Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 10.12.2009
Aktenzeichen: 2 U 887/09
Rechtsgebiete: EGBGB, BGB


Vorschriften:

EGBGB Art. 229 § 5 Satz 1
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 1
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 3
BGB a.F. § 195
BGB a.F. § 196 Abs. 1 Nr. 6
1. Auf Dauerschuldverhältnisse, hier Leasingvertrag, deren vertragliche Grundlage vor dem 01.01.2002 begründet wurde, finden die Verjährungsvorschriften des BGB in der seit 1.1.2003 geltenden Fassung Anwendung.

2. Obwohl es sich bei dem leasingtypischen Ausgleichsanspruch um einen vertraglichen Erfüllungsanspruch handelt, unterliegt er nicht der Umsatzsteuer. Der Ausgleichszahlung steht nach Beendigung des Leasingvertrages und Rückgabe, Verlust oder Untergang der Leasingsache keine steuerbare Leistung des Leasinggebers mehr gegenüber.


Oberlandesgericht Koblenz

Urteil vom 10.12.2009

2 U 887/09

Geschäftsnummer: 2 U 887/08

Verkündet am 10. Dezember 2009

Im Namen des Volkes

in dem Rechtsstreit

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Eck, den Richter am Oberlandesgericht Künzel und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Reinert auf die mündliche Verhandlung vom 19. November 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung des Beklagten wird unter Zurückweisung der Rechtsmittel im Übrigen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Mainz - Einzelrichterin - vom 17. Juni 2008 wie folgt abgeändert:

1) Der Beklagte wird verurteilt, über die Verurteilung durch das Landgericht hinaus weitere 4.642,18 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit 15.03.2006 zu zahlen.

2) Die Kosten des ersten Rechtszuges haben die Klägerin zu 1/4, der Beklagte zu 3/4 zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin 16/100, der Beklagte 84/100.

3) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Parteien schlossen einen Leasingvertrag am 24.03./05.04.2000 über ein Fahrzeug Audi A 6. Als Endtermin war der 29.03.2003 vereinbart. Die monatliche Leasingrate belief sich auf umgerechnet 1.085,98 €. Auf den Leasingvertrag vom 24.03./05.04.2000 wird Bezug genommen (GA 18/19).

Nachdem der Beklagte das Fahrzeug, das er an sich erwerben wollte, am Ende der Leasingzeit nicht zurückgegeben hatte, führten die Parteien vor dem Landgericht M. (6 0 124/03) einen Rechtsstreit hinsichtlich der Rückgabe des Fahrzeugs und der Zahlung von Leasingraten für den Zeitraum 30.03.03 bis 29.09.03 wegen Vertragszeitüberschreitung. Der Beklagte wurde rechtskräftig zur Herausgabe des Fahrzeugs und zur Zahlung der beantragten Leasingraten verurteilt (Oberlandesgericht Koblenz vom 29.07. 2004 - 5 U 174/04 - BB 2004, 2099; BGH, Urteil vom 01.06.2005 - VIII ZR 234/04, NJW-RR 2005, 1421).

Der Beklagte gab das Fahrzeug am 02.09.2004 zurück. Die Klägerin verlangt im vorliegenden Rechtsstreit die vereinbarten Leasingraten wegen Vertragszeitüberschreitung für den Zeitraum 30.09.2003 bis 02.09.2004 in Höhe von 12.054,38 € sowie 4.071,60 € wegen überdurchschnittlichen Verschleißes des Fahrzeugs. Hiervon bringt sie 1.300,52 € wegen Minderkilometern in Abzug und kommt so zu einer Klageforderung von 14.825,46 €. Bezüglich der Wertminderung stützt sich die Klägerin auf das Gutachten des Sachverständigen W. vom 24.04.2006 (GA 27, 28).

Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 6.519,37 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.03.2006 unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt. Es hat wegen verspäteter Rückgabe des Fahrzeugs einen Anspruch auf Entschädigung für den Zeitraum von 01.04.2004 bis 02.09.2004 zugesprochen. Ansprüche für den davor liegenden Zeitraum vom 30.09.2003 bis 31.03. 2004 seien im Hinblick auf die zweijährige Verjährungsfrist nach altem Recht unter Berücksichtung der Stichtagsregelung verjährt. Der Restbetrag belaufe sich für den Zeitraum vom 01.04.2004 bis 02.09.2004 für 155 Tage x 31,20 € auf insgesamt 4.836,98 € netto bzw. 5.610,89 € brutto. Es liege keine unzulässige Rechtsausübung seitens der Klägerin vor. Die Leasingrate stehe nicht außer Verhältnis zu dem Nutzungswert des Fahrzeugs. Der Klägerin stehe unter Berücksichtigung von vorzunehmenden Abzügen ein Anspruch wegen übermäßigen Verschleißes des Fahrzeugs in Höhe von 2.200,--€ gemäß des zeitnah erstellten Gutachtens des Sachverständigen W. zu, worauf keine Umsatzsteuer in Ansatz zu bringen sei, da es sich nicht um eine steuerbare Leistung handele. Von dem Gesamtbetrag von 7.810,89 € (5.610,89 € + 2.200,--€) seien wegen der Minderkilometer 1.300,52 € in Abzug zu bringen, so dass sich eine Forderung von 6.519,37 € ergebe. Der Erfüllungsanspruch sei auch nicht verjährt.

Hiergegen wenden sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung und der Beklagte mit seiner Anschlussberufung.

Die Klägerin verfolgt ihren Anspruch wegen des teilweise zurückgewiesen Nutzungsentgelts in Höhe von 6.443,49 € sowie des fehlenden Mehrwertsteueranteils hinsichtlich der Schäden am Fahrzeug in Höhe von 352,--€ bezogen auf die von ihr im Übrigen akzeptierte Schadensfeststellung von 2.200,--€ netto weiter.

Die Klägerin erstrebt unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Verteilung des Beklagten über den bereits ausgeurteilten Betrag von 6.510,37 EUR nebst Zinsen hinaus zur weiteren Zahlung von 6.795,49 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.03.2006. Der Beklagte begehrt mit seiner Anschlussberufung die Abweisung der Klage insgesamt.

Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angegriffenen Urteil sowie die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).

II.

Die Berufung der Klägerin ist überwiegend begründet, die Anschlussberufung ist zum Teil begründet.

1) Die Berufung greift die Ausführungen des Landgerichts zur Anwendung der zweijährigen Verjährungsfrist hinsichtlich des Vertragsüberschreitungsentgelts für den Zeitraum vom 30.09.2003 bis 31.03.2004 zu Recht an.

Nach der allgemeinen Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB ist auf Schuldverhältnisse, die - wie der vorliegende Leasingvertrag - vor dem 01.01.2002 entstanden sind, das Bürgerliche Gesetzbuch, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung anzuwenden. Zum Verjährungsrecht trifft Art. 229 § 6 EGBGB als lex specialis eine differenzierende, von dem Grundsatz des Art. § 229 § 5 EGBGB teilweise abweichende Regelung. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB bestimmt als Ausnahme von Art. 5 Satz 1 EGBGB, dass auf die am 01.01.2002 bestehenden und noch nicht verjährten Ansprüche bereits das neue Verjährungsrecht Anwendung findet. Hiervon regeln jedoch Art. 229 § 6 Abs. 3 und 4 EGBGB wiederum Rückausnahmen, die unter bestimmten Voraussetzungen zur Geltung des früheren Verjährungsrechts zurückzuführen. Nach Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB kommt es für die Frage, ob die alten oder die neuen Verjährungsfristen anzuwenden sind, auf einen Fristenvergleich an, der dazu dient, das gesetzgeberische Prinzip des Vorrangs der früher vollendeten Verjährung zu verwirklichen. Die Regelung des Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB über die Geltung des neuen Verjährungsrechts für Ansprüche aus vor dem 01.01.2002 entstandenen Schuldverhältnissen ist nicht auf die am 01.01.2002 bereits bestehenden Ansprüche beschränkt, sondern erstreckt sich - erst recht - auf solche Ansprüche, die nach dem 01.01.2002 entstanden sind (BGH, Urteil vom 19.01.2005 - VIII ZR 114/04, NJW 2005, 739). Der BGH hat dies für Gewährleistungsansprüche, die aus vor dem 01.01.2002 begründeten Schuldverhältnissen herrühren, aber erst nach dem 01.01.2002 entstanden sind, bejaht, mit der Folge, dass gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, 6 Abs. 3 EGBGB die nach altem Recht kürzeren Verjährungsfristen eingreifen (BGH, Urteil vom 26.10.2005 - VIII ZR 359/04 - NJW 2006, 44).

