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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 09.11.2000
Aktenzeichen: 2 StE 5/00
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 129 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Koblenz IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 2 StE 5/00

Bei der Geschäftsstelle eingegangen am 16. November 2000

B., Amtsinspektor

Das Urteil ist rechtskräftig seit dem 17. November 2000

Koblenz, den 20. November 2000 B., Amtsinspektor

In der Strafsache

gegen

Y. S.

wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung

hat der 1. Strafsenat Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Koblenz in der Hauptverhandlung vom 26. Oktober bis 9. November 2000, an der teilgenommen haben:

Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht von Tzschoppe,

Richter am Oberlandesgericht Völpel,

Richter am Landgericht Hardt,

Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof Dr. P. und Staatsanwältin B. als Vertreter des Generalbundesanwalts,

Rechtsanwalt E.R. als Verteidiger,

Amtsinspektor B. als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

Tenor:

Der Angeklagte Y. S. wird wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt.

Die Vollstreckung dieser Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt.

Der Angeklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

- Angewendete Vorschriften: §§ 129 a Abs. 1 Nr. 3 a.F., 56 StGB -

Gründe

I.

Der Angeklagte wurde im Jahre 1972 das genaue Datum ist ihm unbekannt als erstes von sieben Kindern eines kurdischen Landwirts in der Ortschaft C./E. geboren. Nach Besuch der Grundschule einer Art Zwergschule wechselte er auf die Mittelschule. Im Jahre 1984 siedelte die Familie nach Istanbul um, da sich sein Vater hiervon ein besseres wirtschaftliches Fortkommen erhoffte. Noch im gleichen Jahr verließ der Angeklagte die Mittelschule ohne Abschluss, um sich fortan in Istanbul als Gelegenheitsarbeiter auf Märkten und Baustellen zu betätigen. Währenddessen baute sich sein Vater eine Existenz als selbständiger Gastwirt auf. Ab 1989 arbeitete auch der Angeklagte in dem von seinem Vater betriebenen Restaurant. Durch ihre unternehmerische Tätigkeit haben es die Eltern des Angeklagten unter Mithilfe seiner Geschwister mittlerweile zu beträchtlichem Wohlstand gebracht.

Im Juli 1991 sollte der Angeklagte für das türkische Militär gemustert werden. Um sich dem Militärdienst zu entziehen, reiste er, ausgestattet mit einem 29-Tage-Visum, im Juli 1991 auf dem Luftwege nach Berlin. Bei dem Visum handelte es sich um ein Touristenvisum, das er aufgrund einer Einladung seines in Berlin lebenden Großvaters erhalten hatte. Da der Angeklagte wegen der zu erwartenden Einberufung zum Militär keinesfalls in die Türkei zurückkehren wollte, tauchte er nach Ablauf des Visums in Berlin unter und lebte illegal bei seinen Großeltern, einem Onkel sowie bei Freunden und Bekannten, von denen er auch finanziell unterstützt wurde.

Bis dahin war der Angeklagte weder in der Türkei noch in Deutschland politisch aktiv geworden. Er hatte dazu auch keinen Anlass gesehen, da er oder seine Familie wegen ihrer kurdischen Abstammung bisher keinerlei Anfeindungen oder Repressalien seitens der türkischen Bevölkerung oder des türkischen Staates ausgesetzt gewesen waren. Gleichwohl hegte er gegen den türkischen Staat schon seit seiner Kindheit eine tiefe Abneigung, die ihm Vater und Großvater von klein auf anerzogen hatten.

Diese Abneigung sowie die politische Entwicklung in der Türkei, die immer häufiger zu groß angelegten Militäraktionen gegen die kurdische Volksgruppe führte, bildeten den Nährboden dafür, dass der Angeklagte nach anfänglicher politischer Enthaltsamkeit und Passivität sich schließlich der auch auf deutschem Boden agierenden Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zuwandte.

II.

In der Zeit von Oktober 1995 bis zum 26. März 1996 war der Angeklagte als sog. Gebietsverantwortlicher Angehöriger des Funktionärskörpers der PKK, die in Europa durch ihre 1985 gegründete Unterorganisation ERNK (Nationaler Befreiungsfront Kurdistans) in Erscheinung tritt. Die ERNK wiederum wird geführt von der "Europäischen Frontzentrale" (ACM), der es obliegt, die Anweisungen der Parteiführung um den seit Februar 1999 in türkischer Haft befindlichen Generalsekretär Abdullah Öcalan in die Tat umzusetzen.

Im Einzelnen:

1.

Die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) wurde im November 1978 in der Türkei gegründet, u.a. von Öcalan, der seither an der Parteispitze steht. Es handelt sich um eine straff organisierte, zentralistisch geführte Kaderorganisation, die von Öcalan, solange er sich in Freiheit befand, in autoritärem Stil und mit diktatorischer Härte geführt wurde. Erklärtes Ziel der PKK war und ist die Errichtung eines unabhängigen kurdischen Nationalstaates unter ihrer alleinigen Führung. Zur Erreichung dieses Ziels galt - zumindest bis zur Inhaftierung Öcalans - die Anwendung "revolutionärer Gewalt" als legitim. Von 1984 bis Anfang 1999 führte die PKK mit ihrem "militärischen Arm", der "Volksbefreiungsarmee Kurdistans" (ARGK), einen Guerillakrieg gegen den von ihr als Kolonialmacht empfundenen türkischen Staat. Dieser Kampf wurde von beiden Seiten bis in die jüngste Zeit mit grausamer Härte geführt und forderte vor allem auch unter der Zivilbevölkerung zahlreiche Opfer.

