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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 22.01.2009
Aktenzeichen: 2 U 678/08
Rechtsgebiete: HWiG, VerbrKG


Vorschriften:

HWiG a.F. § 1 Abs. 1
HWiG a.F. § 2 Abs. 1
HWiG a.F. § 3 Abs. 1
HWiG a.F. § 5 Abs. 2
VerbrKG § 7 Abs. 2 S. 3
1) Eine Haustürsituation liegt nicht vor, wenn der Vermittler den Kunden mindestens dreimal zu Hause aufgesucht hat und die Informationsgespräche sich bis zum Abschluss des Darlehensvertrages über einen Zeitraum von zwei Monaten erstreckt haben.

2) Zur Abgrenzung der Haftung eines Anlagenvermittlers gegenüber einem Anlagenberater.


Gründe:

Vfg.:

1) Schreiben an Partei-Vertreter, Kläger-Vertreter - EB -

Der Senat hat die Sache beraten. Er erwägt die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Die Berufung hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Die Gründe werden nachfolgend dargestellt. Den Klägern wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis zum 25. Februar 2009. Es wird um Mitteilung gebeten, ob die Berufung aufrechterhalten bleibt.

I.

Die Kläger haben mit ihrer Klage Schadensersatzansprüche wegen eines gewährten Darlehens im Zusammenhang mit der Finanzierung einer Beteiligung an einer Fondsgesellschaft geltend gemacht.

Die Kläger wurden Ende des Jahres 1996 vom Vermittler K. aufgesucht, der ihnen die Beteiligung an dem D. Beteiligung Objekt F. KG vorstellte.

Am 31.01.1997 unterzeichneten die Kläger ein Beteiligungsangebot, durch welches die x. Allgemeine Treuhand- und Steuerberatungsgesellschaft mbH beauftragt und bevollmächtigt wurde, den Beitritt der Kläger in vorgenannte KG mit einer Beteiligungssumme von 200.000 DM zzgl. 5 % Agio zu bewirken.

Diese Beteiligung wurde durch einen Kredit der Beklagten finanziert. Hierzu unterzeichneten die Kläger einen Darlehensvertrag mit der Beklagten unter dem Datum vom 06.02.1997. Der Darlehensvertrag enthielt eine Widerrufsbelehrung, die auszugsweise wie folgt lautet:

"Als Kreditnehmer steht mir/uns das gesetzliche Recht zum Widerruf zu. Danach ist die auf den Abschluss dieses Kreditvertrags gerichtete Willenserklärung erst wirksam, wenn sie nicht binnen einer Frist von einer Woche schriftlich widerrufen wird. (...) Hat der Kreditnehmer den Kredit/das Darlehen empfangen, gilt der Widerruf als nicht erfolgt, wenn er den Kredit/das Darlehen nicht binnen zweier Wochen entweder nach Erklärung des Widerrufs oder nach Auszahlung des Kredits/Darlehens zurückzahlt."

Zur Sicherheit wurden u. a. die Rechte aus zwei Lebensversicherungen an die Beklagte abgetreten. Die Kläger wiesen die Beklagte mit Überweisungsauftrag vom 06.02.1997 an, 210.000 DM an die X. auszuzahlen.

In den Folgejahren erbrachten die Kläger an die Beklagte regelmäßige Zins- und Tilgungsleistungen, im Jahr 2003 wurde das Darlehen von den Klägern nach Ablauf der Zinsfestschreibung vollständig abgelöst. Bis zum Jahr 2003 erhielten die Kläger Ausschüttungen aus dem Fonds in Höhe von insgesamt 25.774,24 Euro.

Mit Schreiben ihres Rechtsanwalts vom 20.04.2006 widerriefen die Kläger den Darlehensvertrag.

