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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 07.05.2009
Aktenzeichen: 2 U 856/08
Rechtsgebiete: UKlaG, BGB, BGB-InfoV


Vorschriften:

UKlaG § 2 a
UKlaG § 4
UKlaG § 13
BGB § 675 a
BGB-InfoV § 1 Nr. 7
BGB-InfoV § 12
Eine Pflicht der Bank gegenüber einem Verbraucherschutzverband zur Einsicht in das aktuelle Preis- und Leistungsverzeichnis bzw. zur unentgeltlichen Zurverfügungstellung desselben lässt sich weder aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 675 a BGB noch aus § 1 Nr. 7, 12 BGB-Informationspflichtenverordnung, BGB-InfoV, herleiten. Eine solche Verpflichtung der Bank besteht nur gegenüber Kunden oder potentiellen Kunden, nicht aber gegenüber einem Verbraucherschutzverband.
Gründe:

Der Senat hat die Sache beraten. Er erwägt die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Die Berufung hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Die Gründe werden nachfolgend dargestellt. Dem Kläger wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis zum 28. Mai 2009. Es wird um Mitteilung gebeten, ob die Berufung aufrechterhalten bleibt.

I.

Der Kläger ist ein Verbraucherschutzverband, der in die Liste der qualifizierten Einrichtungen gemäß 4 UKlaG eingetragen ist. Am 19.06.2007 suchten Mitarbeiter des Klägers die Geschäftsräume der Beklagten in Bad Kreuznach auf und baten um Einsicht in das komplette aktuelle Preis- und Leistungsverzeichnis der Beklagten, was ihnen verweigert wurde.

Der Kläger verlangt Verurteilung zur Unterlassung der Einsichtsverweigerung, Zurverfügungstellung des aktuellen Preis- und Leistungsverzeichnisses und hat beantragt:

1. es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR (in Worten: zweihundertfünfzigtausend EURO) ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollstrecken an einem der Vorstandsmitglieder, zu unterlassen, Interessenten, die Verbraucher sind, die Einsichtnahme in ihr vollständiges Preis- und Leistungsverzeichnis zu verweigern.

2. ihm auf Verlangen unentgeltlich per Email, Fax oder Briefpost ein aktuelles vollständiges Preis- und Leistungsverzeichnis zur Verfügung zu stellen.

Die Beklagte hat vorgetragen, zwischen den Prozessbevollmächtigten der Parteien sei eine Vereinbarung getroffen worden, dass vor rechtskräftigem Abschluss eines näher bezeichneten Verfahrens vor dem OLG Frankfurt a.M. in gleichgelagerten Fällen - wie dem vorliegenden - keine gerichtlichen Verfahren eingeleitet werden. Die Klage sei deshalb bereits unzulässig. Ein Verstoß gegen die Informationspflicht nach § 675a BGB liege nicht vor. Die beiden Repräsentanten des klagenden Verbandes seien nicht als potentielle Kunden aufgetreten. Vielmehr seien sie offen als Vertreter des Verbandes in Erscheinung getreten und hätten Einsicht im Rahmen eines in Anspruch genommenen Prüfungsrechtes verlangt. Ein Anspruch auf Zurverfügungstellung eines Preis-Leistungsverzeichnisses stünde dem klagenden Verband ebenfalls nicht zu.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dem klagenden Verband stehe kein Unterlassungsanspruch gemäß § 2 a UKlaG zu. Die Beklagte habe ihre Informationspflicht gemäß § 675 a BGB nicht verletzt. Die beiden Repräsentanten des Klägers seien nicht als Kunden oder potentielle Kunden aufgetreten sondern hätten als Vertreter des Verbandes ein Prüfungs- und Einsichtsrecht in Anspruch genommen. § 675 a BGB statuiere keine allgemeine Informationsverpflichtung gegenüber jedermann, sondern lediglich gegenüber dem Kunden oder potentiellen Kunden. Die Regelung diene dem Schutz des Verbrauchers, d.h. hier des Kunden oder potentiellen Kunden, nicht eines Verbandes.

