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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 10.09.2009
Aktenzeichen: 2 U 845/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 119 Abs. 2
BGB § 2078 Abs. 2 1. Alt.
BGB § 2081 Abs. 1
BGB § 2081 Abs. 3
BGB § 2082 Abs. 2
BGB § 2086 Abs. 1
Eine Anfechtung eines Vermächtnisses wegen Motivirrtums ist nicht gegenüber dem Nachlassgericht, sondern gegenüber dem Vermächtnisnehmer zu erklären. Die Besonderheit der Anfechtung wegen Motivirrtums hat ihren Grund darin, dass bei Verfügungen von Todes wegen die Übereinstimmung zwischen Wille und Rechtswirkung tragende Rechtsgrundlage ist und demgegenüber ein Interesse Dritter an deren Bestand zurückzutreten hat. Beim Motivirrtum muss der Erblasser bei Errichtung der Verfügung mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmende Vorstellungen gehabt haben, die für den konkreten Inhalt der Verfügung ursächlich waren. Die Beweislast für das Vorliegen eines Motivirrtums trägt der Anfechtende. Nach Anfechtung eines Vermächtnisses wegen eines Motivirrtums ist ein Nachschieben von Gründen nicht möglich.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 2 U 845/08

Verkündet am 10. September 2009

in dem Rechtsstreit

Der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Eck sowie die Richter am Oberlandesgericht Künzel und Dr. Reinert auf die mündliche Verhandlung vom 02. Juli 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz - Einzelrichter - vom 11. Juni 2008 unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wie folgt abgeändert und neu gefasst:

I. Die Beklagten werden zur gesamten Hand verurteilt, die in den Grundbüchern des Amtsgerichts Sondershausen, Zweigstelle A. von O. verzeichneten Grundstücke,

1. Blatt 673, Flur 2, Flurstück 31/6, Gebäude und Freifläche, Landwirtschaftsfläche .... 13.860 m²,

2. a) Blatt 132, Flur 2, Flurstück 133/38, Landwirtschaftsfläche ... 8.510 m²,

2. b) Blatt 132, Flur 7, Flurstück 139/78, Landwirtschaftsfläche, ...13.350 m²,

3. Blatt 130, Flur 2, Flurstück 20/2, Landwirtschaftsfläche ... 3.792 m²

zu einem je 1/2 ideellen Miteigentumsanteil an den Kläger aufzulassen und die jeweilige Eigentumsumschreibung zu einem je 1/2 ideellen Miteigentumsanteil in den vorstehend genannten Grundbüchern zu bewilligen.

II. Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Der Kläger ist der Schwiegersohn der Beklagten zu 1), die Beklagte zu 2) ist die Schwester der Beklagten zu 1). Das Scheidungsverfahren zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau, der Zeugin Barbara K., die die Tochter der Beklagten zu 1) ist, ist beim Familiengericht D. anhängig. Die Beklagten zu 1) und 2) beerbten ihre am 03. Dezember 2003 verstorbene Mutter, die Erblasserin Hilde H., zu je 1/2. Die Erblasserin hatte am 10. Juli 1997 ein Vermächtnis ausgesetzt, wonach der Kläger und die Zeugin Barbara K. "die Grundstücke erhalten sollen, die ich von Herrn Wilhelm F. geerbt habe" (BI. 10 d. A.). Hierbei handelt es sich um die im Klageantrag näher bezeichneten Grundstücke. Der Kläger begehrte mit Schreiben vom 01. August 2005 von den Beklagten bis 15. August 2005 mitzuteilen, dass sie bereit seien, entsprechende notarielle Verträge abzuschließen, und diesen Grundbesitz auch für den Kläger und die Zeugin Barbara K. zu je 1/2 Miteigentumsanteil umschreiben zu lassen. Mit Schreiben vom 23. November 2006 (BI. 66 d. A.) erklärten die Beklagten zu 1) und 2) die Anfechtung des Vermächtnisses vom 10. Juli 1997 wegen Motivirrtums.

