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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 28.03.2000
Aktenzeichen: 14 W 245/2000
Rechtsgebiete: GKG


Vorschriften:

GKG § 58 Abs. 2 Satz 2
1) Haben in einem Prozessvergleich mehrere Beklagte (hier zu 1.) und 4.)) die Gerichtskosten als Gesamtschuldner übernommen, und nimmt die Gerichtskasse nur einen Gesamtschuldner in Anspruch (hier den Beklagten zu 1.), so kann der Kläger hinsichtlich der von ihm (als Vorschussschuldner) verauslagten Gerichtskosten den anderen beklagten Gesamtschuldner (hier den Beklagten zu 4.) insgesamt auf Erstattung der Gerichtskosten in Anspruch nehmen.

2) Ist eine "arme" Partei (durch Prozessvergleich) Übernahmeschuldner der Gerichtskosten, so gilt für diese Partei nicht die Entscheidung des BVerfG (MDR 99, 1089, 1090), die die "arme" Partei nur als Entscheidungsschuldner vor einem etwaigen Erstattungsanspruch der Klagepartei schützt.


Geschäftsnummer: 14 W 245/2000

OBERLANDESGERICHT KOBLENZ BESCHLUSS

In dem Rechtsstreit

wegen Kostenerstattung hier: Erstattung von Gerichtskosten

hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Bischof sowie die Richter am Oberlandesgericht Kaltenbach und Weller

am 28. März 2000 beschlossen:

Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Bad Kreuznach vom 13. Dezember 1999 (Gerichtskosten von 805,04 DM betreffend) geändert und wie folgt ergänzt:

Nach dem Vergleich des Landgerichts Bad Kreuznach vom 17. November 1998 - 3.0.169/98 - werden die von den Beklagten zu 1. und 4. gesamtschuldnerisch an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf

805,04 DM

nebst 4% Zinsen seit dem 28. Dezember 1998 festgesetzt.

2. Die Beschwerdeentscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens (Wert: 805,04 DM) hat der Beklagte zu 4. zu tragen.

Gründe:

Nachdem dem Viertbeklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden war (Bl. 107 GA), übernahm er im gerichtlichen Vergleich gemeinsam mit dem Erstbeklagten 4/5 der Kosten des Rechtsstreits. Das ergab bei den Gerichtskosten zulasten der Beklagten zu 1. und 4. einen Zahlungsbetrag von 805,04 DM, der ausweislich der Gerichtskostenrechnung vom 26. Mai 1999 beim Erstbeklagten verrechnet worden ist.

In der nunmehr angefochtenen Entscheidung hat das Landgericht Bad Kreuznach der Klägerin wegen der von ihr vorgelegten Gerichtskosten lediglich gegen den Erstbeklagten einen Erstattungsanspruch von 805,04 DM zuerkannt.

Mit ihrer sofortigen Beschwerde erstrebt die Klägerin eine entsprechende Kostenfestsetzung auch gegen den Viertbeklagten.

Das Rechtsmittel ist zulässig und begründet.

Nach dem Vergleich schuldet der Viertbeklagte neben dem Erstbeklagten 4/5 der Kosten des Rechtsstreites, wozu auch die von der Klägerin verauslagten Gerichtskosten gehören. Richtig ist zwar, dass der Kostenbeamte bei gesamtschuldnerisch haftenden Zahlungspflichtigen nach pflichtmäßigem Ermessen bestimmen darf, ob der geschuldete Betrag von einem Kostenschuldner ganz oder von mehreren Kostenschuldnern nach Kopfteilen angefordert werden soll (§ 8 Abs. 3 der Kostenverfügung i.V.m. § 7 Abs. 2 der Kostenverfügung). In Anwendung dieser Vorschrift sind die Gerichtskosten von 805,04 DM im vorliegenden Fall ausschließlich bei dem Beklagten zu 1. verrechnet worden.