Ab 1981 begann die PKK auch in Europa Fuß zu fassen und Organisationsstrukturen aufzubauen. Ziel dieser Bemühungen war und ist es, möglichst viele der außerhalb der Türkei lebenden kurdischen Landsleute als Mitglieder und Sympathisanten zu gewinnen und Geldquellen für die zunächst politischen und ab 1984 auch militärischen Aktivitäten der PKK zu erschließen. Außerdem ging es darum, kampfwillige Aktivisten für den Guerillakrieg in der Heimat und für dessen propagandistische Unterstützung in den jeweiligen Aufenthaltsstaaten zu rekrutieren. Zur Erreichung dieser Ziele wurde 1985 die Unterorganisation ERNK (Nationaler Befreiungsfront Kurdistans) gegründet, die fortan für die PKK in Europa handelte und in Erscheinung trat.

Schwerpunkt der Auslandstätigkeit der PKK war und ist Deutschland, und zwar wegen der hohen Zahl der hier lebenden Kurden. Dementsprechend nahm die Spitze der PKK in Europa, bestehend aus einem "Zentralkommitee" und einem sog. Exekutivkommitee, beide unter dem Vorsitz des von Öcalan ernannten Europaverantwortlichen, zunächst ihren Sitz in Köln. Von dort aus wurden in allen Teilen Europas, vor allem aber in Deutschland selbst, regionale Organisationsstrukturen aufgebaut. Zur effektiveren Durchsetzung des uneingeschränkten Führungsanspruchs der PKK für die kurdische Sache wurde der besondere Teilbereich "Parteisicherheit, Kontrolle und Nachrichtendienst" eingerichtet. Ihm oblag es, die Konkurrenz anderer kurdischer Organisationen und sog. Abweichler und Verräter in den eigenen Reihen zu überwachen und auszuschalten, was die Verletzung und Ermordung von Abweichlern und Spitzenfunktionären konkurrierender Organisationen einschloss. Vor allem wegen dieses rigorosen Vorgehens geriet die PKK ab Ende der 80er Jahre insbesondere in Deutschland unter starken Verfolgungsdruck durch die Sicherheitsbehörden. Die Folge war eine zunehmende Beobachtung der PKK und schließlich die Inhaftierung führender Funktionäre.

Dies führte Anfang der 90er Jahre zu einem strukturellen Umbau der Parteiführung, die nun noch straffer hierarchisch gegliedert wurde: An der Spitze steht seither die Europäische Frontzentrale (ACM). Die laufenden Aufgaben werden von einem aus 2 bis 4 engen Vertrauten Öcalans gebildeten Gremium wahrgenommen, das als "Zentrale" bezeichnet wird und die eigentliche Europaführung der PKK darstellt. In dieser kleinen Führungsgruppe nahm ein gewisser Kani Y. als "Erster unter Gleichen" bis 1994 und - nach längerer Inhaftierung und Verurteilung in Deutschland - erneut ab Februar 1998 die Stellung des Verantwortlichen der PKK für Europa ein.

Außer den Mitgliedern der "Zentrale" gehören der ACM sämtliche Leiter der PKK Regionen in Europa (Regionsverantwortliche) und einige weitere hochrangige Funktionäre mit besonderen Aufgaben an. Einen festen Sitz oder regelmäßigen Versammlungsort gibt es bei der ACM nicht mehr. Noch bis Mitte der 90er Jahre lag der Tätigkeitsschwerpunkt zwar weiterhin in Köln; wegen des Verfolgungsdrucks, der sich nach dem gegen PKK und ERNK ausgesprochenen Betätigungsverbot vom November 1993, vor allem aber nach diversen PKK-gesteuerten Anschlagsserien in den Jahren 1993 - 1995 erheblich verstärkt hatte, haben sich die Mitglieder dieses Führungskreises jedoch in die westeuropäischen Nachbarländer zurückgezogen.

Unterhalb der Führungsebene der ACM hat die PKK Europa in sog. Regionen aufgeteilt, die jeweils in mehrere Gebiete gegliedert sind. Diese Gebiete gliedern sich wiederum in Räume. Während andere europäische Länder meist nur jeweils eine Region bilden, ist Deutschland wegen der zahlreichen hier lebenden Kurden und des hier erreichten hohen Organisationsgrades in mehrere Regionen unterteilt. So gab es bis Anfang 1999 sieben Regionen mit den Bezeichnungen Nord, Nordwest, Berlin, Mitte, Süd, Baden und Bayern.

Die genannten Organisationseinheiten werden jeweils von einem "Verantwortlichen" geleitet, also den Regions-, Gebiets- und Raumverantwortlichen. Wegen der Größe der von ihnen verwalteten Zuständigkeitsbereiche, in denen sie die Verantwortung für alle bedeutsamen organisatorischen, personellen, propagandistischen und finanziellen Angelegenheiten tragen, kommt den Regions- und Gebietsverantwortlichen naturgemäß eine besonders wichtige Stellung zu. Diese Funktionen werden deshalb ausschließlich professionellen Funktionären (Führungskadern) anvertraut.

