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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 19.12.2000
Aktenzeichen: 4 U 1140/00
Rechtsgebiete: MarkenG, BGB, HGB, UWG, ZPO


Vorschriften:

MarkenG § 15 Abs. 2
MarkenG § 3 Abs. 1
MarkenG § 5
MarkenG § 15 Abs. 4
MarkenG § 5 Abs. 2 Satz 2
MarkenG § 4 Nr. 1
MarkenG § 4 Nr. 3
MarkenG § 4 Nr. 2
BGB § 12
HGB § 37 Abs. 2
HGB §§ 18 ff.
HGB § 30 Abs. 3
HGB § 30 Abs. 1
UWG § 1
UWG § 3
ZPO § 91
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 4 U 1140/00 3 HO 41/00 LG Koblenz

Verkündet am 19. Dezember 2000

Menzer, Amtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

in dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung

wegen markenrechtlicher, namensrechtlicher und wettbewerbsrechtlicher Unterlassung.

Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch die Richter am Oberlandesgericht Krämer und Bock sowie die Richterin am Oberlandesgericht Becht auf die mündliche Verhandlung vom 21. November 2000

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Koblenz vom 30. Juni 2000 abgeändert.

Die Beschlussverfügung der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Koblenz vom 22. März 2000 wird aufgehoben und der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

Die Verfügungsklägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand:

Die Verfügungsklägerin (im Folgenden: Klägerin) ist im Handelsregister als Firma "F............ GmbH im Haus der Fliesen" eingetragen. Sie führt Fliesen-, Platten- und Natursteinarbeiten durch und verkauft die entsprechenden Produkte. Zudem berät sie die Kunden. Die Verfügungsbeklagte (im Folgenden: Beklagte) handelt mit Baumaterialien aller Art. Nachdem sie Mitte Februar 2000 in F................ eine Verkaufsstätte eröffnet hat, verwendet sie auf ihrer Geschäftspost und ihren Rechnungsformularen unter Hinweis auf diese neue Filiale die Bezeichnung "Haus der Fliesen". Gleichermaßen wirbt sie im Hörfunk mit dieser Bezeichnung.

Die Klägerin sieht darin eine Verletzung ihres Namensrechtes und des für sie in Anspruch genommenen Markenschutzes. Sie erwirkte gegen die Beklagte am 22.3.2000 eine Beschlussverfügung, mit der dieser unter Androhung von Ordnungsmitteln untersagt wurde, sich im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken zur Kennzeichnung ihres Geschäftsbetriebes der Bezeichnung "Haus der Fliesen" zu bedienen. Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht die Beschlussverfügung bestätigt.

Hiergegen wendet sich die Verfügungsbeklagte mit ihrer Berufung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages.

Die Klägerin tritt dem ebenfalls unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zu den Akten gereichten Schriftsätze, Urkunden sowie des angefochtenen Urteils verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg.

Die Klägerin kann ihr Unterlassungsbegehren weder auf markenrechtliche, noch auf namensrechtliche, noch auf wettbewerbliche Anspruchsgrundlagen stützen.

1.

