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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 27.11.2008
Aktenzeichen: 2 U 1397/07
Rechtsgebiete: BGB, InsO


Vorschriften:

BGB § 387
InsO § 94
InsO § 95 Abs. 1 S. 3
InsO § 96
1. Im Hinblick auf die materiell-rechtliche Wirkung der Aufrechnung kann der Gläubiger nachträglich keine andere Tilgungsreihenfolge bestimmen (im Anschluss an OLG Koblenz OLGR 2007, 949). Dem steht nicht der Aspekt entgegen, dass sogar eine Prozessaufrechnung vor rechtskräftiger Entscheidung zurückgenommen werden kann mit der Folge, dass damit auch die materiell-rechtliche Wirkung entfallen würde (so BGH NJW-RR 1991, 156, 157).

2. Zur Reichweite der Konzernverrechnungsklausel und des Schutzbereichs der §§ 94 ff. InsO.


OBERLANDESGERICHT KOBLENZ Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 2 U 1397/07

Verkündet am 27. November 2008

in dem Rechtsstreit

Der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Henrich, die Richterin am Oberlandesgericht Au und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Reinert auf die mündliche Verhandlung vom 30. Oktober 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

1) Die Berufungen der Klägerin und der Beklagten sowie die Anschlussberufung der Beklagten gegen das Urteil der 10. Zivilkammer - 3. Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Mainz vom 16. Oktober 2007 werden zurückgewiesen. 2) Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin zu 48/100, die Beklagte zu 52/100.

Von den Kosten des ersten Rechtszuges trägt die Klägerin 56/100, die Beklagte 44/100. 3) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Gründe:

I.

Die Klägerin, ein Factoringunternehmen, beansprucht aus abgetretenem Recht seitens der insolvent gewordenen Firma S. GmbH (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin) Kaufpreisforderungen der Insolvenzschuldnerin gegen die Beklagte aus Lieferungen von Fahrrädern gemäß den in der Anlage K 6 aufgelisteten Rechnungen aus dem dritten und vierten Quartal 2003 in Höhe von ursprünglich 966.865,17 € und nach Teilklagerücknahme im Laufe des Rechtsstreits (GA 317) in Höhe von zuletzt 794.652,24 € nebst Zinsen.

Die Insolvenzschuldnerin fertigte und montierte Fahrräder. Aufgrund des zwischen ihr und der für die Einkaufsanschlussbetriebe der M,-Gruppe handelnden M. MGE Einkauf GmbH (im Folgenden: MGE; heutige Firmierung: MGB) geschlossenen Einkaufsvertrages vom 27.12.1993 (Anlage K 1) nebst Nachträgen und Konditionsverträgen (Anlage K 2 bis K 4) war die Insolvenzschuldnerin verpflichtet, die Beklagte und weitere Einkaufsanschlussbetriebe mit Fahrrädern zu vereinbarten Preisen und vereinbarten Konditionen zu beliefern. In dem Einkaufsvertrag war unter anderem ein Abtretungsverbot vereinbart. Die Insolvenzschuldnerin belieferte die Beklagte (und weitere Einkaufsanschlussbetriebe) bis zum vierten Quartal des Jahres 2003 mit Fahrrädern. Mit Beschluss des Amtsgerichts M. vom 1.12.2003 ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin eröffnet worden (Anlage B 2); vorläufige Anordnungen zur Sicherung der Insolvenzmasse - unter anderem ein Zustimmungsvorbehalt zu Gunsten des vorläufigen Insolvenzverwalters - waren bereits zuvor mit Beschluss vom 12.11.2003 getroffen worden (Anlage B 1).

Mit der Klägerin hatte die Insolvenzschuldnerin unter dem Datum vom 25.10.2001/30.10.2001 einen Factoring-Vertrag geschlossen (Anlage K 5), der unter anderem eine Verpflichtung der Insolvenzschuldnerin zum Angebot über den Forderungskauf für alle nach Abschluss des Factoring-Vertrages entstehenden Forderungen aus Warenlieferungen gegen die Abnehmer sowie eine aufschiebend bedingte Vorausabtretung zu Gunsten der Klägerin für die zum Kauf angebotenen Forderungen aus Warenlieferungen enthielt (§ 5 Factoring-Vertrag). Die Klägerin kaufte in der Folgezeit die fakturierten Forderungen der Insolvenzschuldnerin gegen die Beklagte an, unter anderem auch die in Anlage K 6 aufgelisteten Forderungen aus dem dritten und vierten Quartal 2003.

Durch einen dreiseitigen Vertrag zwischen der Klägerin, der Insolvenzschuldnerin und der für die Einkaufsanschlussbetriebe handelnden MGE vom 6.12.2001/ 11.12.2001/ 7.1.2002 (Anlage B 19) wurde unter anderem das bestehende Abtretungsverbot für Forderungen aus Warenlieferungen und Leistungen der Insolvenzschuldnerin im Verhältnis zur Klägerin aufgehoben. Darüber hinaus wurde vereinbart:

"... MGE und ihre Einkaufsanschlussbetriebe sind berechtigt, alle Gegenforderungen ohne Rücksicht auf die Gegenseitigkeit und ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt ihres Entstehens als auch ihres Überganges sowohl gegenüber dem Lieferanten als auch gegenüber der Bank als Gesamtschuldner aufzurechnen. §§ 406 ff. BGB sind abbedungen. ..."