Der Kläger hat vorgetragen, dass das Vermächtnis wirksam sei. Die Anfechtung sei hingegen unwirksam, da verfristet. Er ist ferner der Ansicht, die Anfechtung hätte gegenüber dem Nachlassgericht erklärt werden müssen. Die Beklagtenvertreterin sei nicht ordnungsgemäß zur Anfechtung bevollmächtigt gewesen. Den Beklagten sei unmittelbar nach dem Tode der Erblasserin bekannt gewesen, dass sich der Kläger von der Zeugin K. habe scheiden lassen wollen. Er habe dies der Zeugin K. zwei Tage vor Weihnachten 2003 mitgeteilt. Spätestens aufgrund des Anwaltsschreibens vom 15. August 2005 hätte jedoch die Frist zu laufen begonnen. Die Aussetzung des Vermächtnisses durch die Erblasserin sei aus Dankbarkeit dafür erfolgt, dass der Kläger zur Klärung der Eigentumslage der in Thüringen belegenen Grundstücke nach der Wiedervereinigung beigetragen habe. Der Kläger und die Zeugin K. hätten auch nach 2003 noch in der gleichen Wohnung in ...in D. gelebt, der Kläger sei erst am 01. Juli 2004 ausgezogen. Der Scheidungsantrag der Zeugin K. vom 07. Dezember 2005, eingegangen beim Amtsgericht D. am 12. Dezember 2005, sei dem Kläger am 03. Januar 2006 zugestellt worden, woraufhin sich der Kläger mit Schriftsatz vom 11. Januar 2006 diesem Antrag angeschlossen habe.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die in den Grundbüchern des Amtsgerichts Sondershausen, Zweigstelle A. von O. verzeichneten Grundstücke,

1. Blatt 673, Flur 2, Flurstück 31/6, Gebäude und Freifläche, Landwirtschaftsfläche ...13.860 m²,

2. a) Blatt 132, Flur 2, Flurstück 133/38, Landwirtschaftsfläche ...., 8.510 m²,

2. b) Blatt 132, Flur 7, Flurstück 139/78, Landwirtschaftsfläche, ... Acker, 13.350 m²,

3. Blatt 130, Flur 2, Flurstück 20/2, Landwirtschaftsfläche ..., 3.792 m² zu einem je 1/2 ideellen Miteigentumsanteil aufzulassen und die jeweilige Eigentumsumschreibung zu je 1/2 ideelle Miteigentumsanteil in den vorstehend genannten Grundbüchern zu bewilligen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben vorgetragen,

sie seien erst im Januar 2006 von der Endgültigkeit der Trennung des Klägers und der Zeugin K. und davon in Kenntnis gesetzt worden, dass sich der Kläger einer anderen Frau zugewandt habe. Die Anfechtung sei weder verfristet noch sonst unwirksam. Die Erblasserin hätte den Kläger nicht als Vermächtnisnehmer eingesetzt, wenn sie gewusst hätte, dass es zur Trennung und Scheidung des Klägers und der Zeugin Barbara K. kommen werde. Der Bestand der Ehe sei vielmehr der Beweggrund gewesen, den Kläger als Vermächtnisnehmer einzusetzen. Hätte die Erblasserin gewusst, dass sich der Kläger von der Zeugin K. trennen werde, hätte die Erblasserin ihn nicht im Vermächtnis aufgenommen. Sie hätte den Kläger nicht bedacht, wenn sie gewusst hätte, dass er nur nach ihrem Geld getrachtet habe und nicht einmal zu ihrer Beerdigung kommen werde. Sie hätte auch nicht akzeptiert, dass der Kläger gegenüber der Zeugin K. handgreiflich werden würde.

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme die Klage abgewiesen. Es hat eine wirksame Anfechtung des Vermächtnisses vom 10.07.1997 angenommen gemäß Schreiben der Beklagten vom 23.11.2006. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung.

