Fahrspur im weiteren Verlauf des Geschehens insgesamt in Anspruch nehmen.

Der Kläger hat seine Fahrgeschwindigkeit, die ursprünglich bei etwa 70 km/h gelegen hatte, bis zur Kollision auf etwa 10 - 20 km/h abgebaut. Davon gehen im Kern übereinstimmend alle drei Sachverständigen, die in erster Instanz befragt wurden, aus (Sachverständiger H.....: 12 - 18 km/h, Bl. 98 GA; Sachverständiger R...: 10 - 20 km/h, Seite 6 des Gutachtens; Sachverständiger Dr. Ing. B....: 10 - 20 km/h, Bl. 188 GA). Der Erstbeklagte hat bei ungefähr gleicher Ausgangsgeschwindigkeit diese Geschwindigkeit hingegen nur soweit abgebaut, dass sie bei der Kollision noch bei 50 - 60 km/h lag (so der Sachverständige Dr. Ing. B.... Bl. 188 GA; Sachverständiger H.....: 55 - 60 km/h, Bl. 98). Der vom Sachverständigen R.... ermittelte Wert von 40 - 50 km/h (Seite 6 seines Gutachtens) liegt ausweislich der zwei abweichenden Gutachten eher zu tief. In jedem Fall ergibt sich eine erheblich größere Verzögerung der Fahrgeschwindigkeit des klägerischen Fahrzeugs als sie vom Fahrzeug des Erstbeklagten erreicht wurde. Dies wird auch durch die nachkollisionären Bewegungen der Fahrzeuge andeutet. Das schnellere Fahrzeug des Erstbeklagten blieb am Kollisionsort stehen, während das langsamere Fahrzeug des Klägers weit zurückgeschleudert wurde.

Die erheblich unterschiedliche Kollisionsgeschwindigkeit der beiden Fahrzeuge spricht indiziell für eine relativ besser beherrschte vorkollisionäre Fahrbewegung des Klägers (Sachverständiger H..... Bl. 93 GA).

Der aus dem Schadensbild an den Fahrzeugen auf 155 - 175° eingegrenzte Auftreffwinkel deutet im Abgleich mit dem Winkel, den das Fahrzeug des Erstbeklagten nach der Blockierspur eingenommen haben muss, auf eine nach rechts weisende Schrägstellung des Fahrzeugs des Klägers im Zeitpunkt der Kollision hin. Daraus ist jedoch noch nicht darauf zu schließen, dass der Kläger sich in einer Schleuderbewegung befunden hatte. Insbesondere mit Blick auf die niedrige Kollisionsgeschwindigkeit des klägerischen Pkws kommt die Möglichkeit in Betracht, dass der Kläger im Anschluss an den Fahrspurenwechsel nach links wiederum gegengelenkt hat, als er erkannte, dass der Erstbeklagte auf seine Fahrspur zurückkehren werde. Auch ist zu berücksichtigen, dass der Kläger im Rahmen seines Ausweichmanövers als Reaktion auf das entgegenkommende Fahrzeug nicht nur auf die Gegenfahrbahn gelenkt, sondern zugleich abgebremst hatte (vgl. Bl. 17 GA). Dabei konnte noch im Rahmen der Ausweichbewegung auf dem Glatteis eine verdrehte Fahrzeugstellung bewirkt worden sein.