Die Kläger haben im Wesentlichen vorgetragen, der Vermittler K. habe den Fonds als krisenfest und jederzeit veräußerbar dargestellt. Er habe vorgerechnet, dass die Kläger in der Investitionsphase Steuerersparnisse von 20.705 DM erzielen würden und Ausschüttungen von 7 % dargestellt. Hingegen habe eine Beratung hinsichtlich der Risiken nicht stattgefunden. Insbesondere sei kein Hinweis erfolgt, dass das Finanzierungsmodell nur solange trage, wie keiner arbeitslos werde. Auch auf die Abhängigkeit der Kapitalanlage von den Generalmietern, auf überhöhte Mieten, auf eine Nachschusspflicht und die Gefahr einer Wertminderung sei nicht hingewiesen worden. Schließlich habe Herr K. auch nicht über die negative Fachpresse informiert.

Die Kläger sind der Auffassung, ihnen stehe ein Schadensersatzanspruch in Höhe der an die Beklagte insgesamt erbrachten Zahlungen abzüglich der bis zum Jahr 2003 erhaltenen Ausschüttungen zu.

Die Kläger haben beantragt, die Beklagte zu verurteilen an sie den Betrag von 34.553,35 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung.

Sie erstreben unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 34.553,35 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit, hilfsweise Zug um Zug gegen Übertragung der Anteile an dem D. -Fonds F. KG, Objekt W. Hilfsweise haben sie beantragt, das angefochtene Urteil des Landgerichts Koblenz zum Az. 3 0 485/07 vom 08.05.2008 aufzuheben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Koblenz zurückzuverweisen.

II.

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.

1) Das Landgericht hat zu Recht einen Anspruch auf Rückabwicklung des im Februar 1997 geschlossenen Darlehensvertrages nach § 3 Abs. 1 HWiG a.F. abgelehnt.

Das Haustürwiderrufsgesetz a.F. findet vorliegend Anwendung und wird nicht gemäß § 5 Abs. 2 HWiG a.F. durch das Verbraucherkreditgesetz verdrängt. § 5 Abs. 2 HWiG a.F. ist unter Beachtung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 13.12.2001 (Rs C-481/99) richtlinienkonform dahingehend auszulegen, als auf Kreditverträge, die im Sinne des § 5 Abs. 2 HWiG a.F. die Voraussetzungen eines Geschäfts nach dem Verbraucherkredtitgesetz erfüllen, gleichwohl die Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes a.F. Anwendung finden, soweit das Verbraucherkreditgesetz kein gleich weit reichendes Widerrufsrecht einräumt wie das Haustürwiderrufsgesetz (BGHZ 150, 248 = BGH Urteil vom 9.4.2002 - XI ZR 91/99 - WM 2002, 1181). Dies ist im Hinblick auf die gegenüber § 2 HWiG a.F. für den Verbraucher ungünstigere Jahresfrist in § 7 Abs.2 S. 3 VerbrKG der Fall.

§ 3 Abs. 1 S. 1 HWiG a.F. bestimmt, dass im Fall des Widerrufs jeder Teil verpflichtet ist, dem anderen Teil die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Voraussetzung hierfür ist, dass dem Erklärenden (Kunde) ein Widerrufsrecht gemäß § 1 Abs. 1 HWiG zusteht. Danach ist eine auf den Abschluss eines Vertrages über eine entgeltliche Leistung gerichtete Willenserklärung, zu der der Erklärende (Kunde) u.a. durch mündliche Verhandlungen oder im Bereich einer Privatwohnung bestimmt worden ist, erst wirksam, wenn der Kunde sie nicht binnen einer Frist von einer Woche schriftlich widerruft. Der Lauf der Frist setzt gemäß § 2 HWiG eine ordnungsgemäße Belehrung voraus. Unterbleibt diese Belehrung, so erlischt das Widerrufsrecht des Kunden gemäß § 2 Abs. 1 4 HWiG a.F. erst einen Monat nach beiderseits vollständiger Erbringung der Leistung.

