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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 06.03.2001
Aktenzeichen: 14 W 109/01
Rechtsgebiete: BRAGO, ZPO, GKG


Vorschriften:

BRAGO § 27 Abs. 1 Nr. 2
BRAGO § 27 Abs. 1 Nr. 3
BRAGO § 25 Abs. 1
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 91
ZPO § 253
ZPO § 278 Abs. 3
ZPO § 139
ZPO § 272 Abs. 1
GKG § 11
GKG § 49 i. V. m. Nr. 1953 des Kostenverzeichnisses
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Koblenz Beschluss

14 W 109/01 7 O 211/9 LG Mainz

In Sachen

wegen Kostenerstattung

hier: Reise - und Fotokopiekosten

hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch die Richter am Oberlandesgericht Kaltenbach, Dr. Menzel und Weller

am 6. März 2001

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Mainz vom 6. Juli 2000 teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Nach dem Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz vom 30. September 1999 werden die von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf 17.769 DM nebst 4% Zinsen seit dem 3. November 1999 festgesetzt.

2. Im übrigen wird die sofortige Beschwerde der Klägerin zurückgewiesen.

3. Von den außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens (Wert: 1.295,10 DM) hat die Klägerin 78,7 %, die Beklagte 21,3 % Prozent zu tragen.

4. Die gerichtlichen Kosten des erfolglosen Teils der Beschwerde (Wert: 1019,10 DM) fallen der Klägerin zur Last.

Gründe:

Das Landgericht hat der Klägerin im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss statt der begehrten Korrespondenzanwaltskosten erster und zweiter Instanz lediglich die Kosten für je eine (fiktive) Informationsreise des Geschäftsführers zu den Prozessbevollmächtigten erster und zweiter Instanz zuerkannt und dabei eine Reisedauer von jeweils einem Tag unterstellt.

Kopiekosten von insgesamt 116,10 DM (1. Instanz: 46 DM; 2. Instanz: 70,10 DM) hat die Rechtspflegerin mit der Begründung nicht festgesetzt, diese Kosten seien durch die Prozessgebühr abgegolten. Nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO seien Kopiekosten nur bei Unterrichtung von mehr als drei Gegnern oder Beteiligten zu erstatten.

Mit ihrer sofortigen Beschwerde begehrt die Klägerin die Festsetzung weiterer Informationsreisekosten von insgesamt 1.179 DM (Bl. 317 GA). Beide Reisen hätten nicht an einem Tag durchgeführt werden können. Daher seien insbesondere Übernachtungskosten und Verdienstausfall ergänzend festzusetzen. Die Auffassung, Kopiekosten würden stets durch die Prozessgebühr abgegolten, sei unzutreffend. Daher müsse die Beklagte die begehrten 116,10 DM ebenfalls erstatten.

Das zulässige Rechtsmittel hat nur wegen eines Teils der Reise- und Kopiekosten Erfolg; weit überwiegend ist es unbegründet.

Nach Prüfung des Prozessstoffes und der maßgeblichen Bahnverbindungen teilt der Senat die Auffassung der Rechtspflegerin, dass selbst bei einem mehrstündigen Informationsgespräch mit dem M (1. Instanz) und dem K Prozessbevollmächtigten (2. Instanz) beide Reisen an einem Tag hätten durchgeführt werden können. Bei Abfahrt in A um 6:48 Uhr und Ankunft und in M um 11:57 Uhr konnte die Rückreise am selben Tag zwischen 15:22 Uhr und 17:10 Uhr angetreten werden. Der Geschäftsführer der Klägerin wäre spätestens um 22:11 Uhr wieder in A gewesen (Blatt 301 GA). Die Zeit zwischen Ankunft und Abfahrt in M war ausreichend, um die erforderlichen tatsächlichen Informationen zu erteilen. Auch unter Berücksichtigung der mitgeteilten Fahrzeiten zwischen der Wohnung des Geschäftsführers und dem Bahnhof A hätte eine wirtschaftlich handelnde Prozesspartei davon abgesehen, in M und K zu übernachten.

Die Auffassung der sofortigen Beschwerde, die Belastungen einer derart langdauernden eintägigen Reise von A nach M und zurück seien unzumutbar, teilt der Senat nicht. Er ist vielmehr überzeugt, dass der Geschäftsführer der Klägerin die Annehmlichkeit, am selben Tag wieder zu Hause zu sein, dem durch eine Übernachtung eintretenden erheblichen Zeitverlust vorgezogen hätte.

