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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 20.02.2009
Aktenzeichen: 2 U 848/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 280
BGB § 281
BGB § 434
BGB § 437 Nr. 3
BGB § 440
1) Das Vorhandensein einer Fäkalienhebeanlage statt eines direkten Zugangs zur Kanalisation stellt jedenfalls dann keinen Mangel dar, wenn dies durch die topographischen und baulichen Gegebenheiten des Hausgrundstücks bedingt ist. Hierbei kommt es maßgeblich auf die Situationsgebundenheit des Hausgrundstücks an. Unerheblich ist, dass mit der Hebeanlage höhere Wartungskosten verbunden sind.

2) Arglist erfasst nicht nur ein Verhalten des Veräußerers, das von betrügerischer Absicht getragen ist, sondern auch solche Verhaltensweisen, die auf bedingten Vorsatz im Sinne eines "Fürmöglichhaltens" und "Inkaufnehmens" reduziert sind und mit denen kein moralisches Unwerturteil verbunden sein muss.


Gründe:

Der Senat hat die Sache beraten. Er erwägt die Berufungen gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Die Berufung hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Die Gründe werden nachfolgend dargestellt. Dem Kläger wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis zum 13. März 2009. Es wird um Mitteilung gebeten, ob die Berufung aufrechterhalten bleibt.

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Vorschuss zur Mängelbeseitigung und Schadensersatz in Anspruch.

Der Kläger erwarb von den Beklagten durch notariellen Kauvertrag vom 20.06.2005 ein Hausanwesen in A.. Die Übergabe des Hausgrundstücks erfolgte am 02.07.2005. Die Entwässerung der Einliegerwohnung erfolgt über eine Fäkalienhebeanlage im Keller. In Ziffer X Nr. 1 des Kaufvertrags haben die Parteien einen Gewährleistungsausschluss wegen Sachmängeln vereinbart, der folgenden Wortlaut hat:

"Der Käufer hat das Kaufobjekt besichtigt; er kauft es im gegenwärtigen altersbedingten Zustand und erklärt, dass dieser der vereinbarten Beschaffenheit entspricht. Ansprüche und Rechte des Käufers wegen eines Sachmangels des Grundstücks und des Gebäudes sind ausgeschlossen. Dies gilt auch für alle Ansprüche auf Schadensersatz, es sei denn, der Verkäufer handelt vorsätzlich.

Der Verkäufer versichert, keine ihm bekannten Mängel, schädlichen Bodenveränderungen oder Altlasten arglistig verschwiegen zu haben und garantiert, dass sich das Kaufobjekt bis zum Besitzübergang gegenüber dem Zustand im Zeitpunkt der Besichtigung nicht über den gewöhnlichen Gebrauch hinaus verschlechtert."

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagten hätten arglistig das Vorhandensein der Hebeanlage verschwiegen. Zudem habe er nicht offenbart, dass die Hebeanlage defekt gewesen sei. Hierfür mache er einen Vorschuss in Höhe von 7.656,00 € für die Erneuerung der Hebanlage sowie Nutzungsausfall für die Einliegerwohnung für die Zeit von Juli 2005 bis November 2006 in Höhe von 467,50 EUR geltend.

Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Er erstrebt unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Zahlung von 8.123,50 € nebst Zinsen.

II.

Die Berufung des Klägers hat keine Aussicht auf Erfolg.

Das Landgericht hat zu Recht einen Anspruch auf Vorschusszahlung zur Mängelbeseitigung an der Fäkalienhebeanlage oder auf Nutzungsausfall gemäß §§ 434, 437 Nr. 3, 440, 280, 281 BGB verneint.

1) Die Parteien haben einen weitreichenden Gewährlistungsausschluss vereinbart. Eine Haftung der Beklagten käme nur in Betracht, wenn sie als Verkäufer des Hausgrundstücks ihnen bekannte Mängel arglistig verschwiegen oder gegen das Garantieversprechen, dass sich das Kaufobjekt bis zum Besitzübergang nicht gegenüber dem Zeitpunkt der Besichtigung über den gewöhnlichen Zustand verschlechtert hat, verstoßen hätten (Ziffer X Nr. 1 Absatz 2 des notariellen Kaufvertrages). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

Mit dem Landgericht ist anzunehmen, dass allein das Vorhandensein der Hebeanlage als solche anstatt eines direkten Zugangs zur Kanalisation keinen Mangel darstellt. Dies gilt insbesondere bei dem Kauf eines gebrauchten Hauses. Ob eine Hebeanlage erforderlich ist, hängt allein von den topographischen und baulichen Gegebenheiten des Hausgrundstücks ab. Maßgebend ist die Situationsgebundenheit des Hausgrundstücks. Liegt diese unterhalb der örtlichen Kanalisation, bedarf es gerade einer Hebeanlage, um das anfallende Abwasser bzw. die Fäkalien im Leitungssystem anzuheben, damit es in die höherliegende Kanalisation geleitet werden kann. Aufgrund der toppgraphischen und baulichen Gegebenheiten wäre es eher ein Mangel, wenn keine funktionsfähige Fäkalienhebeanlage in dem Hausanwesen bestünde. Dem steht nicht entgegen, dass mit der Einrichtung einer Hebeanlage erhöhte Wartungskosten verbunden sein können.

Den Beklagten hat auch keine vertragliche Nebenpflicht oblegen, den Kläger ungefragt über das Vorhandensein der Fäkalienhebeanlage aufzuklären.

2) Das Landgericht ist aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme auch zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass nicht festgestellt werden kann, dass sich die Fäkalienhebeanlage zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs am 2.7.2005 oder - entsprechend der Garantieerklärung in Ziffer X Nr. 1 2. Abs 2. Alt. des notariellen Kaufvertrages - in dem Zeitraum zwischen Besichtigung des Hausgrundstücks und Besitzübergang am 2.7.2005 über den gewöhnlichen Gebrauch hinaus verschlechtert hat.