Diese Kader werden parteiintern speziell ausgebildet und haben sich ausschließlich dem Dienst für die jeweilige Organisationseinheit zu widmen. Sie gehen keiner beruflichen Tätigkeit nach, dürfen keine Familie gründen oder müssen bereits bestehende familiäre Bindungen zurückstellen. Die Kader führen ein überwiegend konspiratives Leben unter Decknamen. Sie halten sich an keinem festen Wohnsitz auf. Ihre ständige Erreichbarkeit wird über Mobiltelefone und sog. Koordinierungstelefone, die für jeweils kürzere Zeiträume bei verlässlichen Parteianhängern (sog. Frontarbeitern) eingerichtet sind, sichergestellt. Diese Frontarbeiter, die unter ihren richtigen Personalien ein normales Arbeits- und Familienleben führen, gewähren ihnen auch Unterkunft und Verköstigung und sorgen mit ihren Privatautos für die nötige Mobilität.

Innerhalb dieser Organisationsstrukturen setzt die PKK ihre Politik mittels Weisungen durch. Die ACM erteilt den Regionen als "Anweisungen" bezeichnete Vorgaben und Weisungen. Die Regionsverantwortlichen nehmen diese Anweisungen als verbindlich entgegen. Da sie aber häufig noch allgemein gehalten sind und nur einen groben Rahmen vorgeben, werden sie erforderlichenfalls von den Regionsverantwortlichen unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten näher ausgestaltet, konkretisiert und ergänzt, bevor sie zur Umsetzung an die nachgeordneten Hierarchieebenen (Gebiete, Räume) weitergeleitet werden.

Das Gegenstück zu den Anweisungen bzw. Befehlen ist ein streng gehandhabtes Berichtswesen. Jeder Kader und jede Organisationsebene hat den jeweils übergeordneten Stellen in regelmäßigen Zeitabständen über die Umsetzung der Anweisungen, die Tätigkeiten und Vorgänge im jeweiligen Zuständigkeitsbereich schriftlich zu berichten.

Ziel all dieser Aktivitäten war es zumindest bis zur Inhaftierung des Generalsekretärs Öcalan, die militärische und politische Auseinandersetzung der PKK mit dem türkischen Staat zu unterstützen. Dies geschieht im Wesentlichen dadurch, dass der Guerilla in Kurdistan finanzielle Mittel und Ausrüstungsgegenstände zur Verfügung gestellt werden und personeller Nachschub rekrutiert und zum Guerillakampf in der Heimat angehalten wird. Von Bedeutung ist auch die propagandistische Tätigkeit vor allem durch die Anprangerung des Vorgehens des türkischen Staates gegen die kurdische Bevölkerung, wobei nicht nur die in Europa lebenden kurdischen Volkszugehörigen, sondern auch die übrige Bevölkerung der Gastländer angesprochen und im Sinne der Ziele der PKK beeinflusst werden sollen.

Zur Verfolgung dieser Ziele hat die PKK ihre Tätigkeit auf eine Reihe von Aufgabenbereichen spezialisiert:

Besonderes Gewicht wird auf Schulung und Ausbildung gelegt. Angehende Kader haben eine Grund- und Intensivausbildung zu absolvieren. Diese in der Regel mehrwöchigen Schulungen werden in besonderen Lagern im westeuropäischen Ausland durchgeführt und vermitteln den Kadern die für die Parteiarbeit notwendigen ideologisch geprägten Kenntnisse und Fähigkeiten.

Der Bereich "Außenbeziehungen" umfasst die Herstellung und Unterhaltung von Kontakten zu Organisationen, Einrichtungen und Personen außerhalb der PKK, die mit deren Zielen sympathisieren. Hierzu gehört auch die Kontaktpflege mit Politikern, Journalisten und den Medien.

Auch über kulturelle Veranstaltungen und die auf lokaler Ebene bestehenden kurdischen Vereine versucht die PKK Einfluss auf die hier lebenden Landsleute zu gewinnen. Feiern, Kundgebungen und Demonstrationen aus Anlass von Jahres- und Gedenktagen, insbesondere des kurdischen Newroz-Festes, werden genutzt, um die Landsleute zu mobilisieren.

Wegen des erklärten Zieles, den Befreiungskampf in der Heimat zu unterstützen, kommt dem Bereich "Finanzen" ebenfalls besondere Bedeutung zu. Zur Finanzierung des Guerillakampfes sowie der Kosten der Organisation und ihrer vielfältigen Aktivitäten in Europa erhebt die PKK bei weiten Teilen der kurdischen Bevölkerung monatliche Beiträge, die an die ERNK zu leisten sind. Weitere Kernpunkte des alle Organisationsebenen umfassenden Geldbeschaffungswesens sind eine jährlich im Spätsommer/Herbst bei den kurdischen Landsleuten durchgeführte, breit angelegte Spendenkampagne sowie der Vertrieb verschiedener Parteipublikationen. Hinsichtlich der aus diesen Maßnahmen von den einzelnen Regionen und Gebieten erwarteten Einnahmen stellt die ACM detaillierte Planvorgaben auf, für deren Erfüllung die örtlich zuständigen Kader verantwortlich sind.

2.

Um Aufsehen zu erregen, aber auch um einen Solidarisierungseffekt zu erzielen, wurden spätestens von 1992 an sog. Aktionistische Aktivitäten durchgeführt; dabei handelte es sich um breit angelegte und öffentlichkeitswirksame gewalttätige Aktionen, die sich anfangs nur gegen türkische Einrichtungen in Deutschland wie z.B. Konsulate, Banken und Reisebüros richteten, später aber auch deutsche Einrichtungen einbezogen.

