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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 30.11.2006
Aktenzeichen: 2 U 1522/05
Rechtsgebiete: VVG, HGB, CMR, BGB, ZPO


Vorschriften:

VVG § 67
HGB § 425 Abs. 2
HGB § 435
HGB § 449
HGB § 449 Abs. 2
CMR Art. 29
BGB §§ 305 ff.
ZPO § 287
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 2 U 1522/05

Verkündet am 30. November 2006

in dem Rechtsstreit

Der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Henrich, die Richterin am Oberlandesgericht Au und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Reinert auf die mündliche Verhandlung vom 9. November 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Bad Kreuznach - Kammer für Handelssachen - vom 22. September 2005 unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, 3.700,17 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07. September 2004 an die Klägerin zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt 1/3, die Beklagte 2/3 der Kosten beider Rechtszüge.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Klägerin macht als Transportversicherer der R. AG mit Sitz in I. aus übergegangenem Recht Schadensersatz wegen teilweisen Verlustes einer Transportsendung geltend. Die R. AG hatte die Beklagte am 18.09.2003 mit der Beförderung einer Sendung im Gewicht von 1 Kg an ihre Niederlassung in Antwerpen in Belgien beauftragt. Die Klägerin hat vorgetragen, die Beklagte habe die Sendung in einwandfreiem Zustand übernommen. Das Paket habe Schmuckstücke, wie aus den Anlagen K 4 bis K 7 (GA 12-17) ersichtlich, enthalten. Bei der Ankunft in Antwerpen hätten Schmuckstücke im Wert von 5.550,25 € (vgl. Aufstellung GA 3) gefehlt. Die Beklagte hafte aufgrund qualifizierten Verschuldens ihrer Mitarbeiter.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 5.550,25 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, sie bestreite die Aktivlegitimation der Klägerin, den von der Klägerin behaupteten Inhalt der Pakete und den Wert der Schmuckstücke. Sie hafte wegen eines Beförderungsausschlusses in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht. Es bestehe jedenfalls eine Haftungsbegrenzung von 510,--€. Zumindest treffe die Versicherungsnehmerin der Klägerin ein Mitverschulden, da sie keinen Haftungswert angegeben habe. Wertpakete würden unter besonderen Kontrollmaßnahmen befördert.

Das Landgericht hat nach Beweiserhebung durch Vernehmung der Zeuginnen K. und P. die Beklagte antragsgemäß verurteilt, an die Klägerin 5.550,25€ nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.3.2004 zu zahlen. Das Landgericht hat die Aktivlegitimation der Klägerin angenommen. Es sei davon überzeugt, dass die Klägerin Transportversicherer der R. AG sei und damit Ansprüche der R. AG an die Klägerin gemäß § 67 VVG übergegangen seien. Das Gericht schließe ferner aus, dass ein Vertreter ohne Vertretungsmacht die Abtretungserklärung (GA 27) unterzeichnet habe. Die Klägerin sei aus abgetretenem Recht aktivlegitimiert. Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme sei das Gericht der sicheren Überzeugung, dass die Zeugin K., Mitarbeiterin der R. AG, die Edelsteine, wie in den Urkunden (GA 12-17) aufgeführt, in einem verschlossenen Paket an die Beklagte zum Versand an ihre Niederlassung in Belgien übergeben habe. Das Gericht sei ferner der sicheren Überzeugung, dass das Paket während des Transports geöffnet worden sei und eine unbefugte Person einen Teil der eingepackten Schmuckstücke und Edelsteine entnommen habe. Dies folge aus der glaubhaften Aussage der Zeugin P.. Auf den Haftungsausschluss könne die Beklagte sich aufgrund der Haftung wegen qualifizierten Verschuldens nicht berufen. Der Beförderungsausschluss sei unwirksam. Auch ein Mitverschulden ihrer Versicherungsnehmerin müsse sich die Klägerin nicht anrechnen lassen. Es fehle an der notwendigen Kausalität, da nach dem Vortrag der Beklagten die Wertpakete zusammen mit Standardsendungen verschickt würden. Die Forderung sei auch der Höhe nach berechtigt.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Sie wiederholt im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Das Landgericht habe übersehen, dass gemäß Ziffer 2 der Beförderungsbedingungen (Anlage B 6) eine Massenbeförderung ohne Kontrolle des Transportweges wirksam vereinbart worden sei. Vor diesem Hintergrund könne nicht von einem vorsätzlichen oder Leichtfertigen Verhalten der Beklagten im Sinne des § 435 HGB bzw. Art. 29 CMR ausgegangen werden, so dass die gesetzlichen (§ 431 HGB bzw. Art. 23 Abs. 3 CMR) bzw. vertraglichen (Ziffer 9 der Beförderungsbedingungen) Haftungsbegrenzungen griffen. Außerdem habe das Landgericht übersehen, dass ein Beförderungsausschluss für die angeblichen Waren bestehe. Die Beklagte beantragt nunmehr,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung gegen das angefochtene Urteil zurückzuweisen.