Entgegen der Auffassung des Landgerichts folgt hieraus jedoch nicht, dass vorliegend hinsichtlich des Anspruchs auf Vertragszeitüberschreitungsentgelt gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 und Abs. 3 EGBGB i.V.m. § 196 Abs. 1 Nr. 6 BGB a.F. (bis zum 31.12.2001) die kurze zweijährige Verjährungsfrist Anwendung finden würde. Vielmehr werden wiederum Art. 229 § 6 Abs. 1 und Abs. 3 EGBGB durch Art. 229 Art. 5 S. 2 EGBGB verdrängt. Danach gilt für Dauerschuldverhältnisse, deren vertragliche Grundlage - wie hier der Leasingvertrag aus dem Jahre 2000 - vor dem 01.01.2002 begründet wurde, die Verjährungsvorschriften des BGB in der seit 1.1.2003 geltenden Fassung (Staudinger/Peters, 2003, § 5 Rn. 5; KG Beschluss vom 02.04,2007 - 27 U 189/06, Grundeigentum 2007, 984). Hierdurch wird vermieden, dass über einen langen, nicht überschaubaren Zeitraum altes Recht anzuwenden wäre. Dem steht die Entscheidung des BGH vom 26.10.2005, NJW 2006, 44 nicht entgegen, da es dort um Gewährleistungsansprüche aus einem Kaufvertrag, nicht aber um ein Dauerschuldverhältnis ging. Danach gilt hier die allgemeine dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB.

Der Anspruch der Klägerin auf Vertragsüberschreitungsentgelt für den Zeitraum vom 30.09.2003 bis 31.03.2004 war zum Zeitpunkt des Eingangs des Mahnbescheidsantrags und des Eintritts des Hemmungstatbestandes noch nicht verjährt (§ 167 ZPO, § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB). Danach hat die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung von Vertragsüberschreitungsentgelt für weitere 178 Tage (333 ./. 155 Tage) x 31,20 + MWSt., brutto mithin 6.442,18 €.

Der Anspruch selbst ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung des § 546 a BGB. Danach kann bei Nichtrückgabe der vermieteten Sache die vereinbarte Miete, hier Nutzugsentgelt, oder die Miete (Nutzugsentgelt) verlangt werden, die ortsüblich ist. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Klägerin in Anlehnung an Ziffer XVI/4 der Leasingbedingungen (GA 25) für jeden überschrittenen Tag als Grundbetrag 1/30 der für die Vertragzeit vereinbarten monatlichen Leasingrate in Ansatz gebracht hat. Die Regelung dient dazu, Druck auf den Leasingnehmer zur rechtzeitigen Rückgabe des Fahrzeugs auszuüben.

Die Klägerin hat mit ihrer Berufung insoweit keinen Erfolg, als sie auf die ihr vom Landgericht zugesprochenen Netto-Schäden die entsprechende Mehrwertsteuer verlangt. Abweichend von den Ausführungen im Hinweisbeschluss vom 18.09.2009 (GA 305 ff.) steht der Klägerin kein Anspruch auf Hinzusetzung der Mehrwertsteuer auf den Nettobetrag zu, der von dem Landgericht hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs ermittelt wurde. Der Senat hat hierzu in seinem Hinweisbeschluss ausgeführt, dass es sich bei dem Anspruch des Leasinggebers auf Minderwertausgleich bei Rückgabe des Leasingfahrzeugs in nicht vertragsgerechtem Zustand um einen Erfüllungsanspruch und nicht um einen Schadensersatzanspruch im engeren Sinne handele. Dies folge aus der leasingtypischen Amortisationsfunktion, die dem Minderwertausgleich im Rahmen des Kfz-Leasingvertrages mit Kilometerausgleich zukomme. Der Senat hat dabei auf die Entscheidung des BGH vom 01.03.2000 (Urteil, VIII ZR 177/99 - BB 2000, 899 = NJW-RR 2000, 1303 - Bezug genommen.

