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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 21.08.2001
Aktenzeichen: 2 Ws 988/01
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 230 II
Ein Haftbefehl darf gemäß § 230 II StPO nur erlassen werden, wenn eine Vorführung nicht geeignet erscheint, die Durchführung der Hauptverhandlung sicherzustellen.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ Beschluss

Geschäftsnummer: 2 Ws 988/01

In der Strafsache

wegen Trunkenheit im Verkehr hier: weitere Haftbeschwerde

hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch die Richter am Oberlandesgericht Pott, Mertens und Henrich

am 21. August 2001 beschlossen:

Tenor:

Auf die weitere Beschwerde des Angeklagten werden die Beschlüsse der 5. Strafkammer des Landgerichts Trier vom 12. April 2001 und des Amtsgerichts Trier vom 14. März 2001 aufgehoben.

Der Haftbefehl des Amtsgerichts Trier vom 30. Januar 2001 wird aufgehoben.

Die Kosten beider Beschwerdeverfahren sowie die dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe:

Der Angeklagte ist zum Hauptverhandlungstermin vor dem Amtsgericht Trier vom 30. Januar 2001 nicht erschienen. Daraufhin hat das Amtsgericht gegen ihn Haftbefehl "gemäß §§ 230 Abs. 1, 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO" erlassen. Den Antrag des Angeklagten, den Haftbefehl aufzuheben, hat es durch Beschluss vom 14. März 2001 abgelehnt. Die dagegen gerichtete Beschwerde hat die 5. Strafkammer des Landgerichts Trier durch Beschluss vom 12. April 2001 als unbegründet verworfen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Angeklagten, der die Strafkammer nicht abgeholfen hat.

Das Rechtsmittel hat Erfolg.

Soweit sich der Haftbefehl des Amtsgerichts auf den Haftgrund des § 230 Abs. 2 StPO stützt, ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht gewahrt. Von den nach § 230 Abs. 2 StPO zur Sicherstellung der Hauptverhandlung vorgesehenen Maßnahmen hat der Vorführungsbefehl als die weniger einschneidende Maßnahme dann den Vorrang vor dem Haftbefehl, wenn anzunehmen ist, dass bereits mit der Vorführung des Angeklagten die Durchführung der künftigen Hauptverhandlung gesichert ist, (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 45. Auflage, § 230 Rdn. 19). Umstände, die gegen eine solche Annahme sprechen würden, sind weder vom Amtsgericht noch von der Strafkammer geprüft und dargelegt worden noch sind sie sonstwie ersichtlich. Bei der Terminsvorbereitung zum 30. Januar 2001 war für die gesamte Hauptverhandlung nur ein Verhandlungstag vorgesehen. Von dieser Zeitplanung dürfte auch weiterhin auszugehen sein. Anders als bei mehrtägiger Verhandlungsdauer, bei der ein Vorführungsbefehl, der lediglich der Sicherstellung des Erscheinens des Angeklagten in der Hauptverhandlung dient, dessen Anwesenheit während der gesamten weiteren Verhandlungstage nicht von vornherein gewährleistet, bedarf es bei nur eintägiger Verhandlungsdauer aber nicht schon ohne weiteres eines Haftbefehls (vgl. Beschluss des Senats vom 28. Juni 1995 - 2 Ws 387/95 - m.w.N.). Der Hinweis der Generalstaatsanwaltschaft, eine Vorführung sei angesichts der Entfernung des Wohnortes des Angeklagten vom Gerichtsort nicht geeignet, seine Anwesenheit im Hauptverhandlungstermin sicherzustellen, überzeugt nicht. Nur dann, wenn es technisch nicht möglich erscheint, den Angeklagten zügig und in angemessener Zeit zur Hauptverhandlung vorzuführen, muss ein Haftbefehl erlassen werden (vgl. LR-Gollwitzer, StPO, 25. Auflage, § 230 Rdn. 33 a). Hiervon kann vorliegend jedoch keine Rede sein. Der Angeklagte wohnt in der Nähe von F.. Die Strecke von F. nach T. kann durchgehend auf Autobahnen (A6/62/1) zurückgelegt werden; die Fahrzeit dürfte kaum mehr als drei Stunden betragen.

Für das Vorliegen des von dem Amtsgericht ebenfalls angeführten Haftgrundes der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO) bestehen keine Anhaltspunkte.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung des § 467 StPO.

Ende der Entscheidung

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