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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 07.05.2002
Aktenzeichen: 14 W 250/02
Rechtsgebiete: ZPO, RpflG


Vorschriften:

ZPO § 91
ZPO § 91 Abs. 1
RpflG § 11 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Koblenz Beschluss

Aktenzeichen: 14 W 250/02

Koblenz, den 7. Mai 2002

In Sachen

Tenor:

wird auf die sofortige Beschwerde der Drittwiderbeklagten der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Mainz vom 20. November 2001, der die Kostenerstattung zwischen den Drittwiderbeklagten und der Beklagten zu 2) zum Gegenstand hat, aufgehoben.

Zugleich wird der Kostenfestsetzungsbeschluss II vom 22. Juni 2001 wieder hergestellt.

Die Beklagte zu 2) hat die außergerichtlichen Kosten der Drittwiderbeklagten zu tragen (Wert: 2.160,65 DM = 1.104,72 Euro).

Gründe:

Die zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Die geltend gemachten Gutachterkosten sind erstattungsfähig.

1. Nach der Rechtsprechung des Senats sind private Gutachterkosten dann erstattungsfähig, wenn das Gutachten in unmittelbarer Beziehung zu einem konkreten Rechtsstreit steht und die Beauftragung des Sachverständigen bei objektiver Betrachtungsweise aus der Sicht der Partei zur Führung des Rechtsstreits - im Hinblick auf eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung - notwendig im Sinne des § 91 Abs. 1 ZPO war (Senat VersR. 1992, 1535).

Wird - wie hier - während eines laufenden Verfahrens von der Partei ein Sachverständigengutachten eingeholt, sind die Kosten in der Regel nicht erstattungsfähig, denn wegen des Grundsatzes der sparsamen Prozessführung ist der Prozessbeteiligte darauf zu verweisen, dass die Beweise im Wege des gerichtlichen Beweisverfahrens erhoben werden (vgl. Senat VersR. 1996, 1560; Hanseatisches OLG Hamburg MDR 1997, 785).

Die Erstattungsfähigkeit der Kosten für ein während des Prozesses eingeholtes Privatgutachten ist aber dann zu bejahen, wenn die Partei auf die Hinzuziehung eines Sachverständigen angewiesen ist, um ihrer Darlegungs- und Beweispflicht genügen oder um Beweisen des Gegners entgegentreten zu können. Gleiches gilt auch dann, wenn die Partei wegen fehlender eigener Sachkunde notwendigerweise darauf angewiesen ist, zur Überprüfung der Richtigkeit eines auf ihren Antrag eingeholten aber für sie negativen Gutachtens sachverständige Hilfe in Anspruch zu nehmen (Senat VersR. 1992, 1535 m.w.N.).

2. Im vorliegenden Fall geht es sachlich um Schadensersatzansprüche, die der Kläger aus einem Verkehrsunfall gegen die Beklagten (Fahrer, Halter und Haftpflichtversicherung) geltend machte.

Diese verteidigten sich gegen ihre Inanspruchnahme unter anderem damit, es liege der Verdacht nahe, dass der Kläger in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit seinem Bruder in betrügerischer Weise zu Lasten der Beklagten den Ersatz eines Schadens fordere, der jedenfalls nicht auf der streitgegenständlichen Kollision beruhe (Schriftsatz vom 16. Februar 1999, Seite 5 oben; Blatt 46 GA).

Dieser Verdacht wird aus einem "nicht kongruenten Vorschaden" hergeleitet, der von einem früheren Unfall stamme. Das werde belegt durch das Zeugnis des Sachverständigen L, der das Fahrzeug begutachtet und die Reparaturkostenkalkulation vorgenommen habe (Blatt 49 bis 62 GA) sowie durch den Bericht der S C vom 30. Juni 1997 (Blatt 63 bis 66 GA).

Unter diesen Umständen war der Kläger berechtigt, ein privates Sachverständigengutachten zur Klärung der Frage einholen zu lassen, ob die Schäden an den Fahrzeugen einander entsprechen (Gutachten G und B vom 3. September 1999).

Indem die Beklagten sich für ihren Vortrag insbesondere auf den Sachverständigen L und dessen schriftliches Gutachten berufen hatten, war der Kläger seinerseits berechtigt, die Hilfe eines Sachverständigen in Anspruch zu nehmen, um hierdurch, sachkundig beraten, der Beweisführung der Beklagten entgegen zu treten. Er war nicht gehalten, die mit Verfügung vom 2. März 1999 angeordnete Vernehmung des Sachverständigen L zu den behaupteten Vorschäden abzuwarten, sondern durfte schon im Vorfeld auf die massiven Anschuldigungen sachverständig beraten reagieren.

Zu einer Zeugenvernehmung zum Unfallhergang und zu Vorschäden ist es auf den Hinweis des Klägers (Blatt 81, 82 GA), er lasse durch einen Sachverständigen die Übereinstimmung der Schäden überprüfen, überhaupt nicht mehr gekommen. Das Landgericht hat die Anordnung der Beweiserhebung rückgängig gemacht (Blatt 81 GA) und später zum Schadensbild - gegenbeweislich - ein Gutachten in Auftrag gegeben, das auch das Privatgutachten des Klägers berücksichtigen sollte.

Gerade diese Umstände zeigen auf, dass die Beauftragung des privaten Sachverständigen bei objektiver Betrachtungsweise aus der Sicht der Partei zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war.

Auf die sofortige Beschwerde der Drittwiderbeklagten war danach der Kostenfestsetzungsbeschluss II wieder herzustellen.

Über die Erinnerung des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20. November 2001 (Blatt 216 bis 219 GA) hat das Landgericht im Verfahren nach § 11 Abs. 2 RpflG. abschließend zu entscheiden, da der Beschwerdewert nicht erreicht ist (2.724,45 DM/2.678,71 DM; vgl. im Einzelnen Zöller, ZPO, 22. Aufl., §§ 103, 104 Rndr. 9 ff. und Hansens RpflG. 1999, 105/106).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens ergibt sich aus dem Beschwerdeangriff.

Ende der Entscheidung

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