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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 02.09.2009
Aktenzeichen: 2 U 204/09 (1)
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 2169 Abs. 3
§ 2169 Abs. 3 BGB enthält keine allgemeine Surrogationsregel. Auf die freiwillige Veräußerung des Vermächtnisgegenstandes durch den Erblasser ist § 2169 Abs. 3 BGB nicht analog anwendbar. Es kann jedoch dem Willen des Erblassers entsprochen haben, dass der Vermächtnisnehmer anstelle des zu Lebzeiten des Erblassers freiwillig veräußerten Gegenstandes einen Wertersatzanspruch erlangen soll. Hierfür gibt es zwar keine Beweisvermutung. Ob ein solcher Wille des Erblassers bestanden hat, ist im Rahmen einer ergänzenden Testamentsauslegung zu bestimmen.
Gründe:

Der Senat hat die Sache beraten. Er erwägt die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Die Berufung hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Die Gründe werden nachfolgend dargestellt. Dem Beklagten wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis zum 23. September 2009. Der Senat regt zur Vermeidung weiterer Kosten die Rücknahme der Berufung an.

I.

Die Kläger beanspruchen einen Anteil des im Nachlass des verstorbenen Rechtsanwalts S. enthaltenen Kaufpreises für ein verkauftes Grundstück in F. Der Erblasser errichtete am 05.01.1999 in H. ein Testament, das den Beklagten zum Alleinerben bestimmt. In dem Testament ist ein Vermächtnis zugunsten der Kläger ausgesetzt, wonach diese zu 1/5 an dem Haus Teileigentum erhalten sollten (GA 11). Vor seinem Tod am 16.12.2006 veräußerte der Erblasser das Haus an den Zeugen K.. Der Kaufpreis betrug incl. Zubehör und Abtretung 400.000,-- €. Im Kaufpreis sind nach der Urkunde vom 14.2.2005 5.000,-- € für das Zubehör, 15.000,-- € für die Abtretung ungeprüfter Schadensersatzansprüche, die im Zusammenhang mit Setzschäden stehen, sowie 5.000,-- € für Mietrückstände und Nutzungsentschädigungen der Bewohner des Hauses enthalten (GA 74).

Die Parteien streiten darüber, ob den Klägern nach Verkauf des Hauses durch den Erblasser anstelle des Teileigentums an dem Haus als Ersatzanspruch 1/5 des Verkaufserlöses zusteht. Die Kläger haben den Beklagten unter Fristsetzung bis zum 31.03.2007 erfolglos zur Zahlung eines Betrages von 80.000,--€ aufgefordert.

Das Landgericht hat nach Beweiserhebung unter Abweisung der Klage im Übrigen den Beklagten verurteilt, an die Kläger einen Betrag in Höhe von 76.000,--€ zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.20007 zu zahlen.

Der Beklagte wendet sich mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung gegen das Urteil, soweit eine Verurteilung erfolgt ist. Er erstrebt unter Abänderung des angefochtenen Urteils insgesamt die Abweisung der Klage.

II.

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.

Das Landgericht hat zu Recht den Klägern einen Anspruch in Höhe von 76.000,--€ nebst Zinsen zugesprochen. Zutreffend führt das Landgericht aus, dass den Klägern ein Wertersatzanspruch hinsichtlich des Vermächtnisses nicht unmittelbar aus § 2169 Abs. 3 ZPO zusteht. Danach steht dem Vermächtnisnehmer ein Wertersatzanspruch nur zu, wenn der Gegenstand nach der Anordnung des Vermächtnisses untergegangen oder dem Erblasser entzogen worden ist. Danach tritt im Zweifel ein Anspruch auf Leistung des vermachten Gegenstandes oder ein Ersatzanspruch an die Stelle des Gegenstandes. Der Grundsatz des § 2169 Abs. 3 BGB kann aber nicht zu einerallgemeinen Surrogationsregel erweitert werden (BGHZ 22, 357, 359; 31, 13 22; Bamberger/Roth-Christmann, Online-Kommentar, Edition 13, Rn. 10 m.w.N.). Auf die freiwillige Veräußerung des Vermächtnisgegenstandes durch den Erblasser ist § 2169 Abs. 3 BGB nicht analog anwendbar. Die Vorschrift betrifft einen eng umgrenzten, genau beschriebenen Tatbestand.