Die Streckenführung und die Fahrbahnbeschaffenheit sowie die Fahrzeugausstattung sind als weitere Indizien von Bedeutung. Der eigentliche Kollisionsort lag nur etwa 36 m hinter dem Ende derjenigen Kurve, die der Erstbeklagte durchfahren hatte (Zeugin Schmidt Bl. 61 GA; s.a. Bl. 13 BA 63 Js 411/98 StA Saarbrücken). Der Kläger hatte die von ihm vor dem Unfall durchfahrene Kurve bereits länger hinter sich zurückgelassen, weil die gerade Strecke bis zum Kollisionsort für ihn rund 130m betrug (vgl. Bl. 208/209 GA). Das wird aus Lichtbildern vom Unfallort und aus den Messungen durch den Sachverständigen Dr. Ing. B.... deutlich (Bl. 104, 105, 208 [Nr. 2], 209 GA; Anlagen B1 - B6 Gutachten R...). Eine Fahrbahnvereisung war auch "eher im Bereich der Linkskurve", die der Erstbeklagte vor der Kollision durchfahren hatte, festzustellen. Das hat die Zeugin S...... bekundet (Bl. 62 GA). War der Kläger später als der Beklagte und dann noch auf gerader Fahrbahnstrecke auf das Glatteis geraten, so war sein Fahrverhalten für das Unfallgeschehen nicht ebenso ursächlich geworden wie dasjenige des Erstbeklagten, der in seiner Kurvenfahrt auf die vereiste Fahrbahnstelle geraten war. Die Straße wies zudem für den Beklagten ein leichtes Gefälle auf, während der Kläger "bergauf" fuhr; das erleichterte dem Kläger ein Abbremsen, während die Verzögerung für den Erstbeklagten schwieriger zu bewirken war. Das Fahrzeug des Klägers war zudem mit einem Anti-Blockiersystem ausgerüstet, das dem Fahrzeug des Erstbeklagten fehlte; die Gefahr des Schleuderns beim Abbremsen auf glatter Fahrbahn war auch aus diesem Grund für den Erstbeklagten höher als für den Kläger. Durch alle diese Faktoren wird angedeutet, dass der Erstbeklagte bei etwa gleicher Ausgangsgeschwindigkeit früher und leichter in die Gefahr des Schleuderns auf Glatteis geraten war und dann wesentlich schlechtere Reaktionsmöglichkeiten hatte als der Kläger.

Es ist auszuschließen, dass der Kläger vor dem Kollisionsort ins Schleudern gekommen war mit der Folge, dass er die Wühlspuren, die sich an den unbefestigten Fahrbahnrändern fanden (Lichtbilder Bl. 29, 37 [Nr. 17] BA), verursacht hatte. Das erschien schon bei der Spurensicherung unwahrscheinlich, weil Verschmutzungen der Fahrbahn im Bereich des mutmaßlichen Wiedereintritts auf die Fahrbahn, die zu erwarten gewesen wären, nicht festgestellt wurden. Ferner fanden sich an den Rädern und in den Radkästen des Fahrzeugs des Klägers keine entsprechenden Erdanhaftungen. Schließlich erscheint es mit Blick auf die Ausrichtung der zuletzt stark hangabwärts weisenden Wühlspuren (vgl. Bl. 37 BA [Nr. 17]) ausgeschlossen, dass der Kläger, hätte er die Spuren verursacht, wieder auf die Fahrbahn zurückgekehrt wäre, um sodann auf das Fahrzeug des Erstbeklagten zu prallen. In der Gesamtschau kann der Senat die Verursachung dieser Spuren beim Unfallgeschehen sicher ausschließen; das steht im Einklang mit den Überlegungen der Sachverständigen Dipl. Ing. H..... und Dr. Ing. B..... Das Fehlen von passenden Erdantragungen auf der Fahrbahn und am Fahrzeug des Klägers wurde im Privatgutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. R... nicht berücksichtigt; insoweit überzeugt dessen Annahme, die Wühlspuren könnten in das Unfallgeschehen einzubeziehen sein, nicht.

Aus der Gesamtwürdigung aller Umstände ergibt sich zur Überzeugung des Senats, dass der Kläger vor der Kollision zunächst auf gerader und unvereister Fahrbahn gefahren ist. Er hat erst reagiert, als er den Erstbeklagten sah, der ins Schleudern geriet und erkennbar auf seine Fahrspur kam; freilich hat er vor dem Ausweichen und Abbremsen bereits bei einem leichten Bremstest festgestellt, dass die Fahrbahn "plötzlich `spiegelglattŽ" war (Bl. 16 GA). Dem Kläger war es dann unwiderlegt durch "Betätigen der Fußbremse (ABS) ... möglich", sein "Fahrzeug gezielt auf die linke Fahrspur/Gegenfahrbahn zu steuern."

c) Dem Erstbeklagten ist ein Verschulden anzulasten, weil er mit einer bei erkennbar drohender Vereisungsgefahr überhöhten Geschwindigkeit gefahren und dadurch teilweise auf die Gegenfahrbahn geraten ist. Zu solchen Feststellungen reicht die Indizienlage aus. Einem Geschädigten, dessen Fahrzeug mit dem schleudernden Pkw eines Unfallgegners zusammenstößt, obliegt hingegen nicht die Widerlegung aller nur denkbaren Unfallabläufe (vgl. OLG Karlsruhe VersR 1981, 886).