Die Klägerin trägt vor, das Landgericht habe zu Recht der Klage entsprochen. Sie mache sich den Tatbestand und die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung vollumfänglich zu Eigen. Ihre Aktivlegitimation sei durch Abtretungserklärung belegt. Der Inhalt der Sendungen sei durch das Ergebnis der Beweisaufnahme bewiesen. Die Beförderungsbedingungen seien nicht wirksam vereinbart worden. Ein Haftungsausschluss bestehe nicht, da der Beklagten ein grobes Organisationsverschulden anzulasten sei.

Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angegriffenen Urteil sowie die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).

II.

Die Berufung ist zum Teil begründet.

Der Klägerin steht ein Anspruch aus Art. 17, 29 CMR gegen die Beklagte zu. Das Landgericht hat zu Recht die Aktivlegitimation der Klägerin angenommen. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin aus übergegangenem Recht Ansprüche gemäß §§ 67 VVG gegen die Beklagte geltend machen kann. Die Beklagte hat bestritten, dass die Klägerin alleiniger Transportversicherer der R. AG sei. Der Anspruch ergibt sich jedenfalls aufgrund abgetretenen Rechts der Fa. R., die mit Abtretungserklärung vom 15.07.2004 (Anlage K 17, GA 27) Ansprüche aus dem Schadensfall an die Klägerin abgetreten hat. Aus dem Vortrag der Klägerin ergibt sich, dass diese die Abtretung angenommen hat. Soweit die Beklagte die Vertretungsbefugnis des Unterzeichners der Abtretung bestritten hat, erfolgte dies ersichtlich ins Blaue hinein. Überdies läge in der Übersendung der Unterlagen eine konkludente Genehmigung.

Der Senat ist aufgrund der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme (Protokoll 30.6.2005, GA 109) auch davon überzeugt, dass die Zeugin K., Mitarbeiterin der R. AG, die Edelsteine, wie in den Urkunden GA 12-17 aufgeführt, in einem verschlossenen Paket an die Beklagte zum Versand an ihre Niederlassung in Belgien übergeben hat und sich in dem Paket Edelsteine und Schmuckstücke befunden haben. Die Kammer hat dabei auf die Bekundungen der Zeugin in dem Parallelverfahren (5 O 140/04) Bezug genommen.

Die Berufung wendet sich auch ohne Erfolg gegen die vom Landgericht vorgenommene Beweiswürdigung hinsichtlich des Verlustes dieser Schmuckstücke und Edelsteine während des Transportes. Aufgrund der Bekundungen der Zeugin P. steht auch zur Überzeugung des Senats fest, dass das Paket während des Transports geöffnet worden war und eine unbefugte Person einen Teil der eingepackten Schmuckstücke und Edelsteine entnommen hatte. Die Zeugin P. hat angegeben, dass sie bei genauerer Betrachtung des Pakets festgestellt habe, dass das Paketband, mit dem das Paket ursprünglich verschlossen gewesen sei, mit einem scharfen Gegenstand durchschnitten und das dieses Paketband mit einem Klebestreifen überklebt worden sei.

