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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 05.03.2001
Aktenzeichen: 3 W 131/01
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 411 Abs. 2 Satz 3
ZPO § 380 Abs. 2
ZPO § 92 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BESCHLUSS

3 W 131/01 9 O 191/96 LG Mainz

In dem Rechtsstreit

wegen Schadensersatzes

hier: Beschwerde des Sachverständigen Dr.- Ing. E..... D......, .........................................

gegen die Fesetztung von Ordnungsgeldern

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Kubiak und die Richter am Oberlandesgericht Becht und Ritter

am 05. März 2001

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerden des Sachverständigen Dr.- Ing. D...... werden die Beschlüsse der 9. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 21.März 2000 und 11.Mai 2000 aufgehoben.

Die weitergehenden Beschwerden werden zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat die Hälfte der Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe:

Durch Beschluss vom 27. Januar 1998 hat das Landgericht die Überarbeitung des zuvor verfassten Gutachtens des Sachverständigen vom 27.12.1997 angeordnet. Nachdem trotz mehrfacher Ankündigungen des Sachverständigen, das Gutachten zu bestimmten Zeitpunkten vorzulegen, dieses nicht eingegangen war, hat das Landgericht nach vorangegangenen entsprechenden Fristsetzungen und Androhungen durch Beschlüsse vom 20.12.1999, 26.01.2000, 21.03.2000 und 11.05.2000 Ordnungsgelder von 500 DM, 750 DM und zweimal je 1.000 DM gegen den Sachverständigen festgesetzt. Aufhebungsanträge hat das Landgericht zurückgewiesen und den schließlich erhobenen Beschwerden des Sachverständigen vom 28.11.2000 nicht abgeholfen.

Die Beschwerden gegen die Beschlüsse vom 21.03.2000 und 11.05.2000 sind begründet, diejenigen gegen die Beschlüsse vom 20.12.1999 und 26.01.2000 sind unbegründet.

Die beiden letztgenannten Entscheidungen entsprechen der Sach- und Rechtslage. Mit zutreffenden Erwägungen hat das Landgericht die Voraussetzungen für die Anordnung der Ordnungsmittel gegen den Sachverständigen bejaht. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die Ausführungen in den angefochtenen Beschlüssen und diejenigen in der Nichtabhilfeentscheidung vom 19.02.2001 Bezug.

Abgesehen von dem 4-monatigen Zeitraum, in dem über ein Befangenheitsgesuch gegen den Sachverständigen zu entscheiden und er daher an der Bearbeitung des ihm erteilten Auftrags aus Rechtsgründen gehindert war, fällt die unvertretbare Verzögerung des Rechtsstreits um - letztlich - nahezu 3 Jahre im Wesentlichen in den alleinigen Verantwortungsbereich des Sachverständigen. Der Versuch, diese Verzögerungen durch "dem Beruf nebenherlaufende notwendige Aktivitäten" ( Fortbildungslehrgänge, Verfassen eines Handbuchs ) zu entschuldigen, ist untauglich. Wenn ein Sachverständiger durch derlei Tätigkeiten in einem solchen Maße zeitlich gebunden ist, dass sie eine ordnungsgemäße Bearbeitung von Gutachtenaufträgen in einer solchen Weise wie vorliegend verhindern, muss er entweder die "nebenherlaufenden Aktivitäten" einschränken oder den Gutachtenauftrag zurückgeben.

Die mangelnde zeitnahe Mitteilung von Hinderungsgründen sowie die verzögerliche Rückgabe der Gerichtsakten im Falle deren Anforderung sind wesentliche Indizien für eine die Verhängung eines Ordnungsgeldes rechtfertigende Schlechterfüllung des Gutachtenauftrags, der sich zu guter Letzt auch noch nach nahezu 3 Jahren - zumindest für diesen Sachverständigen - als undurchführbar erwiesen hat.