Der Kläger trägt unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichens Vorbringens und Beweiserbietens vor, die Anfechtungserklärung vom 23.11.2006 sei verfristet. Die Kammer sei ursprünglich noch davon ausgegangen, dass aufgrund des Anschreibens der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 01.08.2005 mit Frist zur Stellungnahme zur Erfüllung des Vermächtnisses zum 15.08.2005 eine Kenntnis der Beklagten vermittelt worden sei. Gleichwohl habe das Landgericht im Urteil darauf abgestellt, dass die Beklagten erst im Januar 2006 von der Endgültigkeit der Trennung Kenntnis erlangt hätten. Tatsächlich hätten die Zeugin Barbara K. und auch ihre Familie bereits im Jahre 2003 von den Scheidungsabsichten des Klägers gewusst. Das Landgericht habe zu Unrecht und in verfahrensfehlerhafter Weise eine erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung vom 12.12.2007 mit Schriftsatz vom 13.12.2006 übermittelte eidesstattliche Versicherung der Beklagten vom 01.10.2006 verwertet, wonach die Beklagten an Eides statt versicherten, dass die Erblasserin die Einsetzung des Klägers und seiner Ehefrau nie gemacht hätte, wenn sie gewusst hätte, dass es zu einer Trennung zwischen den Eheleuten K. kommen würde. Es bestehe auch kein Anfechtungsgrund. Die Erblasserin habe ihm aus Dankbarkeit für seine Hilfe bei der Wiedererlangung der in Thüringen belegenen Grundstücke nach der Wiedervereinigung das Vermächtnis ausgesetzt.

Der Kläger wiederholt im Berufungsverfahren seine erstinstanzlichen Anträge und hat nach Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 02.07.2009 hilfsweise beantragt, die Beklagten anstatt gesamtschuldnerisch zur gesamten Hand zur Auflassung des 1/2 idellen Miteigumtsanteils an den Grundstücken zu verurteilen und die jeweilige Eigentumsumschreibung zu bewilligen.

Die Beklagten beantragen, die Berufung gegen das angefochtene Urteil zurückzuweisen. Die Beklagten tragen vor,

das Landgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass dem Kläger kein Anspruch auf Übertragung eines 1/2 Miteigentumsanteils an den Grundstücken in Thüringen zustehe, da das Vermächtnis der Erblasserin vom 10.07.1997 mit Schreiben vom 23.11.2006 wirksam angefochten worden sei. Die eidesstattliche Versicherung sei nicht verspätet übermittelt worden. Denn es sei bereits vor der abschließenden mündlichen Verhandlung vorgetragen und unter Beweis durch Barbara K. gestellt worden, dass sie, die Beklagte zu 1), erst im Januar 2006 von der endgültigen Trennung des Klägers von seiner Ehefrau erfahren habe. Das Landgericht sei zutreffend von einem Anfechtungsgrund wegen Motivirrtums ausgegangen.

Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angegriffenen Urteil sowie die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).

II.

Die Berufung ist hinsichtlich des Hauptantrags nicht, bezüglich des Hilfsantrags jedoch in vollem Umfange begründet.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Übertragung eines 1/2 Miteigentumsanteils an den Grundstücken in Thüringen zu. Die Beklagten haben das den Kläger begünstigende Vermächtnis der Erblasserin vom 10. Juli 1997 nicht wirksam angefochten.

Der Wirksamkeit der Anfechtungserklärung steht zunächst nicht entgegen, dass die Beklagten gegenüber dem Kläger und nicht dem Nachlassgericht die Anfechtung wegen Motivirrtums erklärt haben. § 2081 Abs.1 und 3 BGB gilt nur für letztwillige Verfügungen hinsichtlich Erbeinsetzungen aller Art, nicht aber für sonstige letztwillige Verfügungen, wie Vermächtnisse oder Teilungsanordnungen. Diese müssen durch formlose Erklärung gegenüber demjenigen angefochten werden, der durch die angefochtene Verfügung unmittelbar einen rechtlichen Vorteil erlangt (Bamberger/Roth-Litzenburger, 2. Aufl. § 2081 Rn.1; Palandt/Edenhofer, BGB, 68. Aufl., § 2081 Rn. 5). Die Anfechtung des Vermächtnisses gegenüber dem Kläger scheitet nicht an der Form der Anfechtung.