Die Berufung hat keinen Erfolg, soweit sie einwendet, es sei zwischen der Versicherungsnehmerin der Klägerin und der Beklagten kein wirksamer Beförderungsvertrag zustande gekommen.

Soweit die Beklagte unter Bezugnahme auf Ziffer 3 a (ii) ihrer Beförderungsbedingungen (Anlage B 1, GA 38) sich nicht nur auf einen Haftungs-, sondern auch auf einen Beförderungsausschluss stützt, vermag der Senat dieser Ansicht nicht zu folgen. Ein etwaiger Verstoß gegen die Deklarationspflicht oder das Überschreiten von Wertgrenzen der Sendung macht den Beförderungsvertrag nicht nichtig. Auch der BGH geht in seiner Entscheidung (Postfall) vom 30.3.2006 (I ZR 123/03) TranportR 2006, 254, davon aus, dass eine Ausschlussklausel keine Auswirkungen auf Zustandekommen des Vertrages hat.

Die Beklagte kann sich auch nicht erfolgreich auf eine vereinbarte Haftungsbegrenzung bzw. entsprechende Höchstbeträge berufen. Ziffer 9.2 der Beförderungsbedingungen (Anlage B 1, GA 38) sieht zwar eine Haftungshöchstgrenze von 510,--€ vor. Diese Haftungsbegrenzung greift jedoch nicht bei vorsätzlichem oder Leichtfertigen Verhalten der Beklagten (Art. 29 CMR). Das Landgericht ist vorliegend zu Recht von einem qualifizierten Verschulden ausgegangen. Die Haftungsbegrenzungen nach Art. 23 Abs. 3 CMR greifen nicht, da nach ständiger Rechtsprechung mangels Darlegungen zum Sendungsverlauf und ihrer Schnittstellenkontrollen zur Vermeidung von Sendungsschäden - d.h. mangels Erfüllung ihrer Darlegungs- und Beweislast - ihre leichtfertige Schadensverursachung vermutet wird und die Beklagte nach Art. 29 CMR vollumfänglich haftet. Der Vorwurf der leichtfertigen Schadensverursachung folgt dabei aus dem ungeklärten Sendungsverlust.

Entgegen der Auffassung der Beklagten muss sich der Auftraggeber vorliegend nicht entgegenhalten lassen, es sei mit ihr ein geringerer Sorgfaltsmaßstab vereinbart gewesen, die Klägerin habe gewusst, dass keine Schnittstellenkontrolle bei der Sammelbeförderung bestanden habe und die Klägerin habe auf eine Schnittstellenkontrolle verzichtet. Bei Wunsch einer weitergehenden Kontrolle hätte sie den Beförderungsweg "Wertpaket" wählen müssen. Es handelt sich bei dem Verzicht auf eine Schnittstellenkontrolle nicht um eine allgemeine Leistungsbeschreibung, die nicht der Kontrolle der §§ 305 ff. BGB unterliegt. Leistungsbeschreibungen sind nur solche Bestimmungen, die Art, Umfang und Güte der geschuldeten Leistung festlegen. Klauseln, die das Hauptleistungsversprechen einschränken, ausgestalten oder modifizieren, sind hingegen inhaltlich zu kontrollieren. Die in den Beförderungsbedingungen unter Ziffer 2) "Serviceumfang" genannten Einschränkungen unterliegen der vollen Kontrolle. Die Vereinbarung eines Verzichts auf Schnittstellenkontrollen ist der Beklagten in ihren Beförderungsbedingungen verwehrt. § 449 Abs. 2 HGB verlangt bei gewerblichen Versendern einen derartigen Verzicht auf Kontrollen bei der Paketbeförderung nur durch eine qualifizierte Individualvereinbarung, nicht jedoch in den allgemeinen Geschäftsbedingungen (OLG Karlsruhe OLGR 2006, 438; BGH TransportR 2002, 306 ff.).