Im Zusammenhang mit der Planung und Durchführung dieser "Aktionistischen Aktivitäten" bildete sich spätestens im Juni 1993 innerhalb des in Deutschland bestehenden Funktionärskörpers der PKK als Teilorganisation eine zumindest seit Anfang November 1993 terroristische Vereinigung. Zweck und Tätigkeit dieses auf Dauer angelegten organisatorischen Zusammenschlusses waren darauf gerichtet, anfänglich Sachbeschädigungen und Nötigungen und schließlich ab November 1993 auch Brandanschläge gegen türkische Einrichtungen in Deutschland zu begehen.

Der Vereinigung gehörten neben den Mitgliedern der "Zentrale" die weiteren Mitglieder der ACM an, soweit sie in Entscheidungen über "Aktionistische Aktivitäten" eingebunden waren. Dies waren einmal die in Deutschland tätigen Regionsverantwortlichen, darüber hinaus aber jedenfalls auch sämtliche in Deutschland tätigen Gebietsverantwortlichen.

Ausgangspunkt der jeweiligen Straftaten war in jedem Falle eine entsprechende Anweisung der ACM, der entweder ein Befehl A. Öcalans oder ein eigenständiger Beschluss der "Zentrale" der ACM zugrunde lag. Die Anweisung wurde über die Regionsverantwortlichen an die jeweiligen Gebietsverantwortlichen weitergeleitet, wobei die Anweisung in der Regel allgemein gehalten war. Aufgrund dieser Vorgaben entschieden die beteiligten Gebietsverantwortlichen sodann in eigener Verantwortung unter Beachtung der örtlichen Gegebenheiten über die Auswahl der konkreten Angriffsziele sowie der vor Ort handelnden Personen, trafen die notwendigen Vorbereitungsmaßnahmen und setzten die Anweisung zeitlich abgestimmt mit den anderen Regionen und Gebieten in die Tat um.

Im Rahmen dieser Organisationsstrukturen kam es erstmals am 24. Juni 1993 zu einem massierten, zentral gesteuerten und in bisher nicht gekannter Brutalität vorgetragenen Angriff auf Einrichtungen, die in den Augen der PKK den türkischen Staat repräsentieren. Insgesamt waren über 52 türkische Einrichtungen im gesamten Bundesgebiet Ziel der organisierten Anschläge. Sieben Generalkonsulate, 30 Niederlassungen türkischer Banken, 14 Reisebüros und eine türkische Handelsgesellschaft wurden nahezu zeitgleich gegen 10 Uhr von Gruppen vornehmlich jugendlicher Kurden angegriffen. Der schwerwiegendste Fall ereignete sich in München, wo 14 türkische Staatsangehörige kurdischer Volkszugehörigkeit im türkischen Generalkonsulat mehrere Geiseln nahmen.

Am 4. November 1993 kam es zu einer weiteren von der "Zentrale" angeordneten und durch die in der Vereinigung zusammengeschlossenen PKK-Verantwortlichen umgesetzten Anschlagsserie gegen türkische Einrichtungen. An diesem Tage wurden nahezu zeitgleich gegen 11.30 Uhr an 30 verschiedenen Orten der Bundesrepublik 60 türkische Reisebüros, Banken, Generalkonsulate, Gaststätten, Kulturzentren und andere Einrichtungen überfallen. Während sich die Aktionen im Juni 1993 noch auf die Zerstörung von Sachwerten beschränkt hatten, wurden nunmehr bei nahezu sämtlichen Anschlägen auch Brandsätze, sog. Molotowcocktails, eingesetzt. An zumindest 13 Tatorten hinterließen die Täter Flugblätter in deutscher und türkischer Sprache, in denen inhaltsgleich gegen den "Völkermord in Kurdistan" protestiert, den türkischen Sicherheitskräften u.a. die Zerstörung von Dörfern sowie die systematische Folter und Ermordung der Dorfbewohner und schließlich "einigen europäischen Ländern" die Lieferung von Waffen angelastet wurden, "die im Krieg gegen das kurdische Volk eingesetzt werden".

Mit Verfügung vom 22. November 1993 erließ das Bundesministerium des Innern ein Betätigungsverbot gegen die PKK-ERNK in der Bundesrepublik Deutschland. Daraufhin folgten weitere von der Parteiführung angeordnete und von den Mitgliedern der Vereinigung organisierte und durchgeführte Aktionen und Anschlagswellen. Höhepunkt war am 22. März 1994 die bundesweite Blockade von Autobahnen und Hauptverkehrsstraßen durch etwa 1.500 PKK-Aktivisten und -Sympathisanten, die den eingesetzten Polizeikräften teilweise erheblichen Widerstand leisteten, und in der ersten Julihälfte 1994 insgesamt 70 Demonstrationen und vornehmlich gegen Einrichtungen der Polizei gerichtete Übergriffe wie Sachbeschädigung und Brandanschläge als Protest gegen den durch einen Schuss aus einer Polizeiwaffe verursachten Tod eines jungen Kurden. Es folgten in der Zeit von Februar bis Juli 1995 drei Wellen mit über 300 Anschlägen - davon etwa 260 Brandanschläge - gegen türkische Einrichtungen. Die vorerst letzte Großaktion mit Autobahnbesetzungen und schweren Gewalttaten, auch gegen die deutsche Polizei, fand am 16. März 1996 im Raum Dortmund statt. Auch der Angeklagte nahm daran teil, allerdings ohne dabei selbst Straftaten zu begehen.

