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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 16.07.2003
Aktenzeichen: 2 AGH 17/02
Rechtsgebiete: BRAO, StGB


Vorschriften:

BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 2
StGB § 356 Abs. 2
Die Verurteilung wegen Parteiverrats in einem schweren Fall führt zwingen zum Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft. Die Entscheidung nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 BRAO eröffnet keinen Beurteilungsspielraum. Der in § 14 Abs. 2 Nr. 2 BRAO angeordnete Widerruf der Zulassung dient dem Interesse der Allgemeinheit an einer funktionsfähigen Rechtspflege und damit dem Schutz eines überragend wichtigen Gemeinschaftsgutes.
ANWALTSGERICHTSHOF Rheinland-Pfalz Beschluss

2 AGH 17/02

In dem Verfahren auf gerichtliche Entscheidung

wegen: Widerruf der Anwaltszulassung

Der 2. Senat des Anwaltsgerichtshofs Rheinland-Pfalz hat am 16. Juli 2003 durch den Rechtsanwalt JR Dr. Hess als Vorsitzenden, die Richter am Oberlandesgericht Dr. Reinert und Grünewald als richterliche Beisitzer sowie die Rechtsanwälte Gaube und Schaffranek als anwaltliche Beisitzer

beschlossen:

Tenor:

1. Der Antrag des Rechtsanwalts auf gerichtliche Entscheidung wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsteller auferlegt.

3. Der Geschäftswert wird auf 50.000,-- € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der am 16.06.1957 in M, geborene Antragsteller betreibt seit Dezember 1993 eine Rechtsanwaltskanzlei in R..

Der Antragsteller, der Vater von drei Kindern ist, übte zunächst den Beruf des Chemielaboranten aus. Auf dem zweiten Bildungsweg erlangte er die Hochschulreife. Nach Absolvierung seiner 2. Staatsprüfung machte er sich als Rechtsanwalt selbständig, ohne zuvor in einer anderen Rechtsanwaltskanzlei tätig gewesen zu sein. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten warf die Kanzlei schließlich im Jahr 1998 einen Gewinn von 80.000,--DM, im Jahr 1999 einen von 85.000,--DM ab. Im Jahre 2000 wurde bei dem Antragsteller ein Gehirntumor festgestellt, der eine intensive medizinische Behandlung erforderlich machte. Hierdurch verringerte sich der Umsatz seiner Kanzlei deutlich, so dass er nur noch 40.000,--DM erwirtschaftete. Der Antragsteller leidet noch heute unter der schwerwiegenden Erkrankung. Der Antragsteller übt seine Kanzlei mit einem jüngeren Kollegen aus.

Mit Urteil des Amtsgerichts - Schöffengericht - K. wurde der Antragsteller wegen Parteiverrats in Tatmehrheit mit Parteiverrat in einem schweren Fall sowie Gebührenüberhebung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 3 Monaten verurteilt. Dabei hat das Schöffengericht für den schweren Parteiverrat eine Einsatzstrafe von 1 Jahr, für den einfachen Parteiverrat eine Freiheitsstrafe von 4 Monaten und für die Gebührenüberhebung eine Freiheitsstrafe von 2 Monaten als Einzelstrafen in Ansatz gebracht, die zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 3 Monaten geführt haben. Die hiergegen gerichtete Revision hat das Oberlandesgericht Koblenz durch Beschluss vom 28.2.2002 verworfen.

Mit Schreiben vom 11.7.2002, zugestellt am 12.7.2002, hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller die Anwaltszulassung widerrufen.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 7.8.2002.

Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückzuweisen.

II.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist nicht begründet.

Nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Folge strafgerichtlicher Verurteilung die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter verloren hat. Die Verurteilung wegen Parteiverrats in einem schweren Fall nach § 356 Abs. 2 StGB mit einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr stellt ein Verbrechen dar. Damit hat der Antragsteller die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter für 5 Jahre verloren (§ 45 Abs. 1 StGB). Die Entscheidung nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 BRAO eröffnet keinen Beurteilungsspielraum (BGH BRAK-Mitteilung 1999, 185; 2000, 42; vgl. auch Feuerich/Braun, BRAO, 5. Aufl. 2000, § 14 Rn. 21).

Der in § 14 Abs. 2 Nr. 2 BRAO angeordnete Widerruf der Zulassung dient dem Interesse der Allgemeinheit an einer funktionsfähigen Rechtspflege und damit dem Schutz eines überragend wichtigen Gemeinschaftsgutes. Wenn ein Rechtsanwalt wegen eines Verbrechens zu einer Freiheitsstrafe von mindestens 1 Jahr verurteilt worden ist, dann zeigt dies, dass er in besonders schwerwiegender Weise gegen seine Pflichten verstoßen hat und damit eine Gefahr für eine geordnete Rechtspflege darstellt. Dass einem solchen Rechtsanwalt ohne weitere Prüfung die Ausübung seines Berufes untersagt wird, stellt keine unverhältnismäßige Maßnahme zum Schutz der Rechtssuchenden dar (Feuerich/Braun, aaO, § 14 Rn. 22).

Es ist dabei von wesentlicher Bedeutung, dass der Widerruf der Zulassung nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 BRAO eine spätere Wiederzulassung des Betroffenen zur Rechtsanwaltschaft nicht ausschließt. Nach Ablauf der 5 Jahre steht diese strafgerichtliche Nebenfolge als solche einer Wiederzulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht mehr nach § 7 Nr. 2 BRAO entgegen. Darüber hinaus kann das Gericht nach § 45 b StGB die Wiederverleihung der verlorenen Fähigkeiten nach der Hälfte der Zeit anordnen, wenn zu erwarten ist, dass der Verurteilte künftig keine vorsätzlichen Straftaten mehr begehen wird.

Die Richtigkeit der strafgerichtlichen Verurteilung darf nicht überprüft werden, dies selbst dann nicht, wenn die Wiederaufnahme des Strafverfahrens beantragt worden wäre. Der Senat nimmt wegen der Einzelheiten der strafgerichtlichen Verurteilung auf das Urteil des Amtsgerichts - Schöffengericht - K. vom 16.10.2001 Bezug.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung war aus den dargelegten Gründen zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 223 Abs. 4, 201 Abs. 1 BRAO, die des Geschäftswerts aus § 202 Abs. 2 BRAO, 30 Abs. 2 KO.

Ende der Entscheidung

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