Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 14.03.2001
Aktenzeichen: 13 WF 752/00
Rechtsgebiete: BRAGO, ZPO


Vorschriften:

BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 613 Abs. 1 S. 2
Der Senat hält weiterhin daran fest, dass die Anhörung zur elterlichen Sorge nach § 613 Abs.1 S. 2 ZPO eine Beweisgebühr unter Einbeziehung des Gegenstandswertes der elterlichen Sorge auslöst.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ BESCHLUSS

Geschäftsnummer: 13 WF 752/00 5 F 461/99 AG Lahnstein

in der Familiensache

wegen Ehescheidung und Folgesachen

hier: Streitwertbeschwerde der Rechtsanwältin

Der 13. Zivilsenat - 1. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richterinnen am Oberlandesgericht und

am 14. März 2001

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Rechtsanwältin wird die Streitwertfestsetzung im Urteil des Amtsgerichts- Familiengerichts - Lahnstein vom 25.09.2000 teilweise abgeändert.

Der Streitwert wird für die Prozess- und die Verhandlungsgebühr auf 28.609,- DM (Scheidung 12.417,- DM, Ehegattenunterhalt 15.192,- DM, Versorgungsausgleich 1.000,- DM) und für die Beweisgebühr auf 13.917,- DM (Scheidung 12.417,- DM, elterliche Sorge 1.500,- DM) festgesetzt.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die nach §§ 25 Abs. 3 GKG, § Abs. 2 BRAGO zulässige Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin ist in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang begründet.

Das Amtsgericht hat bei seiner Streitwertfestsetzung nicht berücksichtigt, dass vorliegend die Gebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO nicht nur aus dem Scheidungsstreitwert, sondern auch aus dem der elterlichen Sorge anfällt. Entscheidend für die Berechnung des Streitwerts ist insoweit der Gegenstand des "Beweisaufnahmeverfahrens" (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 29. Aufl., § 31 BRAGO, Rdnr. 217). Dies hat der Senat inzwischen bereits mehrfach entschieden (vgl. Senat, Beschluss vom 17.03.2000, OLGR Koblenz 2000, 492; Beschluss vom 08.06.1999, JurBüro 1999, 469 = Rpfleger 1999, 463 = OLGR Koblenz 1999, 421 = FuR 2000, 138); hieran hält er auch weiterhin fest.

Durch das Kindschaftsreformgesetz vom 16.12.1997 ist in § 613 Abs. 1 ZPO nach Satz 1 ein neuer Satz 2 eingefügt worden, nach dem das Gericht im Scheidungsverfahren - wenn gemeinsame minderjährige Kinder vorhanden sind - die Ehegatten auch zur elterlichen Sorge anhört. Nach § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO löst die Anhörung einer Partei "nach § 613 der Zivilprozessordnung" eine Beweisgebühr aus, unabhängig davon, ob das Gericht damit die Klärung einer streitigen entscheidungserheblichen Tatsache bezweckt. § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO ist durch das Kindschaftsreformgesetz nicht geändert worden. Nach der Neufassung des § 613 Abs. 1 ZPO bedeutet dies, dass diese Beweisgebühr sowohl aus dem Streitwert der Scheidung (§ 613 Abs. 1 Satz 1) als auch aus dem der elterlichen Sorge (§ 613 Abs. 1 Satz 2) zu berechnen und der Streitwert entsprechend festzusetzen ist, da sich weder aus dem Wortlaut des § 613 Abs. 1 Satz 2 ZPO noch aus dem des § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO ein Anhaltspunkt dafür ergibt, dass die Auslösung einer Beweisgebühr auf die Anhörung der Parteien zum Vorliegen der Scheidungsvoraussetzungen beschränkt sein soll, vielmehr in § 613 ZPO die Anhörung nach Abs. 1 Satz 2 mit derjenigen nach Abs. 1 Satz 1 gleichgestellt wird und § 31 BRAGO das Entstehen einer weiteren bzw. nach dem Streitwert erhöhten Beweisgebühr im Falle der Anhörung nach § 613 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht einschränkt. (vgl. Senat, Beschluss vom 17.03.2000, OLGR Koblenz 2000, 492; Beschluss vom 08.06.1999, JurBüro 1999, 469 = Rpfleger 1999,463 = OLGR Koblenz 1999, 421 = FuR 2000, 138; KG Berlin, JurBüro 1999, 634; AG Rendsburg, FamRZ 1999, 1359; AG Euskirchen, FamRZ 1999, 1683).