Im Sommer 1996 wurden die koordinierten Aktionen und Übergriffe auf Geheiß von A. Öcalan offiziell eingestellt; seither bildet die bis dahin terroristische Vereinigung lediglich noch eine kriminelle Organisation.

3.

In die terroristische Vereinigung war der Angeklagte zumindest von Oktober 1995 bis 26. März 1996 als Mitglied eingebunden. Während dieses Zeitraums leitete er unter dem Decknamen "H." das "Gebiet Mainz" in der "Region Süd", welches sich aus den Räumen Darmstadt, Rüsselsheim, Dieburg, Heppenheim, Bad Kreuznach und Wiesbaden zusammensetzte. In seiner Funktion als Gebietsverantwortlicher arbeitete er eng mit den Regions- und den anderen Gebietsverantwortlichen zusammen, wobei er die Anweisungen der ACM befolgte.

Vor Aufnahme dieser Tätigkeit war er von der ERNK in Den Haag drei Monate lang umfassend geschult worden. Er hatte dabei alle erforderlichen Kenntnisse über Aufbau, Struktur und Arbeitsweise der PKK/ERNK sowie von Art und Ausmaß der in ihrem Auftrag seit 1993 in Deutschland verübten Straftaten erworben. Ihm war bekannt, dass seit November 1993 jedwede Tätigkeit für die Organisation verboten war und dass die seit 1993 verübten schweren Straftaten gleichwohl fortgesetzt wurden. Er wusste nicht nur, sondern billigte auch, dass Brandanschläge einen Schwerpunkt des Aktionsprogramms der ACM bildeten und bei gegebenen Anlässen nach Vorgabe der "Zentrale" auch durch die Region Süd auszuführen waren.

Nachdem seine Ausbildung beendet war, begab sich der Angeklagte weisungsgemäß zunächst nach Saarbrücken, wo er dem dortigen Gebietsverantwortlichen, einem gewissen "E." (Deckname) unterstellt war. Er hatte Zeitschriften zu verbreiten, Spenden zu sammeln und bei Versammlungen die "Richtung anzugeben".

Im Oktober 1995 wurde er von "E." in das Gebiet Mannheim und speziell in den Raum Heidelberg beordert, wo er nunmehr als Gebietsverantwortlicher eingesetzt wurde. Anders als in Saarbrücken oblag es ihm nun nicht mehr selbst, Zeitschriften zu verteilen und Spenden einzusammeln. Dies taten Sympathisanten für ihn, die er anzuleiten und zu überwachen hatte. Es war seine Aufgabe, zusammen mit den Geldeinsammlern mögliche Geldgeber anzusprechen und Überzeugungsarbeit zu leisten, mitunter aber auch Druck auszuüben, und zwar besonders dann, wenn es sich um bekanntermaßen wohlhabende Kurden handelte, die von sich aus nicht bereit waren, Geld herzugeben.

Ende 1995 bekam der Angeklagte von einem gewissen "N." (Deckname) den Auftrag, das Gebiet Mainz zu übernehmen. Dieses schloss die Räume Darmstadt, Dieburg, Heppenheim, Rüsselsheim, Wiesbaden und Bad Kreuznach ein. Er war dort Vorgesetzter von drei nachgeordneten Kadern, während er selbst nur noch den Gebietsverantwortlichen mit dem Decknamen "Y." über sich hatte, dessen Position er jedoch alsbald übernahm. Nunmehr selbst Gebietsverantwortlicher, war es seine Aufgabe, das Gebiet Mainz zu führen, d. h. den Parteinachwuchs zu rekrutieren, Versammlungen einzuberufen und zu dirigieren, Propaganda zu betreiben, Demonstrationen zu veranstalten und Spenden hereinzuholen. Es war ihm erlaubt, Teile der beigetriebenen Spenden für sein Gebiet einzubehalten und davon auch sein Salär von 500 DM monatlich zu bestreiten. Da diese 500 DM jedoch zum Leben nicht ausreichten, musste er auch noch die Unterstützung von Sympathisanten in Anspruch nehmen.

In der Zeit von Ende 1995 bis März 1996 trieb der Angeklagte rund 720.000 DM Spenden ein, die durch Mittelsmänner auf verschiedenen Wegen an die Leitung der Europavertretung der ERNK übermittelt wurden.

Am 26. März 1996 wurde der Angeklagte unter seinem gegenüber deutschen Behörden geführten Tarnnamen "A. D." festgenommen. Am 13. Juni 1996 wurde er unter der Auflage, nach seiner Haftentlassung bei seinem Onkel A.P.S. in Berlin Wohnung zu nehmen, sich dort polizeilich anzumelden und sich alle zwei Wochen beim zuständigen Polizeirevier zu melden, wieder auf freien Fuß gesetzt. Die Auflage wurde durch Beschluss vom 18. Juni 1996 dahin geändert, dass er nicht in Berlin, sondern in der Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber in S. Wohnung zu nehmen und sich alle zwei Wochen bei dem für diese Anschrift zuständigen Polizeirevier zu melden habe.