Ein Anspruch auf Rückabwicklung des Vertrages scheidet vorliegend bereits deshalb aus, weil selbst bei vollständig unterbliebener Belehrung das Widerrufsrecht des Kunden spätestens einen Monat nach beiderseits vollständiger Erbringung der Leistung erlischt (§ 2 Abs. 1 S. 4 HWiG a.F. Die Beklagte hat die Darlehensvaluta erbracht, die Kläger haben im Jahre 2003 ihre Gegenleistungspflicht mit der Ablösung des Darlehens erfüllt.

Ungeachtet dessen hat das Landgericht im konkreten Fall zu Recht die Voraussetzungen einer Haustürsituation verneint, weil die Kläger nicht durch eine solche zur Abgabe ihrer Willenserklärung auf Abschluss des Darlehensvertrages bestimmt worden sind. Denn der Vermittler K. hat die Kläger insgesamt mindestens dreimal zu Hause aufgesucht, nämlich Anfang Dezember 1996, Ende Dezember 1996 /Anfang Januar 1997, und schließlich zum Zeitpunkt der Zeichnung der Beteiligung am 31.1.1997.Der Darlehensvertrag ist schließlich am 6.2.1997 in den Räumlichkeiten des Vermittlers K. geschlossen worden. Die Informationsgespräche haben sich über einen Zeitraum von zwei Monaten erstreckt. Die Kläger haben den Vermittler zwischenzeitlich zurückgeschickt, um sich die Sache in Ruhe überlegen zu können. Angesichts dieser Umstände hat das Landgericht zu Recht eine Überrumpelungssituation verneint. Die Entscheidung zum Fondsbeitritt und infolgedessen zur Darlehensfinanzierung stellt sich vielmehr als bewusste Anlageentscheidung dar.

Zutreffend ist zwar die Argumentation der Berufung, dass es nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 1994, 262, 265) für einen qualifizierten Kausalzusammenhang zwischen Überraschungswirkung und Abgabe der Erklärung keines engen zeitlichen Zusammenhangs bedarf. Der BGH hat hierzu ausgeführt, dass der Gesetzgeber bewusst von einer Regelungen abgesehen habe, wonach die auf den Abschluss des Vertrages gerichtete Erklärung des Kunden in engem zeitlichem Zusammenhang mit den Vertragsverhandlungen abgegeben sein müsse. Es werde in der amtlichen Begründung jedoch hervorgehoben, dass der Kunde in aller Regel dann nicht mehr von Verhandlungen bestimmt worden sei, wenn zwischen ihnen und der Abgabe der Willenserklärung kein hinreichender Zusammenhang mehr bestehe (unter Bezugnahme auf die amtl. Begr., BT-Dr 10/2876, S12). Auch eine Aufspaltung zwischen Angebot und Vertragsschluss etc. sei im Hinblick auf das in § 5 HWiG a.F. bestimmte Umgehungsverbot nicht möglich.

Dieser Angriff der Berufung verfängt aber im konkreten Fall nicht, weil sich die Situation so darstellte, dass die Kläger eine bewusste Anlagenentscheidung getroffen habe, die nicht durch eine Überrumpelungssituation im Rahmen eines Haustürgeschäfts bestimmt worden war.

2) Das Landgericht hat zu Recht einen Schadensersatzanspruch wegen einer unterbliebenen Widerrufsbelehrung aus Verschulden bei Vertragsschluss (culpa in contrahendo) verneint.

Zutreffend führt das Landgericht aus, dass nach den Entscheidungen des EuGH vom 25.10.2005 (WM 2005, 2079 ff. - Schulte und WM 2005, 2086 ff. - Crailsheimer Volksbank; vgl. hierzu auch Hoffmann, ZIP 2005, 1985) die Haustürgeschäftsrichtlinie eine echte Rechtspflicht des Unternehmers zur ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung und damit nicht nur eine Obliegenheit enthält. Dies wird von der Berufung, da für sie günstig, nicht angegriffen.