Die Parteien haben im Wesentlichen darüber gestritten, in welchem Umfang die in Anlage K 6 aufgelisteten Rechnungsforderungen der Insolvenzschuldnerin als solche berechtigt sind und welche Konditionen hiervon abzuziehen sind;

ob die Klägerin wegen des im Einkaufsvertrag aus dem Jahre 1993 vereinbarten Abtretungsverbots/aktivlegitimiert ist;

ob der mit Wirkung zum 12.11.2003 bestellte vorläufige Insolvenzverwalter die Zustimmung zur Abtretung für die ab 12.11.2003 entstandenen Rechnungsforderungen der Insolvenzschuldnerin zu Gunsten der Klägerin erteilt hat;

ob ein Forderungserwerb der Klägerin für die in der Zeit ab 23.10.2003 bis 11.11.2003 entstandenen Rechnungsforderungen der Insolvenzschuldnerin anfechtbar ist;

und hilfsweise, ob die Beklagte gegenüber einem etwaigen Klageanspruch mit eigenen Gegenforderungen und mit Gegenforderungen von Dritten ohne Rücksicht auf die Gegenseitigkeit aufrechnen kann nach Maßgabe und Reihenfolge der in der Klageerwiderung vom 9.5.2005 (Seite 16 bis 17) aufgelisteten einzelnen Aufrechnungsforderungen (Blatt 66 bis 67 d.A.).

Die Klägerin hat nach Beweisaufnahme ihre ursprünglich weitergehende Klage mit Schriftsatz vom 12.4.2007 und nachfolgender Zustimmung der Beklagten im Schriftsatz vom 9.5.2007 (GA 327) teilweise zurückgenommen (GA 317).

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie - die Klägerin - 794.652,24 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszins seit dem 19.1.2004 zu zahlen,

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, an sie, die Klägerin, oder Herrn Rechtsanwalt Z. als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma S. GmbH, ......794.652,24 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 19.1.2004 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der Klägerin nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme aus abgetretenem Recht seitens der Insolvenzschuldnerin aus Warenlieferungen zwar Ansprüche in Höhe von 762.503,70 € zustehen. Diese Forderung sei jedoch aufgrund der seitens der Beklagten hilfsweise erklärten Aufrechnung mit Gegenforderungen nach Maßgabe der in der Klageerwiderung (S.16/17) benannten Reihenfolge und in dem dort genannten Umfang zu den Positionen 1 bis 3 (51.497--€ mit einer Korrektur nach Beweisaufnahme; 393.820,01 €; 528.618,96 in Höhe eines Teilbetrages) erloschen.

Hiergegen wenden sich (teilweise) beide Parteien mit ihren Berufungen und die Beklagte darüber hinaus mit ihrer später eingelegten Anschlussberufung.

Die Klägerin greift das Urteil nur teilweise an. Sie wendet sich insbesondere gegen die Aufrechung der Beklagten mit Ansprüchen anderer Konzerngesellschaften, d.h. gegen die Konzernverrechnungsklausel (Aufrechnungsposition 2). Ferner beanstandet sie die Reihenfolge der Aufrechnungen. Die Klägerin macht geltend, dass die Parteien im Laufe des Verfahrens eine bestimmte Aufrechnungsreihenfolge vereinbart hätten, die von der von der Beklagten in das Verfahren eingebrachten Reihenfolge abweiche. Das Landgericht habe diese Reihenfolge nicht unberücksichtigt lassen dürfen. Die Klägerin nimmt auf ihre Ausführungen im Schriftsatz vom 12.09.2007 (GA 351) Bezug. Schließlich wendet sich die Klägerin gegen die Aufrechnungsposition zu 3), welche die Aufrechnung mit der Abzugskondition "Parkgelder" in Höhe von 528.618,96 € betrifft (GA 66 B 19). Sie greift diesbezüglich die vom Landgericht vorgenommene Beweiswürdigung an.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie, die Klägerin, 706.840,93 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 19.01.2004 zu zahlen,

hilfsweise

die Beklagte zu verurteilen, an sie, die Klägerin, oder Herrn Rechtsanwalt Z. als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Fa. S. 706.840,93 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 19.01.2004 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt mit ihrer Berufung darüber hinaus,

unter teilweiser inhaltlicher Abänderung des vorbezeichneten Urteils die Klage abzuweisen (mit der Maßgabe, dass die Klageabweisung nicht wegen Verbrauchs der Klageforderung durch Aufrechnung erfolgt).

Mit ihrer später eingelegten Anschlussberufung (GA 466) beantragt die Beklagte,

hilfsweise das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit an das Landgericht Mainz zurückzuweisen.

Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung und ihrer Anschlussberufung gegen die Klageabweisung insoweit, als die Klägerin als aktivlegitimiert angesehen und damit in zu weitem Umfang Aufrechnungspositionen verbraucht worden sind. Die Beklagte rügt maßgeblich die Bestimmtheit der Klageforderung.

