Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 22.11.2005
Aktenzeichen: 3 W 266/05.Lw
Rechtsgebiete: LwVG, RSG, GrdstVG


Vorschriften:

LwVG § 22 Abs. 1
RSG § 10
GrdstVG § 9
GrdstVG § 9 Abs. 1
GrdstVG § 9 Abs. 1 Nr. 1
GrdstVG § 9 Abs. 2
Hofstelle als notwendige Voraussetzung für die Leistungsfähigkeit eines Landwirts.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ BESCHLUSS

Geschäftsnummer: 3 W 266/05.Lw

In der Landwirtschaftssache

Der 3. Zivilsenat - Landwirtschaftssenat - des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vizepräsident des Oberlandesgerichts Hölzer, den Richter am Oberlandesgericht Marx, die Richterin am Oberlandesgericht Speich sowie die ehrenamtlichen Richter Lambrich und Wolf,

am 22. November 2005

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landwirtschaftsgerichts bei dem Amtsgericht Bad Neuenahr-Ahrweiler vom 8. April 2005 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.

Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 14.000,-- €.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Antragsteller und der Verkäufer E... M... schlossen am 18. November 2004 einen notariellen Kaufvertrag über den im Grundbuch von K... Bl. 764 eingetragenen Grundbesitz Flur 1 Nr. 133, Ackerland, Scheuren, 225,60 ar. Der Antragsteller sollte dafür einen Kaufpreis von 14.000,-- € zahlen. Der beurkundende Notar legte den Kaufvertrag der Antragsgegnerin mit dem Antrag auf Erteilung der Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz vor. Wegen bestehender Kaufinteressen von zwei Landwirten übersandte die Antragsgegnerin den Kaufvertrag der Siedlungsbehörde nach dem Reichssiedlungsgesetz mit der Bitte um Ausübung des Vorkaufsrechts. Mit Schreiben vom 28. Januar 2005 teilte die Siedlungsbehörde der Antragsgegnerin mit, dass das Vorkaufsrecht ausgeübt werde. Mit Bescheid vom 31. Januar 2005 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass die erforderliche Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz zu der vorgenommenen Veräußerung deswegen zu versagen gewesen wäre, weil sie eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens bedeutet hätte. Während ein schlüssiges, prüfbares Betriebskonzept bei dem Antragsteller nicht zu erkennen sei, seien die Erwerbsinteressenten hauptberufliche Landwirte und nachweislich Inhaber leistungsfähiger landwirtschaftlicher Betriebe. Beide beabsichtigten mit dem Erwerb eine Aufstockung ihrer Betriebe. Der Antragsteller stellte daraufhin fristgemäß Antrag auf gerichtliche Entscheidung bei dem Landwirtschaftsgericht. Dieses versagte die Erteilung der Genehmigung durch den angefochtenen Beschluss aus den im Wesentlichen gleichen Gründen wie die Antragsgegnerin. Gegen den Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zwar gemäß § 22 Abs. 1 LwVG statthaft und auch ansonsten zulässig. Insbesondere musste sie nicht von einem Rechtsanwalt eingelegt werden (§§ 9 LwVG, 21 Abs. 2 S. 1 FGG, 78 Abs. 5 ZPO).

Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Einwendungen gegen das Vorkaufsrecht sind nach § 10 Reichssiedlungsgesetz (RSG) dann begründet, wenn - ohne Ausübung des Vorkaufsrechts - die Genehmigung des Grundstücksgeschäftes nach § 9 Grundstücksverkehrsgesetz nicht zu versagen wäre.

Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 Grundstücksverkehrsgesetz darf für die Veräußerung eines Land- und Forstwirtschaftlichen Grundstücks die Genehmigung nur versagt werden, wenn die Veräußerung eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens bedeuten würde. Nach Abs. 2 der Vorschrift liegt eine ungesunde Bodenverteilung in der Regel dann vor, wenn die Veräußerung Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht.