Es handelt sich vorliegend auch nicht um briefähnliche Sendungen im Sinne von § 449 HGB, bei denen auch durch AGB's unter bestimmten Voraussetzungen weitergehende Haftungsbeschränkungen möglich sind.

Allerdings muss sich die Klägerin entgegenhalten lassen, dass sie die Ware entgegen Ziffer 9.2. und 9.4 der Beförderungsbedingungen nicht ordnungsgemäß deklariert hat. Die Regelungen sehen im Zusammenspiel vor, dass bei Sendungen, die den Wert von 510,--€ übersteigen, der höhere Wert der Sendung auf dem Frachtbrief zu deklarieren ist.

Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 13.07.2006 - I ZR 245/03, BB 2006, 2324; Urteil vom 30.3.2006 I ZR 123/03 TransportR 2006, 254; BGH Urteil vom 8.5.2003 - I ZR 234/02 -TransportR 2003, 317, 318) muss sich der Absender ein Mitverschulden anrechnen lassen, wenn er gegen seine Deklarationspflicht verstößt. Der Absender kann danach in einen § 425 Abs. 2 HGB beachtlichen Selbstwiderspruch geraten, wenn er trotz Kenntnis, dass der Frachtführer die Sendung bei zutreffender Wertangabe mit größerer Sorgfalt behandelt, von einer Wertdeklaration absieht und gleichwohl vollen Schadensersatz verlangt (BGH 149, 337, 353; BGH TransportR 2006, 254; TransportR 2003, 317, 318). Die Gewichtung der einzelnen Verursachungsbeiträge obliegt dem Tatrichter (BGHZ 149, 337, 355; BGH BB 2006, 2324). Dies kann in bestimmten Fallgestaltungen auch zu einem vollständigen Haftungsausschluss des Frachtführers führen.

Die Beklagte hat hierzu dezidiert vorgetragen und dargelegt, dass für den Bereich des Inlandstransports bei Wertpaketen mit einer Wertdeklaration von mehr als 2.500 € besondere Kontrollmaßnahmen durchgeführt werden. Danach werden diese Wertpakete im Abholfahrzeug vom Abholfahrer gesondert von den Standardsendungen gelagert. Zusammen mit Standardsendungen werden die Wertpakete zu den nächstgelegenen Abholcentern der Beklagten transportiert. Wertpakete werden dort einzeln ausgesondert und separat dem zuständigen Einsatzleiter des Abholcenters übergeben. Dieser vergleicht die Adressinformation und Kontrollnummern auf der Versanddokumentation mit den Angaben auf dem Wertpaket. Wenn die Eingaben übereinstimmen, zeichnet der Einsatzleiter den Empfang des Wertpakets auf dem Absenderbeleg ab und lässt sodann per Telefax ein sog. Presheet versenden, mit dem der Versand des Wertpakets und das geplante Zustelldatum dem zuständigen Zustellcenter angekündigt werden. Anschließend erhalten die Wertpakete im Abholcenter einen sog. Origin Scan, durch den die Kontrollnummer des Pakets EDV-mäßig erfasst wird. Diese Daten werden zentral gespeichert. Wertpakete werden sodann nach den Bestimmungsorten über eine Bandanlage sortiert und zusammen mit den Standardsendungen unter Aufsicht des zuständigen Einsatzleiters in Container verstaut. Container werden vom Einsatzleiter verschlossen und mit einer Plombe versiegelt. Die Plombennummer und die Containernummer trägt der Einsatzleiter auf dem Frachtbrief ein und notiert die Plombennummer auf einer Liste, auf der die ausgehenden Container vermerkt werden. Ferner werden auf dem Frachtbrief das amtliche Kennzeichen des LKW und des Anhängers, Nutzlast in Tonnen, Fahrtenbuchnummer, Fahrername, Versandtort, Bestimmungsort, Tourbezeichnung, interne LKW- und Anhängenummer, Volumenladung in Prozent für den LKW und den Anhänger, das Bruttogewicht in Kilogramm und das Datum der Beladung vermerkt.