Das Landgericht führt mit Recht aus, dass trotz gewisser Hinweise auf die Mangelhaftigkeit der Anlage im Zeitpunkt des Gefahrübergangs aufgrund der gutachterlichen Stellungnahme des Sachverständigen und Beratenden Ingenieurs S. im selbständigen Beweisverfahren (3 H 15/05, GA 27 ff.) nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Hebeanlage bei Gefahrübergang schon defekt war.

Der Sachverständige hat zwar festgestellt, dass sich die Fäkalienhebeanlage in einem derartig desolaten Zustand befindet, dass eine Reparatur mit einem vertretbaren Aufwand nicht mehr möglich sei. Außerdem hat er einen systemwidrigen Anschluss der Drainageleitung an die Abwasserhebeanlage festgestellt. Dies hat zur Folge, dass aus einem geschlossenen Abwassersystem inkl. Hebeanlage ein offenes System entsteht. Das Abwasser wird nicht über die Abwasserhebeanlage in die Kanalisation geführt, sondern von einer Sickerwasserpumpe in das höherliegende Abflussrohr und sodann in den Kanal gepumpt. Der Sachverständige sah sich jedoch nicht in der Lage eine Feststellung darüber zu treffen, ob die Mängel an der Hebeanlage bereits vor dem Tag der Besitzübergabe am 2.7.2005 vorgelegen haben.

3) Das Landgericht führt zutreffend aus, dass die Voraussetzungen für eine Unwirksamkeit des Haftungsausschlusses nach § 444 BGB nicht vorliegen. Das Landgericht ist aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass den Beklagten kein arglistiges Verhalten vorgeworfen werden kann.

Eine Arglisthaftung wegen der Täuschung durch Verschweigen offenbarungspflichtiger Mängel setzt nach der Rechtsprechung voraus, dass dem Verkäufer Fehler bekannt waren oder er sie zumindest für möglich hielt und er billigend in Kauf nahm, dass dem Käufer diese Fehler nicht bekannt waren und er bei deren Offenlegung den Kaufvertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (vgl. nur BGH, NJW-RR 1996, 1332; BGH, NJW-RR 1992, 333). Das Tatbestandsmerkmal der Arglist erfasst damit nicht nur ein Verhalten des Veräußerers, das von betrügerischer Absicht getragen ist, sondern auch solche Verhaltensweisen, die auf bedingten Vorsatz im Sinne eines "Fürmöglichhaltens" und "Inkaufnehmens" reduziert sind und mit denen kein moralisches Unwerturteil verbunden sein muss (BGH, IBR 2002, 383; OLG Koblenz, OLGR 2006, 527 IBR 2006, 232; OLG Koblenz, Beschluss vom 09.11.2006 - 10 U 952/06).

Es ist nicht erwiesen, dass den Beklagten der Mangel der Hebeanlage positiv bekannt war. Die Zeugen R. und W. F, haben übereinstimmend bekundet, dass sie noch am ersten Juniwochenende 2005 bei den Beklagten in A. zu Besuch gewesen seien und diesen beim Umzug geholfen haben. Sie hätten in der Einliegerwohnung gewohnt, dort geduscht und auch die Toilette benutzt. Es habe weder eine Überflutung noch einen Rückstau gegeben. Auch der Zeuge S., ein Nachbar der Parteien, hat ausgesagt, dass die Beklagte zu 1) bis zum Schluss, gemeint ist bis zum Auszug der Beklagten Anfang Juni 2005, gewaschen habe. Da die Entwässerung des Abwassers, auch der Waschmaschine, die im Keller des Anwesens aufgestellt war, über die Hebeanlage erfolgt sei, hätte unzweifelhaft seiner Auffassung nach ein Nichtfunktionieren der Hebeanlage zu einer Überflutung des Kellergeschosses und damit auch der Einliegerwohnung führen müssen. Letztere Schlussfolgerung des Zeugen S. muss zwar nicht zwingend sein, da aufgrund der Bekundungen des Sachverständigen S. das Abwasser und die Fäkalien über die Sickerpumpe in das höherliegende Abflussrohr und sodann in den Kanal gepumpt worden sein können. Aufgrund der Angaben der Zeugen sind jedoch keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass den Beklagten bei Vertragsschluss oder vor Besitzübergabe Mängel an der Abwassereinrichtung bekannt waren und sie diese dem Kläger gegenüber arglistig verschwiegen hätten.

Die Berufung rügt ohne Erfolg übergangenes Beweisangebot, weil das Landgericht die Zeugin P. nicht dazu befragt habe, ob zwischen 2.7. bis 26.7. 2005 an der Hebeanlage keine Veränderungen vorgenommen worden seien. Hierauf kommt es nicht an, denn selbst wenn die Hebeanlage vor dem 2.7.2005 defekt gewesen sein sollte, musste dies den Beklagten nicht sofort aufgefallen sein. Überschwemmungen oder Rückstauereignisse sind nicht eingetreten. Hierzu sind die Zeugen befragt worden.

Soweit die Berufung darauf hinweist, dass der Kläger über die Funktionsfähigkeit der zur Decke reichenden Rohre getäuscht worden sei, mag dahinstehen, ob es eine solche Äußerung gegeben hat. Denn diese (bestrittene) Äußerung soll nach Vortrag des Klägers erst anlässlich der Übergabe des Hauses am 2.7.2005 erfolgt sein. Maßgebend ist aber der Vertragsschluss.

Die Berufung hat aus den dargelegten Gründen keine Aussicht auf Erfolg.

Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 8.123,50 € festzusetzen.

Ende der Entscheidung

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