Die Klägerin beantragt ihrerseits,

die Anschlussberufung der Beklagten zurückzuweisen.

Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angegriffenen Urteil sowie die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).

II.

Die Berufungen der Klägerin und der Beklagten sind unbegründet. Die Anschlussberufung der Beklagten ist ebenfalls unbegründet.

1) Berufung der Klägerin

a) Mit der Berufung erstrebt die Klägerin, die Beklagte zu verurteilen, an sie 706.840,93 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19.04.2004 zu zahlen. Soweit das Landgericht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme von dem ursprünglichen Forderungsbetrag von 794.652,24 € einen Betrag von 31.184,54 € in Abzug gebracht hat, wird dies von der Berufung der Klägerin hingenommen und nicht angegriffen (GA 406).

b) Das Landgericht hat ferner einen Abzugsbetrag für vereinbarte Abzugskonditionen wie Bonus, Werbung und Entsorgung in Höhe von 48.800,24 € wegen erfolgter Aufrechnung abgezogen (Aufrechnungsposition 1 51.497,--€ mit Korrektur nach Beweisaufnahme). Das Landgericht hat die vereinbarten Abzugskonditionen mit 6,4 % ermittelt, der von dem offenen Gesamtbetrag von 762.503,70 € abzuziehen sei. Die Aufrechnungsposition 1) mit den vorgenommenen Kürzungen wird von der Klägerin mit der Berufung ebenfalls nicht angegriffen (GA 406). Ferner erachtet die Klägerin einen Abzug für die Position "spätere Vergütung" von 0,9 % aus 762.503,70 € in Höhe von 6.862,53 € für berechtigt.

Insgesamt ergibt sich danach zugunsten der Klägerin ein Forderungsbetrag von 706.840,93 €.

c) Die Klägerin greift die Aufrechnungsposition zu 2) mit einem Betrag von 393.820,01 € (0,9 % spätere Vergütung) an. Die Beklagte sei nicht berechtigt, mit Ansprüchen anderer Konzerngesellschaften aufzurechnen.

Die Klägerin wendet sich gegen die Reihenfolge der hilfsweise erklärten Aufrechnungen. Die Klägerin macht geltend, dass die Parteien im Laufe des Verfahrens eine bestimmte Aufrechnungsreihenfolge vereinbart haben, die von der von der Beklagten in das Verfahren eingebrachten Reihenfolge abweiche. Das Landgericht habe diese Reihenfolge nicht unberücksichtigt lassen dürfen. Die Klägerin nimmt auf ihre Ausführungen im Schriftsatz vom 12.09.2007 (GA 351) Bezug.

Der Angriff der Berufung verfängt nicht. Das Landgericht hat im Rahmen der hilfsweise erklärten Aufrechnung zu Recht auf die Reihenfolge der Aufrechnung abgestellt, wie sie in der Klageerwiderung (GA 66) vorgenommen worden ist. Entgegen der Auffassung der Berufung konnten die Parteien nachträglich keine andere Tilgungsbestimmung treffen. Im Hinblick auf die materiell-rechtliche Wirkung der Aufrechnung kann der Gläubiger nachträglich keine andere Tilgungsreihenfolge bestimmen (OLG Koblenz OLGR 2007, 949). Die Beklagte ist zwar mit Schriftsatz vom 13.09.2007 (GA 354) der Auffassung des Landgerichts entgegengetreten, dass durch eine einmal getroffene Bestimmung der Reihenfolge der zur Aufrechnung gestellten Forderungen die mit der Aufrechnung im Allgemeinen verbundene Gestaltungswirkung unabänderlich festgelegt sei. Dieser Standpunkt sei mit der allgemeinen Meinung nicht vereinbar, dass eine Prozessaufrechnung vor rechtskräftiger Entscheidung sogar zurückgenommen werden könne mit der Folge, dass damit auch die materiell-rechtliche Wirkung entfallen würde (BGH NJW-RR 1991, 156, 157). Wenn es aber möglich sei, eine Aufrechnungserklärung mit der zuvor geschilderten materiell-rechtlichen Wirkung zurückzunehmen, könne schwerlich angenommen werden, dass eine Umstellung der Reihenfolge nicht möglich sein sollte. Der Beklagte hat allerdings mit Schriftsatz vom 13.09.2007 (GA 355) anschließend dargelegt, dass im vorliegenden Verfahren an der in der Klageerwiderung näher bestimmten Reihenfolge der zur Aufrechnung gestellten Forderungen in dem Umfang festgehalten werden soll, wie sie sich aus der Klageerwiderung (GA 66) ergibt. Damit kann von einer nachträglich getroffenen einvernehmlichen Abweichung einer bereits zuvor erklärten Aufrechnungsreihenfolge nicht mehr die Rede sein.

