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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 28.07.2000
Aktenzeichen: 13 UF 417/00
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 648 Abs. 2
Im vereinfachten Verfahren kann der Einwand mangelnder Leistungsfähigkeit nicht im Beschwerdeverfahren erstmals geltend gemacht werden.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ BESCHLUSS

Geschäftsnummer: 13 UF 417/00 6 FH 5/00 AG Bad Neuenahr-Ahrweiler

in der Familiensache

wegen Kindesunterhalts (Festsetzung im vereinfachten Verfahren).

Der 13. Zivilsenat - 1. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgericht Koblenz hat durch die Richterinnen am Oberlandesgericht und sowie den Richter am Amtsgericht

am 28. Juli 2000

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - vom 11.5.2000 wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.

Der Antrag der Antragsgegnerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4.793 DM festgesetzt.

Gründe:

Die gemäß §§ 652 Abs. 1 ZPO, 11 Abs. 1 Rechtspflegergesetz an sich statthafte und auch fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist nicht zulässig. Die Antragsgegnerin hat keine gemäß § 652 Abs. 2 ZPO zulässigen Einwendungen gegen die Unterhaltsfestsetzung in dem angefochtenen Beschluss erhoben.

Gemäß § 652 Abs. 2 ZPO kann der Unterhaltsschuldner im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger mit der sofortigen Beschwerde nur rügen, dass das Gericht eine Einwendung im Sinne des § 648 Abs. 2 ZPO zu Unrecht als unzulässig angesehen habe. Die Antragsgegnerin stützt ihre Beschwerde darauf, nicht leistungsfähig zu sein. Einen solchen Einwand kann sie gemäß § 648 Abs. 2 Satz 3 ZPO nur erheben, sofern sie zugleich unter Verwendung des eingeführten Vordrucks Auskunft über ihre Einkünfte, ihr Vermögen und ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Übrigen erteilt und hierüber Belege vorlegt. Dies hat die Antragsgegnerin indes nicht getan. Soweit sie mit Schriftsatz vom 20.6.2000 erklärt, sie habe schon vor Erlass des Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses "Einwendungen gegen den Antrag auf Festsetzung von Unterhalt erhoben", erfolgte dies jedenfalls nicht in der vorgeschriebenen Art und Weise. Eventuelle mündlich vorgebrachten Einwände gegen die Unterhaltsfestsetzung sind gemäß § 648 Abs. 2 ZPO unbeachtlich.

Die Antragsgegnerin hat allerdings mit der Beschwerdeschrift Einwendungen gegen den Antrag auf Festsetzung von Unterhalt vorgetragen und hierzu auch diverse Belege eingereicht. Den Vordruck "Einwendungen gegen den Antrag auf Festsetzung von Unterhalt" hat die Antragsgegnerin indes nach wie vor nicht ausgefüllt und bei Gericht eingereicht, so dass schon deshalb Bedenken bestehen, ob die Einwendungen der Antragsgegnerin hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit in zulässiger weise vorgetragen sind. Jedenfalls war die Beschwerde der Antragsgegnerin deshalb zurückzuweisen, weil die Einwendungen gegen die Leistungsfähigkeit erstmals im Beschwerdeverfahren vorgetragen worden sind (vgl. auch OLG Köln FamRz 2000, 680).

In der Literatur wird allerdings die Auffassung vertreten, Einwendungen nach § 648 ZPO könnten auch erstmals in der Beschwerdeinstanz vorgetragen werden (vgl. Münchener Kommentar Coester-Waltjen, ZPO 2. Auflage § 652 Rn. 6; Zöller-Philippi, ZPO 21. Auflage § 652 Rn. 3; Musielak/Borth, ZPO, § 652 Rn. 2). Dieser, offenbar auf die Vorschrift des § 570 ZPO gestützten Auffassung vermag sich der Senat jedoch bereits im Hinblick auf Sinn und Zweck des vereinfachten Verfahrens und unter Berücksichtigung der Vorschrift des § 648 Abs. 3 ZPO nicht anzuschließen. Der Gesetzgeber hat mit den Vorschriften der §§ 645 f ZPO ein schnelles und einfach ausgestaltetes Verfahren vor dem Rechtspfleger zur Erlangung eines Vollstreckungstitels über den Regelunterhalt schaffen wollen. Um dem Kind möglichst schnell zu einem Unterhaltstitel zu verhelfen, ist der Schuldner gehalten, eventuelle Einwendungen innerhalb eines Monats zu erheben (vgl. § 647 I Nr. 2 ZPO), wobei Einwendungen zur Leistungsfähigkeit gemäß § 648 Abs. 2 ZPO nur insoweit Berücksichtigung finden können, als sie in der vorgesehenen Form vorgebracht worden sind (vgl. § 647 I Nr. 4 ZPO). Nach Ablauf der Monatsfrist eingehende Einwendungen sind gemäß § 648 Abs. 3 ZPO nur zu berücksichtigen, solange der Festsetzungsbeschluss noch nicht verfügt ist. Nach diesem Zeitpunkt kann der Antragsgegner Einwendungen gegen seine Leistungsfähigkeit noch mit der Abänderungsklage des § 654 ZPO geltend machen, wobei auch eine rückwirkende Herabsetzung des Unterhalts erreicht werden kann; dies gilt unabhängig davon, ob der Antragsgegner die zur Klagebegründung vorgebrachten Tatsachen im vereinfachten Verfahren schon geltend gemacht hatte oder nicht (vgl. hierzu Zöller/Philippi, aaO, § 654 Rz. 2; Familienrechtsreform-Kommentar/Bäumel, § 654 Rn. 6). Dieses vom Gesetzgeber vorgesehene Verfahren bewirkt mithin, dass das minderjährige Kind auf schnellem Weg einen vollstreckungsfähigen Unterhaltstitel erlangt, der Unterhaltsschuldner jedoch noch die Möglichkeit hat, den in diesem stark schematisierten Verfahren ergangenen Titel einer nachträglichen gerichtlichen Überprüfung auch in materiell-rechtlicher Hinsicht unterziehen zu lassen. Diesem Ziel würde es indes widersprechen, wenn der Schuldner erstmals im Beschwerdeverfahren Einwendungen zu seiner Leistungsfähigkeit erheben könnte. Mithin ist die Vorschrift des § 652 Abs. 2 ZPO im Hinblick auf Einwendungen gemäß § 648 Abs. 2 ZPO dahingehend zu verstehen, dass als Beschwerdegrund insoweit nur in Betracht kommt, dass das erstinstanzliche Gericht eine Einwendung im Sinne jener Vorschrift zu Unrecht als unzulässig behandelt hat. In diesem Sinne lautet auch die Begründung der Bundesregierung zum Entwirf des Kindesunterhaltsgesetzes (vgl. Bundestagsdrucksache 13/7338, Seite 42; vgl. auch OLG Köln aaO).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Der Gegenstandswert beträgt 4.793 DM (rückständiger Unterhalt in Höhe von 1.166 DM für die Monate Oktober 98 bis Januar 1999 <1 x 239 DM + 2 x 314 DM + 1 x 299 DM> sowie laufender Unterhalt in Höhe von 3.627 DM <5 x 299 DM, 6 x 306 DM sowie 1 x 296 DM>).

Der Antrag der Antragsgegnerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war zurückzuweisen, da die von ihr beabsichtigte Rechtsverfolgung aus dem oben Dargelegten keine hinreichenden Erfolgsaussichten hat.

Ende der Entscheidung

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