Dies gilt erst recht für die kürzere Reise von A dem zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten in K.

Nach alledem ist nicht zu beanstanden, dass die Rechtspflegerin die Festsetzung von Übernachtungskosten abgelehnt hat.

Gleiches gilt für den von der Beschwerde unter Hinweis auf OLG Düsseldorf AnwBl. 1998, 284 f geltend gemachten Verdienstausfall. Ob dieser Entscheidung gefolgt werden kann, lässt der Senat offen. Anders als im dort entschiedenen Fall war hier eine Reise des Geschäftsführers der Klägerin unerlässlich.

Denn es mussten Informationen verschiedener Mitarbeiter zusammengetragen und geordnet werden (vgl. Bl. 277 GA), was angesichts der Bedeutung der Angelegenheit sachgemäß nur durch den Geschäftsführer erfolgen konnte. Die Auffassung der Rechtspflegerin zur Berechnung und Erstattungsfähigkeit von Verdienstausfall in einem derartigen Fall entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. JurBüro 1982, 1056 und JurBüro 1991, 86 jeweils m.w.N.). Auf die Gründe der veröffentlichten Entscheidungen wird statt Wiederholung verwiesen.

Die Rechtspflegerin hat lediglich die Fahrpreise zu niedrig bemessen. Der Senat hat eine Auskunft der Deutschen Bahn eingeholt (Bl. 322 GA). Danach hätte die Reise A M und zurück 502 DM gekostet; die Reise nach K und zurück hätte Kosten von 474 DM verursacht.

Die sofortige Beschwerde behauptet noch höheren Kosten. Dabei dürfte es sich um die aktuellen Fahrpreise handeln. Diese können indes nicht zugrunde gelegt werden. Denn die erste Reise wäre im Mai 1996, die zweite im März 1998 erforderlich gewesen. Dementsprechend hat der Senat bei der Deutschen Bahn die seinerzeit gültigen Fahrpreise erfragt. Die Auskunft belegt im Endergebnis einen Mehrbetrag von 230 DM (1. Instanz: 502 DM abzüglich festgesetzter 414 DM = 88 DM; 2. Instanz: 474 DM abzüglich festgesetzter 332 DM = 142 DM). In diesem Umfang hat das Rechtsmittel einen Teilerfolg.

Soweit die Klägerin Kopiekosten ihres zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten begehrt (Blatt 275 GA), hat die Rechtspflegerin den Antrag zu Recht abgelehnt. Die Kopien sind am 14. März 1998 gefertigt worden. An diesem Tag hat der Prozessbevollmächtigte des Berufungsverfahrens die ihm überlassenen Akten an das Oberlandesgericht zurückgesandt (Blatt 163 GA). Der sodann vorgelegten Berufungsbegründung vom 27. Mai 1998 waren nach dem gerichtlichen Eingangsstempel (Blatt 168 GA) und dem Akteninhalt Fotokopien nicht beigefügt. Nach dem eigenen Vorbringen (S. 4 des SS vom 20.2.01)ist davon auszugehen, dass der zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte am 14. März 1998 lediglich Ablichtungen aus der Gerichtsakte für seine Handakten gefertigt hat. Die dadurch verursachten Kosten waren nicht notwendig im Sinne von § 91 Abs. 1 ZPO, weil der Berufungsanwalt sich die erforderliche Information über den Prozessstoff im Regelfall aufgrund der Handakte des erstinstanzlichen Kollegen beschaffen kann. Die Rechtspflegerin hat daher die Festsetzung dieser Kopiekosten im Ergebnis zu Recht abgelehnt.

Bei den verbleibenden Kopiekosten von 46 DM (erste Instanz) handelt es sich um Aufwendungen für Schriftsatzanlagen. Insoweit hat das Rechtsmittel Erfolg.

Die Klägerin hatte der Klageschrift insgesamt 13 Fotokopien (Blatt 7 bis 19 GA) beigefügt; der Replik lagen 6 Fotokopien bei (Blatt 48 bis 73 GA); letztlich wurden weitere 4 Fotokopien (Blatt 113 bis 116 GA) als Anlagen zu dem Schriftsatz vom 12. Dezember 1996 vorgelegt. Dass die dadurch entstandenen Kosten notwendig im Sinne von § 91 ZPO waren, steht für den Senat nach Prüfung der Schriftsätze und der beigefügten Kopien außer Frage.