Soweit die Berufung der Klägerin ausführt, dass nach der Rechtsprechung des BGH eine Änderung der Tilgungsbestimmung auch nachträglich, eine Änderung dieser Tilgungsbestimmungen durch einseitige Erklärung der Beklagten jedoch nicht ohne weiteres möglich sei, lässt sich diesbezüglich aus den in Bezug genommenen Entscheidungen - BGH Urteil vom 13.12.1990, NJW-RR 1991, 562, 565 und vom 6.11.1990, WM 1991, 195, 196 - nichts entnehmen. Die Entscheidung BGH WM 1991, 251 betrifft die Aufrechnungsmöglichkeiten im Konkurs, während hier die von der Klägerin erworbenen Forderungen im Rahmen einer Vorausabtretung nicht zur Insolvenzmasse gehören. Die Entscheidung BGH NJW-RR 1991, 562 betrifft die Behandlung von Einzelforderungen in einem Kontokorrent und ist mit der hiesigen Situation nicht vergleichbar. Da die Beklagte an ihrer hilfsweise erklärten Aufrechnung, wie in der Klageerwiderung ausgeführt, festhält, geht der Vortrag der Klägerin, die Beklagte könne nicht einseitig eine Änderung der Tilgungsbestimmung herbeiführen, an dem prozessualen Vorgehen der Beklagten vorbei.

d) Konzernverrechnungsklausel in der Insolvenz

Die Berufung vertritt die Auffassung, dass die Beklagte nicht berechtigt sei, mit Gegenansprüchen ihrer Schwestergesellschaften aufzurechnen. Derartige Konzernverrechnungsklauseln in der Insolvenz seien unzulässig. Nach der Rechtsprechung des BGH sei eine nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgegebene und auf eine Konzernverrechnungsklausel gestützte Aufrechnungserklärung mit Gegenforderungen anderer Konzerngesellschaften unter der Geltung der Insolvenzordnung unzulässig (BGHZ 160, 107, 109 f.; 81,, 15, BGH WM 1991, 251, 252; ZIP 1996, 552). Das Landgericht hat die Aufrechnungsbefugnis der Beklagten gegenüber der Klägerin sowohl auf eigene Gegenforderungen der Beklagten (Position 1, tw. 2 und 3) als auch auf Gegenforderungen der übrigen Einkaufsanschlussbetriebe gegen die Insolvenzschuldnerin (Teilbeträge Positionen 2 und 3) in Verbindung mit der dreiseitigen Vereinbarung vom Dezember 2001/Januar 2002 (Anlage B 19) gestützt. Ziel dieser Vereinbarung sei es gewesen, abweichend von der Regelung des § 406 BGB den Einkaufsanschlussbetrieben uneingeschränkt gegenüber der Klägerin und nicht der Insolvenzschuldnerin eine Aufrechungsmöglichkeit zu verschaffen. Dafür sei allerdings auch das Abtretungsverbot aufgehoben worden. Mit der vereinbarten Konzernverrechnungsklausel sei zugunsten der Einkaufsanschlussbetriebe das Erfordernis der Gegenseitigkeit abbedungen worden. Die Klausel ermögliche die Drittaufrechnung.

Die Berufung der Klägerin wendet sich ohne Erfolg gegen die Auslegung der dreiseitigen Vereinbarung (Anlage B 19).

Die Parteien streiten anknüpfend an die Senatsentscheidung - Urteil vom 1.7.2004 - 2 U 376/03 - und BGH IX ZR 152/04, NJW 2006, 3631 - im Kern über die Reichweite der Konzernverrechnungsklausel und um die Frage des Schutzbereichs der §§ 94 ff. InsO.

Mit dem Landgericht ist davon auszugehen, dass die Konzernverrechnungsklausel wirksam ist. Das Landgericht stellt zu Recht darauf ab, dass die Vorschriften der §§ 95 ff. InsO dem nicht entgegenstehen, weil die von der Klägerin mittels Abtretung erworbenen streitgegenständlichen Rechnungsforderungen nicht zur Insolvenzmasse gehören und für die Rechnungsforderungen folglich auch kein Bedürfnis zum Schutz der Insolvenzmasse besteht. Die Klägerin macht als Zessionarin Ansprüche außerhalb des Insolvenzverfahrens geltend. Die Klägerin fällt nicht in den Schutzbereich der insolvenzrechtlichen Bestimmungen.

Die bisher zu dieser Thematik ergangenen Entscheidungen des BGH (NJW 2006, 3631, BGHZ 160, 107, 109 f.; 81, 15 etc.) bezogen sich auf eine AGB-rechtliche Betrachtung der Konzernverrechnungsklausel. Der BGH hat hierzu im Wesentlichen ausgeführt, dass eine nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgegebene und auf eine Konzernverrechnungsklausel gestützte Aufrechnungserklärung mit Gegenforderungen anderer Konzerngesellschaften auch unter Geltung der Insolvenzordnung unwirksam sei. § 94 InsO bezwecke eine bereits bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegebene Aufrechnungslage zu erhalten. Diese entstehe jedoch erst, wenn zwei Forderungen einander aufrechenbar gegenübertreten. Dies sei bei einer auf eine Konzernverrechnungsklausel gestützten Aufrechung nicht der Fall, solange die Aufrechnung nicht erklärt worden sei. Es bestehe kein Grundsatz der Insolvenzfestigkeit der Konzernverrechnungsklausel. Denn die daraus folgende Ausweitung der Aufrechnungsmöglichkeiten führe zu einer Schmälerung der Insolvenzmasse und widerspreche dem erklärten Ziel der Insolvenzordnung, die Masse im Interesse der Gläubigergleichbehandlung zusammenzuhalten (BGH NJW 2006, 3631).