Der zum weiteren Versand bestimmte Container mit Wert- und Standardsendungen wird an den zuständigen Fahrer übergeben, welcher die Plomben- und Containernummer mit den Angaben auf dem Frachtbrief vergleicht und bei Übereinstimmung den Erhalt des Containers auf dem Frachtbrief einschließlich der Plombennummer und der Containernummer sowie des Volumeninhalts und des Bestimmungsortes des Containers quittiert. Per EDV überträgt die Beklagte die Herkunftsniederlassung, die Containernummer, den Volumeninhalt, die Zielniederlassung und das Datum, an dem der Container zum Versand übergeben wurde, an die zentrale Datenbank der Beklagten.

Bei der Ankunft in der Hauptumschlagsbasis vergleicht der zuständige Werkschutzmitarbeiter der Beklagten die auf dem Frachtbrief angegebene Plombennummer mit derjenigen auf dem Container und kontrolliert die Unversehrtheit der Plombennummer auf dem Container und kontrolliert die Unversehrtheit der Plombierung. Wenn die Nummern nicht übereinstimmen oder die Plombe nicht unversehrt ist, meldet der Einsatzleiter diese an die Security-Abteilung der Beklagten. Sodann erfolgt die Sortierung der Pakete nach Adressen und die Verladung auf Zustellfahrzeuge. Während der Beladung der Zustellfahrzeuge sucht der zuständige Einsatzleiter die Wertpakete heraus und vergleicht die Angaben mit den ihm auf dem Pressheet vom Anholcenter übermittelten Angaben zum Wertpaket.

Der Einsatzleiter zeichnet die abgeglichenen Wertpakete auf dem Presshet ab. Die anhand des Presheets überprüften Wertpakete erhalten anschließend einen gesonderten Scan (sog. Destination Scan). Das abgezeichnete Presheet wird abgelegt und zu Dokumentationszwecken aufbewahrt. Falls das Wertpaket nicht aufzufinden ist, informiert der Einsatzleiter den zuständigen Mitarbeiter der Security-Abteilung der Zustellniederlassung. Dieser leitet umgehend Nachforschungen zum Verbleib des Wertpakets ein.

Anschließend werden die Pakete durch den Zustellfahrer der Beklagten beim Empfänger ausgeliefert. Vor der Übergabe der Pakete scannt der Zustellfahrer der Beklagten die Pakete mit einem DIAD-Gerät (sog. Delivery Scan) und lässt sich den Erhalt des Pakets quittieren. Der Name der Empfangsperson, die Paketkontrollnummer und das Zustelldatum werden anschließend unmittelbar in das Datensystem der Beklagten übertragen. Die Unterschriftszeichnung des Empfängers und die Adressinformation werden zunächst elektronisch gespeichert und spätestens am Ende an das elektronische Nachforschungssystem der Beklagten übermittelt.

Im Anschluss an die geplante Zustellung überprüfen sowohl die Abholniederlassung anhand des Presheets als auch die Zustellniederlassung anhand des Presheet-Faxes im Nachforschungssystem der Beklagten, ob die Zustellung des Wertpakets wie geplant erfolgt ist. Wenn die Überprüfung ergibt, dass eine Zustellung des Wertpakets nicht erfolgt ist, werden die Security Supervisors der für die Beförderung des Wertpakets zuständigen Abhol- und Zustellniederlassung informiert, die anschließend unmittelbar Nachforschungen zum Verbleib des Wertpakets einleiten

Bei grenzüberschreitenden Transporten werden besondere Kontrollmaßnahmen durchgeführt. Abholfahrer lagert diese Wertpakete im Abholfahrzeug gesondert von den Standardsendungen. Zusammen mit den Standardsendungen werden die Wertpakete zu dem nächstgelegenen Abholcenter der Beklagten transportiert. Die Wertpakete werden dort einzeln ausgesondert und separat von den Standardsendungen dem zuständigen Einsatzleiter des Abholcenters übergeben. Dieser vergleicht die Adressinformationen und Kontrollnummern auf der Versanddokumentation mit den Angaben auf dem Wertpaket.