Wie bereits in der mündlichen Verhandlung vom 19.11.2009 ausgeführt, hält der Senat im Hinblick auf die jüngere Entscheidung des BGH vom 14.03.2007 (VIII ZR 68/06, NJW 2007, 1066) an dieser Auffassung nicht fest. Der BGH hat in dieser Entscheidung ausgeführt, dass auch der leasingtypische Ausgleichsanspruch des Leasinggebers entgegen der herrschenden Meinung in der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht der Umsatzsteuer unterliege. Zwar handele es sich dabei um einen vertraglichen Erfüllungsanspruch. Für die umsatzsteuerliche Beurteilung komme es jedoch auf die zivilrechtliche Einordnung als Schadens- oder Ausgleichsanspruch nicht entscheidend an. Entscheidend sei vielmehr, dass der Ausgleichszahlung, nicht anders als der Schadensersatzzahlung, nach Beendigung des Leasingvertrages und Rückgabe, Verlust oder Untergang der Leasingsache keine steuerbare Leistung des Leasinggebers mehr gegenüberstehe.

2) Die Anschlussberufung ist teilweise begründet. Die Anschlussberufung wendet sich allerdings zu Unrecht gegen die Berechnung des Vertragsüberschreitungsentgelts für die Zeit vom 01.04.2004 bis 02.09.2004. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Landgericht die Tagesmiete und gemäß den Leasingbedingungen das Vertragsüberschreitungsentgelt ermittelt hat. Auf die obigen Ausführungen kann Bezug genommen werden.

Der Beklagte kann der Forderung nicht den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenhalten, weil die Summe der Leasingraten vermeintlich außer Verhältnis zum Fahrzeugwert steht.

Das Verlangen des Leasingebers nach Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe der vereinbarten Leasingrate wegen Vorenthaltung der vertragswidrig nicht zurückgegeben Leasingsache ist erst dann als unzulässige Rechtsausübung anzusehen, wenn der Zeitwert des Leasingobjekts alters- oder gebrauchsbedingt so weit abgesunken ist, dass eine Nutzungsentschädigung in Höhe der vereinbarten monatlichen Leasingrate zu dem verbliebenen Verkehrs- oder Gebrauchswert völlig außer Verhältnis steht (BGH, Urteil vom 13.04.2005 - VIII ZR 377/07 - NJW-RR 1081).

Davon kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Ausweislich der GW-Restprognose, DAT-Schützungsstelle, vom 02.09.2004 (GA 84) hat der Händlerverkaufswert ohne Schäden 12.750,--€ + MWSt. betragen. Unter Berücksichtigung der dem Beklagten anzulastenden Schäden von 400,-- € (vgl. dazu II. 2. Anschlussberufung) ergibt sich ein bereinigter Wert von 12.350,--€ zzgl. 16 % MWSt., mithin 14.326,--€. Dazu steht die Weiterzahlung der vereinbarten Leasingrate von 1.085,98 € nicht völlig außer Verhältnis. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das Landgericht aufgrund unstreitigen Vorbringens zum Stichtag am 02.09.2004 von einem Fahrzeugwert in Höhe von 10.000,--€ bis 12.000,--€ ausgegangen ist. Das Landgericht war nicht gehalten, entsprechend dem Schriftsatz des Beklagten vom 03.11.2006 nur von einem Wert von 6.825,--€ auszugehen. Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 03.11.2006, S. 4 (GA 52) lediglich ausgehend vom Vortrag der Klägerin dargelegt, dass unter Berücksichtigung der Reparaturkosten von 4.060,--€ ein Händlerverkaufswert von maximal 6.825,--€ bestehe. Keinesfalls ist von einem Händlerverkaufswert von nur 6.825,--€ ausgegangen worden. Hinzu kommt, dass der Beklagte für Reparatur- bzw. übermäßige Verschleißkosten teilweise selbst verantwortlich ist. Der Beklagte kann im Hinblick auf den Amortisationsgedanken der Klägerin nicht entgegenhalten, sie dürfe die Leasingrate bzw. das Nutzungsentgelt deshalb nicht verlangen, weil er, der Beklagte, aufgrund seiner übermäßigen Nutzung und nicht rechtzeitigen Herausgabe des Fahrzeugs zum Wertverfall selbst mit beigetragen hat.