Mit Recht führt das Landgericht aus, dass die Belehrung im Darlehensvertrag nicht den Anforderungen an eine Widerrufsbelehrung nach § 2 HWiG a.F. entsprach. Die Widerrufsbelehrung darf nach § 2 Abs. 1 S. 3 HWiG a.F. keine anderen Erklärungen oder Zusätze derart enthalten, dass der Widerruf dann als nicht erfolgt gilt, wenn der Darlehensnehmer das Darlehen empfangen hat und es nicht binnen zweier Wochen nach der Erklärung des Widerrufs bzw. der Darlehensrückzahlung zurückzahlt. Die Widerrufsbelehrung in der Anlage zum Kreditvertrag vom 6.2.1997 war vorliegend unrichtig. Diese Widerrufsbelehrung konnte beim Kunden dir unrichtige Vorstellung erwecken, sein aus § 1 Abs.1 HWiG a.F. folgendes Widerrufsrecht sei an die weitere Voraussetzung der Rückzahlung des Kredits innerhalb der genannten Frist gebunden (BGH, Urteil vom 11.11.2002 XI ZR 3/01 - NJW 2003, 424). Auch diese Ausführungen des Landgerichts werden von der Berufung, da für sie günstig, nicht angegriffen.

Das Landgericht hat zu Recht einen Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss deshalb zurückgewiesen, weil die unterbliebene Widerrufsbelehrung für den Abschluss des finanzierten Geschäfts nicht kausal geworden ist.

Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 19.09.2006 - XI ZR 204/04 - BB 2657, 2661; Urteil vom 16.05.2006 - XI ZR 6/04, BB 2006, 1588 ff. = WM 2006, 1194, 1199) genügt es nicht, dass der Verbraucher bei ordnungsgemäßer Belehrung die Möglichkeit gehabt hätte, mit dem Widerruf des Darlehensvertrages auch Risiken des Anlagengeschäfts zu vermeiden. Dies wäre mit dem Grundprinzip des nationalen Schadensersatzrechts, dass eine Pflichtverletzung nur dann zum Ersatz des Schadens verpflichteten kann, wenn er auf den Pflichtenverstoß ursächlich zurückzuführen ist, schlechthin unvereinbar. Der Verbraucher muss konkret nachweisen, dass er den Darlehensvertrag bei ordnungsgemäßer Belehrung tatsächlich widerrufen und die Anlage nicht getätigt hätte. Hierfür besteht im konkreten Fall keine tatsächliche Vermutung. Denn eine solche Vermutung setzt voraus, dass es für ihn bei der Belehrung über sein Widerrufsrecht nur eine bestimmte Möglichkeit der Reaktion gegeben hätte (Urteil vom 19.09.2006 - XI ZR 204/04 - BB 2657, 2661; BGHZ 160, 58, 66). Gegen eine solche Vermutung spricht hier, dass die Kläger ihre Anlageentscheidung, Beteiligung an dem Fonds, nicht zeitnah rückgängig gemacht haben und bis in das Jahr 2003, d.h. ca. 6 Jahre nach Beteiligung, Ausschüttungen erhielten. Die Fondsbeteiligung der Kläger ist bis heute nicht gekündigt worden.

Angesichts der fehlenden Kausalität der nicht ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung für den Abschluss des finanzierten Geschäfts kann offen bleiben, ob die kreditgebende Bank die Widerrufsbelehrung schuldhaft unterlassen hat.

3) Den Klägern steht auch kein Anspruch auf Schadensersatz wegen schuldhafter Aufklärungspflichtverletzung bei Anbahnung des Kreditvertrages zu (culpa in contrahendo).