Der Unterlassungsanspruch ergibt sich nicht aus §§ 5, 15 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 MarkenG. Nach § 15 Abs. 2 MarkenG ist es Dritten untersagt, eine geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr unbefugt in einer Weise zu benutzen, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen. Nach Abs. 4 kann der Nutzer dann von dem Inhaber der geschäftlichen Bezeichnung auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Kennzeichenschutz nach § 5 Abs. 2 Satz 1 entsteht dabei unabhängig von einer Registrierung durch die und mit der tatsächlichen Benutzungsaufnahme (Althammer/Ströbele, Klacker, Marken-Gesetz, 5. Aufl. 1997, § 5 Rn. 7). Voraussetzung ist allerdings, dass die Bezeichnung natürliche Namensfunktion bzw. Unterscheidungskraft besitzt. Dabei muss nicht der gesamte Firmenname der Klägerin (F............, im Haus der Fliesen) betroffen sein. Vielmehr kann auch aus einem Firmenbestandteil gegen eine mit ihm verwicklungsfähige jüngere Bezeichnung vorgegangen werden, wenn es sich bei Ersterem um einen unterscheidungskräftigen Firmenbestandteil handelt, der seiner Art im Vergleich zu den übrigen Firmenbestandteilen geeignet erscheint, sich im Verkehr als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen durchzusetzen (vgl. BGH GRUR 1986, 402/403 - Fürstenberg; GRUR 1991, 556/557 - "Leasing-Partner"; GRUR 1996, 68/69 - "Cotton Line"; OLG Stuttgart OLGR 1998, 225/226). Allein die Tatsache, dass hier lediglich der Firmenbestandteil "Haus der Fliesen" der Klägerin betroffen ist, hindert ihren Anspruch deshalb nicht. Es fehlt allerdings an der erforderlichen Unterscheidungskraft. Für die Marke ist Unterscheidungskraft in § 3 Abs. 1 MarkenG dahingehend definiert, dass es sich um die ihr innewohnende Eignung handelt, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens von solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Gleiches gilt für geschäftliche Bezeichnungen im Sinne des § 5 MarkenG. Unterscheidungskraft einer geschäftlichen Bezeichnung liegt deshalb vor, wenn sie ausreichende individuelle Eigenart besitzt, um den Verkehr die Kennzeichnung als einen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen verstehen zu lassen, es also von anderen zu unterscheiden (BGH GRUR 1993, 923 - PicNic; GRUR 1996, 68/69 - Cotton Line; Althammer/Ströbele/Klacker, a.a.O., § 5 Rn. 8). An dieser Voraussetzung fehlt es regelmäßig bei Gattungsbezeichnungen, insbesondere bei rein beschreibenden Angaben. Diese besitzen meist keine ausreichende Eigenart, um vom Verkehr als eindeutiger Hinweis auf einen bestimmten Namensträger aufgefasst zu werden (vgl. BGH GRUR 1988, 319/320 - "VIDEO-RENT").

Die Wörter "Haus" und "Fliesen" sind für sich betrachtet nicht unterscheidungskräftig. Bei ihnen handelt es sich zweifelsfrei um einfache Gattungsbezeichnungen.

Aber auch die Verbindung der Wörter "Haus der Fliesen" besitzt keine hinreichende Unterscheidungskraft als Firmenbezeichnung für einen Geschäftsbetrieb, der Fliesenarbeiten durchführt und die entsprechenden Produkte verkauft. Eine ausreichende Unterscheidungskraft wäre nur dann anzunehmen, wenn es sich um eine eigenartige, phantasievolle Zusammensetzung dieser beiden Begriffe handelte, die der Verkehr als individuellen Herkunftshinweis auffassen würde (BGH GRUR 1988, 319/320 - "VIDEO-RENT"; GRUR 1991, 556/557 - Leasing-Partner; GRUR 1996, 68/69 - "Cotton Line" mit jeweils vielen weiteren Hinweisen auf die zahlreiche Rechtsprechung zu dieser Frage). Davon kann hier jedoch nicht ausgegangen werden. Die Zusammenfügung der Worte ergibt vielmehr wiederum nur einen sprachüblichen wortbeschreibenden Inhalt. Die beiden Wörter werden gemeinhin nur entsprechend ihrem ursprünglichen, rein beschreibenden Wortsinn verwendet. Der Gebrauch dieser Wortkombination ist, wie die Beklagte durch die Aufführung anderer Firmenbezeichnungen und durch Vorlage von Photos und Internetauszügen glaubhaft gemacht hat, häufig. Die Wortkombination "Haus der..." oder "Haus des..." ist gängig, wie z.B. die allseits und auch senatsbekannten Bezeichnungen "Haus der Begegnung", "Haus der Musik", "Haus der Geschenke", "Haus der Mode" etc. Die Kombination der Worte ergibt eine sprachübliche Allerweltsbezeichnung rein beschreibenden Inhalts. Sie wird auch nicht dadurch zu einer eigenartigen oder phantasievollen Zusammensetzung von Begriffen, weil Fliesen gemeinhin kein Haus haben. Dies gilt auch für viele andere Bezeichnungen dieser Art und reicht allein nicht aus, um vom Verkehr als individueller Herkunftshinweis verstanden zu werden. Es fehlt der Wortkombination sonach an der notwendigen Unterscheidungskraft.