Daraus kann jedoch entgegen der anscheinend vom Landgericht vertretenen Auffassung nicht abgeleitet werden, im Außenverhältnis stehe der Klägerin entgegen der Kostenregelung des Vergleichs ein Erstattungsanspruch gegen den Viertbeklagten nicht zu. Denn die Bestimmungen der Kostenverfügung regeln nur, auf welchem Weg die Staatskasse die ihr geschuldeten Kosten beizutreiben oder zu verrechnen hat. Inhalt und Umfang der Zahlungspflichten der Prozessparteien untereinander werden dadurch nicht berührt. Das gilt umso mehr, als völlig ungewiss erscheint, ob die Klägerin die von ihr verauslagten Gerichtskosten von 805,04 DM bei dem minderjährigen Erstbeklagten beitreiben kann. Damit liegt das Interesse der Klägerin, hinsichtlich der Gerichtskosten auch sofort einen Vollstreckungstitel gegen den ebenfalls Zahlungspflichtigen Viertbeklagten zu erlangen, auf der Hand.

Der begehrten Kostenfestsetzung steht auch nicht entgegen, dass dem Viertbeklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist (Bl. 107 GA). Das Bundesverfassungsgericht (MDR 1999, 1089, 1090 mit Anmerkung Schneider) hat zwar entschieden, dass entgegen der bis dahin herrschenden Meinung der Kläger von einem im Rechtsstreit unterlegenen Beklagten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, bereits gezahlte Gerichtskosten nicht erstattet verlangen kann. Daraus kann jedoch für den vorliegenden Fall zugunsten des Viertbeklagten nichts hergeleitet werden.

Denn der Beklagte ist durch die im Vergleich (freiwillig) übernommene Zahlungspflicht nicht zum Entscheidungsschuldner im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geworden. Dem Gesamtzusammenhang der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in der zitierten Entscheidung ist zu entnehmen, dass es nach wie vor an seiner Auffassung festhält, den Schutz des § 58 Abs. 2 Satz 2 GKG nicht auf die Fälle des gerichtlichen Vergleichs zu erstrecken. Das ergibt sich aus dem bestätigenden Hinweis auf die in BVerfGE 51, 295, 302 abgedruckte Entscheidung.

Soweit Sch in seiner Anmerkung zu dem jüngsten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (MDR 1999, 1090) die Auffassung vertritt, die für den Entscheidungsschuldner (§ 54 Nr. 1 GKG) geltende Vorschrift des § 58 Abs. 2 Satz 2 GKG sei auch auf den Übernahmeschuldner (§ 54 Nr.2 GKG) analog anzuwenden, geht er damit am Wortlaut des Gesetzes und der Tatsache vorbei, dass die Ungleichbehandlung zwischen Entscheidungsschuldner einerseits und Übernahmeschuldner andererseits durchaus sachliche Gründe hat:

Trifft das Gericht die Kostenentscheidung, muss es dabei die Sach- und Rechtslage zugrunde legen. Demgegenüber haben es die Parteien im Vergleichswege in der Hand, den Entscheidungsschuldner selbst zu bestimmen. Auch die manipulative Erwägung, durch vergleichsweise Überbürdung der Kosten auf die arme Partei willkürlich die Staatskasse zu belasten, könnte die konkrete Gestaltung des Vergleichs beeinflussen. Um derartige Parteivereinbarungen zulasten der Staatskasse auszuschließen, ist es sachlich gerechtfertigt, an der bisherigen Rechtsprechung festzuhalten, wonach auch die "arme Partei" für solche Gerichtskosten haftet, die sie im Vergleich übernommen hat (vgl. Senat in JurBüro 1985, 1367 mit Anm. Mümmler).

Nach alledem kann auch aus der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht abgeleitet werden, dass der Viertbeklagte wegen der PKH-Entscheidung zu seinen Gunsten der Klägerin nicht für die verauslagten Gerichtskosten hafte.

Da das Rechtsmittel der Klägerin damit umfassend Erfolg hat, ist der Viertbeklagte als im Beschwerdeverfahren unterlegene Partei nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO verpflichtet, die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Ende der Entscheidung

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