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine kreditgebende Bank bei steuersparenden Bauherren-, Bauträger- und Erwerbermodellen zur Risikoaufklärung über das finanzierte Geschäft nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet. Sie darf regelmäßig davon ausgehen, dass die Kunden entweder über die notwendigen Kenntnisse oder Erfahrungen verfügen oder sich jedenfalls der Hilfe von Fachleuten bedient haben. Aufklärungs- und Hinweispflichten bezüglich des finanzierten Geschäfts können sich daher nur aus den besonderen Umständen des konkreten Einzelfalls ergeben. Dies kann der Fall sein, wenn die Bank im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Projekts über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgeht, wenn sie einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden schafft oder dessen Entstehung begünstigt, wenn sie sich im Zusammenhang mit Kreditgewährungen sowohl an den Bauträger als auch an einzelne Erwerber in schwerwiegende Interessenkonflikte verwickelt oder wenn sie in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann (BGHZ 159. 294, 316; 161, 15, 20 sowie BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - XI ZR 6/04 WM 2006, 1194, 1199 m.w.N.).

Der BGH hat im Interesse des effektiven Verbraucherschutzes bei der Rückabwicklung von Krediten seine Rechtsprechung zu den Aufklärungspflichten der kreditgebenden Banken ergänzt.

Nach dieser Rechtsprechung können sich die Anleger in Fällen des institutionalisierten Zusammenwirkens der kreditgebenden Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber des finanzierten Objekts unter erleichterten Voraussetzungen mit Erfolg auf einen die Aufklärungspflicht auslösenden konkreten Wissensvorsprung der finanzierenden Bank im Zusammenhang mit einer arglistigen Täuschung des Anlegers durch unrichtige Angaben der Vermittler, Verkäufer oder Fondsinitiatoren bzw. des Fondsprospekts über das Anlageobjekt berufen. Die Kenntnis der Bank von einer solchen arglistigen Täuschung wird widerleglich vermutet, wenn Verkäufer oder Fondsinitiatoren, die von ihnen beauftragten Vermittler und die finanzierende Bank in institutionalisierter Art und Weise zusammenwirken, auch die Finanzierung der Kapitalanlage vom Verkäufer oder Vermittler, sei es auch nur über einen von ihm benannten Finanzierungsvermittler, angeboten wurde und die Unrichtigkeit der Angaben des Verkäufers, Fondsinitiators oder der für sie tätigen Vermittler bzw. des Verkaufs- oder Fondsprospekts nach den Umständen des Falles evident ist, so dass sich aufdrängt, die Bank habe sich der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen (BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - XI ZR 6/04 WM 2006, 1194, 1200 f.)

Der Vortrag des Verbrauchers hinsichtlich dieser Voraussetzungen setzt voraus, dass eine arglistige Täuschung aufgrund evident unrichtiger Angaben des Vermittlers erfolgte. Hierzu ist erforderlich, dass sich die behauptete Täuschung durch Vorspiegeln oder Entstellen von Umständen auf objektiv nachprüfbare Angaben bezieht und nicht lediglich subjektive Werturteile oder marktschreierische Anpreisungen vermittelt werden (BGH, Urteil vom 19.9.2006 - XI ZR 204/04 - BB 2006, 2657, 2659 m.w.N.) Ein die Aufklärungspflicht der finanzierenden Bank auslösender konkreter Wissensvorsprung im Zusammenhang mit einer arglistigen Täuschung des Anlegers setzt dem entsprechend konkrete, dem Beweis zugängliche unrichtige Angaben des Vermittlers oder Verkäufers über das Anlageobjekt voraus.

Vorliegend lässt sich nicht feststellen, dass der Vermittler evident unrichtige Angaben gemacht hätte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Zeuge K. nicht als Anlagenberater aufgetreten ist, sondern lediglich als Vermittler tätig wurde, für den geringere Anforderungen geltend. Stellung und Aufgaben eines Anlagevermittlers und eines Anlageberaters sind unterschiedlich. Ihre Pflichtenkreise decken sich nicht. Dabei sind Überschneidungen möglich. Der jeweilige Pflichtenumfang kann nicht allgemein bestimmt werden, sondern nur anhand der Besonderheiten des Einzelfalls (BGH Urteil vom 13.05.1993 - III ZR 25/02 - NJW-RR 1993, 1114; Urteil vom 27.10.2005 - III ZR 71/05 - NJW-RR 2006, 109).