Vorliegend führt die Konzernverrechnungsklausel in der dreiseitigen Vereinbarung vom 6.12.20001/ 11.12.2001/ 7.1.2002 (Anlage B 19), die als Korrelat mit der Aufhebung eines Abtretungsverbots einhergeht, gerade nicht zu einer Schmälerung der Insolvenzmasse, da aufgrund des Factoring-Vertrages vom 25.10.2001/ 30.10.2001 (Anlage K 5) eine Vorausabtretung der Forderungen aus Warenlieferungen verbunden war.

Soweit die Berufung argumentiert, die Vorschriften der §§ 94, 95 Abs. 1 S. 3 InsO, 96 dienten nicht nur dem Schutz der Insolvenzmasse, sondern seien Ausdruck eines materiellen Gerechtigkeitsgedankens und Gleichbehandlungsgedankens ,der über den Schutz der Insolvenzmasse als solcher hinausgehe, vermag der Senat dieser Auffassung nicht zu folgen. Die Klägerin sieht sich als Zessionarin der Forderungen aus den Warenlieferung zwar der Konzernverrechnungsklausel ausgesetzt, hat aber andererseits durch Aufhebung des Abtretungsverbots und die erfolgte Vorausabtretung der Forderungen eine günstigere Position als die sonstigen Insolvenzgläubiger nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin. Die Unwirksamkeit bzw. Nichtanwendbarkeit der Konzernverrechnungsklausel nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens würde sie gegenüber den anderen Insolvenzgläubigern bzw. der Beklagten und deren Tochtergesellschaften begünstigen, ohne dass dies aus dem Schutzgedanken, die Insolvenzmasse nicht zu schmälern, gerechtfertigt wäre.

Entgegen der Auffassung der Berufung (GA 414) ist die dreiseitige Vereinbarung vom 6.12.20001/11.12.2001/7.1.2002 (Anlage B 19) nicht durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen die Insolvenzschuldnerin beendet worden.

e) Das Landgericht hat auch zu Recht der Beklagten die Aufrechungsposition "Parkgelder" (GA 66) mit einem Betrag von 528.618,96 € zugesprochen. Diese Abzugskondition betrifft den Jahresumsatz im Jahre 2003 für bestimmte (vereinbarte) Fahrradmodelle bei fünf Einkaufsanschlussbetrieben (Vertriebslinien). Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme, gestützt auf die Bekundungen der Zeugen K. und P., die Vereinbarung eines "Parkgeldes" in dem beschriebenen Umfang gesehen.

Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme ist davon auszugehen, dass über die im Konditionsvertrag vom 4.12.2002 (Anlage K 2) festgelegten Konditionen hinaus zwischen der für die Einkaufsanschlussbetriebe handelnden MGE und der Insolvenzschuldnerin vor Beginn der Lieferungen des Jahres 2003 - spätestens aufgrund der E-Mails vom 13.1.2003/14.1.2003 - für bestimmte Fahrradmodelle und für fünf Vertriebslinien (Einkaufsanschlussbetriebe) ein Parkgeld vereinbart worden ist. Diesbezüglich hat bereits für das Jahr 2002 eine entsprechende Vereinbarung bestanden. Aufgrund dieser Vereinbarung ist das jeweils festgelegte Parkgeld für die betreffenden Modelle im Verkaufspreis der Insolvenzschuldnerin (als Aufschlag zum regulären Preis) eingepreist worden und es war am Jahresende wieder seitens der Insolvenzschuldnerin zurückzuerstatten. Für das Jahr 2002 ist nach den Bekundungen des Zeugen K. eine Nettovergütung von 295.149,00 € und für das Jahr 2003 eine Nettovergütung von 455.705,50 € abgerechnet worden (GA 252 bis 253 mit Anlage 1 und Anlage 2). Die von der Insolvenzschuldnerin zurückzuerstattende Nettovergütung für das Jahr 2003 setzt sich nach den Angaben des Zeugen K. wie folgt zusammen:

 Beklagte: 185.327,00 €
C. 36.207,00 €
E. 23.232,00 €
E. Verbrauchermärkte: 39.023,50 €
P,-Märkte: 172.006,00 €
zusammen: 455.705,50 € netto bzw. 528.618,96 € brutto

Die Berufung der Klägerin wendet sich ohne Erfolg gegen die vom Landgericht vorgenommene Beweiswürdigung.

Das Landgericht hat nachvollziehbar dargelegt, dass der Zeuge K. im maßgebenden Zeitpunkt der Vereinbarung Sachbearbeiter bei der MGE (heute MGB) war. Der Zeuge K. hat darüber hinaus die zeitnah gewechselten E-Mails vom 13.1.2003/14.1.2003 vorgelegt (GA 252 mit Anlage 2) und deren inhaltliche Richtigkeit bestätigt. Die von der Vereinbarung betroffenen Modelle, die Höhe der jeweiligen Parkgelder sowie die daraus folgende Gesamtabrechnung hat der Zeuge K. anhand der Geschäftsunterlagen der MGE ermittelt und seiner schriftlichen Aussage beigefügt.

