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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 08.01.2001
Aktenzeichen: 13 UF 660/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1587 a Abs. 3
BGB § 1587 a Abs. 4
Die Diskrepanz zwischen den Grundlagen der Barwertverordnung und der tatsächlichen Entwicklung und Dynamisierung der gesetzlichen Renten führen derzeit noch nicht zur Verfassungswidrigkeit der Barwertverordnung.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ BESCHLUSS

Geschäftsnummer: 13 UF 660/00 5 F 92/00 AG St. Goar

in der Familiensache

wegen Versorgungsausgleichs als Scheidungsfolgesache

Der 13.Zivilsenat - 1.Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richterinnen am Oberlandesgericht und am 8. Januar 2001

beschlossen:

Tenor:

I. Auf die Beschwerde der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - vom 17. Oktober 2000 teilweise in Ziff. 2 des Tenors (Versorgungsausgleich) abgeändert.

Vom Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte - werden auf das Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Landesversicherungsanstalt - Rentenanwartschaften von monatlich 16,76 DM, bezogen auf den 31. 05. 2000, übertragen.

Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Zu Lasten der Versorgung der Antragstellerin bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder werden auf dem Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Landesversicherungsanstalt von monatlich 1,18 DM, bezogen auf den 31. 05. 2000, begründet.

Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zwischen den Parteien gegeneinander aufgehoben.

Im Übrigen bleibt es bei der Kostenentscheidung der ersten Instanz.

III. Der Beschwerdewert wird auf 1.000 DM festgesetzt.

Gründe:

Die in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstandende Beschwerde der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder hat auch in der Sache Erfolg. Der Senat entscheidet über die Beschwerde ohne erneute mündliche Verhandlung, nachdem die Beteiligten hiergegen keine Einwände erhoben haben und weitere Fragen mit ihnen nicht zu erörtern sind.

Die auf Seiten der Antragstellerin erworbene betriebliche Anwartschaft bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder, die als statisches Anrecht gemäß § 1587 a Abs.3 und Abs.4 BGB in ein der gesetzlichen Rentenanwartschaft vergleichbares dynamisches Anrecht umzurechnen ist, kann nach Auffassung des Senats weiterhin nach der vom Gesetzgeber erlassenen und noch geltenden Barwertverordnung in der Fassung vom 22. 05. 1984 bewertet werden. Zwar werden in Rechtsprechung und Literatur zu Recht Bedenken gegen die Umrechnung statischer Anwartschaften mit Hilfe der derzeit geltenden Barwertverordnung erhoben, weil deren Anwendung in der Regel zu einer Unterbewertung der Anrechte infolge der veralteten Grundlagen der Verordnung, dem im Verhältnis zu den durchschnittlichen Anpassungssätzen in der gesetzlichen Rentenversicherung zu hohen Verrechnungszins und u. a. der Nichtberücksichtigung einer Hinterbliebenenversorgung führt (vergl. Glockner/Gutdeutsch in FamRZ 1999, 896 und in FamRZ 2000, 270; Bergner in FamRZ 1999, 1487; Kemmnade in einer Anmerkung, FamRZ 2000, 827; AG Kelheim FamRZ 2000, 98; OLG München FamRZ 1999, 1432). Gleichwohl geht der Senat davon aus, dass diese Diskrepanz zwischen den Grundlagen der Barwertverordnung und der tatsächlichen Entwicklung und Dynamisierung der gesetzlichen Renten noch nicht zur Verfassungswidrigkeit der Barwertverordnung führt, so dass diese weiterhin Anwendung finden kann und aus Gründen der Rechtseinheit und Rechtssicherheit auch nicht durch Ersatztabellen zu ersetzen ist (OLG Stuttgart FamRZ 2000, 1019; OLG Frankfurt FamRZ 2000, 1020; OLG Nürnberg FamRZ 2000, 538).

Es ist deshalb auch nicht geboten, die Durchführung des Versorgungsausgleichs bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die gegen die Barwertverordnung anhängigen Verfassungsbeschwerden auszusetzen. Soweit im Hinblick auf die anhängigen Verfassungsbeschwerden und die Absicht des Gesetzgebers zur Abänderung der Barwertverordnung mit einer Neuregelung zu rechnen ist, besteht für die von der Barwertverordnung betroffenen Parteien die Möglichkeit, eine spätere Abänderung des Versorgungsausgleichs gemäß § 10 a VAHRG zu erreichen, wobei die Wesentlichkeitsgrenze für ein Abänderungsverfahren schon dadurch gewährleistet sein dürfte, dass durch die anstehende Rentenreform zur Bewältigung der unausgewogenen Altersstruktur der Bevölkerung ohnehin mit Änderungen in der Bewertung der dem Versorgungsausgleich unterliegenden Anrechte zu rechnen ist (so auch OLG Stuttgart, a.a.O.).

Der Versorgungsausgleich zwischen den Parteien ist deshalb bei Anwendung der Barwertverordnung wie folgt durchzuführen:

Anwartschaften der Antragstellerin

bei der BfA 126,96 DM

bei der VBL Jahresrente (Ehezeitanteil) 466,20 DM.

Nach der Barwertverordnung ergibt sich bei Anwendung der Tabelle 1 unter Berücksichtigung eines Alters der Antragstellerin bei Ehezeitende von 26 Jahren ein in die Berechnung ein zustellender Barwertfaktor von 1,1 dies entspricht einem Barwert von 512,82 DM. Mit Hilfe des Umrechnungsfaktors von 0,0000950479 ergeben sich folgende Entgeltpunkte 0,0487 der aktuelle Rentenwert beträgt 48,29 DM die dynamische Rentenanwartschaft beläuft sich auf (0,0487 x 48,29) 2,35 DM.

Gesamtanwartschaften der Antragstellerin:

splittingfähig 126,96 DM

analoges Quasisplitting 2,35 DM

insgesamt: 129,31 DM.

Anwartschaft des Antragsgegners

bei der LVA 93,44 DM.

Die Antragstellerin hat die werthöheren Anwartschaften und ist deshalb insgesamt ausgleichspflichtig in Höhe von 17,94 DM (129,31 - 93,44) : 2

Der Ausgleich erfolgt hinsichtlich der gesetzlichen Rentenanwartschaften gemäß § 1587 b Abs.1 BGB durch Rentensplitting 16,76 DM (126,96 - 93,44) : 2

hinsichtlich der betrieblichen Zusatzversorgung durch analoges Quasisplitting gemäß § 1 Abs.3 VAHRG (2,35 : 2) 1,18 DM

Die Kostenentscheidung folgt aus § 93 a ZPO.

Die Wertfestsetzung beruht auf § 17 a GKG.

Ende der Entscheidung

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