2.

Der Anspruch der Klägerin kann sich auch nicht aus § 15 Abs. 2 und Abs. 4 MarkenG in Verbindung mit § 5 Abs. 2 Satz 2 MarkenG ergeben, was voraussetzen würde, dass die geschäftliche Bezeichnung innerhalb der beteiligten Verkehrskreise als Kennzeichen des Geschäftsbetriebes der Klägerin gilt, also Verkehrsgeltung hat. Ungeachtet der streitigen Problematik, ob eine solche Verkehrsgeltung nicht schon dadurch ausgeschlossen ist, dass ein Freihaltebedürfnis der Allgemeinheit an der Verwendung des Gattungsbegriffs besteht (vgl. OLG Frankfurt WRP 1986, 339/340; anders BGH GRUR 1992, 865 - "Volksbank") hat die Klägerin den erforderlichen hohen Grad an Verkehrsgeltung des Wortgebildes "Haus der Fliesen" als individuellen Herkunftshinweis auf ihren Geschäftsbetrieb nicht glaubhaft gemacht. In Fällen, in denen ein Freihaltebedürfnis einer gesamten Branche - hier der Fliesenlegerbranche - besteht, ist eine außerordentlich hohe, unter Umstände nahezu einhellige Durchsetzung der Angabe als Begriff zur Kennzeichnung eines bestimmten Unternehmens erforderlich. Je alltäglicher eine Bezeichnung ist, desto stärker muss, je origineller sie ist, desto geringer kann die Verkehrsgeltung sein, um den erwünschten Rechtsschutz in Anspruch nehmen zu können (KG Berlin KGR 1994, 53; 1995, 218/219; Saarländisches OLG, OLGR 1997, 290/291). Selbst den Anforderungen an eine relativ geringe Verkehrsgeltung wird der Vortrag der Klägerin nicht gerecht.

3.

Aus den gleichen Erwägungen fehlt es an den Voraussetzungen für einen markenrechtlichen Anspruch nach § 14 Abs. 2, Abs. 5, 3 und 4 MarkenG. Die von der Klägerin angeführte Wortkombination ist nicht gemäß § 4 Nr. 1 MarkenG als Marke in das vom Patentamt geführte Register eingetragen. Ein Markenschutz durch notorische Bekanntheit nach § 4 Nr. 3 MarkenG scheidet ebenso aus, wie ein solcher auf Grund Verkehrsgeltung nach § 4 Nr. 2 MarkenG. Im Übrigen stellt sich auch die Frage, ob diese Vorschriften beim Begehren der Klägerin überhaupt Anwendung finden können, da es sich bei Marken um produktidentifizierende Unterscheidungszeichen handelt, während geschäftliche Bezeichnungen unternehmensidentifizierend sind. Die Klägerin will nicht irgendwelche Produkte schützen, sondern ihren Geschäftsbetrieb.

4.

Die Klägerin kann auch weder namensrechtlichen (§ 12 BGB) noch firmenrechtlichen (§ 37 Abs. 2 HGB) Schutz für sich in Anspruch nehmen. Diese Vorschriften sind neben dem Markenrecht anwendbar. § 12 BGB gewährleistet dabei den Namensschutz nicht nur natürlicher Personen, sondern auch juristischer Personen, insbesondere der Firma, auch wenn sie nicht den bürgerlichen Namen des Inhabers enthält (vgl. Fezer, Markenrecht 1997, MarkenG § 15 Rn. 21 und 27 mit weiteren Nachweisen; so auch Saarländisches OLG, OLGR 1997, 290/291). Nach den in der Rechtsprechung zum Wettbewerbsrecht entwickelten Grundsätzen kann eine Firmenbezeichnung oder auch nur ein Namensteil dann Namensschutz genießen, wenn die verwendete Bezeichnung eine individualisierende Eigenart aufweist, also eine namensmäßige Unterscheidungskraft besitzt und damit von Natur aus geeignet ist, eine Namensfunktion auszuüben. Eine derartige Unterscheidungskraft ist, wie oben ausgeführt, nicht gegeben.

