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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 08.02.2001
Aktenzeichen: 14 W 86/01
Rechtsgebiete: BRAGO, ZPO


Vorschriften:

BRAGO § 52
ZPO § 91 I 1
1. Ausnahmsweise können die Kosten der Zuziehung eines Verkehrsanwaltes in der Berufungsinstanz erstattungsfähig sein, wenn etwa der Streitstoff in hohem Maße schwierig, verwackelt und zweifelhaft war oder wenn der Korrespondenzanwalt über Tatsachenkenntnisse verfügt, die der Partei nicht zugänglich sind. Um solche Tatsachenkenntnisse im letzteren Sinne handelt es sich nicht, wenn diese der Korrespondenzanwalt selbst erst im Berufungsrechtszug ermittelt hat ( Recherchen bei Maklern und Gemeindevertretern ), da solche Recherchen auch der Berufungsanwalt hätte einholen können, was dann (außer den Auslagen) mit der Prozessgebühr abgegolten gewesen wäre.

2. Die Verkehrsanwaltsgebühr kann auch nicht mit einer ersparten Ratsgebühr begründet werden. Denn die Prüfung der Erfolgsaussicht der Entgegnung auf die Berufung des Prozessgegners obliegt dem Berufungsanwalt.


OBERLANDESGERICHT KOBLENZ BESCHLUSS

Geschäftsnummer: 14 W 86/01

In Sachen

wegen Kostenfestsetzung hier: Korrespondenzanwaltskosten

hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch die Richter am Oberlandesgericht Kaltenbach, Dr. Menzel und Weller

am 8. Februar 2001

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Kläger gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Mainz vom 25. April 2000 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen den Klägern zur Last.

Der Beschwerdewert beträgt 4.381,97 DM (= 4.525,97 DM abzüglich 144 DM).

Gründe:

Das fristgemäß eingelegte Rechtsmittel ist in der Sache ohne Erfolg. Die Rechtspflegerin hat den Klägern zu Recht einen Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Korrespondenzanwaltskosten versagt und den Erstattungsanspruch zutreffend auf die Kosten einer (fiktiven) Informationsreise zu ihrem zweitinstanzliehen Prozessvertreter begrenzt. Diese Kosten sind nicht zu niedrig bemessen worden.

1. Die Kläger waren im Rahmen des Berufungsverfahrens, dessen Kosten Gegenstand des angefochtenen Beschlusses sind, nicht auf einen Verkehrsanwalt angewiesen. Die Zuziehung eines Korrespondenzanwaltes ist im Allgemeinen nicht einmal in der Eingangsinstanz angezeigt. Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass es einer Partei regelmäßig zumutbar ist, ihren Prozess ohne die Mithilfe eines Verkehrsanwaltes zu führen und ihren Prozessbevollmächtigten unmittelbar zu unterrichten. Hält sie sich nicht an diese Regel und schaltet sie gleichwohl einen Korrespondenzanwalt ein, kann sie den Verfahrensgegner grundsätzlich nicht mit dem dadurch verursachten Mehraufwand belasten, weil es sich dabei nicht um Kosten handelt, die zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO erforderlich sind.

Diese Erwägungen gelten in besonderem Maße für das Berufungsverfahren, in dem der Prozessvertreter regelmäßig auf die Handakten des in erster Instanz tätigen Anwalts zurückgreifen und sich so kundig machen kann. Ausnahmen von dem vorstehenden Grundsatz hat der Senat anerkannt, wenn der Streitstoff in hohem Maße schwierig, verwickelt und zweifelhaft war oder wenn der eingeschaltete Korrespondenzanwalt über Tatsachenkenntnisse verfügte, die der Partei nicht zugänglich waren.