Dies gilt auch dann, wenn - wie hier - eine Folgesache elterliche Sorge nicht anhängig geworden ist (a.A. OlG Koblenz, 9. Zivilsenat, Rpfleger 2000, 515; 15. Zivilsenat, Beschluss vom 20.12.2000 - 15 WF 755/00 -; OLG Brandenburg, JurBüro 2000, 361; OLG Düsseldorf, FamRZ 2000, 1518; OLG Karlsruhe, Rpfleger 1999, 419; SchlHOLG Schleswig, Rpfleger 1999, 508; OLG Stuttgart, FamRZ 1999, 1359). Die Anhörung (und Aufklärung) zur elterlichen Sorge ist vom Gesetzgeber zwingend vorgeschrieben worden; sie ist gerade nicht abhängig davon, ob in den Scheidungsverbund auch die Folgesache elterliche Sorge einbezogen worden ist. Die Anhörung dient nämlich einerseits der Aufklärung der Eltern über die Bedeutung der gemeinsamen Sorge. Zugleich soll das Familiengericht durch die Anhörung aber auch Informationen darüber erhalten, ob das Kindeswohl gefährdet ist und ob es deshalb von Amts wegen eine Regelung zur elterlichen Sorge treffen muss (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 21. Aufl., § 613 Rdnr. 2a). Nach § 31 BRAGO löst die Anhörung zur elterlichen Sorge als solche eine (höhere) Beweisgebühr unter Einbeziehung des Gegenstandswertes der elterlichen Sorge aus (differenzierend OLG Nürnberg, MDR 2000, 86). Angesichts des klaren und damit keiner Auslegung zugänglichen Wortlauts der maßgeblichen Vorschriften kann die Tatsache, dass eine entsprechende Folgesache nicht anhängig ist, keine Auswirkung auf das Entstehen der vom Anwalt durch entsprechendes Tätigwerden auch verdienten Gebühr haben. Auf die Zielsetzung der Anhörung (vgl. Gerold/Schmidt/v.Eicken/Madert, BRAGO, 14. Aufl., § 31 Rdnr. 111) kann es insoweit nicht ankommen, da der Anfall einer Beweisgebühr nach §,31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO gerade nicht davon abhängig ist, ob das Gericht mit der Anhörung nach § 613 Abs. 1 Satz 1 bzw. Satz 2 ZPO die Klärung einer streitigen entscheidungserheblichen Tatsache bezweckt (vgl. Hartmann, a.a.O., § 31 BRAGO, Rdnr. 179 m.w.N). Auch wenn ein gewisser Widerspruch darin zu sehen ist, dass als Konsequenz eine Beweisgebühr für einen nicht anhängigen Gegenstand anfällt, sieht sich der Senat an einer einschränkenden Auslegung der maßgeblichen Vorschriften durch deren eindeutigen Wortlaut gehindert. Auch die amtliche Begründung zu der Neufassung des § 613 Abs. 1 Satz 2 ZPO (BT-Drucksache 13/4899, S. 161) spricht für die Auffassung des Senats, da es dort heißt: "Die Erweiterung der richterlichen Anhörung um die elterliche Sorge begründet über die Gebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO hinaus keine weiteren anwaltlichen Gebührenansprüche und erhöht auch den Streitwert für das Verfahren nicht." Eine Klarstellung durch den Gesetzgeber wäre insoweit allerdings wünschenswert.

Der Streitwert für die Anhörung zur elterlichen Sorge ist nach § 12 Abs. 2 GKG mit 1.500,- DM anzusetzen.

Im Übrigen wird der Streitwert durch die Anhörung nach § 613 Abs. 1 S. 2 ZPO allerdings nicht erhöht, da die elterliche Sorge nicht als Folgesache anhängig geworden ist. Denn die Anhörung zur elterlichen Sorge allein führt nicht automatisch zur Anhängigkeit eines Sorgerechtsverfahrens (a.A. Mock, JurBüro 1999, 469; Krause, JurBüro 1999, 118). Dies folgt auch aus der Begründung zu der Neufassung des § 613 Abs. 1 S. 2 ZPO (BT-Drucksache 13/4899, S. 161).

Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 25 Abs. 4 GKG).

Ende der Entscheidung

Zurück