Nach § 37 Abs. 2 HGB kann derjenige, der dadurch in seinen Rechten verletzt wird, dass ein anderer eine Firma unbefugt gebraucht, von diesem die Unterlassung des Gebrauchs der Firma verlangen. Ein unzulässiger Firmengebrauch im Sinne dieser Vorschrift liegt dann vor, wenn die Vorschriften über die Firmenführung in den §§ 18 ff. HGB verletzt sind. In Betracht käme hier allenfalls ein Verstoß gegen § 30 Abs. 3 HGB. Die Verpflichtung zur Führung einer Firma, die sich von den am selben Ort eingetragenen Firmen deutlich unterscheidet, will der Gefahr der Verwechslung von Firmen vorbeugen. Voraussetzung ist deshalb auch hier Verwechslungsgefahr und Unterscheidbarkeit. Sie greift deshalb nur dort ein, wo die Übereinstimmung in der Firmenbezeichnung überhaupt eine Verwechslungsgefahr begründen kann. Der registerrechtliche Begriff deutlicher Unterscheidbarkeit (§ 30 Abs. 1 HGB) deckt sich allerdings nicht mit dem kennzeichenrechtlichen Begriff der Verwechslungsgefahr (§ 15 Abs. 2 MarkenG). Bei § 30 Abs. 1 HGB sind die Firmen so zu vergleichen, wie sie im Handelsregister eingetragen sind, nicht aber, wie sie tatsächlich gebraucht werden (Fezer, a.a.O. MarkenG, § 15 R. 118). Die Klägerin ist im Handelsregister jedoch nicht mit "Haus der Fliesen" eingetragen, sondern mit "F............ GmbH im Haus der Fliesen". Zudem würde sich auch bei der bloßen Eintragung der Worte "im Haus der Fliesen" aus den obigen Erwägungen zur fehlenden Unterscheidungskraft keine Verwechslungsgefahr ergeben.

5.

Ein Anspruch der Klägerin aus § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der Herkunftstäuschung scheidet ebenso aus. Ein wettbewerbsrechtlicher Schutz unter dem Aspekt vermeidbarer Herkunftstäuschung setzt die Herbeiführung einer objektiven Verwechslungsgefahr voraus. Eine solche könnte wiederum nur dann angenommen werden, wenn den Worten "Haus der Fliesen" Kennzeichnungskraft zukäme. Auch insoweit gelten die Ausführungen zum Anspruch aus § 15 Abs. 2, Abs. 4 MarkenG.

6.

Schließlich kann die Klägerin ihr Unterlassungsbegehren auch nicht mit einer Irreführung nach § 3 UWG begründen. Der aufmerksame durchschnittliche Verbraucher kann die Werbung der Beklagten keinesfalls als von der Klägerin stammend verstehen. Abgesehen davon, dass der Namensteil in der Firma der Klägerin nicht "Haus der Fliesen", sondern "im Haus der Fliesen" lautet, ist dieser Namensteil im gesamten Firmenlogo nur von außerordentlich untergeordneter Bedeutung. Deutlich hervorgehoben ist der Firmenteil "F............". Er springt ins Auge und ist für den aufmerksamen durchschnittlichen Verbraucher maßgebend. Das Firmenlogo der Beklagten ist völlig andersartig gestaltet. Eine Irreführung ist damit ausgeschlossen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Der Streitwert des Verfahrens wird auf 20.000,-- DM festgesetzt; dem entspricht auch die Beschwer der Klägerin.

Ende der Entscheidung

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