Zur Begründung Ihrer gleichwohl ablehnenden Entscheidung hat die Rechtspflegerin auf den Beschluss des Landgerichts Koblenz vom 22. März 2000 (6 T 4/00) verwiesen, der in JurBüro 2000, 411 abgedruckt ist. Danach sind Abschriften und Ablichtungen von Anlagen zu Schriftsätzen nur dann gesondert zu erstatten, wenn mehr als drei Gegner zu unterrichten sind. Ansonsten gehören die Kopiekosten nach Auffassung des Landgerichts Koblenz zum allgemeinen Geschäftsaufwand des Rechtsanwalts.

Damit folgt das Landgericht Koblenz der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Naumburg (OLG - NL 1994,96 = JurBüro 1994, 218), Dresden (NJ 1998,434; OLG - NL 1999, 24; NJW - RR 1999, 147 und JurBüro 2000, 138), Stuttgart (AnwBl. 1988, 414; FamRZ 2000, 1381 = NJW - RR 2000, 1726 = Die Justiz 1999, 396 sowie JurBüro 2000,247 und Die Justiz 2000, 342), Rostock (OLGR Rostock 1999, 334), Bamberg (OLGR Bamberg 1999, 264) sowie des Oberverwaltungsgerichts Magdeburg (DÖV 2000,607). Der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe hat sich der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Stuttgart ebenfalls angeschlossen (MDR 2000,1398).

Dagegen hält der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe solche Kopiekosten weiterhin für erstattungsfähig (AGS 2000, 257).

Dass die Kosten notwendiger Kopien zu erstatten sind, war schon immer die Ansicht des erkennenden Senats (vgl. Beschluss vom 14. September 1990 - 14 W 589/90 -). Hieran hat er auch nach der Neufassung der BRAGO im Jahre 1994, festgehalten ( vgl. Senatsbeschluss vom 15. Juni 1998 - 14 W 374/98 - in JurBüro 1999, 300 = OLGR Koblenz 1999, 216 = AGS 1999, 123).

Auch jetzt besteht kein Grund, diese Rechtsprechung zu ändern:

Die Erstattungsfähigkeit ergibt sich aus 91 Abs. 1 und 2 ZPO in Verbindung mit § 27 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO.

Nach § 27 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO kann der Rechtsanwalt Schreibauslagen für die im Einverständnis mit dem Auftraggeber zusätzlich gefertigten Abschriften und Ablichtungen verlangen.

Nicht zusätzlich gefertigt - und damit nicht gesondert zu vergüten - sind solche Ablichtungen und Abschriften, die zur üblichen, ordentlichen Geschäftstätigkeit des Rechtsanwalts gehören. Sie fallen unter die allgemeinen Geschäftskosten und werden nach § 25 Abs. 1 BRAGO als allgemeines oder übliches Schreibwerk durch die Prozessgebühr abgegolten.

Die hier von der Klägerin zur Festsetzung angemeldeten Kopiekosten erster Instanz gehören nicht zu den Auslagen, die der Rechtsanwalt aufgrund anwaltlicher Übung aus seinen Gebühren zu bestreiten hat. Bei den Schriftsatzanlagen handelt es sich um Unterlagen, die zum Nachweis der Richtigkeit und zum Verständnis des Klagevortrages geeignet waren und die als Beleg hierfür eingereicht wurden. Nach Auffassung des Senats ist es Sache der Prozesspartei, ihrem Anwalt derartige Ablichtungen zur Verfügung zu stellen. Unterlässt es der Auftraggeber, die erforderlichen Fotokopien dem Anwalt zu überreichen, handelt dieser im - jedenfalls stillschweigenden - Einverständnis des Auftraggebers, wenn er ihm die Fertigung der Fotokopien abnimmt.