Die Klägerin hat auch nicht treuwidrig gehandelt, weil der Beklagte das Fahrzeug nicht erwerben konnte. Dies beruhte ausschließlich darauf, dass der Beklagte nicht bereit war, die Gebrauchtwagengarantieversicherung für ein Jahr zum Preis von 438,50 € abzuschließen, um das Mängelhaftungsrisiko, das sich mit dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes deutlich erhöht hatte, zu minimieren. Dem Beklagten hat gegenüber der Klägerin kein Andienungsrecht zugestanden. In den Vorinstanzen ist rechtskräftig entschieden worden, dass dem Beklagten kein Recht zum Besitz zugestanden hat (OLG Koblenz, Urteil vom 29.07.2004 - 5 U 174/04, BB 2004, 2099; BGH, Urteil vom 01.06.2005 - VIII ZR 234/04, NJW-RR 2005, 1421).

Der Senat beanstandet jedoch, wie bereits in seinem Hinweisbeschluss vom 18.05.2009 ausgeführt (GA 311) die vom Landgericht festgestellten Schäden der Höhe nach. Das Landgericht hat gestützt auf das Gutachten des Sachverständigen W. vom 22.10.2004, das ca. 6 Wochen nach Rückgabe des Fahrzeugs am 02.09.2004 erstellt wurde, den Schaden auf 2.200,--€ netto beziffert. Das Landgericht hat es als beweisen angesehen, dass zum Zeitpunkt der Rückgabe am 02.09.2004 das Leasingfahrzeug die im Gutachten vom 22.10.2004 aufgeführten Schäden gehabt habe, soweit dies nicht in Widerspruch zum späteren Gutachten vom 09.02.2006 stehe. Ein Übergabeprotokoll ist bei Rückgabe des Fahrzeugs am 2.9.2004 nicht erstellt worden. Der Sachverständige hat jedoch in seinem Gutachten vom 09.02.2006 (GA 28) ausgeführt, dass er selbst Standschäden nicht ausschließen könne. Darüber sind verschiedene Positionen aufgeführt, ohne dass sicher ist, dass der Beklagte für diese Schäden die Verantwortung trägt.

Das Landgericht hat in seinem Urteil bereits die Position 5 (Steinschlagschäden auf Motorhaube) des DAT-GW-Prüfgutachten vom 09.02.2006 (GA 27 f.) bzw. 26.10.2004 (GA 222 f.) nicht berücksichtigt, weil diese Position in dem späteren Gutachten nicht dokumentiert worden ist. Darüber hinaus seien die Positionen 11 (Steinschlagschäden auf Windschutzscheibe) und Position 16 (Fahrersitzbezug verschlissen) nur jeweils mit 200,--€ gemäß dem späteren Gutachten in Ansatz zu bringen. Der Senat ist der Auffassung, dass die Positionen 11 (Steinschlagschaden auf der Windschutzscheibe) und 16 (Fahrersitzbezug verschlissen) dem Beklagten anzulasten sind. Die übrigen in den Positionen 3 (Beschädigung der Türen), 6 (Beschädigung des Kotflügels, der Seitenteile), 8 (Beschädigung der Stoßstangen) und 19 (CD Navy fehlt) erfassten Schäden können auch nach Rückgabe des Fahrzeugs während der Standzeit entstanden sein. Es geht zu Lasten der Klägerin, wenn nicht unmittelbar bei Rückgabe des Fahrzeugs ein Übergabeprotokoll erstellt worden ist, sondern erst 6 Wochen später. Dementsprechend sind als Schäden nur insgesamt 400,--€ netto in Ansatz zu bringen. Da das Landgericht 2.200,--€ netto in Ansatz gebracht hat, sind zugunsten des Beklagten 1.800,--€ in Abzug zu bringen.

Von dem der Klägerin für weitere 178 Tage zustehenden Vertragsüberschreitungsentgelt von 6.442,18 € sind mithin 1.800,--€ in Abzug zu bringen, so dass zugunsten der Klägerin letztlich über den vom Landgericht ausgeurteilten Betrag noch weitere 4.642,18 € verbleiben. Auf die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung des Beklagten war das Urteil, wie tenoriert, abzuändern.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288, 291 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen, § 543 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf € 13.305,86 € (Berufung 6.795,49 € + Anschlussberufung 6.510,37 €) festgesetzt.



Ende der Entscheidung

Zurück