Aufgrund der Bekundungen des Zeugen K. und der Zeugin P., seinerzeit Sachbearbeiterin bei der Insolvenzschuldnerin, steht fest, dass bereits für das vorausgegangene Jahr 2002 zum Jahresende des Jahres 2002 eine Abrechnung über Parkgelder erstellt worden war und nachfolgend eine Rückerstattung seitens der Insolvenzschuldnerin im Jahr 2003 - möglicherweise mittels Verrechnung - erfolgt ist. Die maßgebende Vereinbarung für das Jahr 2003 ist auch schriftlich dokumentiert, denn der Zeuge hat einen Ausdruck der E-Mails vom 13./14.1.2003 vorgelegt (§§ 126 Abs. 3, 127 BGB) und deren Richtigkeit bestätigt.

Der Senat geht mit dem Landgericht davon aus, dass die von den beiden Zeugen als Sachbearbeitern bestätigte Vereinbarung für die Jahre 2002 und 2003 nicht ohne Wissen und Wollen der gesetzlichen Vertreter der MGB und der Insolvenzschuldnerin getroffen und vollzogen worden ist. Soweit die Berufung der Klägerin vorträgt (GA 415, 417), es sei wenig überzeugend, dass die Vereinbarung über Parkgelder auf Sachbearbeiterebene, während die Konditionsvereinbarung vom 4.12.2002 (K 2) auf Geschäftsleitungsebene getroffen worden sei, vermag der Senat dieser Auffassung nicht zu folgen. Die Abrechnung für Parkgelder ist für 2 Jahre gelaufen und in die Bilanzen eingestellt worden, ohne dass die Geschäftsleitung des Lieferanten interveniert hätte. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Geschäftsleitung der Insolvenzschuldnerin diesen Vorgang gebilligt und hingenommen hat. Soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 30.10.2008 darauf hingewiesen hat, dass die Klägerin hiervon nicht in dem erforderlichen Umfang unterrichtet worden sei, ist dies unerheblich, denn dies betrifft ausschließlich das Verhältnis zwischen der Insolvenzschuldnerin als Zedentin der Forderungen aus Warenlieferungen und der Klägerin als Zessionarin, nicht aber das Verhältnis zur Beklagten. Möglicherweise hat die Klägerin "überteuerte Forderungen" von der Insolvenzschuldnerin angekauft (zu GA 418). Entgegen der Auffassung der Berufung kann der Beklagten kein rechtsmissbräuchliches Verhalten vorgeworfen werden, weil sie von dem Bestehen des Factoringvertrages Kenntnis hatte und die Forderungen der Insolvenzschuldnerin, welche an die Klägerin verkauft und abgetreten waren, möglicherweise zu hoch waren.

Soweit die Klägerin erstmals im Schriftsatz vom 21.8.2007 - nach der letzten mündlichen Verhandlung - bestritten hat, dass die Geschäftsführung der Insolvenzschuldnerin Kenntnis von der Parkgeldvereinbarung hatte, hat das Landgericht zu Recht dieses Vorbringen, dem die Beklagte im Schriftsatz vom 13.9.2007 unter Benennung des Zeugen B. (Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin) entgegengetreten ist, als verspätet betrachtet. Das Landgericht hat den Parteien nach Eingang der schriftlichen Aussagen mit Beschluss vom 15.1.2007 (GA 292 ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Die Berufung der Klägerin hat die Zurückweisung dieses Vorbringens als verspätet nicht angegriffen.

Die noch verbleibende Forderung der Klägerin in Höhe von 706.840,93 € ist durch die hilfsweise erklärte Aufrechnung mit den Aufrechnungspositionen 2 in Höhe von 393.820,01 € und Aufrechnungsposition 3 in Höhe von 313.020,92 € (Teilbetrag aus 528.618,96 €) erloschen.

f) Der Hilfsantrag der Berufung der Klägerin, die Beklagte zu verurteilen, an sie oder den Insolvenzverwalter den Betrag von 706.840,93 EUR nebst Zinsen zu zahlen, ist ebenfalls unbegründet. Die Forderung ist, wie ausgeführt, durch Aufrechnung erloschen.

Die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts ist aus den dargelegten Gründen zurückzuweisen.

2) Berufung der Beklagten

Mit der Berufung wendet sich die Beklagte gegen die Klageabweisung insoweit, als die Klägerin als aktivlegitimiert und damit in zu weitem Umfange Aufrechnungspositionen verbraucht worden sind.

a) Bestimmtheit der Klageforderung

Das Landgericht hat die Klägerin aufgrund der dreiseitigen Vereinbarung vom Dezember 2001/Januar 2002 (B 19) als aktivilegitimiert angesehen. Es hat die Forderungen, gestützt auf die Anlage K 6, für die Zeit vor dem 12.11.2003, d.h. Forderungen vor der Insolvenzeröffnung der Insolvenzschuldnerin, als bestimmt angesehen und dabei auf die Aussage des Zeugen Z. und K. Bezug genommen. Das Landgericht hat ferner auf die Anlage B 3, GA 172, B 4, B 5 abgestellt.

