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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 27.09.2005
Aktenzeichen: 2 U 1080/04
Rechtsgebiete: EuGVVO, AVAG, niederländisches Handelsgesetzbuch (WvK), AVAG


Vorschriften:

EuGVVO Art. 43
EuGVVO Art. 66 Abs. 2 lit. a
AVAG § 11
niederländisches Handelsgesetzbuch (WvK) Art. 17
V.O.F.I - Hoofdstuk. I. Inleiding § 10
Die Frage der Antragsberechtigung bei der Vollstreckbarkeitserklärung ist nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem die entsprechenden Entscheidungen getroffen worden sind. Zur Prozessführungsbefugnis einer niederländischen V.O.F.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ Beschluss

Geschäftsnummer: 2 U 1080/04 - AVAG

in dem Verfahren

Der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Henrich und die Richter am Oberlandesgericht Künzel und Dr. Reinert am 27. September 2005

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Vorsitzenden der 9. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 2. Juli 2004 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe:

Die Beschwerde ist nicht begründet.

I.

Mit Schriftsatz vom 13. April 2004 hat die Antragstellerin beantragt, die Urteile des Arrondissementsgerichts zu Roermond vom 9. September 1999 - Az:- und des Gerichtshofes zu Herzogenbusch - Az: - vom 30. September 2003 für vollstreckbar zu erklären.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 2. Juli 1994 (GA 7) das vorbezeichnete Urteil des Arrondissementsgerichts zu Roermond, durch das die Antragsgegnerin verurteilt wurde, die entstandenen Kosten des Verfahrens in Höhe von 4.090,00 Niederländischen Gulden (1.855,96 €) zu tragen, und das Urteil des Gerichtshofes zu Herzogenbusch, durch das die Antragsgegnerin verurteilt wurde, 288,15 € Auslagen und 2.313,00 € Honorar zu tragen, für vollstreckbar erklärt und angeordnet, dass die beiden Urteile mit der Vollstreckungsklausel zu versehen sind. Der Beschluss ist der Antragsgegnerin am 13. Juli 2004 zugestellt worden (GA 39 RS). Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer am 22. Juli 2004 beim Landgericht eingegangenen Beschwerde.

Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, dass der angefochtene Beschluss rechtsfehlerhaft und daher aufzuheben sei. Sie wendet ein, dass allein die Antragstellerin beantragt habe, die Urteile des Arrondissementsgerichts Roermond und des Gerichtshofes zu Herzogenbusch vom 30.9.2003 mit der Anbringung einer Vollstreckungsklausel für vollstreckbar zu erklären. Der Antrag sei unzulässig, da die Antragstellerin nur mit den damaligen Beklagten zu 2) und 3) gemeinsam zur Antragstellung berechtigt sei. Im Übrigen sei eine Vollstreckbarkeitserklärung der Urteile vom 9. September 1999 und 30. September 2003 unzulässig, da beide Urteile hinsichtlich des Kostenausspruchs mit inländischem Recht nicht vereinbar seien. Aus beiden Urteilen sei nicht ersichtlich, wie sich die veranschlagten Kosten zusammensetzten. Beide Urteile enthielten hinsichtlich der veranschlagten Kosten keine Begründung zur Höhe der Kosten, weshalb die Urteile insoweit auch nicht nachvollziehbar und prüfbar seien.

II.

Die Beschwerde nicht begründet.

Auf das vorliegende Verfahren finden nach Art. 66 Abs. 2 lit. a der Verordnung Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22. Dezember 2000 (EuGVVO) die Bestimmungen dieser Verordnung Anwendung. Nach Art. 43 EuGVVO i.V.m. § 11 des Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetzes (AVAG) vom 19. Februar 2001 ist die Beschwerde form- und fristgerecht eingelegt worden. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die Vollstreckbarkeiterklärung darf gemäß Art. 45 EuGVVO von dem mit einem Rechtsbehelf befassten Gericht nur aus einem der in Art. 34 und 35 aufgeführten Gründe versagt oder aufgehoben werden. Keinesfalls darf die ausländische Entscheidung in der Sache selbst nachgeprüft werden.

Der Senat hat mit Verfügung des Berichterstatters vom 12. November 2004 (GA 66/67) allerdings darauf hingewiesen, dass die Frage der Antragsberechtigung nach dem Recht des Staates zu beurteilen ist, in dem die entsprechenden Entscheidungen getroffen worden sind (vgl. Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 2. Auflage, Art. 40 EuGVVO Anm. 12; Zöller Zivilprozessordnung, 24. Auflage, § 4 AVAG Anm. 2). Dies ist vorliegend niederländisches Recht. Der Senat hat der Antragstellerin aufgegeben, zur Alleinantragsberechtigung der Antragstellerin weitergehend vorzutragen und Unterlagen vorzulegen.

Nachdem die Antragstellerin ergänzend vorgetragen, auszugsweise Gesetzestexte und einschlägige Kommentierungen zu den hier in Rede stehenden Fragen vorgelegt hat, sieht der Senat die Voraussetzungen für die Vollstreckbarkeitserklärung als gegeben an. Zwar ergibt sich aus Art. 17 des niederländischen Handelsgesetzbuchs (WvK) nicht unmittelbar die Alleinberechtigung der Antragstellerin (V.O.F.) die entstandenen Kosten, Auslagen und das Rechtsanwaltshonorar geltend zu machen. Diese Vorschrift befasst sich mit der Befugnis der Gesellschafter untereinander. Danach ist jeder Gesellschafter, der hiervon nicht ausgeschlossen ist, berechtigt, im Namen der Gesellschaft zu handeln, Gelder auszugeben und in Empfang zu nehmen und die Gesellschaft Dritten sowie Dritte der Gesellschaft zu verpflichten. Allerdings lässt sich dem Kommentartext zu § 10 Ziffer 2.4 (GA 84) (V.O.F.I - Hoofdstuk. I. Inleiding) entnehmen, dass die V.O.F. befugt ist, gerichtlich und außergerichtlich gegen Gesellschaftsschuldner vorzugehen. Nach Art. 5. 2 RV (niederländische Zivilprozessordnung) kann die V.O.F. als eine Einheit klagen, ebenso verklagt werden. Die V.O.F ist befugt, die Prozess- und Rechtsanwaltskosten, selbständig beim unterlegenen Gegner einzutreiben und Vollstreckungsmaßnahmen einzuleiten.

Der Senat sieht nicht die Gefahr des Missbrauchs, dass neben der Antragstellerin die damaligen Beklagten zu 2) und 3) nochmals gesondert Prozesskosten geltend machen. Ausweislich des mit Schriftsatz vom 31.8.2005 vorgelegten Handelsregisterauszugs der Industrie- und Handelskammer für L., Aktennummer vom 10.8.2005 (GA 115) handelt es sich bei den damaligen Beklagten zu 2) und 3) um Gesellschafter der Antragstellerin. Mit der Zahlung der ausstehenden Beträge an die Antragstellerin sind die Beklagten zu 2) und 3) nicht mehr berechtigt, Prozess- und Gerichtskosten einzufordern.

Die Antragstellerin hat ferner dargelegt, dass nach niederländischem Recht eine Spezifikation der Prozesskosten im Urteilsausspruch nicht üblich ist. Der Hinweis der Antragsgegnerin auf § 104 ZPO ist verfehlt, da nicht deutsches, sondern niederländisches Recht anwendbar ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 4.457,11 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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