Nachdem er sich zunächst kurze Zeit auflagenkonform verhalten hatte, tauchte der Angeklagte unter, indem er sich wieder nach Mainz begab, von wo aus er mit seinem früheren Vorgesetzten "Y." Kontakt aufnahm. Dieser forderte ihn auf, zu ihm in die Niederlande zu kommen, was der Angeklagte auch tat. Von "Y." erhielt er nun die Weisung, nach Frankreich zu gehen, und zwar zunächst nach Rennes, wo er unter dem Falschnamen "H." vorsorglich sofort Asyl beantragte und sodann als Gebietsverantwortlicher tätig war. Später wurde er, ebenfalls als Gebietsverantwortlicher, nach Marseille versetzt.

In Frankreich war der Angeklagte bis Februar 1999 tätig. Dann erhielt er den Auftrag, sich nach St. Petersburg zu begeben, wo er mit einem Presseausweis für die Zeitung "K.-R." versehen und wiederum als Gebietsverantwortlicher eingesetzt wurde. Sein dortiger Vorgesetzter war ein gewisser N. U., der jedoch im März 1999 verschwand, nachdem er in Verdacht geraten war, Spendengelder veruntreut zu haben. Im Dezember 1999 ergriff auch der Angeklagte die Flucht, da man ihm vorwarf, an U.s Geldgeschäften beteiligt gewesen zu sein. Um wieder nach Deutschland einreisen zu können, hatte er sich für 1.500 US-Dollar einen gefälschten russischen Pass und ein deutsches 10-Tage-Visum besorgt, mit dem er am 23. Dezember 1999 in Frankfurt am Main eintraf. Von Frankfurt aus reiste er mit der Bahn nach Berlin, wo er wieder bei seinem Onkel unterkam. Über seinen Verteidiger nahm er Kontakt mit der Generalbundesanwaltschaft auf, um sich sodann den deutschen Strafverfolgungsbehörden zu stellen.

Nach erneuter Festnahme aufgrund des durch Beschluss vom 26. Juni 1997 wieder in Vollzug gesetzten Haftbefehls, Ablegung eines umfassenden Geständnisses und abermaliger Haftverschonung im Januar 2000 hat der Angeklagte sich endgültig von der PKK und ihren Unterorganisationen abgesetzt und losgesagt. Er wohnt bei seinen Großeltern in Berlin, ist ohne Arbeit und bestreitet seinen Lebensunterhalt von Sozialhilfe.

III.

Der Angeklagte ist umfassend geständig. Er hat sein vor dem Ermittlungsrichter des BGH am 27.01.2000 abgelegtes Geständnis in der Hauptverhandlung wiederholt und weiter präzisiert. Insbesondere hat er eingeräumt, von der Verbotsverfügung des Bundesministeriums des Inneren vom November 1993 gewusst und von den zahlreichen Brandanschlägen auf türkische Einrichtungen Kenntnis gehabt zu haben. Ihm sei bewusst gewesen, dass durch die Gebietsleitertätigkeit der Boden für solche Aktionen bereitet werde und er habe dies als Mittel zur Förderung der kurdischen Sache gebilligt. Er hat zugegeben, von Oktober 1995 bis 26. März 1996 als Gebietsverantwortlicher in Mainz tätig gewesen zu sein, und eingeräumt, das betreffende Gebiet entsprechend den Anweisungen des Regionsverantwortlichen "N." und des Europaverantwortlichen "Y." geleitet und sich dabei dreier ihm unterstellter professioneller Kader bedient zu haben, die er mit 300 DM monatlich honorierte, während er selbst für seine Tätigkeit 500 DM monatlich erhielt. Seinen Angaben zufolge wurden unter seiner Führung in dem ihm unterstellten Gebiet Spenden bis zu 720.000 DM eingesammelt, teilweise auch unter Druck eingetrieben, und an die Europavertretung der ERNK weitergeleitet. Obwohl er von den Straftaten der Organisation wusste, hat er Kontrolltätigkeiten für sie ausgeübt, Versammlungen einberufen und für die tägliche PKK-Propaganda gesorgt. Der von ihm betreute und aktivierte Sympathisantenkreis umfasste seinen Angaben zufolge 3.000 bis 4.000 Personen. Seinen Aufenthaltsort habe er alle 20 bis 40 Tage gewechselt, wobei er jeweils bei verschiedenen Sympathisanten bzw. Aktivisten untergekommen sei. Mittels seiner Mobiltelefone und mehrfach wechselnder "Koordinierungstelefone" habe er den ständigen Kontakt zu anderen Gebietsverantwortlichen und sonstigen Angehörigen der Führungsebene aufrecht erhalten. Seine Tätigkeit in Deutschland habe erst durch seine Festnahme am 26.03.1996 geendet. Er habe sich jedoch weiter für die PKK betätigen wollen und sich deshalb bis Dezember 1999 im Ausland aufgehalten. Inzwischen sei er jedoch nachdenklich geworden und sehe die praktische Umsetzung der politischen Ziele der PKK äußerst kritisch. Er missbillige diese Art der Umsetzung und habe sich deshalb von der PKK abgewandt. Er verurteile nunmehr jegliche Art von Straftaten außerhalb türkischen Bodens durch Angehörige oder Sympathisanten der kurdischen Volksgruppe. Er sei davon überzeugt, dass es kein noch so billigenswertes politisches Ziel gebe, das derartige Aktionen im Ausland rechtfertigen könne.

IV.