Die Berufung greift diese Ausführungen an und meint, die Forderung von 762.503,70 € sei zu unbestimmt. Es lasse sich nach Teilrücknahme der Forderung keine Bestimmbarkeit mehr feststellen, dies erschließe sich auch nicht unter Zuhilfenahme des Zeugen Z. und der Anlage B 3. Es fehle an einer Zuordnung der vom Landgericht als berechtigt angesehenen Abzugspositionen. Es handele sich nicht um einen offenen Saldo aus Warenlieferungen, sondern um eine Summe von Einzelforderungen. Die Berufung der Beklagten argumentiert, dass der ursprüngliche Klageantrag Forderungen in einer Gesamthöhe von 966.865,17 € zum Gegenstand gehabt haben. Zur Begründung dieser Forderungshöhe habe die Klägerin die Anlage K 6 zur Gerichtsakte gereicht, die mit einem "Gesamtaußenstand real" von 1.027.486,93 € geendet habe (Seite 13 der Anlage K 6). Die Klägerin sei selbst nicht von einem Saldo als Klageforderung (Klageschrift GA 6), sondern davon ausgegangen, dass die Klageforderung sich aus den in Anlage K 6 aufgeführten Rechnungen zusammensetze. Die Klägerin selbst habe dann zunächst Abzüge vorgenommen, allerdings dabei fälschlich Salden als Ausgangspunkt der Abzüge zugrunde gelegt, während nach den zugrunde liegenden Vereinbarungen der Parteien der jeweilige Rechnungsbetrag um die Abzugskonditionen zu bereinigen gewesen sei. Unter weiterem Abzug einer Garantiepauschale von 1,3 % sei die Klägerin sodann auf den ursprünglichen Klageforderungsbetrag gekommen. Hier möge man im Ausgangspunkt die Bestimmtheit dieses Betrages noch annehmen können, wenn man - entgegen dem Willen der Klägerin - jede Einzelposition um die von der Klägerin angesetzten Prozentzahlen kürze.

Unbestimmt sei der Klageantrag jedoch durch die danach erfolgte Teilklagerücknahme auf den zuletzt in der ersten Instanz geltend gemachten Teilbetrag von 794.652,24 € geworden, denn es sei nunmehr nicht mehr erkennbar, welche einzelne Forderung diesem Betrag zugrunde gelegen hätten oder mit welchem Teilbetrag er nach Reduzierung um Abzugsposten, die auch das Landgericht vorgenommen hat, geltend gemacht werde. Diese Bestimmtheit oder zumindest Bestimmbarkeit der Klageforderung im Sinn einer sicheren Vollstreckbarkeit lasse sich auch nicht unter Zuhilfenahme der Zeugenaussage Z. oder der von der Beklagten selbst eingereichten Anlage B 3 herbeiführen, denn auch insoweit fehle es an der Zuordnung der vom Landgericht als berechtigt angesehenen Abzugspositionen zu einzelnen Teilforderungen.

Der Senat hat angesichts des sehr komplexen Verfahrens und Abrechnungsverfahrens zwischen der Beklagten und der Insolvenzschuldnerin keine Bedenken, dass das Landgericht die Zeugen Z. und K. zur Erläuterung der Rechnungen vom 12.11.2003, zur Frage der Belastungsanzeigen, Gutschriften und Sicherheitseingehalten befragt und gestützt auf diese Angaben den offenen Saldo aus den Warenlieferungen mit 762.503,70 € ermittelt hat. Die Forderung, soweit sie sich in der Beweisaufnahme als sachlich richtig herausgestellt hat, war hinreichend bestimmt.

b) Die Beklagte rügt mit ihrer Berufung ohne Erfolg die fehlende Aktivlegitimation, auch für solche Rechnungen, die vor dem 12.11.2003 (Anordnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens durch Beschluss des AG M. vom 12.11.2003, B 1) datieren. Nach der im Factoring-Vertrag zugrunde gelegten Erwerbskonstruktion (K 5 , §§ 1 und 2, § 5) sei die physische Übermittlung der Rechnungen an die Klägerin erforderlich, um überhaupt einen Ankauf der Forderungen und damit die Kondiktionsfähigkeit des Erwerbs zu begründen. In der physischen Übermittlung der Rechnungen habe das Angebot zum Abschluss des Kaufvertrages gelegen. Die Vorausabtretung in § 5 Abs. 1 des Factoring-Vertrages habe unter der aufschiebenden Bedingung des Zustandekommens eines Forderungsankaufs gestanden. Es sei nicht sicher gestellt, dass die vor dem 12.11.2003 datierenden Rechnungen faktisch der Klägerin übermittelt worden seien.

