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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 09.02.2001
Aktenzeichen: 14 W 38/01
Rechtsgebiete: BRAGO


Vorschriften:

BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 3
Gibt im Einstweiligen Verfügungsverfahren eine Partei zu Protokoll eine eidesstattliche Versicherung ab, so erfällt dadurch nur dann eine Beweisgebühr, wenn das Gericht zuvor wenigstens eine stillschweigende Beweisanordnung getroffen hat.( Anschluss an OLG Hamburg JurBüro 1986,565 und OLG Düsseldorf JurBüro 1981,225 gegen OLG München JurBüro 1992,325 m.w.N.).
Oberlandesgericht Koblenz Beschluß

14 W 38/01

In Sachen

wegen Kostenerstattung hier: Beweisgebühr

hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch die Richter am Oberlandesgericht Kaltenbach, Dr. Menzel und Weller

am 9. Februar 2001

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Koblenz vom 4. Oktober 2000 teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Nach dem Urteil des Landgerichts Koblenz vom 16. Juni 2000 werden die von der Antragstellerin an die Antragsgegnerin zu erstattenden Kosten auf 2906 DM nebst 4% Zinsen seit dem 30. Juni 2000 festgesetzt.

Der weitergreifende Kostenfestsetzungsantrag der Antragsgegnerin wird abgelehnt.

2. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens ( Wert: 1425 DM ) hat die Antragsgegnerin zu tragen.

Gründe:

Das Landgericht hatte dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht entsprochen und Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt. In diesem Termin wies der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen die Parteien darauf hin, dass der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung - weil auf Erfüllung gerichtet - unzulässig sei ( Blatt 156 R GA ). Dementsprechend ist der Antrag durch Urteil vom 16. Juni 2000 kostenpflichtig zurückgewiesen worden.

Da der Geschäftsführer der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung das tatsächlichen Vorbringen eines zuvor eingereichten Schriftsatzes eidesstattlich versichert hatte, meldete die Antragsgegnerin im Kostenfestsetzungsverfahren eine Beweisgebühr an.

Diesem Antrag hat das Landgericht durch den nunmehr angefochtenen Beschluss entsprochen. Zur Begründung hat die Rechtspflegerin ausgeführt, in der Entgegennahme der eidesstattlichen Versicherung liege eine schlüssige Beweisanordnung.

Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde. Die eidesstattliche Versicherung sei nicht erforderlich und auch nicht gerichtlich angeordnet gewesen. Vielmehr habe die Antragsgegnerin die eidesstattliche Versicherung dem Gericht "geradezu aufgedrängt". Dementsprechend sei die Glaubhaftmachung für die gerichtliche Entscheidung auch ohne jede Bedeutung gewesen.

Das Rechtsmittel ist zulässig und begründet. Die Festsetzung einer Beweisgebühr musste unterbleiben, weil eine derartige Gebühr nicht entstanden ist.

Nach § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO erhält der zum Prozeßbevollmächtigten bestellte Rechtsanwalt eine volle Gebühr für die Vertretung im Beweisaufnahmeverfahren (Beweisgebühr).

Für das einstweilige Verfügungsverfahren ist in der Rechtsprechung des Senats anerkannt, dass die in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll erklärte eidesstattliche Versicherung Beweisaufnahme im Sinne von § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO ist (vgl. Senatsbeschluß vom 15. Juli 1985 - 14 W 400, 412/85 - Juristisches Büro 1986, 71 mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

Auch wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung die Ansicht vertreten, im Verfahren der einstweiligen Verfügung liege in der Entgegennahme einer eidesstattlichen Versicherung zu Protokoll immer eine Beweiserhebung, weil die gerichtliche Beweisanordnung in der Protokollierung zu sehen sei ( HansOLG Hamburg in Juristisches Büro 1981, 1183 f und OLG München in Juristisches Büro 1992, 324, 325 mit zahlreichen weiteren Nachweisen ). Danach hätte die Rechtspflegerin auch im vorliegenden Fall zu Recht eine Beweisgebühr festgesetzt.

Demgegenüber vertritt das Oberlandesgericht Düsseldorf ( Beschluß vom 18.8.1980 - 21 W 41/80 - Juristisches Büro 1981, 224, 225) die Ansicht, durch eine mündlich zu Protokoll erklärte eidesstattliche Versicherung entstehe die Beweisgebühr nur dann, wenn die Erklärung und deren Protokollierung auf einer - ausdrücklichen oder stillschweigenden - Beweisanordnung des Gerichts beruhe. Auf die veröffentlichten Gründe dieser Entscheidung wird statt Wiederholung verwiesen.

Der Ansicht des Oberlandesgerichts Düsseldorf ist - jedenfalls im vorliegenden Fall - wegen der besonderen Gegebenheiten des Sachverhalts zu folgen.

Nach dem übereinstimmenden Parteivorbringen und der dienstlichen Stellungnahme des streitentscheidenden Richters steht für den Senat fest, dass das Landgericht in der mündlichen Verhandlung bereits vor Abgabe der eidesstattlichen Versicherung deutlich gemacht hatte, dass der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung - da auf Erfüllung gerichtet - unzulässig sei. Bei dieser Sachlage war eine eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der Antragsgegnerin nicht veranlasst.

Damit ist jedoch entscheidend noch nichts gewonnen, weil auch die überflüssige gerichtliche Beweisanordnung und -erhebung die Gebühr des § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO auslöst. Mithin kommt es darauf an, ob in der gerichtlichen Protokollierung der eidesstattlichen Versicherung eine Beweisanordnung zu sehen ist.

Das ist hier nicht der Fall. Über die mündliche Verhandlung und jede Beweisaufnahme ist ein Protokoll aufzunehmen (§ 159 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Was das Protokoll im einzelnen enthält, bestimmt § 160 ZPO. Bei der zu Protokoll erklärten eidesstattliche Versicherung einer Prozesspartei handelt es sich im einstweiligen Verfügungsverfahren um eine wesentliche Förmlichkeit.

Die These, wenn eine derartige Erklärung protokolliert werde, liege dem stets eine schlüssige gerichtliche Beweisanordnung zugrunde, ist jedoch derart allgemein nicht zutreffend. Die gerichtliche Praxis zeigt vielmehr, dass Protokolle nicht selten Feststellungen und Erklärungen enthalten, die überflüssig sind.

Unzweifelhaft ist, dass die eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der Antragsgegnerin im vorliegenden Fall überflüssig war. Dass das Landgericht die Erklärung gleichwohl protokolliert hat, beruht darauf, dass der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen die Entgegennahme der vom Geschäftsführer der Antragsgegnerin gewünschten Erklärung anscheinend für weniger zeitaufwendig hielt als die weitere Diskussion über die Erforderlichkeit der eidesstattlichen Versicherung. Bei dieser Sachlage kann in der Protokollierung der eidesstattlichen Versicherung keine stillschweigende gerichtliche Beweisanordnung gesehen werden ( ähnlich differenzierend daher auch HansOLG Hamburg in einer späteren Entscheidung, die in Juristisches Büro 1986, 565 abgedruckt ist ).

Da die sofortige Beschwerde umfassend Erfolg hat, mussten die gesamten außergerichtlichen Kosten des Rechtsmittelverfahrens der unterlegenen Antragsgegnerin auferlegt werden (§ 91 Abs. 1 ZPO).

Gerichtliche Gebühren und Auslagen sind nicht zu erheben, weil die Beschwerde erfolgreich war.

Ende der Entscheidung

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