Für den Anspruch auf Schmerzensgeld und Schmerzensgeldrente gilt hier nur Deliktsrecht (§§ 823, 840, 847 BGB a.F.; § 3 Nr. 1, 2 PflichtVersG), weil die Haftungsregelung des § 11 Satz 2 StVG in Verbindung mit § 253 BGB erst durch das Änderungsgesetz vom 19. Juli 2002 eingeführt wurde, der keine rückwirkende Geltung beansprucht. Erforderlich ist daher eine Sorgfaltspflichtverletzung und die fahrlässige Verletzung des Körpers des Klägers durch den Beklagten. Dafür ist neben der adäquat kausalen Verursachung des Schadens insbesondere erforderlich, dass die Fahrbahnvereisung vorhersehbar und das Abkommen auf die Gegenfahrspur vermeidbar waren. Dies ist zu bejahen.

Für eine Verletzung der Sorgfaltspflicht, bei drohender Glatteisgefahr besonders langsam zu fahren, durch den Erstbeklagten spricht der erste Anschein, da der Erstbeklagte teilweise auf die Gegenfahrspur geraten war. Es reicht aber nicht bereits die Tatsache aus, dass ein Fahrzeug auf glatter Fahrbahn ins Rutschen geriet. Ist die Fahrbahn nicht allgemeinen verschneit oder vereist, so müssen weitere Hinweise hinzukommen, die auf Grund der konkreten Gegebenheiten einem einsichtigen Kraftfahrer die Möglichkeit nahe legen, er könne auf vereiste Stellen geraten (Senat, Urteil vom 3. März 2000 - 12 U 238/99). Auch im Winter muss nicht ohne weiteres mit vereisten Stellen gerechnet werden. Ein Kraftfahrer muss aber bei Frostgefahr und Temperaturen um den Nullpunkt mit einer Vereisung an solchen Fahrbahnstellen rechnen, die erfahrungsgemäß zur Eisbildung neigen (BGH VersR 1967, 882; 1968, 303; OLG Hamm NZV 1989, 233, 234; OLG Köln VersR 1999, 377). Dies gilt namentlich für Straßenstellen mit veränderter Einwirkung von Sonne und Wind, wechselndem Baumbestand oder Strecken mit sonstigen Besonderheiten. Ein solcher Fall liegt hier vor. In den frühen Morgenstunden eines Tages im Januar bei Dunkelheit und auf nasser Fahrbahn ist bei Temperaturen um den Gefrierpunkt die Vorhersehbarkeit von Glatteis zu bejahen (vgl. BGH VersR 1969, 895; OLG Celle VRS 104 [2003], 253, 254 f.; OLG Köln OLG-Report Köln 1991, 10 f.; OLG Saarbrücken RuS 1981, 62 f.). Gerät bei solcher Sachlage der Fahrzeugführer auf die Gegenfahrbahn, so spricht dies dafür, dass er nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gefahren ist (Senat Urteil vom 13. März 2000 - 12 U 238/99). Der Gegenbeweis ist von den Beklagten nicht mit Erfolg geführt worden.

d) Der Kläger seinerseits muss sich zwar kein Verschulden entgegenhalten lassen. Jedoch bleibt seine Betriebsgefahr beachtlich, die auch die Höhe seines Schmerzensgeldanspruchs mindert (vgl. BGHZ 20, 259, 262). Ein unabwendbares Ereignis stellt der Unfall für ihn nicht dar.

