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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 14.08.2001
Aktenzeichen: 3 U 242/97
Rechtsgebiete: ZVG, BGB, ZPO


Vorschriften:

ZVG § 10 Abs. 1 Nr. 3
BGB § 257
BGB § 670
BGB § 774
ZPO § 711
ZPO § 708 Nr. 10
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Geschäftsnummer: 3 U 242/97

Verkündet am 14.08.2001

OBERLANDESGERICHT KOBLENZ

IM NAMEN DES VOLKES TEILURTEIL

In Sachen

wegen Aufwendungsersatzes

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Kubiak, den Richter am Oberlandesgericht Becht und den Richter am Landgericht Heilmann auf die mündliche Verhandlung vom 19. Juni 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 10. Januar 1997 wird insoweit zurückgewiesen, als der Beklagte zur Zahlung von 100.000 DM nebst 4 % Zinsen seit 13.12.1996 verurteilt worden ist.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Hohe von 120.000 DM abwenden, es sei denn, dass die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Zahlung von 170.839,50 DM, die sie ihrerseits an die ..... bank S............ e.G. zur Ablosung einer zu deren Gunsten bestellten Grundschuld auf ihrem -- der Klägerin -- Grundstuck R............ in U.... gezahlt hat.

Der Beklagte erwarb Ende 1993 von dem Dipl. Ing. H.......... S....., dem Ehemann der Klägerin, dessen Gesellschaftsanteile an der S...... & B...... Engineering GmbH zum Kaufpreis von 325.000 DM. Zur Finanzierung des Anteilserwerbs gewährte die ..... bank S............ e.G. dem Beklagten Kredite in Höhe des Kaufpreises (GA Bl. 125), zu deren teilweiser Absicherung die Klägerin eine mit 16 % zu verzinsende Grundschuld auf ihrem Grundstück bestellte, was durch eine entsprechende Abtretung einer zu Gunsten der Sparkasse N...... eingetragenen Grundschuld (GA Bl. 8) durch die Sparkasse N...... erfolgte.

Die Eintragung im Grundbuch wurde am 22.02.1994 vorgenommen (GA Bl. 15).

Die Verhandlungen mit der ..... bank S............ e.G. führte der Streithelfer, der seit 1988 auch Steuerberater des Beklagten war.

Nachdem bereits 1994 Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft gestellt worden war und der Beklagte seinen Zahlungsverpflichtungen aus den Darlehen nicht nachkam, kündigte die ..... bank die Geschäftsverbindung auf und nahm die Klägerin aus der Grundschuld in Anspruch (GA Bl. 16 - 18).

Ihrem an den Beklagten gerichteten Begehren auf Freistellung von der Bürgschaftsverpflichtung (GA Bl. 19) kam dieser nicht nach, weshalb die Klägerin ihn in vorliegendem Rechtsstreit zunächst auf Freistellung in Anspruch nahm. Zur Abwendung der Zwangsvollstreckung zahlte die Klägerin schließlich am 01.07.1996 an die ..... bank S............ e.G. 170.839,50 DM (GA Bl. 108--110), deren Zahlung sie nunmehr vom Beklagten verlangt. Es handelt sich dabei um den Grundschuldbetrag von 100.000 DM, 16 % Zinsen hieraus für die Zeit vom 11.08.1992 bis 01.07.1996 von insgesamt 62.311,05 DM sowie von der ..... bank S............ e.G. verlangte Rechtsanwaltskosten in Höhe von 8.528,45 DM.

Die Klägerin hat vorgetragen,

sie habe die Sicherheit im Auftrag des Beklagten gestellt. Die Finanzierung habe im alleinigen Interesse des Beklagten gelegen, der auf den Kauf der wertmäßig dem Preis entsprechenden Gesellschaftsanteile gedrängt habe.

Der Streithelfer habe nicht in ihrem oder ihres Ehemanns Interesse gehandelt, sondern als neutraler Vermittler.