Das Geständnis des Angeklagten wird durch zahlreiche andere Beweismittel untermauert, insbesondere durch die Ergebnisse der Telefonüberwachung sowie der schriftlichen Erklärungen der Beamten des Bundeskriminalamts, die im Rahmen ihrer jahrelangen Ermittlungstätigkeit mit den Organisationsstrukturen der PKK sowie mit Art, Umfang, Ablauf und Hintergründen der von ihr initiierten schweren Straftaten, insbesondere der zahlreichen Gewalttaten und Brandanschläge, vertraut sind. Die Angaben des Angeklagten decken sich im Übrigen mit den tatsächlichen Feststellungen zahlreicher rechtskräftiger oberlandesgerichtlicher Urteile. Insoweit sei beispielhaft auf das Urteil des OLG Stuttgart vom 28.09.1999 gegen H. B. A. (2 StE 1/99) verwiesen, dessen rechtskräftige Feststellungen den hier Angeklagten als Verantwortlichen für das Gebiet Mainz ausweisen.

V.

1.

Mit seiner Tätigkeit als Gebietsverantwortlicher Mainz hat der Angeklagte sich über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten gemäß § 129 a StGB (a. F.) strafbar gemacht. Er hat sich während dieser Zeit bewusst und gewollt als Mitglied einer terroristischen Vereinigung betätigt, deren ihm bekanntes Ziel es war, zur Durchsetzung ihrer politischen Absichten jederzeit und überall schwere Straftaten, insbesondere Gewaltdelikte und Brandanschläge zu begehen.

Für die Rechtsfolgenbestimmung ist von einem Strafrahmen von einem bis zu 10 Jahren auszugehen (§ 129 a Abs. 1 StGB). Der Strafrahmen des § 129 a Abs. 2 StGB kommt nicht in Betracht, da der Angeklagte weder zu den Rädelsführern noch zu den Hintermännern gehörte. Ebensowenig kann Strafmilderung nach § 129 a Abs. 4 StGB erfolgen; weder ist die Schuld des Angeklagten gering noch war seine Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung: Er hat als professioneller Kader in der herausgehobenen Stellung eines Gebietsverantwortlichen die Handlungsfähigkeit der Vereinigung maßgeblich gefördert und ihre personellen wie finanziellen Ressourcen erweitert.

2.

Bei der Strafzumessung innerhalb des Regelstrafrahmens hat der Senat sich zugunsten des Angeklagten von folgenden Erwägungen leiten lassen:

Der Angeklagte ist nicht vorbestraft. Seine Tat liegt viereinhalb Jahre zurück und er hat ihretwegen bereits 10 Wochen in Untersuchungshaft verbracht. Er hat sich schuldbewusst und reuig gezeigt, sein strafbares Verhalten rückhaltlos eingestanden und sich davon glaubhaft und nachhaltig distanziert. Seine Einlassungen in der Hauptverhandlung waren offen und ehrlich und dienten keineswegs dem Zweck, sich reinzuwaschen. Sie waren höchst informativ und haben den Prozessbeteiligten einen nachhaltigen Einblick verschafft in die Ursachen und Hintergründe der Feindschaft zwischen Kurden und Türken und in das patriarchalische System innerhalb der Familie, das die Basis für die permanente und von konkreten Anlässen unabhängige "Weitervererbung" des Hasses von Vätern und Großvätern auf Söhne und Enkel bildet. Die Schonungslosigkeit, mit der der Angeklagte diese Strukturen offenlegte und als eine maßgebliche Ursache für den Generationen überdauernden Konflikt zwischen den Volksgruppen anprangerte, hat den Senat davon überzeugt, dass er sich von den verderblichen Einflüssen, denen er im Vorfeld und während seines strafbaren Tuns unterworfen war, freigemacht und einen endgültigen Schlussstrich unter diesen Abschnitt seiner Vergangenheit gezogen hat.

In der Zeit seiner Mitgliedschaft zu der terroristischen Vereinigung ist es zumindest in dem Gebiet, für das er verantwortlich war, zu keinen schwerwiegenden, gemeingefährlichen Straftaten im Sinne von § 129 a Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 - 3 StGB mehr gekommen, auch wenn die grundsätzliche Abkehr von derartigen Aktivitäten, sofern eine solche überhaupt zuverlässig feststellbar ist, frühestens auf Mitte 1996 datiert werden kann. Dem Angeklagten ist hier zugutezuhalten, dass es während seiner Tätigkeit als Gebietsverantwortlicher keine konkreten Anlässe gab, sich in seinem Bereich mit schwerwiegenden und insbesondere für Unbeteiligte folgeschweren Straftaten der Terrororganisation auseinanderzusetzen. Strafmildernd ist auch zu berücksichtigen, dass er persönlich aus achtbaren Motiven und nie aus wirtschaftlichem Eigennutz gehandelt hat. Es ist allgemeinkundig und daher senatsbekannt, dass die kurdischen Volkszugehörigen schweren Verfolgungen seitens des türkischen Militärs ausgesetzt sind und dass der Kampf, den sie als Freiheitskampf gegen eine ihnen aufgezwungene Kolonialmacht begreifen, auch vom türkischen Militär mit Härte und Grausamkeit geführt wird. Daß der Angeklagte auch als persönlich nicht unmittelbar Betroffener unter diesem Schicksal seiner Landsleute leidet, ist nachvollziehbar.