Einen Anlageberater wird der Kapitalanleger im Allgemeinen hinzuziehen, wenn er selbst keine ausreichenden wirtschaftlichen Kenntnisse und keinen genügenden Überblick über wirtschaftliche Zusammenhänge hat. Er erwartet dann nicht nur die Mitteilung von Tatsachen, sondern insbesondere deren fachkundige Bewertung und Beurteilung. Häufig wünscht er eine auf seine persönlichen Verhältnisse zugeschnittene Beratung, die er auch besonders honoriert. In einem solchen Vertragsverhältnis hat der Berater regelmäßig weitgehende Pflichten gegenüber dem betreuten Kapitalanleger. Als unabhängiger individueller Berater, dem weitreichendes persönliches Vertrauen entgegengebracht wird, muss er besonders differenziert und fundiert beraten (BGH Urteil vom 13.05.1993 - III ZR 25/02 - NJW-RR 1993, 1114; vgl. Urteil vom 25.11.1981 - IV a ZR 286/80 - NJW 1982, 1095 f.)

Dem Anlagevermittler, der für eine bestimmte Kapitalanlage im Interesse des Kapitalsuchenden und auch mit Rücksicht auf die ihm von diesem versprochene Provision den Vertrieb übernommen hat, tritt der Anlageinteressent dagegen selbständiger gegenüber. An ihn wendet er sich in der Regel in dem Bewusstsein, dass der werbende und anpreisende Charakter der Aussagen im Vordergrund steht. Der zwischen dem Anlageinteressenten und einem solchen Anlagevermittler zustande gekommene Vertrag zielt lediglich auf Auskunftserteilung ab. Er verpflichtet den Vermittler zu richtiger und vollständiger Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluss des Interessenten von besonderer Bedeutung sind (BGH Urteil vom 13.05.1993 - III ZR 25/02 - NJW-RR 1993, 1114 m.w.N.).

Die vermeintlichen Angaben des Vermittlers, der Fonds sei krisenfest, jederzeit veräußerbar und für die Altervorsorge und zur Steuerersparnis geeignet, stellt lediglich eine marktschreierische Anpreisung dar, die nicht von wesentlicher Bedeutung. Es lässt sich auch nicht feststellen, dass die Angaben des Vermittlers tatsächlich evident falsch waren. Die Kläger haben in der ersten Jahren Steuervorteile erlangt und zusammen mit den Renditen 7 % Ausschüttungen erhalten. Die Mittelung von Renditeerwartungen stellt im Übrigen eine Prognoseentscheidung dar. Der Vermittler hat keine Garantie abgegeben, dass die Kläger in alle Zukunft eine Rendite von 7 % erzielen können.

Es sind auch keine Anhaltspunkte für eine 100 prozentige Überteuerung der Fondsanteile ersichtlich. Der Vortrag genügt zur Substantiierung einer sittenwidrigen Überteuerung nicht. Der Vermittler K. musste auch nicht wissen, dass es für Veräußerung der Fondsanteile an einem Zweitmarkt fehlt. Anders als gegebenenfalls bei einem Anlageberater, geht die Beratungspflicht eines Vermittlers nicht derart weit. Dieser tritt in der Regel betont werbend und erkennbar im Interesse des Vertriebs eines Kapitalanlagemodells auf. Der Vermittler K. war nicht verpflichtet, die wertbildenden Faktoren der Anlage zu beschreiben. Es fehlt diesbezüglich an einem arglistigen Verhalten des Vermittlers. Auch das Verschweigen einer negativen Presse stellt kein arglistiges Verhalten dar.

Weitergehende Schadensersatzansprüche ergeben sich weder aus dem Verbraucherkreditgesetz noch aus Prospekthaftung.

Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 35.553,35 € festzusetzen.

Ende der Entscheidung

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