Dass die Sichtung der Schriftstücke und die Auswahl der notwendig zu kopierenden Urkunden durch den Anwalt erfolgt, entspricht auch den Erfordernissen der Praxis. Denn ein Rechtsanwalt überblickt - anders als der Mandant - sachkundig, worauf es voraussichtlich ankommt. Dem Senat ist aus seiner täglichen Praxis in Entschädigungssachen, aber auch aus Arzthaftungs- und Bauprozessen bekannt, dass die relevanten Tatsachen vollständig und sachgemäß häufig nur durch Vorlage von Kopien der Krankenakten, anderer Behandlungsunterlagen, Bauurkunden und/oder des sonstigen Vertragswerkes dargelegt werden können. Die Auffassung, der Aufwand für die Fertigung dieser Ablichtungen sei stets durch die anwaltliche Prozessgebühr abgegolten, ist jedenfalls vor dem Hintergrund ihrer praktischen Auswirkungen nicht überzeugend:

So ist der Senat nach der Veröffentlichung der Entscheidung des Landgerichts Koblenz von Anwälten des Bezirks darauf hingewiesen worden, dass sie künftig von der Fertigung und Vorlage von Kopien absehen und stattdessen erst in der mündlichen Verhandlung die zur sachgemäßen Bearbeitung des Falles erforderlichen Urkunden im Original vorlegen würden (§ 420 ZPO). Dabei handelt es sich nur um eine von mehreren anwaltlichen Reaktionsmöglichkeiten auf die restriktive Erstattungspraxis des Landgerichts Koblenz (vgl. die weiteren Ratschläge von Egon Schneider in ZAP 1999, Fach 24 Seite 476 unter der Überschrift "erlaubte Gegenmaßnahmen).

Viele Termine, insbesondere in Entschädigungs-, Arzthaftungs- und Bausachen können von den Gerichten dann nicht mehr sachgemäß vorbereitet werden. Entgegen der vom Oberlandesgericht Dresden (JurBüro 1999, 301) anscheinend vertretenen Ansicht ist es nämlich sehr wohl möglich, unter Weglassung sämtlicher entscheidungserheblicher Urkunden einen soeben noch schlüssigen, verkürzten Sachvortrag zuhalten, ohne dass eine derartige Klage den Anforderungen des § 253 ZPO nicht mehr entspräche. Wird ein derartiger Vortrag vom Beklagten bestritten, kann der Kläger sich darauf beschränken, die maßgeblichen Urkunden erst in der mündlichen Verhandlung dem Gericht vorzulegen. Eine vom Prozessgegner gewünschte Kopie wird er nicht zur Hand haben, weil er den für die Kopie zu tätigenden Aufwand nach der oben zitierten Rechtsprechung nicht erstattet bekommt.

Verbindet der Prozessbevollmächtigte der beweispflichtigen Partei in einer derartigen Situation die Vorlage der Urkunde mit dem Hinweis, das Original dürfe er keinesfalls zu den Gerichtsakten geben, wird zur praktischen Lösung des Problems nichts anderes übrig bleiben, als die erforderlichen Kopien für die Prozessakten und den Gegner durch das Gericht fertigen zu lassen. Derartige Kopien sind beim Oberlandesgericht Koblenz von Anwälten mit 1,- DM je Kopie zu vergüten. Dem Senat erschließt sich daher nicht, welchen Kostenvorteil eine derart umständliche, zügige Prozesserledigung hindernde Handhabung für den Prozessgegner und das Gericht haben könnte.

Die spätere detaillierte Prüfung von Urkunden, die erst in der mündlichen Verhandlung vorgelegt wurden, wird nicht selten ergeben, dass entscheidungserheblicher Tatsachenstoff bisher nicht bekannt oder nicht angesprochen war. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist dann häufig geboten, um den Anforderungen der §§ 278 Abs.3, 139 ZPO zu genügen. Eine derartige Praxis wäre nicht mit § 272 Abs. 1 ZPO zu vereinbaren, wonach der Rechtsstreit in der Regel in einem umfassend vorbereiteten Termin zur mündlichen Verhandlung zu erledigen ist. Umfassend vorbereiten lässt sich ein Termin nämlich nur dann, wenn das Gericht und der Prozessgegner vollständig und sachgemäß informiert sind. Das ist in der Regel nur gewährleistet, wenn alle entscheidungsrelevanten Urkunden den vorbereitenden Schriftsätzen in Kopie beigefügt sind.