Der Angriff der Berufung geht fehl. Die Klägerin macht zunächst keine Rechnungen geltend, die nach der Anordnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens (ab 12.11.2003) datieren und die vom Insolvenzverwalter in Anspruch genommen werden. Es genügt nach Auffassung des Senats nicht, dass die Beklagte pauschal die Übersendung von Rechnungen von der späteren Insolvenzschuldnerin an die Klägerin beanstandet, die zeitlich vor der Anordnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens liegen, ohne darzulegen auf welche Rechnungen sich der Angriff konkret bezieht. Die Beklagte hat erstinstanzlich zudem das Factoring-Verfahren selbst und die Berechtigung der Klägerin dem Grunde nach hinsichtlich des Forderungsankaufs vor dem Tag der Anordnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens nicht in Abrede gestellt, so dass sich das jetzige Bestreiten als verspätet im Sinne von § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO erweist. Im Übrigen hat der Senat keine Zweifel, dass die Klägerin, die sich der Forderungen der Insolvenzschuldnerin, die vor der Anordnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens datieren, berühmt, tatsächlich auch im Besitz der betreffenden Rechnungen ist.

c) Die Berufung der Beklagten beanstandet zwar, dass das Landgericht auf die nach Klageerwiderung vorgenommene Umstellung der hilfsweise erklärten Aufrechnung nicht eingegangen ist. Diesbezüglich kann auf die Ausführungen zu II 1) c) verwiesen werden. Die Beklagte hält, wie auch die Klägerin, an ihrer Rechtsauffassung fest, dass eine nachträgliche Änderung der Aufrechnungsreihenfolge möglich ist. Die Beklagte hat im Berufungsverfahren allerdings auch ausgeführt, dass die Aufrechnungsforderungen gemäß ihrer Berufung und nach Maßgabe der Reihenfolge in der Klageerwiderung (GA66) nur unter der Rechtsbedingung umgestellt werden sollen, wenn der Senat die Konzerverrechnungsklausel für unzulässig erachten sollte (GA 429). Der Senat erachtet die Konzernverrechnungsklausel jedoch, wie ausgeführt, für zulässig, so dass es bei der hilfsweisen erklärten Aufrechung der Beklagten, wie in der Klageerwiderung vorgenommen, verbleibt. Es ist demnach nicht auf die Gegenforderung der Beklagten in Höhe von 674.723,08 €, wie aus der Tabelle GA 430 und den dort gemachten Ausführungen ersichtlich, abzustellen. Der diesbezügliche weiter gestellte Hilfsantrag bezüglich der Konzernverrechnung mit den Forderungen der Fa. C, der P.-Gruppe, der Fa. S. C . und der Fa. E. stellt sich nicht, da der Senat die Konzernverrechnungsklausel für wirksam erachtet.

Die Berufung der Beklagten war aus den dargelegten Gründen zurückzuweisen. 3) Anschlussberufung der Beklagten

Mit ihrer fristgerecht eingelegten Anschlussberufung (GA 457, 466, § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO) beantragt die Beklagte ergänzend und hilfsweise für den Fall, dass ihrem Berufungsanliegen nicht Rechnung getragen wird, die Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Die Anschlussberufung der Beklagten will einen schweren Verfahrensfehler darin sehen, dass die Umstellung hinsichtlich der Reihenfolge der hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Forderungen - spätestens durch Parteivereinbarung - vom Landgericht nicht beachtet worden sei (GA 467). Entgegen der Auffassung der Beklagten ist ein schwerer Verfahrensfehler, der zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückweisung der Berufung gemäß § 538 Abs.2 Nr. 1 ZPO führen könnte, nicht ersichtlich. Bei der Frage, ob nach hilfsweise erklärter Aufrechnung nachträglich noch eine Änderung der Reihenfolge der zur Aufrechnung gestellten Positionen möglich ist, handelt es sich um eine materiell-rechtliche und nicht um eine verfahrensrechtliche Frage. Zudem ist die Beklagte, wie ausgeführt, mit Schriftsatz vom 13.09.2007 (GA 354 f.) zur alten Reihenfolge der hilfsweise erklärten Aufrechnung, wie in der Klageerwiderung (GA 66) vorgenommen, zurückgehrt. Unerheblich ist dabei, dass sie dies nur unter Aufrechterhaltung ihres bisherigen Rechtsstandpunktes getan hat. Jedenfalls ist darin kein schwerer Verfahrensfehler zu sehen.

Die Anschlussberufung ist aus den dargelegten Gründen zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren folgt aus § 92 Abs. 2, 97 Abs. 1 ZPO. Hinsichtlich der Kostenentscheidung der ersten Instanz wird auf §§ 92 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 45 Abs. 3 GKG, 269 Abs. 3 ZPO Bezug genommen (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 145 Rn. 27).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird im Hinblick auf die Problematik der Konzernverrechnungsklausel und die Frage, ob eine Aufrechnung gegen Forderungen zulässig ist, die vor Anordnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens entstanden sind und die Insolvenzmasse nicht betreffen, zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.470.344,63--€ (706.840,93 € Berufung Klägerin, 762.503,70 € Berufung Beklagte, 1.000,--€ Anschlussberufung Beklagte festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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