Der Gesetzgeber habe den klagebefugten Stellen kein ausdrückliches Recht auf Einsichtnahme oder Auskunft zugebilligt. Für eine entsprechende Anwendung des § 675 a BGB sei kein Raum, da der klagende Verband für die Durchführung seiner Arbeiten nicht auf ein Einsichtsrecht angewiesen sei. Eine Auskunftsverpflichtung ergebe sich auch nicht aus Treu und Glauben.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung.

II.

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.

Das Landgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Dem klagenden Verband steht weder ein Anspruch auf Unterlassung der Einsichtsverweigerung noch auf Zurverfügungstellung des aktuellen Preis- und Leistungsverzeichnisses zu. Bei dem klagenden Verband handelt es sich um eine qualifizierte Einrichtung im Sinne von § 4 UKlaG. Der Kläger ist gemäß § 2 Abs. 1 UKlaG berechtigt, im Falle des Verstoßes gegen verbraucherschützende Vorschriften den Anspruchsgegner auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen. Das Unterlassungsklagengesetz statuiert jedoch über die dort spezifisch geregelten Fälle hinaus (vgl. § 13 UklaG) keine allgemeinen Einsichts-, Auskunfts- und Übermittlungsansprüche.

Entgegen der Auffassung der Berufung lässt sich weder aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 675 a BGB noch aus § 1 Nr. 7, 12 BGB-Informationspflichtenverordnung, BGB-InfoV, eine Pflicht der Beklagten zur Einsicht in das aktuelle Preis- und Leistungsverzeichnis bzw. zur unentgeltlichen Zurverfügungstellung desselben herleiten. Zur Informationsverschaffung verpflichtet ist jede natürliche oder juristische Person sowie jede rechtsfähige Personengesellschaft, die zur Besorgung von Geschäften öffentlich bestellt ist oder sich dazu öffentlich erboten hat (Münchener Kommentar, 5. Aufl. 2009, § 675 a Rn. 3-4). Diese Verpflichtung gewährt dem Interessenten einen individuellen Informationsanspruch (Palandt-Sprau, BGB, 68. Aufl. § 675 a Rn. 1/6; BT-Drs. 14/745, S. 15). Zu Recht führt das Landgericht aus, dass hiermit nur Kunden oder potentielle Kunden, nicht aber Verbraucherschutzverbände erfasst sind. Wie das Landgericht zutreffend ausführt, ist die Regelung im Hinblick auf Verbraucherschutzrichtlinien der Europäischen Gemeinschaft in das BGB eingeführt worden. Die Vorschrift dient dazu, dem Verbraucher bestimmte Informationen an die Hand zu geben, die er benötigt, um sich eine eigenverantwortliche Vorstellung von den Bedingungen machen zu können, die er bei einer Kontrahierung mit dem Bankinstitut eingeht. Von diesem Personenkreis sind aber nur Kunden oder potentielle Kunden des Kreditinstituts betroffen. Es besteht kein Bedürfnis den Anwendungsbereich des § 675 a BGB hinsichtlich des Informationsanspruchs auf Verbraucherschutzverbände auszuweiten.

Für eine analoge Anwendung des § 675 a BGB ist entgegen den von der Berufung zitierten Entscheidungen (Landgericht Nürnberg-Fürth, Entscheidungen vom 27.03.2007, Az. - 7 0 11028/05/06; vom 16.11.2006, Az. - 7 0 9856/06; vom 24.01.2007 und Anerkenntnisurteil vom 13.02.2007 Az. - 7 0 10393/06; Landgericht Frankfurt am Main, Entscheidung vom 19.01.2007, Az: - 2-02 0 267/06; OLG Bamberg, Entscheidung vom 22.02.2007, Az: - 3 W 19/07; Landgericht München I, Entscheidung vom 13.03.2007, Az: - 28 0 23152/06; Anlagen B-Kl. 1 bis 6, GA 111 ff.) kein Raum. Es liegt keine planwidrige Regelungslücke des Gesetzgebers vor. Der Gesetzgeber hat im Unterlassungsklagengesetz sehr dezidiert geregelt, in welchem Umfang er einen Unterlassungsanspruch bei verbraucherschutzwidrigen Praktiken gewährt. Soweit er Auskunftsansprüche zur Durchführung von Unterlassungsklagen normiert hat (§ 13 UKlaG) hat er die anspruchsverpflichteten Stellen und die Art der jeweiligen Dienste konkret bezeichnet (z.B. Post-, Telekommunikations-, Tele- oder Mediendienste). Hätte der Gesetzgeber über Unterlassungsansprüche hinaus weitergehend Auskunfts- und Übermittlungspflichten zugunsten Verbraucherschutzverbänden statuieren wollen, hätte er dies machen können. Entsprechendes gilt für den Bereich der BGB-Informationspflichtenverordnung. Dort sind in § 12 die Kundeninformationspflichten von Kreditinstituten geregelt, die gewisse Informationspflichten nur für deren "tatsächlichen und möglichen Kunden" vorsehen, nicht aber zugunsten Verbraucherschutzverbänden zur Vorbereitung etwaiger Unterlassungsklagen bei Verstößen gegen Verbraucherschutzvorschriften.