Sie müsse die zur Abwendung der Vollstreckung benötigte Summe mit einem Zinsaufwand von 9 %, fremdfinanzieren.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 170.839,50 DM nebst 9 % Zinsen seit 01.07.1996 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen,

die Sicherheitenbestellung sei im maßgeblichen bzw. primären Interesse der Klägerin und ihres Ehemannes erfolgt, da ohne diese eine Veräußerung der wertlosen Anteile an ihn -- den Beklagten -- nicht möglich gewesen wäre. Die Gesellschaftsanteile seien bereits im Zeitpunkt der Veräußerung ohne wirtschaftlichen Wert gewesen, weil die Gesellschaft konkursreif gewesen sei. Die Klägerin habe aufgrund der besonderen Interessenlage und der Finanzsituation des Beklagten gegenüber der ..... bank S............ e.G. einen formlosen Verzicht auf Geltendmachung eines Befreiungsanspruchs gegen den Beklagten erklärt.

Das Landgericht hat den Beklagten mit Urteil vom 10. Januar 1997 zur Zahlung von 170.839,50 DM nebst 9 % Zinsen seit 13.12.1996 verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen.

Es hat das Bestehen eines -- bestrittenen -- Auftragsverhältnisses dahinstehen lassen und ausgeführt, der Klägerin stehe in jedem Fall ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag zu. Selbst wenn die Klägerin ein wirtschaftliches Interesse ihres Ehemannes durch die Sicherheitenbestellung habe fördern wollen, habe sie doch zumindest auch im Interesse des Beklagten gehandelt, der als Anteilserwerber die Finanzierung des Kaufpreises habe sicherstellen müssen. Die Besicherung durch die Klägerin sei auch für den Beklagten objektiv nützlich gewesen und habe auch offensichtlich seinem damaligen Willen entsprochen. Einredeweise geltendgemachte Ansprüche wegen behaupteter Pflichtverletzungen des Ehemannes der Klägerin im Rahmen des Anteilsverkaufs könne der Beklagte der Klägerin nicht entgegenhalten. Insbesondere sei nicht erkennbar, dass der Klägerin eine fehlende Werthaltigkeit der Gesellschaftsbeteiligung bekannt gewesen sei.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung, mit der er weiter die Klageabweisung erstrebt.

Er wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend im Wesentlichen vor:

Der Vertrag zwischen den Parteien einerseits und der Anteilskaufvertrag zwischen ihm -- dem Beklagten -- und dem Ehemann der Klägerin andererseits bildeten eine wirtschaftliche Einheit, weshalb er -- der Beklagte -- die sich aus dem Kaufgeschäft ergebenden Einwendungen auch der Klägerin entgegenhalten könne. Er -- der Beklagte -- gehe davon aus, dass der wirtschaftliche Hintergrund des Erfordernisses der Besicherung und die wirtschaftlich desolate Situation der Gesellschaft mit hohen Verlusten in kurzer Zeit der Klägerin zumindest in den Grundzügen aufgrund der Informationen durch ihren Ehemann und den Streithelfer bekannt gewesen seien (Bew: PV Klägerin). Alles andere widerspräche der Lebenserfahrung.

Zumindest hätten die Klägerin bzw. ihr Ehemann auf ein eventuelles Nichtwissen bei den Vertragsverhandlungen hinweisen müssen. Da sie dies zumindest fahrlässig unterlassen hätten, hafteten sie nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo.

Der tatsächliche Anfall der Anwaltskosten sei nicht schlüssig dargetan. Es sei auch nicht ersichtlich, wieso er -- der Beklagte -- verpflichtet sein konnte, diese Kosten zu tragen.

Die 16 % Zinsen für den Zeitraum vom 11.08.1992 bis 01.07.1996 schulde er aus mehreren Gründen nicht. Die Klägerin habe ihn erstmals am 07.06.1995 zur Erfüllung der durch die Grundschuld besicherten Verbindlichkeiten aufgefordert. Aus Schadensminderungsgesichtspunkten habe die Klägerin die Grundschuld nach der ersten Aufforderung durch die ..... bank vom 17.02.1995 ablösen müssen. Im Hinblick auf § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG sei die Klägerin im Verhältnis zur Bank zur Zinszahlung für allenfalls 2 Jahre verpflichtet gewesen, was einem Betrag von 32.000 DM entspreche. Die Zinsnebenforderung sei nicht schlüssig dargetan.