Demnach war den Beschwerden gegen die Ordnungsmittelbeschlüsse über 500 DM und 750 DM ( 20.12.1999 / 26.01.2000 ) der Erfolg zu versagen. Die Festsetzung der Ordnungsgelder von je 1.000 DM ( 21.03.2000 und 11.05.2000 ) war demgegenüber unzulässig, weshalb die entsprechenden Beschlüsse aufzuheben sind.

Ob bei wiederholter Säumnis des Sachverständigen gem. § 411 Abs.2 S. 3 ZPO häufiger als zweimal ein Ordnungsgeld festgesetzt werden kann, ist streitig, wobei der Streit im Wesentlichen im Rahmen des § 380 Abs.2 ZPO bei wiederholtem Ausbleiben eines Zeugen diskutiert wird.

Der Senat schließt sich der Ansicht des OLG Celle ( OLGZ 1975, 372 f. ) an, das die Festsetzung eines dritten ( und jeden weiteren ) Ordnungsgeldes gegen einen Sachverständigen für unzulässig hält. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf den Beschluss vom 20.03.1975 - 13 W 21/75 - Bezug genommen ( ebenso: OLG Karlsruhe NJW 1967, 2166 f. ); Damrau in Münchener Kommentar, ZPO, 2. Aufl. § 411 Rdn 8; Chr. Berger in Stein-Jonas, ZPO, 21. Aufl., § 411 Rdn 8 i.V.m. § 380 Rdn 30; wohl auch: Musielak, ZPO, 2.Aufl. § 411 Rdn 6, der davon ausgeht, dass der Sachverständige nach ergebnislosem Ablauf der zweiten Nachfrist ohne Anspruch auf Vergütung zu entlassen ist [ in diesem Sinne auch: Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, ZPO, 59. Aufl. § 411 Rdn 7 sowie Zöller-Greger, ZPO, 22. Aufl. § 411 Rdn 7. ]; a.A.: Thomas / Putzo, ZPO, 22. Aufl., § 411 Rdn 4 i.V.m. § 380 Rdn 7 sowie für Zeugen: KG JZ 1960, 446 = NJW 1960, 1726 ).

Zu Recht weist Chr.Berger in Stein-Jonas a.a.O. ( für § 380 Abs.2 ZPO ) darauf hin, dass dem im Rahmen der Novellierung dieser Vorschrift im Jahre 1974 insoweit unverändert gebliebenen Wortlaut des Gesetzes ( "noch einmal" ) für die Entscheidungsfindung wesentliche Bedeutung beizumessen ist. Dem Gesetzgeber war die Diskussion um die Auslegung der Bestimmung bekannt, so dass er den Wortlaut hätte ändern müssen, wenn er ihn für unzutreffend gehalten hätte.

Die Begrenzung auf eine zweimalige Ordnungsmittelfestsetzung erscheint im Falle des Sachverständigen auch für die Verfahrensbeteiligten interessengerecht. Anders als ein Zeuge ist der gerichtlich bestellte Sachverständige in aller Regel beliebig austauschbar. Hat selbst eine zweimalige Fristsetzung und Ordnungsmittelfestsetzung, der in der Praxis regelmäßig ohnehin mehrere Sachstandsanfragen sowie Bitten und formlose Aufforderungen zur Vorlage des Gutachtens an den Sachverständigen vorangehen, keinen Erfolg gezeigt, ist es wenig wahrscheinlich, dass weitere gleichartige Maßnahmen den unwilligen oder überforderten Gutachter zum alsbaldigen Tätigwerden bewegen können. In einem solchen Fall kann es in der Regel nur im Interesse der Parteien liegen, dass schnellstmöglich ein anderer Sachverständiger beauftragt und der ursprünglich vorgesehene entschädigungslos entlassen wird.

Demnach hatte die Beschwerde einen Teilerfolg, der zur Aufhebung der Beschlüsse vom 21.03.2000 und 11.05.2000 führt.

Die Kostenentscheidung im erkannten Umfang beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 92 Abs.1 ZPO; ein weitergehender Kostenausspruch ist nicht veranlasst ( vgl. OLG Zweibrücken, MDR 1996, 533 ).

Ende der Entscheidung

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