Weiter ist ihm zugutezuhalten, dass auch er letztlich das Opfer einer politischen Indoktrination geworden ist, die von professionellen Kadern unter Einsatz ausgeklügelter propagandistischer Mittel und Methoden durchgeführt wurde und ihn zu der auch in anderen politischen und weltanschaulichen Zusammenhängen virulenten und leider weit verbreiteten Überzeugung gelangen ließ, der Zweck heilige die Mittel. Während seiner Mitgliedschaft unterlag er dem Gruppendruck einer straff organisierten, auf Befehl und Gehorsam aufgebauten Kaderorganisation, die auf eine für ihn glaubwürdige Weise für sich in Anspruch nahm, dass nur sie der kurdischen Sache diene und sich rückhaltlos für ihre verfolgte und gedemütigte Volksgruppe einsetze.

Auch wenn dies alles strafmildernd wirkt, so ist es doch keine Entschuldigung für den Angeklagten. Denn er hat dazu beigetragen, dass es der PKK gelang, den inländischen Rechtsfrieden empfindlich zu bedrohen, obwohl es in Deutschland eine Vielzahl legaler Möglichkeiten gibt, um auf Mißstände aller Art aufmerksam zu machen und den Anliegen bedrohter Minderheiten Gehör zu verschaffen.

Ein bedeutsamer Strafzumessungsfaktor ist bei § 129 a StGB auch die Zeitdauer der Mitgliedschaft. Insoweit hebt sich die sechsmonatige Tätigkeit des Angeklagten nicht negativ vom Durchschnittsdelikt ab; eher das Gegenteil ist der Fall. Allerdings ist dabei auch zu berücksichtigen, dass er seine Tätigkeit auf deutschem Boden nicht aus freien Stücken eingestellt hat, sondern dazu erst durch seine Verhaftung im März 1996 veranlasst wurde. Negativ schlägt zu Buche, dass er sich unbeeindruckt von dieser Verhaftung, die ihm das Strafbare seines Tuns drastisch vor Augen geführt hatte, nach Haftverschonung grob auflagenwidrig ins europäische Ausland absetzte, um dort weiter für die PKK tätig sein zu können. Schließlich wirkt sich straferschwerend die hohe Gefährlichkeit der PKK-Terrororganisation in Deutschland in den Jahren bis 1996 aus, die durch eine Vielzahl schwerer Straftaten zu einer starken Verunsicherung der Bevölkerung geführt hat. Doch hat der Senat bei der Gewichtung dieses Umstandes berücksichtigt, dass die PKK-Strategie in Deutschland seit Mitte 1996 offenbar nicht mehr auf die Begehung gemeingefährlicher Straftaten gerichtet ist.

Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände hält der Senat eine Freiheitsstrafe von 2 Jahren für tat- und schuldangemessen.

3.

Die Vollstreckung dieser Strafe kann zur Bewährung ausgesetzt werden. Die Sozialprognose des Angeklagten ist positiv. Er hat sich glaubhaft von der terroristischen Vereinigung abgewandt und im Rahmen seines Geständnisses umfassende Angaben auch zu ihren Organisationsstrukturen und den für sie handelnden Unterorganisationen und Personen, z. T. auch deren Klarnamen, gemacht. Es ist deshalb davon auszugehen, dass das Band zwischen ihm und der Terrorvereinigung endgültig zerschnitten ist. Da er sich den Strafverfolgungsbehörden umfassend offenbart hat, ist er für eine weitere konspirative Tätigkeit zugunsten und im Umfeld der PKK/ERNK zumindest auf deutschem Boden unbrauchbar geworden. Es ist daher zu erwarten, dass er sich zukünftig auch ohne Strafverbüßung gesetzeskonform verhalten wird. Sein ausländerrechtlicher Status ist gesichert, da er als Asylberechtigter anerkannt ist. Er wohnt zwar z. Zt. noch bei seinen Großeltern in Berlin, will sich aber Arbeit und eine eigene Wohnung suchen, um sich den ideologischen Beeinflussungsversuchen der Familie zu entziehen. Er bemüht sich damit ernsthaft um einen sozialen Status, den er, davon ist der Senat aufgrund der Hauptverhandlung überzeugt, nicht durch Begehung erneuter Straftaten aufs Spiel setzen wird.

Bei einer Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Angeklagten sind auch besondere Umstände im Sinne von § 56 Abs. 2 Satz 1 StGB zu erkennen. An seiner Absicht, einen endgültigen Schlußstrich unter seine Rolle innerhalb der PKK zu ziehen, kann ernsthaft nicht gezweifelt werden. Die Tat, derentwegen er sich zu verantworten hat, liegt mehr als viereinhalb Jahre zurück. Sein Verhalten im Prozess war uneingeschränkt kooperativ im Sinne einer umfassenden Sachaufklärung und hat einen schnellen Abschluss des Verfahrens ermöglicht.

Auch der Gesichtspunkt der Verteidigung der Rechtsordnung (§ 56 Abs. 3 StGB) steht einer Strafaussetzung nicht entgegen. Der Angeklagte hat sich zuletzt selbst gestellt und alle Brücken zu seinem bisherigen Leben für die Partei abgebrochen. An Straftaten, die von der Organisation initiiert wurden, hat er sich weder selbst beteiligt noch hat er dazu andere animiert. Der Gesichtspunkt einer etwa notwendigen Generalprävention scheidet ebenfalls aus, da die PKK seit Mitte 1996 zumindest hierzulande keine gemeingefährlichen Straftaten mehr begangen und davon offenbar endgültig Abstand genommen hat.

Eine Strafaussetzung erscheint nach alledem für das allgemeine Rechtsempfinden nicht als schlechthin unverständlich.

VI.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 StPO.

Ende der Entscheidung

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