Die Ausweichreaktion des Klägers war objektiv falsch. Die Kollision wäre vermieden worden, wenn der Kläger auf seiner Fahrspur verblieben wäre. Denn der Frontalzusammenstoß fand auf der Fahrspur des Erstbeklagten statt. Diese Tatsache gereicht dem Kläger jedoch nicht zum Verschulden; denn sein im Ergebnis fehlerhaftes Fahrverhalten war eine in verständlicher Angst erfolgte Reaktion darauf, dass der Erstbeklagte ihm teilweise die eigene Fahrspur versperrte. Traf der Kläger in dieser Situation die falsche Entscheidung, so ist auch dies dem Erstbeklagten zuzurechen und kann auf Seiten des Klägers nicht als schuldhafter Fahrfehler gewertet werden.

Andererseits war das Unfallgeschehen für den Kläger auch nicht nachweislich unabwendbar gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 StVG. Es kann nicht mehr zuverlässig aufgeklärt werden, in welchem Ausmaß der Erstbeklagte die Fahrbahnmitte überschritten hatte.

Jedenfalls ist nicht bewiesen, dass sein Fahrzeug sich vor der Kollision völlig unkontrolliert schleudernd über die gesamte Fahrbahnbreite hinweg bewegt hätte. Deshalb liegt es - wie es auch der Sachverständige Dr. Ing. B.... es vor dem Senat gesagt hat - nahe, dass ein "Idealfahrer" sich entschlossen hätte, hart an seinem rechten Fahrbahnrand zu bleiben in der - richtigen - Voraussicht, dass der Erstbeklagte alles daransetzen würde, seine eigene Fahrspur wieder zu erreichen, und dies nach den objektiven Gegebenheiten auch möglich war. Zum Unfall wäre es dann nicht gekommen.

Der Kläger hat deshalb für seine Betriebsgefahr einzustehen. Diese tritt hinter dem Verschulden des Erstbeklagten auch nicht zurück, weil die näheren Umstände, die zum zeitweiligen Verlust der Kontrolle über das Fahrzeug geführt haben, nicht bekannt sind. Es ist deshalb nicht bewiesen, dass es sich hierbei um ein besonders schwerwiegendes Verschulden gehandelt hat, hinter dem die Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeuges zurückzutreten hätte. Diese ist im Gegenteil verhältnismäßig hoch anzusetzen. Bei ihrer Bewertung fällt die objektiv falsche Reaktion des Klägers ins Gewicht, die dazu geführt hat, dass sein Fahrzeug sich vollständig auf der für ihn fremden Fahrspur befand, wodurch der Unfall wesentlich mit verursacht wurde. Der Senat bewertet nach allem die Betriebsgefahr des Klägers in Höhe eines Mithaftungsumfangs von 25 %.

2. Auf dieser Grundlage gilt für die Rechtsfolgen folgendes:

a) Eine Schmerzensgeldrente ist neben einem Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldkapitals und einem immateriellen Vorbehalt nicht angemessen. Eine Schmerzensgeldrente kommt neben einem Kapitalbetrag in der Regel nur bei schwersten Dauerschäden in Betracht, unter denen der Verletzte immer wieder neu leidet (BGHR BGB § 847 Schmerzensgeldrente 1). Der Senat verkennt nicht, dass der Kläger erhebliche Verletzungen davon getragen hat; diese fallen aber nicht in die genannten Kategorie der schwersten Dauerschäden (vgl. OLG Stuttgart OLG-Report Stuttgart 2000, 132, 135). Auch der Fall, dass eine Schmerzensgeldleistung mit Blick auf die wirtschaftlichen Möglichkeiten des Schädigers nur in Form der Rentenzahlung sinnvoll zu bewirken ist (BGHZ 18, 149, 167), liegt nicht vor. Das vom Kläger mit der Schmerzensgeldrente verfolgte Interesse ist beim Schmerzensgeldkapital mit zu berücksichtigen.

b) Ein Schmerzensgeld ist mit 15.000 Euro angemessen. Die Funktion des Schmerzensgeldes besteht darin, dem Verletzten einen Ausgleich für die erlittenen immateriellen Schäden und Genugtuung für das ihm zugefügte Leid zu geben (BGHZ 18, 149, 154 ff.; 80, 384, 386; 120, 1, 4 f.). Für seine Bemessung sind in erster Linie die Höhe und das Maß der Lebensbeeinträchtigung zu berücksichtigen. Daneben können auch alle Umstände berücksichtigt werden, die dem einzelnen Schadensfall sein besonderes Gepräge geben. Dazu gehört der Grad des Verschuldens des Schädigers. Auch kann es allgemein auf den Anlass des Unfalles ankommen (BGHZ 18, 149, 158). Das im Einzelfall angemessene Schmerzensgeld ist aus Gründen möglichst gleichmäßiger Behandlung zudem an den Beträgen zu orientieren, die von den Gerichten bei vergleichbaren Fällen zugesprochen worden sind. Dabei verbietet sich aber eine schematische Übernahme vorhandener Entscheidungen (OLG Hamm OLG-Report Hamm 2001, 138, 140).