Die Anfechtungserklärung vom 23.11.2006 (GA 66) ist auch wirksam an die Bevollmächtigten des Klägers adressiert worden. Diese waren aufgrund der Vollmacht des Klägers vom 29.07.2005 zum Empfang bevollmächtigt. Die Anfechtungserklärung scheitert auch nicht an einer fehlenden Vollmacht von Rechtsanwältin M., die die Anfechtung namens der Beklagten vom 23.11.2006 erklärt hat. Rechtsanwältin M. war zu jenem Zeitpunkt bereits in der Rechtsanwaltssozietät tätig, wie sich aus dem Briefkopf (GA 66) des Anwaltsschreibens ergibt. Rechtsanwältin M. handelte wiederum in Vertretung der bevollmächtigten Rechtsanwälte T. & vom B.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist die Anfechtung jedoch verfristet. Die Jahresfrist des § 2086 Abs. 1 BGB beginnt gemäß § 2082 Abs. 2 BGB ab dem Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die Anfechtung des Vermächtnisses erfolgte am 23.11.2006 (GA 66). Die Anfechtungsfrist war zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufen.

Das Landgericht hat darauf abgestellt, dass die anfechtungsberechtigten testamentarischen Alleinerben, die Beklagten zu 1) und 2), erst Anfang 2006 von dem Anfechtungsgrund, nämlich der endgültigen Trennung und Scheidung des Klägers von der Zeugin Barbara K. Kenntnis erlangt hätten. Die Zeugin K. hat bekundet, dass sie ihre Mutter, die Beklagte zu 1), Anfang 2006 davon in Kenntnis gesetzt habe, dass sie den Scheidungsantrag beim Familiengericht eingereicht habe. Bei ihr sei zum Dezember 2005 die Sache so weit gereift gewesen, dass sie zur Stellung des Scheidungsantrags bereit gewesen sei. Sie habe dann noch die Weihnachtstage abgewartet, um ihre Familie nicht damit weiter zu belasten und erst, nachdem sie vom Gericht die Mitteilung erhalten habe, dass die Scheidungsakte angelegt worden sei, davon ihrer Mutter berichtet. Ihrer Tante, der Beklagten zu 2) habe sie auch Anfang 2006 hiervon berichtet, und zwar über eine Cousine, da sie zur Beklagten zu 2) nur indirekt Kontakt habe.

Die Beweiswürdigung des Landgerichts trägt den Bekundungen der Zeugin K. nicht ausreichend Rechung. Die Beklagten haben die Anfechtung des Vermächtnisses wegen Motivirrtums ausdrücklich nur auf den Umstand gestützt, dass die Erblasserin den Kläger nicht als Vermächtnisnehmer eingesetzt hätte, wenn sie gewusst hätte, dass es zur Trennung und Scheidung der Parteien kommen werde. Der Bestand der Ehe sei vielmehr der Beweggrund dafür gewesen, den Kläger (mit) als Vermächtnisnehmer einzusetzen. Wenn aber dies der Beweggrund für die Einsetzung als Vermächtnisnehmer gewesen wäre, musste das Landgericht aber auch die Aussage der Zeugin K. im Gesamten würdigen. Die Zeugin hat zunächst bekundet, dass sie von dem Kläger bereits im Jahre 2003 ein Schreiben erhalten habe, in dem dieser mitgeteilt habe, dass er die Scheidung wünschte. Dem von ihr bei Gericht eingebrachten Scheidungsantrag sei eine 2-jährige Schwebezeit vorausgegangen. Die Zeugin hat ferner bekundet, dass der Kläger im August 2005, später auf weitere Nachfrage klarstellend im August 2004, endgültig aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen und in eine andere Wohnung im gleichen Hause gezogen sei. Sie habe nach dem Auszug des Klägers aus der gemeinsamen Wohnung im August 2004 die Schlösser ausgewechselt. Dies habe sie auch ihrer Mutter, der Beklagten zu 1), mitgeteilt, da man es nicht geheim halten konnte. Mit dem Auszug aus der gemeinsamen ehelichen Wohnung war die Trennung der Eheleute faktisch vollzogen, auch wenn der Scheidungsantrag erst Anfang 2006 durch die Zeugin K. gestellt wurde. Auch aus dem von der Berufung angeführten Schreiben der Rechtsanwälte W., H. und Dr. L. vom 22.07.2004 (GA 190) lässt sich entnehmen, dass der Kläger im Sommer 2004 (Juli 2004) aus der ehelichen Wohnung ausgezogen ist und die Trennung der Eheleute K. ab dem 01.07.2004 vollzogen war. Die Zeugin K. hat den Kläger mit Schreiben ihrer Rechtsanwälte T. und vom B. mit Schreiben vom 02.08.2004 aufgefordert (GA 191) die Schlüssel für die Ehewohnung zu überreichen und ihm untersagt, die frühere, gemeinsame Wohnung zu betreten (GA 191).