Es entspricht allerdings gefestigter Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, dass es dem Willen des Erblassers entsprochen haben kann, dass der Vermächtnisnehmer anstelle des zu Lebzeiten des Erblassers freiwillig veräußerten Gegenstandes einen Wertersatzanspruch erlangen soll. Hierfür gibt es zwar keine Beweisvermutung. Ob ein solcher Wille des Erblassers bestanden hat, ist im Rahmen einer ergänzenden Testamentsauslegung zu bestimmen (BGHZ 31, 13, 22). War Zweck der des Vermächtnisses die Zuwendung gerade dieses Gegenstandes, spricht dies gegen den Willen zum Wertersatzvermächtnis. Ging es dem Erblasser darum, dem Vermächtnisnehmer den wirtschaftlichen Wert an dem Gegenstand zukommen zu lassen, spricht dies für ein Wertersatzvermächtnis.

Das Landgericht hat durch Beweisaufnahme den wirklichen bzw. mutmaßlichen Willen des Erblassers zu ermitteln versucht. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme ist das Landgericht zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Erblasser trotz der Veräußerung des Anwesens die Absicht gehabt hat, auch die Kläger neben weiteren Vermächtnisnehmern wirtschaftlich mit dem Veräußerungserlös zu bedenken. So haben die Zeugen V. und L. S. übereinstimmend bekundet, dass der Erblasser auf einer Fahrt in den Odenwald ihnen gegenüber geäußert habe, dass das Geld aus dem Verkauf des Hauses in F. für sämtliche Bedachte festgelegt werden würde. Der Zeuge K. hat bestätigt, dass der Erblasser 4 Vermächtnisse ausgesetzt habe und den Vermächtnisnehmern entweder den Anteil an dem Haus oder den entsprechenden Geldbetrag zukommen lassen wollte. Der Erblasser habe Gutes für die Vermächtnisnehmer tun wollen. Diese Bekundungen decken sich mit den Beweggründen, die der Erblasser in seinem Schreiben vom 14.02.1999 (GA 23, 27) zur Motivationslage für die ausgesetzten Vermächtnisse niedergelegt hat. Der Erblasser wollte dem Erben einen Spielraum einräumen, um in seinem, des Erblassers Sinne, freiwillige Zugeständnisse und Zuwendungen machen zu können. Der Erblasser hat in seinem ergänzenden Testament vom 19.01.2003 die Verdienste der Kläger hervorgehoben (dort Seite 6, GA 21).

Die Berufung greift ohne Erfolg die Beweiswürdigung des Landgerichts an. Der Beklagte rügt zu Unrecht, dass das Landgericht auf den Willen des Erblassers nach Veräußerung des Anwesens in Frankfurt am Main abgestellt habe. Maßgeblich sei jedoch der Zeitpunkt der Testamentserrichtung im Jahre 1999. Das Landgericht habe diesbezüglich keine Feststellungen getroffen.

Das Landgericht musste zum Willen des Erblassers zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung keine Beweisaufnahme durchführen. Dieser Wille lässt sich eindeutig den Testamenten vom 05.01.1999 (GA 11-15) und vom 19.01.2003 (GA 16-22) entnehmen, ferner dem Schreiben vom 14.02.1999 (GA 23-27). Es stellte sich lediglich die Frage, ob im Hinblick auf die Veräußerung des Anwesens am 14.02.2005 sich etwas an diesem Erblasserwille geändert hat. Dies war nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht der Fall. Danach ist davon auszugehen, dass der Erblasser den Vermächtnisnehmern anstelle des Hausanteils den entsprechenden Anteil an dem Veräußerungserlös zukommen lassen wollte.

Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 76.000,--€ festzusetzen.

Koblenz, den 2.9.2009

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