Die im vorliegenden Fall erhobene Klage wäre auch bei Weglassung der Kopien schlüssig gewesen. Sachgemäße richterliche Vorbereitung des Verhandlungstermins hätte es dann jedoch erfordert, der Klägerin die Vorlegung der Urkundenkopien aufzugeben, die hier der Klageschrift bereits beigefügt waren (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Gegebenenfalls hätte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin wegen dieser "Aufforderung des Gerichts" einen Anspruch auf Ersatz der Kopiekosten nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO erlangt.

Nimmt ein Rechtsanwalt in einer derartigen Situation das erkennbar Erforderliche vorweg, indem er die notwendigen Urkunden von sich aus der Klageschrift in Kopie beifügt, statt auf eine entsprechende richterliche Aufforderung zu warten, dient das der zügigen und sachgemäßen Prozesserledigung. Nach Auffassung des Senats gibt es keine sachlich tragfähige Begründung dafür, einer Partei, deren Anwalt durch Beifügung von Kopien das Erforderliche von sich aus veranlasst, die Erstattung der Kopiekosten zu versagen, während ein Anwaltskollege, der die gerichtlicher Anforderung der erforderlichen Urkunden abwartet, seinen Aufwand für die Anfertigung der Kopien vergütet bekommt (§ 27 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO).

Der demgegenüber erhobene Einwand, die Rechtsprechung des erkennenden Senats fördere die Fertigung überflüssiger Kopien, ist nicht stichhaltig. Der Senat hält die Erwägung für fernliegend, ein Rechtsanwalt werde seinen Schriftsätzen möglichst viele nicht erforderliche Kopien beifügen, um dadurch sonstigen Schreibaufwand zu ersparen oder gar um sich zu bereichern. Eine solch kleinliche Betrachtungsweise berücksichtigt nicht hinreichend die durch das Sichten, Prüfen, Kopieren, Ordnen und Heften tatsächlich entstehenden Sach- und Personalkosten (vgl. hierzu Schneider aaO Seite 474).

Nach Auffassung des Senats ist im Anwaltsprozess in der Regel davon auszugehen, dass sämtliche einem Schriftsatz in Kopie beigefügten Schriftstücke zur sachgemäßen Unterrichtung des Gerichts und des Prozessgegners notwendig sind. Die berechtigten Belange des Erstattungspflichtigen sind dadurch hinreichend gewahrt, dass er im Kostenfestsetzungsverfahren die Notwendigkeit (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO) einzelner (aber auch aller) Kopien substantiiert bestreiten kann. Beispielsweise kann er geltend machen, dem Antragsteller oder seinem Prozessbevollmächtigten sei bekannt gewesen, dass eine Zweitschrift der in Kopie vorgelegten Urkunde dem Erstattungspflichtigen bereits vorlag. Gegebenenfalls wäre eine Kopie für das Gericht ausreichend, die Kosten der zweiten, für den Prozessgegner gefertigten Kopie hingegen nicht notwendig und daher auch nicht zu erstatten.

Erhebt der Erstattungspflichtige keine derartigen Einwände, darf der Rechtspfleger in der vereinfachten Kostenfestsetzung ohne weiteres davon ausgehen, dass die als Schriftsatzanlagen für das Gericht und den Prozessgegner vorgelegten Fotokopien einerseits im Einverständnis mit dem Auftraggeber zusätzlich gefertigt wurden (§ 27 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO) und andererseits notwendig waren (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Da die Beklagte des vorliegenden Verfahrens gegen die Notwendigkeit keine Einwendungen erhoben hat, mussten die gesamten Kopiekosten erster Instanz (Schriftsatzanlagen) ergänzend festgesetzt werden. Auch wegen des insoweit begehrten Betrages von 46 DM hat die sofortige Beschwerde daher Erfolg.

Das ergibt im Endergebnis eine weitere Erstattung von 276 DM (230 DM Reisekosten zuzüglich 46 DM Kopiekosten), so dass die Beklagte der Klägerin insgesamt 17.769 DM erstatten muss ( om Landgericht zuerkannte 17.493 DM + 276 DM).

Da die Parteien im Beschwerdeverfahren teils obsiegt haben und teils unterlegen sind, war die außergerichtlichen Kosten verhältnismäßig zu teilen (§ 92 Abs. 1 ZPO). Dass die Klägerin die gerichtlichen Kosten des erfolglosen Teils ihrer Beschwerde zu tragen hat, folgt aus §§ 11, 49 GKG i. V. m. Nr. 1953 des Kostenverzeichnisses.

Ende der Entscheidung

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