Jedenfalls die Beweggründe, die als Motivirrtum für die Anfechtung angeführt wurden, nämlich Trennung und beabsichtigte Scheidung, lagen im August 2004 bereits vor, was der Beklagten zu 1) bekannt war. Unerheblich ist, dass der Scheidungsantrag formell nicht vom Kläger, sondern von der Zeugin K. im Januar 2006 gestellt wurde. Der Senat geht davon aus, dass auch die Beklagte zu 2) von der familiären Situation zeitnah unterrichtet wurde.

Die Anfechtung ist nicht innerhalb der Jahresfrist nach Kenntnis des Anfechtungsgrundes erfolgt.

2) Der Senat sieht auch die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Anfechtungsgrundes als nicht gegeben an. Die Beklagten haben die Anfechtung wegen eines Motivirrtums erklärt. Gemäß § 2078 Abs. 2 1. Alt. BGB kann abweichend von § 119 Abs. 2 BGB eine Anfechtung wegen Motivirrtums erfolgen. Diese Besonderheit hat ihren Grund darin, dass bei Verfügungen von Todes wegen die Übereinstimmung zwischen Wille und Rechtswirkung tragende Rechtsgrundlage ist und demgegenüber ein Interesse Dritter an deren Bestand zurückzutreten hat. Allerdings ist bei Anfechtungen der Grundsatz des Vorrangs der Auslegung besonders sorgfältig zu beachten. Erst wenn die inneren Vorstellungen des Erblassers auch mit den Mitteln der Auslegung nicht zur Geltung verholfen werden kann, kommt eine Anfechtung wegen Motivirrtums auf Grund des § 2078 Abs. 2 1. Alt. In Betracht. Beim Motivirrtum muss der Erblasser bei Errichtung der Verfügung mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmende Vorstellungen gehabt haben, die für den konkreten Inhalt der Verfügung ursächlich waren (Bamberger/Roth-Litzenburger, § 2078 Rn. 13). Die Beweislast für das Vorliegen eines Motivirrtums trägt der Anfechtende (Bamberger/Roth-Litzenburger, § 2078 Rn. 19 m.w.N.).

Vorliegend hat der Senat, etwa aus Schriftstücken oder andere Urkunden, keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass Motiv für die Einsetzung des Klägers als Vermächtnisnehmer ausschließlich die Ehe mit der Enkelin der Erblasserin, der Zeugin K., gewesen ist. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 29.06.2007 bereits erstinstanzlich detailliert vorgetragen, warum ihn die Erblasserin aus Dankbarkeit als Vermächtnisnehmer hinsichtlich der wieder erlangten Grundstücke in Thüringen eingesetzt hat. Der Kläger hat dargelegt, dass die Erblasserin mit ihrem Lebensgefährten, Herrn F., ihn und seine Ehefrau in D. häufiger besucht habe. Bei einer dieser Besuche habe der Lebensgefährte der Erblasserin von den Grundstücken in der damaligen DDR erzählt, die er einer LPG im Jahre 1960 habe übertragen müssen. Die Nachfolgeorganisation habe Herrn F. den Abschluss von Pachtverträgen unterbreitet. Da der Lebensgefährte der Erblasserin seinerzeit aber bereits etwa 86 Jahr alt gewesen sei, habe er, der Kläger, sich um diese Angelegenheit gekümmert, sei mehrmals nach Thüringen gefahren und habe erreicht, dass für mehrere Jahre Pachtzinsen an Herrn F. bzw. die Erblasserin gezahlt worden seien. Dies sei der Grund dafür gewesen, dass die Erblasserin nach dem Tod von Herrn F. im Jahre 1993 am 10.10.1997 ihn und seine Ehefrau zu 1/2 als Vermächtnisnehmer für die Grundstücke in O. eingesetzt habe. Die Beklagten können diesen detaillierten Vortrag des Klägers, der für den Senat nachvollziehbar ist, nicht entkräften. Sie können nicht den Nachweis dafür führen, dass der Fortbestand der Ehe der Eheleute K. ausschließlich Motiv für die Aussetzung des Vermächtnisses zugunsten des Klägers gewesen ist.