Dass derartige Voraussetzungen hier gegeben wären, ist jedoch weder behauptet noch sonst genügend ersichtlich. Allerdings haben die Kläger vorgebracht, dass ihr Verkehrsanwalt zur Tatsachenfeststellung zahlreiche Recherchen vorgenommen und insoweit - sowohl mit Maklern als auch mit Gemeindevertretern - persönliche Gespräche und Telefonate geführt habe. Dies hätte jedoch grundsätzlich ebenso von den Klägern selbst oder insbesondere von deren zweitinstanzlichem Prozessvertreter bewerkstelligt werden können. Der Umstand, dass es hier gewisse Anlaufschwierigkeiten gegeben hätte und die Dinge mehr Zeit in Anspruch genommen hätten, rechtfertigt die zusätzliche kostenträchtige Beauftragung des Korrespondenzanwaltes nicht. Der erhöhte Zeitaufwand des Prozessvertreters wäre nicht mit einer größeren Gebührenbelastung für die Kläger verbunden gewesen.

2. Die streitigen Verkehrsanwaltskosten sind auch nicht unter dem Gesichtspunkt erstattungsfähig, dass der Korrespondenzanwalt die Kläger über deren Erfolgsaussichten im Berufungsverfahren beraten hat. Die Kläger hatten in erster Instanz obsiegt. Es ist nicht zu erkennen, dass sie jemals erwogen hätten, sich nicht gegen die von den Beklagten eingelegte Berufung zu verteidigen und damit gegebenenfalls hinzunehmen, dass das zu ihren Gunsten ergangene Urteil aufgehoben werden würde. Von daher bestand keine Veranlassung, hier anwaltlichen Rat einzuholen.

Selbst wenn es sich anders verhalten hätte, wäre die streitige Beratung nicht zweckgerecht (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO) gewesen. Vielmehr hätten sich die Kläger aus Kostengründen sogleich an ihren (späteren) zweitinstanzlichen Prozessvertreter wenden müssen. Dieser konnte nämlich für den naheliegenden Fall, dass die Kläger auf seinen Rat hin der Berufung entgegentraten, neben seiner Prozessgebühr nicht noch zusätzlich eine Ratsgebühr beanspruchen. Demgemäß wäre es auch vorliegend nicht zu einer Kostenbelastung gekommen.

Nach alledem kann offen bleiben, ob es sich bei der streitigen Ratsgebühr überhaupt um Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens handelt, die von der den Kostenfestsetzungsbeschluss tragenden Grundentscheidung erfasst werden (vgl. dazu einerseits OLG Düsseldorf JurBüro 1992, 39 f und andererseits Enders JurBüro 1997, 113, 115).

3. Den Belangen der Kläger ist dadurch Genüge getan, dass die Rechtspflegerin einen Erstattungsanspruch in Höhe der (fiktiven) Kosten einer Informationsreise zu dem zweitinstanzlichen Prozessvertreter zuerkannt hat. Dabei war es richtig, die Reisekosten für lediglich einen der Kläger zu berücksichtigen, weil beide gleichgelagerte Interessen verfolgten und es deshalb grundsätzlich ausreichte, wenn einer von ihnen den Kontakt aufnahm. Eine davon abweichende Ausnahmesituation ist nicht dargetan.

Im Hinblick darauf sind die von der Rechtspflegerin mit 144 DM angesetzten Reisekosten nicht zu niedrig veranschlagt. Die Kläger machen die Kosten für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel geltend. Das bedeutet auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 Saatz 1 ZSEG Eisenbahnkosten von 84 DM (zweite Wagenklasse, zur Ersatzfähigkeit der Kosten der ersten Wagenklasse ist kein Vortrag gemacht, § 9 Abs. 2 Satz 2 ZSEG). Dass ergänzend die Benutzung von Taxis erforderlich gewesen wäre, ist nicht zu ersehen, mag aber zugunsten der Kläger - anders als für Koblenz, wo gerichtsbekannt keine Notwendigkeit bestand - für ihren Heimatort unterstellt werden, so dass sich hier ein zusätzlicher Erstattungsbetrag von 24 DM ergibt. Darüber hinaus sind ein Verdienstausfall von ebenfalls 24 DM (= 6 Stunden zu -mangels weitergehenden Vertrags- je 4 DM, § 2 Abs. 2 Satz 1 und Absatz 3 Satz 1 ZSEG) und eine Aufwandsentschädigung von 6 DM (§ 10 Abs. 2 Satz 3 ZSEG) zu berücksichtigen. In der Summe errechnen sich also 138 DM.

4. Der Kostenausspruch beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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