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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 24.04.2001
Aktenzeichen: 3 U 982/00
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Geschäftsnummer: 3 U 982/00

Verkündet am 24. April 2001

OBERLANDESGERICHT KOBLENZ

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Kubiak, den Richter am Oberlandesgericht Becht und den Richter am Landgericht Heilmann

auf die mündliche Verhandlung vom 20. März 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 26. Mai 2000 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte ist Inhaber eines Reisebüros in D.... Der Kläger buchte dort für sich und seine Familie im Dezember 1998 eine Flug- und Rundreise in der Zeit vom 2. Juli 1999 bis 20. Juli 1999. Der Reisepreis betrug 21.160 DM. Der Kläger schloss zudem über das Reisebüro eine Reiseversicherung (Rat- und Tat-Paket) bei der E........... R................. AG zu einem Preis von 656 DM ab. Diese beinhaltete zwar eine Reiserücktrittskostenversicherung jedoch keine Reiseabbruchversicherung. Den Versicherungsschein mit den Versicherungsbedingungen erhielt der Kläger vor Beginn der Reise.

Kurz nach Antritt der Reise musste diese abgebrochen werden, weil der Schwiegervater des Klägers plötzlich verstorben war. Der Rückflug erfolgte deshalb am 6. Juli 1999.

Der Kläger begehrt nunmehr von dem Beklagten Schadensersatz und errechnet diesen wie folgt:

Reisepreis: 21.160,00 DM Kosten für die Umbuchung des Rückfluges: 606,22 DM abzüglich Teilrückzahlung durch die Firma ... Touristik: 3.380,00 DM Gesamt: 18.386,22 DM.

Das Landgericht Koblenz hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme die Klage mit Urteil vom 26. Mai 2000 abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er ist der Auffassung:

Der Beklagte sei zum Schadensersatz verpflichtet, weil er nicht für eine umfassende Absicherung der Reise einschließlich einer Reiseabbruchversicherung gesorgt habe. Er, der Kläger, sei mehrfach zur Planung und Buchung der Reise im Reisebüro des Beklagten gewesen und sei dort von dem Beklagten und nicht von der Zeugin H... umfassend über die Reise beraten worden. Bei einem der Gespräche habe der Kläger dem Beklagten von einem Vorfall eines Nachbarn berichtet, der in den USA verstorben sei. Hierdurch seien erhebliche Kosten entstanden, die mangels Versicherungsschutzes die Ehefrau des Verstorbenen habe tragen müssen. Der Kläger habe gegenüber dem Beklagten insofern deutlich gemacht, dass er auch für einen solchen Fall umfassend kostenmäßig abgesichert sein möchte. Gleichwohl habe der Beklagte zur Absicherung der Reise lediglich das Rat- und Tat-Paket der E........... R. ...........- .... AG gebucht, das eine Reiseabbruchversicherung unstreitig jedoch gerade nicht enthalte.

Die in erster Instanz vernommene Zeugin H... sei unglaubwürdig. Ihre Aussage sei bereits in sich widersprüchlich und entspreche nicht dem Vortrag des Beklagten.

Selbst unter Zugrundelegung der Aussage der Zeugin H... liege ein Beratungsverschulden vor. So sei die Zeugin H... als Mitarbeiterin des Reisebüros verpflichtet gewesen, den vom Kläger begehrten Versicherungsumfang zu ermitteln und über die verschiedenen Möglichkeiten eines Versicherungsschutzes aufzuklären. Offensichtlich sei die Zeugin H... jedoch selbst von einem umfassenden Versicherungsschutz durch das Rat- und Tat-Paket ausgegangen.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist jedoch unbegründet.

Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von 18.386,22 DM aus einer positiven Vertragsverletzung des Geschäftsbesorgungsvertrages (§ 675 BGB). Eine Pflichtverletzung durch den Beklagten oder seiner Mitarbeiterin, der Zeugin H..., ist auch nach erneuter Durchführung der Beweisaufnahme vor dem Senat nicht erwiesen.

Im Zusammenhang mit der Buchung einer Reise ist das vermittelnde Reisebüro grundsätzlich verpflichtet, den Kunden durch eine umfassende Beratung vor einem finanziellen Schaden zu schützen. In diesem Zusammenhang liegt zum einen eine Pflichtverletzung des Reisebüros dann vor, wenn über den Umfang eines Versicherungspaketes fehlerhaft aufgeklärt wird (vgl. LG Frankfurt NJW-RR 1999, 1145).

Zum anderen kann die Beratungspflicht auch die Empfehlung zum Abschluss von Reiseversicherungen erfassen. Diese Empfehlung ist dann grundsätzlich ungefragt zu erteilen. Sie beschränkt sich jedoch ohne gesonderte Anhaltspunkte auf die üblichen Reiseversicherungen (vgl. Tempel NJW 1999, 3660; Führich, ReiseR, 3. Aufl. 1998, Rdnr. 577). Zu diesen üblichen Reiseversicherungen zählten jedenfalls zum hier fraglichen Zeitpunkt Ende 1998 die Reiserücktrittskostenversicherung, die Reisekrankenversicherung, die Reisehaftpflichtversicherung und die Reisegepäckversicherung, nicht hingegen die Reiseabbruchversicherung. Die Reiseabbruchversicherung stellte Ende 1998 eine gesonderte Versicherung dar, die grundsätzlich in den Reiseversicherungspaketen, wie auch im konkreten Fall, nicht enthalten war. Eine gesonderte Mitteilung über den insoweit nicht vorhandenen Versicherungsschutz bei Abschluss eines Versicherungspaketes bedurfte es seitens des Reisebüros deshalb nicht (vgl. AG München, VersR 1999, 578).