Soweit die Beklagten weitere Anfechtungsgründe geltend machen, u.a. dass die Erblasserin nicht akzeptiert hätte, dass die Enkelin der Erblasserin vom Kläger im Jahre 2003 tätlich angegriffen werden würde bzw. dass ein für die Unterbringung im Altenheim gedachter Betrag von 34.000,--DM absprachewidrig vom Kläger in Aktien angelegt worden sei (GA 63), sind sie mit diesem Vorbringen ausgeschlossen. Den Beklagten ist es nach Anfechtung des Vermächtnisses untersagt, Gründe nachzuschieben, die bei Anfechtung schon bekannt waren (Plandt-Edenhofer, § 2081 Rn. 2; Bamberger-Roth/Litzenburger, § 2081 Rn. 3).

Die Voraussetzungen für eine Anfechtung des Vermächtnisses wegen eines Motivirrtums liegen nicht vor. Es ist weder ein Anfechtungsgrund gegeben noch ist die Anfechtungsfrist gewahrt.

Eine Anfechtung wegen Vermächtnisunwürdigkeit nach § 2345, 2339 Abs. 1 BGB kommt nicht in Betracht, da deren Voraussetzungen nicht dargelegt und die Anfechtung hierauf nicht gestützt wurde.

Soweit die Beklagten der Klage entgegenhalten, dass sie nirgendwo als Eigentümerinnen der Grundstücke eingetragen sind und sie mit Nichtwissen bestreiten, dass die in der Klageschrift enthaltenen Grundstücke vom Vermächtnis erfasst seien, können sie mit diesem Einwand nicht durchdringen. Zum einen müssen sich die Beklagten entgegenhalten lassen, dass sie selbst hinsichtlich dieser Grundstücke die Anfechtung des Vermächtnisses wegen eines Motivirrtums erklärt haben und die Zugehörigkeit dieser Grundstücke zum Vermächtnis nicht einfach mit Nichtwissen bestreiten können. Zum anderen ist es Sache des Klägers und seiner Ehefrau, Barbara K., ggf. eine Grundbuchberichtigung herbeizuführen. Das Vermächtnis vom 10.07.1997, wonach der Kläger und seine Ehefrau Barbara K. die Grundstücke erhalten sollten, die die Erblasserin von Herrn Wilhelm F. geerbt habe, ist ausreichend und erschöpfend. Damit sind die in den vorgelegten Grundbuchauszügen (GA 30 ff.) genannten Grundstücke gemeint. Im Übrigen haben die Beklagten die tatbestandlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil hingenommen, ohne einen Tatbestandsberichtigungsantrag zu stellen (§ 314 ZPO).

Der Klägerin begehrt mit seinem Hauptantrag, die gesamtschuldnerische Verurteilung der Beklagten. Nach Auffassung des Senats kommt der Ausspruch einer gesamtschuldnerischen Verpflichtung der Beklagten formal nicht in Betracht, da nicht jeder der Beklagten allein auf das Ganze in Anspruch genommen werden kann (§ 421 BGB). Die Beklagten bilden hinsichtlich des Nachlasses der Erblasserin eine Erbengemeinschaft, die eine Gesamthandsgemeinschaft darstellt. Die Erben können daher nur gesamthänderisch verfügen (Palandt-Edenhofer, § 2031 Rn. 1; Staudinger, BGB, §2058 Rn. 65). Dementsprechend war nur dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsantrag zu entsprechen, ohne dass sich dies allerdings kostenmäßig zum Nachteil des Klägers auswirkt.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2 analog ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen, § 543 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 25.000,-- € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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