Eine analoge Anwendung des § 675 a BGB lässt sich auch nicht mit dem Argument rechtfertigen, der Gesetzgeber habe in §§ 3 und 4 UklaG erkennbar auf die Aktivitäten der dort genannten Verbände und Einrichtungen gesetzt, um die Verwendung unzulässiger AGB zu bekämpfen. Diese beabsichtigte Kontrolle wäre nicht wirkungsvoll, wenn den Verbänden nicht auch ein Recht zur Einsichtnahme zustände und alleine die Unternehmen es in der Hand hätten, durch Verweigerung der Einsichtnahme eine Überprüfung zu verhindern oder doch wesentlich zu erschweren (so LG Frankfurt a.M. Urteil vom 19.01.2007, 2-02 O 267/06, B-Kl. 4, GA 123). Der Senat vermag dieser Auffassung nicht zu folgen. Zur Durchsetzung seiner Aufgaben ist der klagende Verband nicht auf einen unmittelbaren Auskunftsanspruch gegenüber Kreditinstituten angewiesen. Es bestehen andere Möglichkeiten, sich die benötigten Informationen zu beschaffen, etwa über einen Kunden oder einen potentiellen Kunden des Kreditinstituts. Die Erleichterung der Arbeit des klagenden Verbandes rechtfertigt nicht die Statuierung einer solchen Auskunfts- und Übermittlungspflicht in entsprechender Anwendung des § 675 a BGB. Es ist Sache des Gesetzgebers ggf. eine Ausweitung der Rechte der Verbraucherschutzverbände vorzunehmen. Der Verweis des klagenden Verbandes, dass nach Rechtsprechung Testbeobachtungen zulässig seien (BGH Urteil vom 26.06.1981 - I ZR 71/79 - OLG Nürnberg vom 25.5.1982 - 3 U 982/82) ist für den vorliegenden Sachverhalt verfehlt. Bei der Einsichtnahme in das Preis- und Leistungsverzeichnis handelt es sich nicht um Testbeobachtungen. Der klagende Verband verhielt sich nicht wie ein Testkäufer.

Der Klageantrag zu 1) ist zudem in formeller Hinsicht zu beanstanden. Der Kläger begehrt die Festsetzung eines Ordnungsgeldes, ersatzweise Ordnungshaft nach § 890 ZPO. § 890 ZPO erstreckt sich jedoch auf Duldung oder Unterlassungen, die im Falle der Zuwiderhandlung mit einem Ordnungsgeld bzw. Ordnungshaft belegt werden können. Der Kläger verlangt in der Sache jedoch eine unvertretbare Handlung, die nach Abschluss des Erkenntnisverfahren der Vollstreckung nach § 888 ZPO unterliegt (vgl. OLG Frankfurt a.M. Hinweisbeschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO vom 8.4.2009 (BB 2, GA 172; Landgericht Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 16.11.2006 - 7 O 9856/06, B-Kl. 2, GA 114).

Die Berufung hat aus den dargelegten Gründen keine Aussicht auf Erfolg.

Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 2.500,-- € festzusetzen.

Ende der Entscheidung

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