Die Beklagte hat ferner dargelegt, dass sie bei einer Wertdeklaration von mehr als 2.500 € weitergehende Schutzmaßnahmen trifft. Bei Auftreten von Unregelmäßigkeiten können daher erfolgversprechende Nachforschungsmaßnahmen eingeleitet werden, als dies bei Standardsendungen ohne Wertdeklaration der Fall ist.

Angesichts dieses detaillierten Vortrags der Beklagten zu den Sicherungsmaßnahmen bei höherwertigen Gütern kann nicht ausgeschlossen werden, dass bei zutreffender Deklaration durch die Klägerin der Verlust der Sendungen hätte vermieden werden (siehe zu dieser Problematik auch BGH VersR 2006, 954, 955).

Die auf Hinweis des Senats vom 5.10.2006 (GA 214) in Verbindung mit dem Hinweis vom 28.09.2006 im Parallelverfahren 2 U 1521/05 ergangenen Ausführungen der Klägerin gemäß Schriftsatz vom 31.10.2006 (GA 220 ff.) geben dem Senat zu einer abweichenden Beurteilung der Gegebenheiten keine Veranlassung.

Bei Abwägung der Verursachungsanteile erachtet der Senat - auch unter Berücksichtigung der jüngsten Entscheidung des BGH vom 13.07.2006 (BB 2006, 2324)- ein Mitverschulden der Klägerin von 1/3 als angemessen (§ 425 Abs. 2 HGB, 254 BGB).

Der Senat erachtet den Schaden auch der Höhe nach als berechtigt. Das Landgericht hat die Höhe des Anspruchs aus den Bekundungen der Zeugen K. und P. in Verbindung mit den Anlagen K 4 bis K 7 (GA 12-17) sowie K 11 bis K 17 (GA 21 bis 25) geschlossen. Die Zeugin P. hat insbesondere bekundet, dass die Diamantkugeln zuvor nach I. versandt worden seien. Diese sollten dann wieder an die Niederlassung der R. AG in Antwerpen/Belgien zurückgesandt werden. Die Zeugin übereichte eine Aufstellung über die Schmuckstücke und Edelsteine, die in dem Paket gefehlt hätten (Anlage zum Protokoll vom 30.06.2005, GA 114). Die Aufstellung schießt mit einem Gesamtwert der Waren von 5.550,25 €. Die Zeugin hat ferner 4 Rechnungsblätter mit Markierungen zu den Akten gereicht, die Häkchen auf den Rechnungen hätten Schmuckstücke bzw. Edelsteine betroffen, die gefehlt hätten. Hinsichtlich des Wertes der Schmuckstücke bekundete die Zeugin, dass sie nach dem Wert von Schmuckstücken bzw. Edelsteinen bei den Kunden nachgefragt habe. Dies hätten dann schriftliche Angaben gemacht, wie in den Anlagen K 11-K 14 ersichtlich. Hinsichtlich des Werts Diamantkugeln verhält es sich so, dass die Zeugin P. als Mitarbeiterin der Niederlassung der R. AG in Antwerpen auf die "Rekening-Facture" vom 31.10.2003 (K 15, GA 25), gerichtet an die Hauptniederlassung der R. AG in I. verweisen kann. Der Senat hält den von der Zeugin dargelegten und durch Urkunden belegten Wert der Schmuckstücke und Edelsteine von 5.550,25 € für durchaus nachvollziehbar und einer Freischätzung nach § 287 ZPO zugänglich. Unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens von 1/3 ergibt sich danach ein Betrag von 3.700,17 € nebst Zinsen ab Rechtshängigkeit.

Auf die Berufung der Beklagten war das angegriffene Urteil, wie tenoriert, teilweise abzuändern und im Übrigen die Berufung zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.550,25 € festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen, § 543 ZPO.

Ende der Entscheidung

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