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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 11.05.2005
Aktenzeichen: 13 WF 282/05
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1666
BGB § 1666a
BGB § 1666a Abs. 1
ZPO § 567
ZPO § 620c
ZPO § 621g
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ BESCHLUSS

Geschäftsnummer: 13 WF 282/05

In der Familiensache

betreffend die elterliche Sorge für die Kinder

wegen Entziehung der elterlichen Sorge,

hier: einstweilige Anordnung.

Der 13. Zivilsenat -1. Senat für Familiensachen- des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Hahn und die Richter am Oberlandesgericht Haupert und Busekow

am 11. Mai 2005

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragsgegner wird der Beschluss des Amtsgerichts -Familiengerichts- Neuwied vom 18. März 2005 teilweise abgeändert.

Den Antragsgegnern wird die Personensorge für die Kinder Ziffer 2. bis 6. teilweise entzogen, soweit diese das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Recht auf medizinisch/therapeutische Versorgung, das Recht zur Regelung schulischer Angelegenheiten sowie das Recht zur Einleitung von Maßnahmen nach dem KJHG betrifft.

Insoweit wird die Personensorge dem Stadtjugendamt N...... als Pfleger übertragen.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Bezüglich des Kindes S..... S........ wird klargestellt, dass das Verfahren durch die Volljährigkeit erledigt ist.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Im Übrigen werden die Kosten des Beschwerdeverfahrens den Beschwerdeführern auferlegt.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.

Gründe:

Im Juli 2002 beantragte die weitere Verfahrensbeteiligte, die Antragsgegner familiengerichtlich zu ermahnen, dafür Sorge zu tragen, dass ihre Kinder im neuen Schuljahr regelmäßig die Schule besuchen. Grund dafür waren erhebliche Fehlzeiten der Kinder der Antragsgegner in der Schule. Antragsgemäß hat das Familiengericht am 7. August 2002 die Antragsgegner eingehend ermahnt um sicherzustellen, dass ihre Kinder regelmäßig am Schulunterricht teilnehmen. Ausdrücklich hat es auf Maßnahmen nach § 1666 BGB hingewiesen. Im Anschluss daran kam es vorübergehend zu einem regelmäßigen Schulbesuch der Kinder unter Beteiligung der vom Jugendamt eingesetzten sozialpädagogischen Familienhilfe. Wegen fehlender Bereitschaft der Antragsgegner wurde die Maßnahme am 29. Februar 2004 beendet. Das Ziel, mit Hilfe der SPFH-Maßnahme einen kontinuierlichen Schulbesuch der Kinder herbeizuführen, konnte trotz intensiver Betreuung aufgrund des entgegenstehenden Willens der Antragsgegner nicht erreicht werden. Entschuldigt wurden die massiven Schulversäumnisse der Kinder -Li... und La... besuchten die Schule im Jahr 2004 nur an wenigen Tagen, Da.... verweigerte jeden Schulbesuch- mit deren Erkrankungen. Diese wiederum wurden auf die schlechten Wohnverhältnisse zurückgeführt. Allen Hilfsangeboten gegenüber zeigten sich die Antragsgegner ablehnend. Empfehlungen, sich von Erziehungsberatungsstellen beraten zu lassen, wurden nicht angenommen.

Mit Schriftsatz vom 5. Januar 2005 beantragte das Jugendamt der Stadt N......, den Antragsgegnern die aus der Beschlussformel ersichtlichen Teile der Personensorge zu entziehen und dem Stadtjugendamt als Pfleger zu übertragen betreffend die Kinder Ziffern 2. bis 6., um einen regelmäßigen Schulbesuch durch die Einleitung weiterer Maßnahmen sicherzustellen.

Das Amtsgericht hat nach Anhörung der Beteiligten im Termin vom 18. März 2005 den Antragsgegnern die elterliche Sorge für die Kinder Ziffern 1. bis 6. im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig entzogen und diese dem Stadtjugendamt als Vormund übertragen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Inobhutnahme der Kinder durch das Jugendamt dringend erforderlich sei, um eine weitere Gefährdung des Kindeswohles zu vermeiden. Die Eltern seien nicht in der Lage einen geregelten Schulbesuch der Kinder sicherzustellen.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegner mit der sie die Aufhebung der einstweiligen Anordnung erstreben. Zur Begründung berufen sie sich im Wesentlichen darauf, dass die vorläufige Entziehung der elterlichen Sorge und die Fremdunterbringung unverhältnismäßig sei. Zuvor hätten geeignetere Maßnahmen ergriffen werden müssen. Insbesondere sei der unregelmäßige Schulbesuch auf Übergriffe durch albanische und irakische Kinder zurückzuführen. Darüber hinaus sei die Wohnsituation der Antragsgegner unbefriedigend. Die angebotene Hilfe seitens des Jugendamtes sei ungeeignet.