Im vorliegenden Fall fällt ins Gewicht, dass ein besonders schwer wiegendes Verschulden des Erstbeklagten mit Blick auf die Unfallverursachung durch Glatteis jedenfalls nicht bewiesen ist, der Erstbeklagte selbst schwer verletzt wurde und keine Erinnerung an das eigentliche Unfallgeschehen hat. Die Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes tritt dadurch völlig zurück. Es bleibt nur die Ausgleichsfunktion, für die vor allem die Art und Schwere der Verletzungen sowie deren Fortdauer zu beachten sind. Der Kläger erlitt mehrere Verletzungen, er musste mehrfach operiert werden, er war lange Zeit verletzungsbedingt berufsunfähig und er hat weiterhin Schmerzen sowie Beeinträchtigungen seiner körperlichen Beweglichkeit hinzunehmen. Das ist namentlich durch ärztliche Bescheinigungen des Dr. med. S...., die der Senat urkundenbeweislich verwerten kann, bewiesen (Bl. 22 f., 66 f. GA). Der Grad der Behinderung des Klägers ist nach dem von ihm zeitnah vorgelegten Bescheid des Versorgungsamtes mit 50 % anerkannt worden. Bei dieser Sachlage ist ein Schmerzensgeld von 15.000 Euro angemessen.

Dies liegt auch in dem - freilich von Fall zu Fall weiten - Rahmen dessen, was in der Rechtsprechung bei komplizierten Knochenbrüchen zugesprochen wurde. Für einen verheilten Unterschenkelstückbruch wurde nur ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000 DM (7.669,38 Euro) zugesprochen (OLG Düsseldorf VersR 2001, 250 f.). Ein Schmerzensgeld in Höhe von 30.000 DM (15.338,76 Euro) galt als gerechtfertigt für einen offenen Unterschenkeltrümmerbruch, eine kombinierte Kniebänderverletzung, einer Oberschenkelfraktur sowie einer Fraktur eines Mittelhandknochens und eine commotio cerebri; dabei waren vier Krankenhausaufenthalte erforderlich gewesen (OLG Bamberg ZfSch 1991, 191). Höhere Schmerzensgeldbeträge werden in der Rechtsprechung namentlich dann zugesprochen, wenn ganz erhebliche weitere Dauerfolgen zu verzeichnen sind (vgl. etwa OLG Hamm, Urteil vom 29. Mai 1991 - 32 U 20/90 und VersR 1995, 47 ff.), ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

c) Die Zinsforderung folgt aus §§ 286, 288 BGB a.F.

d) Die Klage auf Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz künftiger materieller und immaterieller Schäden ist zulässig und größtenteils begründet. Die Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs ist mit einem Mithaftungsanteil von 25 % zu berücksichtigen. Dies gilt zunächst für den Anspruch auf Ersatz künftiger materieller Schäden, aber auch bezüglich des Anspruchs auf Ersatz immaterieller Schäden (vgl. BGHZ 20, 259, 262 ff.).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ein Grund für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegt nicht vor.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 29.316,32 Euro festgesetzt:

Berufungsantrag zu 1.a) 15.000,00 Euro (20.000 DM)

Berufungsantrag zu 1.b) (§ 17 Abs. 2 GKG) 9.203,40 Euro (60 x 153,39 Euro)

Berufungsantrag zu 2) 5.112,92 Euro (10.000 DM).

Die Beschwer der Beklagten beträgt 18.834,69 Euro (3/4 x 5.112,92 = 3.834,69 Euro und 15.000 Euro), diejenige des Klägers 10.481,63 Euro.

Ende der Entscheidung

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