In seiner früheren Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof eine ungesunde Bodenverteilung in der Regel dann angenommen, wenn landwirtschaftlich genutzter Boden an einen Nichtlandwirt oder an einen Nebenerwerbslandwirt veräußert werden sollte und ein Vollerwerbslandwirt das Grundstück dringend zur Aufstockung seines Beteriebes benötigte und zum Erwerb bereit und in der Lage war. Eine Ausnahme ließ der Bundesgerichtshof unter anderem für den Fall zu, dass ein Nebenerwerbslandwirt durch Zukauf von landwirtschaftlichen Grundstücken seinen Betrieb in absehbarer Zeit zu einem leistungsfähigen Vollerwerbsbetrieb entwickelte, weil auch eine solche Maßnahme dem Ziel der Förderung und Schaffung leistungsfähiger Vollerwerbsbetriebe diente. Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof jedoch in seinem Beschluss vom 6. Juli 1990 (NJW 1991, 107) aufgegeben, weil nach den gewandelten Zielvorstellungen der Agrarpolitik im Rahmen des § 9 Abs. 1 und 2 Grundstücksverkehrsgesetz schon an der grundsätzlichen Bevorzugung von hauptberuflichen Landwirten gegenüber nebenberuflichen Landwirten nicht mehr festgehalten werden kann. Haupt- und Nebenerwerbslandwirte sollen nach diesen Zielvorstellungen gleichrangig zur Sicherung einer bäuerlichen Betriebsstruktur beitragen. Eine Verschlechterung der Agrarstruktur im Sinne des § 9 Abs. 2 Grundstücksverkehrsgesetz kann nach der Auffassung des Bundesgerichtshofs aus heutiger Sicht durch Veräußerung von landwirtschaftlichem Grund und Boden an einen Nebenerwerbslandwirt nur dann eintreten, wenn der betreffende Nebenerwerbslandwirt nicht leistungsfähig ist und der Inhaber eines leistungsfähigen (Haupt- oder Nebenerwerbs-)Betriebs auf den Landerwerb dringend angewiesen ist. Mithin bedarf es einer Unterscheidung zwischen einerseits leistungsfähigen und andererseits nicht leistungsfähigen landwirtschaftlichen Betrieben. Bei einem nicht leistungsfähigen landwirtschaftlichen Betrieb wird eine - agrarstrukturell schutzwürdige - Verbesserung der Existenzgrundlage nur dann angenommen werden können, wenn der Nebenerwerbsbetrieb aufstockungswürdig ist, d. h. wenn er wenigstens durch den Zuerwerb zu einem leistungsfähigen (Nebenerwerbs-)Betrieb wird (BGH a. a. O.).

Bei dem Antragsteller handelt es sich zumindest (in Abgrenzung zum Nichtlandwirt) um einen nicht leistungsfähigen Landwirt, der auch durch den Zuerwerb der streitigen Fläche nicht leistungsfähig würde.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob er über die behaupteten angepachteten Flächen von ca. 6 Hektar zur landwirtschaftlichen Nutzung und die angegebene Anzahl von Schafen verfügt. Zumindest in Bezug auf die Anzahl der Schafe bestehen insoweit allein aufgrund der eigenen Angaben des Antragstellers erhebliche Bedenken. Während er zunächst vortragen ließ, einen Bestand von 55 Mutterschafen zu haben (Bl. 90 GA) waren es kurze Zeit später nach seinem Vortrag 19 weibliche Kamerunschafe, 3 Kamerunschafböcke, 65 Heidschnucken-Mutterschafe mit Lamm bei Fuß und ein gekörnter Heidschnuckenbock (Bl. 112 GA). Gegenüber der land- und forstwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft hat er schließlich angegeben, im Besitz von 85 Mutterschafen und 55 Lämmern zu sein (Bl. 124 GA).

Es kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller über die für einen leistungsfähigen Nebenerwerbslandwirt notwendige Hofstelle verfügt.

Eine nebenberufliche landwirtschaftliche Tätigkeit setzt eine Hofstelle voraus (Lenz, Grundstücksverkehrsgesetz, 2. Aufl., S. 462). Das Fehlen einer kompletten Hofstelle kann nur dann als entbehrlich angesehen werden, wenn die vorhandenen Wirtschafträume für die gegenwärtige Wirtschaftsform ausreichen (Netz, a. a. O., S. 478).

Auf die fehlende Existenz einer Hofstelle, zumindest aber einer fehlenden Vorhaltung von Wirtschaftsgebäuden hat die Antragsgegnerin bereits in ihrem Schriftsatz vom 29. Juni 2005 hingewiesen (Bl. 102 GA). Der Antragsteller hat auch selbst nicht behauptet, über entsprechende Gebäude zu verfügen. Es muss deshalb davon ausgegangen werden, dass er nicht einmal im Besitz eines Stalles für seine angeblichen Schafe ist. Die Eigenschaft eines leistungsfähigen Nebenerwerbslandwirts fehlt ihm deshalb bereits aus diesem Grund.

Andererseits kann ohne weiteres angenommen werden, dass der Interessent Nußbaum auf den Landerwerb dringend angewiesen ist. Die Parzelle liegt in unmittelbarer Nähe seiner Hofstelle (Schreiben der Antragsgegnerin vom 17. Januar 2005 an die Siedlungsbehörde, Bl. 57 d. BA). Darüber hinaus führt der Erwerb der Parzelle zur Verbesserung der Bewirtschaftungsgrundlagen des Betriebes des Interessenten N... (Bl. 39 GA).

Nach alledem würde die beantragte Erteilung der Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz zu einer ungesunden Bodenverteilung führen.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 44 Abs. 1, 45 Abs. 1 LwVG.

Die Festsetzung des Geschäftswertes für das Beschwerdeverfahren ergeht aufgrund der §§ 36 Abs. 1 S. 1, 37 LwVG, 20 Abs. 1 KostO.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 24 Abs. 1 S. 2 LwVG).

Ende der Entscheidung

Zurück