Der Beklagte beantragt,

unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und auf die Anschlussberufung unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils den -- Beklagten zu verurteilen, an sie weitere 975,00 DM zu zahlen sowie 9 % Zinsen auf die ausgeurteilte Klageforderung bereits für die Zeit ab 27.07.1996.

Sie wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend im Wesentlichen vor:

Sie sei an den Vereinbarungen zwischen ihrem Ehemann und dem Beklagten in Bezug auf den Erwerb der Gesellschaftsanteile nicht beteiligt gewesen. Selbst wenn ihrem Ehemann diesbezüglich ein Vorwurf zu machen sein sollte, wovon sie nicht ausgehe, wäre sie dafür nicht verantwortlich. Sie habe auch keinen Anlass gehabt, sich mit den Einzelheiten des Verkaufsgeschäfts vertraut zu machen und sei unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt hierzu verpflichtet gewesen. Die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft sei ihr nicht bekannt gewesen.

Das Anwaltshonorar sei für die Tätigkeit der Rechtsanwälte W.... im Auftrag der ..... bank entstanden, da der Beklagte mit der Erfüllung seiner Verpflichtungen in Verzug gewesen sei und sie -- die Klägerin -- wegen der drohenden Vollstreckung eine Vollstreckungsabwehrklage gegen die ..... bank habe erheben müssen.

Der an die ..... bank gezahlte Zinsbetrag (16 %) sei dem Beklagten zugute gekommen, weshalb er ihr -- der Klägerin -- gemäß §§ 257, 670, 774 BGB Ersatz schulde.

Der Hinweis auf § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG sei rechtlich unerheblich. Sie nehme bei der Sparkasse N...... Kredit in Höhe der Klageforderung in Anspruch, den sie mit 9 % verzinsen müsse.

Für die Zeit vom 01.07.1996 -- 26.07.1996 habe die Sparkasse N...... Ihr einen Überziehungskredit über 120.000 gewährt, den sie mit 11,25 %, also 975,00 DM, habe verzinsen müssen.

Der Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Der Streithelfer beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil (GA Bl. 138 f.), die zwischen den Parteien bis zum 18.06.2001 gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen (bis GA Bl. 298) sowie die Sitzungsniederschrift vom 19.06.2001 (GA Bl. 299 f.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Rechtsstreit ist in Bezug auf die Berufung hinsichtlich eines Teilbetrags von 100.000 DM nebst gesetzlicher Zinsen entscheidungsreif, so dass Teilurteil zu erlassen war. Wegen des weiteren mit der Berufung verfolgten Klageabweisungsanspruchs sowie der Anschlussberufung bedarf es einer Beweisaufnahme; insoweit wird auf den diesbezüglichen Beweisbeschluss Bezug genommen.

Die Berufung des Beklagten ist unbegründet, soweit er sich gegen die Verurteilung zum Ersatz des von der Klägerin an die ..... bank S............ e.G. geleisteten Betrages zur Ablösung der Grundschuld (100.000 DM) richtet.

Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen, auf die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt, hat das Landgericht einen Anspruch der Klägerin aus Geschäftsführung ohne Auftrag bejaht und Gegenansprüche des Beklagten aus seiner Vertragsbeziehung zum Ehemann der Klägerin verneint.

Die Sach- und Rechtslage ist auch bei Annahme eines Auftragsverhältnisses zwischen der Klägerin und dem Beklagten, wovon Letzterer in der Berufungsinstanz nunmehr ausgeht (GA Bl. 246), nicht anders zu beurteilen.