Eine solche gesonderte Aufklärung ist allenfalls dann notwendig, wenn der Kunde in einem Gespräch deutlich macht, dass es ihm gerade auch auf eine Absicherung für den Fall eines Reiseabbruchs ankommt. Ohne das Vorliegen besonderer Umstände ist das Reisebüro auch nicht verpflichtet, den vom Kunden beabsichtigten Versicherungsschutz im Einzelnen zu erfragen und über die Möglichkeit einer gesonderten Reiseabbruchversicherung aufzuklären. Denn der Verkauf von Reiseversicherungen und deren Vermittlung stellt für das Reisebüro lediglich eine untergeordnete Nebenleistung dar (vgl. Führich, a.a.O.). Dies gilt auch bei einem Reisepreis von 21.160 DM.

Auch nach nochmaliger Vernehmung der Zeuginnen L.... und H... und der Befragung der Parteien sieht der Senat weder das Vorhandensein von besonderen Umständen für eine notwendige Aufklärung über den gesonderten Abschluss einer Reiseabbruchversicherung noch eine fehlerhafte Erläuterung des Umfangs des gebuchten Versicherungspaktes als erwiesen an.

Zwar hat die Zeugin L.... bekundet, sie sei bei dem maßgeblichen Gespräch im Reisebüro des Beklagten am 30. Dezember 1998 anwesend gewesen. An diesem Tag habe ihr Mann und sie mit dem Beklagten persönlich gesprochen. Die Zeugin H... habe sich an diesem Gespräch hingegen nicht beteiligt. Ihr Mann habe dem Beklagten in diesem Zusammenhang erklärt, dass man umfassend versichert sein möchte. Dabei sei auch die USA Reise eines Nachbarn angesprochen worden, der während der Reise verstorben sei. Auf die Ehefrau des Nachbarn seien enorme Kosten bezüglich der Rückführung des Verstorbenen zugekommen. Daraufhin habe der Beklagte das Rat- und Tat-Paket als Reiseversicherung angeboten und erklärt, damit sei jedes Risiko abgedeckt. Diesen geschilderten Sachverhalt hat der Kläger im Rahmen seiner persönlichen Befragung vor dem Senat ebenfalls bestätigt.

Dem steht jedoch die Aussage der Zeugin H... entgegen. Die Zeugin H... bekundete, sie habe die wesentlichen Gespräche mit dem Kläger über die beabsichtigte Reise geführt und ihn dabei auf eine Reiserücktritts- und Reisekrankenversicherung angesprochen. Nach einer Erklärung des Klägers, sie solle ein Versicherungspaket abschließen, habe sie aus den verschiedenen Paketen das am günstigsten Erscheinende ausgesucht. Im Zusammenhang mit dem Unterschreiben der Buchungsunterlagen habe sie dem Kläger im Einzelnen erklärt, was in dem Paket enthalten sei. Dabei sei ein Vorfall aus der Nachbarschaft und den damit zusammenhängenden Kosten von Seiten des Klägers nicht geschildert worden.

Aufgrund dieser Aussagen und deren Würdigung unter Berücksichtigung der Anhörung der Parteien im Termin vom 20. März 2001 sowie der weiteren Tatsachen konnte der Senat nicht die für eine Verurteilung erforderliche subjektive Überzeugung (vg. BGH NJW 1993, 937; Zöller-Greger, Kommentar zur ZPO, 22. Aufl. 2001, § 286 Rdnr. 19) von einer Pflichtverletzung gewinnen.

Die Zeugin L.... als Ehefrau des Klägers als auch die Zeugin H... als Tochter des Beklagten haben ein Eigeninteresse am Ausgang des Verfahrens. Die Zeugin H... konnte die möglichen Widersprüche in der erstinstanzlichen Zeugenaussage im Rahmen der Vernehmung vor dem Senat ausräumen. Auch hat sie das Zustandekommen der missverständlichen Formulierungen im vorprozessualen Schreiben der erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten vom 7. Oktober 1999 (Bl. 13 GA) für den Senat nachvollziehbar erklären können. In diesem Schreiben ist entgegen der Auffassung des Klägers zudem nicht festgelegt, wann die Frage des Versicherungsschutzes erstmalig erörtert wurde.

Die Aussage der Zeugin H... steht im Übrigen nicht im Widerspruch zu dem Vortrag des Beklagten. Zwar hat die Zeugin H... bekundet, sie habe den Kläger auf den Abschluss einer Reiseversicherung angesprochen. Aus der Formulierung in der Klageerwiderung ergibt sich jedoch nicht zwingend, dass der Kläger im Hinblick auf den Abschluss einer Reiseversicherung die Initiative ergriffen haben soll.

Der Beklagte hat bei seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, die Telefonnummer des Klägers auf die Optionsbuchung vom 17. Dezember 1998 notiert zu haben. Selbst wenn dies seine Ursache in einem Gespräch zwischen den Parteien hatte, so kann hieraus auch im Zusammenhang mit den Zeugenaussagen und der Anhörung der Parteien nicht mit der erforderlichen Überzeugung des Senats auf die behaupteten Erklärungen und damit auf eine Beratungspflichtverletzung des Beklagten geschlossen werden. Nach alledem sieht der Senat eine positive Vertragsverletzung durch den Beklagten im Rahmen seiner Beratungspflichten nicht als erwiesen an, so dass die Berufung zurückzuweisen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 18.386,22 DM festgesetzt. In dieser Höhe ist der Kläger beschwert.

Ende der Entscheidung

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