Das Rechtsmittel ist als sofortige Beschwerde zulässig nach § 621g, 620c, 567 ZPO. In der Sache hat das Rechtsmittel im wesentlichen keinen Erfolg. Es war lediglich klarzustellen, dass dem Jugendamt als Pfleger wesentliche Teile der Personensorge zu übertragen waren und nicht die gesamte elterliche Sorge sowie dass sich das Verfahren dem Kind S..... S........ gegenüber durch Eintritt der Volljährigkeit erledigt hat. Im Übrigen war die sofortige Beschwerde zurückzuweisen, insbesondere hinsichtlich des Aufenthaltsbestimmungsrechts der Kinder. Insoweit hat das Familiengericht zu Recht im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Maßnahme erlassen um eine weitere erhebliche Gefährdung des Kindeswohles durch das Verhalten der Antragsgegner zu verhindern.

Zu Recht ist das Familiengericht davon ausgegangen, dass derzeit dringende Gründe zu der Annahme bestehen, dass im Hauptsacheverfahren den Antragsgegnern nach § 1666 BGB jedenfalls die aus dem Tenor ersichtlichen Rechte zu entziehen und die Pflegschaft anzuordnen sein wird, da sehr wahrscheinlich andere Maßnahmen zur Beseitigung der Gefahr für das Kindeswohl nicht ausreichen werden -§§ 1666, 1666a Abs.1 BGB-.

Jedenfalls sind die Antragsgegner zurzeit nicht in der Lage, einen regelmäßigen Schulbesuch der Kinder sicherzustellen.

Durch öffentliche Hilfen kann die Gefahr für das Wohl der Kinder, dies hat die Vergangenheit nachdrücklich gezeigt, nicht beseitigt werden, so dass derzeit nur eine Trennung der Kinder von den Antragsgegnern möglich erscheint. Nur dadurch ist gewährleistet, dass die Kinder regelmäßig am Schulbesuch teilnehmen.

Der Senat verkennt dabei nicht, dass insbesondere der Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts im Rahmen der Personensorge eine einschneidende Maßnahme ist. Im Rahmen der nach § 1666a BGB vorzunehmenden Abwägung der Vor- und Nachteile einer familiengerichtlichen Maßnahme ist insbesondere auch die Auswirkung auf die Entwicklung der Eltern-Kind-Beziehung zu berücksichtigen. Die vorzunehmende Abwägung führt vorliegend jedoch dazu, dass, zumindest zurzeit, keine andere Maßnahme ersichtlich ist, um der Gefährdung des Kindeswohls zu begegnen. In der letzten Zeit sind die Kinder dem Schulunterricht nahezu gänzlich ferngeblieben. Trotz aller Versuche des Jugendamtes haben die Antragsgegner die angebotenen Hilfen nicht wahrgenommen. Sie haben vielmehr immer andere Ausflüchte gesucht, um die Fehlzeiten zu entschuldigen. In der Vergangenheit waren dies zumeist Krankheiten, nunmehr sind dies angebliche Übergriffe von albanischen und irakischen Kindern. Weder die Schule noch das Jugendamt haben nachhaltige Erkenntnisse von solchen Bedrohungen. Dieses Verhalten der Antragsgegner belegt, dass diese zurzeit nicht in der Lage sind, dafür Sorge zu tragen, dass die Kinder regelmäßig die Schule besuchen.

Eine vom Jugendamt angebotene stationäre Familienhilfe wurde strikt abgelehnt. Jedenfalls damit hätte ein kontinuierlicher Schulbesuch der Kinder sichergestellt werden können.

Nachdem alle von dem Jugendamt vorgeschlagenen Maßnahmen seitens der Antragsgegner abgelehnt worden sind, verbleibt zur Zeit keine mildere Maßnahme, als der Entzug der Personensorge in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang.

Das Familiengericht wird nunmehr im Hauptsacheverfahren zu entscheiden haben, ob die Maßnahme über die vorläufige Anordnung hinaus weiter aufrecht zu erhalten sein wird. Maßgebliche Bedeutung wird den zwischenzeitlich zwischen den Antragsgegnern und dem Jugendamt geführten Gesprächen und der Bereitschaft der Antragsgegner, tatsächlich weitreichende Hilfeleistungen zuzulassen, zukommen.

Das Verfahren betreffend S..... hat sich durch den Eintritt der Volljährigkeit erledigt (§ 1626 Abs.1 BGB).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 131 Abs.3 KostO, 13a FGG.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war zurückzuweisen, da die Rechtsverfolgung im Wesentlichen keine Aussicht auf Erfolg versprach.

Ende der Entscheidung

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