Anfechtungsgründe oder die bewusste oder fahrlässige Verletzung von Aufklärungspflichten seitens der Klägerin im Zusammenhang mit dem Zustandekommen des Auftragsverhältnisses zwischen den Parteien macht der Beklagte selbst nicht substantiiert geltend.

Soweit der Beklagte behauptet, die Klägerin habe ihn über die nach seiner Darstellung desolate wirtschaftliche Situation der S. ..... und B...... Engineering GmbH bewusst getäuscht oder zumindest ihn über ihre dementsprechende Unkenntnis im Unklaren gelassen, fehlt diesbezüglich ein einer Beweiserhebung zugänglicher hinreichend konkreter Vortrag des Beklagten, aufgrund welcher Umstände der Klägerin eine -- unterstellte -- wirtschaftlich schlechte Lage der Gesellschaft bekannt war oder hätte bekannt sein können.

Allein der Hinweis auf die Lebenserfahrung, nach der eine Information der Klägerin durch ihren Ehemann anzunehmen sei, genügt hierfür nicht. Die Klägerin war weder Geschäftsführerin noch Gesellschafterin der GmbH, noch ist dargetan, dass die Klägerin aufgrund ihrer Ausbildung oder beruflichen Betätigung in der Lage gewesen wäre, die Werthaltigkeit der Gesellschaftsanteile zu beurteilen. Einen Erfahrungssatz, wonach davon auszugehen ist, dass Eheleute sich in wirtschaftlichen Belangen umfassend informieren, gibt es nicht.

Das Beweisanerbieten auf Vernehmung der Klägerin als Partei liefe auf eine reine Ausforschung hinaus.

Der Beklagte kann der Klägerin auch nicht die von ihm behaupteten, sich aus dem Kaufvertragsverhältnis mit dem Ehemann der Klägerin ergebenden Einwendungen entgegenhalten.

Dies wäre nur dann denkbar, wenn der Auftrag zur teilweisen Besicherung der dem Beklagten gewährten Darlehen einerseits und der Vertrag über den Erwerb der Gesellschaftsbeteiligung andererseits nach dem Willen der Vertragsparteien kraft ihrer rechtlichen und nicht nur wirtschaftlichen Verbindung Teile eines Gesamtgeschäfts bilden sollten. Es kommt entscheidend darauf an, ob nach den Vorstellungen der Vertragschließenden die Vereinbarungen nicht für sich allein gelten, sondern gemeinsam miteinander "stehen und fallen" sollten (BGH NJW 1976, 1931/1932). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

Zwar setzt eine Geschäftseinheit nicht voraus, dass an den verschiedenen Rechtsgeschäften dieselben Personen beteiligt oder sie in einer Urkunde geregelt sind.

Gegen einen Einheitlichkeitswillen spricht aber zum einen, dass es eine schriftliche Vereinbarung zwischen den Parteien über die Besicherung nicht gibt, zum anderen auch die zeitliche Differenz zwischen dem Kaufvertragsabschluss (11.11.1993 / BA Bl. 4) und der Sicherheitenbestellung (30.12.1993 / GA Bl. 125/126).

Wirtschaftlich betrachtet war die Erfüllung des Kaufvertrages durch den Beklagten zwar davon abhängig, dass ihm das Darlehen durch die ..... bank gewährt werden würde, was wiederum ausreichende Sicherheiten bedingte. Der Bestand des Kaufvertrages sollte aber keinesfalls davon abhängen, dass gerade die Klägerin die Besicherung übernehmen würde. Dies gilt um so mehr, als die Grundschuld weniger als ein Drittel des Darlehensbetrages abdeckte.

Da der Beklagte bezüglich der Hauptschuld von 100.000 DM zur Höhe keine Einwendungen geltend gemacht hat, war der Rechtsstreit insoweit und hinsichtlich des Anspruchs auf Prozesszinsen (§ 291 BGB) entscheidungsreif und der Berufung des Beklagten der Erfolg zu versagen. Im Übrigen bedarf es vor einer abschließenden Entscheidung weiterer Aufklärung.

Die Nebenentscheidung beruht auf § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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