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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 19.03.2002
Aktenzeichen: 4 U 1198/01
Rechtsgebiete: UWG, BGB, PBefG, ZPO


Vorschriften:

UWG § 1
BGB § 1004
PBefG § 47
PBefG § 47 Abs. 2
PBefG § 47 Abs. 1
ZPO § 929 II
ZPO § 91 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 4 U 1198/01

Verkündet am 19. März 2002

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

wegen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs

Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Bamberger sowie die Richter am Oberlandesgericht Bock und Rüll auf die mündliche Verhandlung vom 26.02.2002

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Verfügungsbeklagten wird das Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 11. Juli 2001 aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Verfügungskläger.

Entscheidungsgründe:

I.

Der Verfügungskläger (im Folgenden: Kläger) betreibt ein Taxiunternehmen mit Sitz in W........ (vgl. Genehmigungsurkunde Bl. 17 GA). Das Taxiunternehmen des Verfügungsbeklagten (im Folgenden: Beklagten) hat seinen Sitz in D.......-T....... (Hessen). Für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen WW-..... verfügt der Beklagte über eine Konzession in W......... auf dem Parkplatz der Verbandsgemeindeverwaltung (vgl. Genehmigungsurkunde Bl. 77 GA).

Der Kläger hat behauptet, der Beklagte halte seine Taxen mit L......er Kennzeichen regelmäßig in der Verbandsgemeinde W........ für den Publikumsverkehr bereit.

Insbesondere bei Discoveranstaltungen in den Gemeinden H......... und M.... seien diese Fahrzeuge zu später Stunde beim Abtransport der Besucher anzutreffen.

Der Kläger hat beantragt, dem Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen, im Westerwaldkreis Taxis mit Kennzeichen "LM" für den Publikumsverkehr bereit zu halten.

Der Beklagte hat behauptet, er führe mit den im Landkreis Limburg-Weilburg konzessionierten Taxen außerhalb des Konzessionsgebiets nur Fahrten aus, die zuvor telefonisch oder in sonstiger Weise bestellt worden seien. Es sei vielmehr der Kläger, der sich immer wieder außerhalb seines Konzessionsgebietes aufhalte, um dort Fahrtaufträge entgegenzunehmen.

Das Landgericht hat dem Beklagten (ohne ausdrückliche Zurückweisung des Antrages im Übrigen) unter Androhung von Zwangsmitteln untersagt, im Gebiet der Verbandsgemeinde W........ andere Taxen als das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen WW-..... bereitzuhalten.

Das Landgericht sah es durch die Vorlage zweier eidesstattlicher Versicherungen des erstinstanzlichen Bevollmächtigten des Klägers als glaubhaft gemacht an, dass am 2.5.2001 in der Zeit von 9.30 Uhr bis mindestens 10.00 Uhr vor dem Gebäude der .....bank an der Bushaltestelle in W........ ein Taxi des Beklagten gestanden habe und dass am 8.6.2001 von 16.30 Uhr bis mindestens 17.00 Uhr ein Taxi des Beklagten auf dem Parkplatz vor den Kanzleiräumen des erstinstanzlichen Bevollmächtigten des Klägers in W........ gestanden habe, wobei der Fahrer in dem Fahrzeug gesessen habe. Dies stelle ein Bereitstellen eines Taxis dar. Weiter sah es das Landgericht als ausreichend glaubhaft gemacht an (eidesstattliche Versicherung des Herrn M...... S.... - Bl. 101 GA), dass am 3.6.2001 vier Taxen des Beklagten in Hu........ bereitgehalten worden seien.

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung, mit der er die Zurückweisung des Verfügungsantrages begehrt. Der Beklagte beanstandet, das Landgericht habe nicht ausreichend geprüft, ob er zu den beanstandeten Zeitpunkten seine Fahrzeuge tatsächlich bereitgehalten habe. Denn der Kläger habe in keinem einzigen Fall seine Einlassung zu widerlegen vermocht, dass die Fahrzeuge entweder vorab im Einzelfall telefonisch bestellt worden seien oder aber deswegen an dem beanstandeten Ort gestanden hätten, weil die Fahrer eine Pause machten.

Schließlich beanstandet der Beklagte die Kostenentscheidung des Landgerichts, weil dem Verfügungsantrag nur teilweise stattgegeben worden sei, so dass der Kläger mindestens drei Viertel der Kosten zu übernehmen habe.

Der Kläger weist nochmals darauf hin, dass sich der Fahrer des Taxis jeweils im Fahrzeug befunden habe. Auch die Dauer des jeweiligen Aufenthaltes spreche dafür, dass die Taxen jeweils für allgemeine Fahrten zur Verfügung standen. Schließlich sei auffallend, dass seit der Entscheidung des Landgerichts die Taxen des Beklagten nur noch selten zu sehen seien. Auch dies spreche dafür, dass die vorherige tägliche Anwesenheit an beliebigen Stellen in W........ nicht auf vorherigen Bestellungen durch Kunden beruhte.

Auf die vom Beklagten erhobene Verjährungseinrede erklärt der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Der Beklagte schließt sich der Erledigungserklärung nicht an.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten hat auch in der Sache Erfolg.

Eine Erledigung des einstweiligen Verfügungsverfahrens war nicht festzustellen. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war von Anfang an unbegründet. Ein Unterlassungsanspruch des Klägers besteht weder gemäß § 1 UWG, noch gemäß § 1004 BGB, weil der Kläger ein rechtswidriges Verhalten des Beklagten, insbesondere einen Verstoß gegen die Regelungen des § 47 PBefG nicht ausreichend glaubhaft gemacht hat.

Ein Wettbewerbsverstoß gemäß § 1 UWG liegt bei Verletzung einer Vorschrift gemäß § 47 Abs. 1 und 2 PBefG vor, wenn sich der Wettbewerber bewusst und planmäßig über die in der Bestimmung genannten Einschränkungen hinwegsetzt, obwohl für ihn erkennbar ist, dass er dadurch einen Vorsprung vor Mitbewerbern erlangen kann (vgl. für die vergleichbare Regelung des § 49 PBefG Schleswig-Holsteinisches OLG, Urt. v. 30.04.1996 - 6 U 66/95 - und Senat, Beschl. vom 29.4.1999 - 4 W 260/99 - OLGR 1999, 404). Ein Verstoß gegen § 47 PBefG ist gegeben, wenn der Beklagte seine Taxen außerhalb der Gemeinden, für die er eine Konzession hat, bereitgehalten hat. Fahrten von anderen Gemeinden aus sind nur dann zulässig, wenn eine vorherige Bestellung vorlag. Dabei muss die vorherige Bestellung vom Fahrgast selbst (oder einem Vertreter) stammen. Das pauschale Herbeirufen durch einen Festveranstalter - ohne bereits konkret absehbaren Fahrtauftrag - ist nicht ausreichend (vgl. Senat, Urt. vom 19.12.2000 - 4 U 1000/00 - OLGR 2001, 114).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist ein Verstoß gegen § 47 PBefG nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Der Kläger hat bereits nicht ausreichend dargelegt, dass der Beklagte seine Taxen außerhalb der Gemeinde seines Betriebssitzes bereitgehalten hat.

Bereitstellen eines Taxis bedeutet das Aufstellen eines fahrbereiten Fahrzeugs mit dem Willen des in der Nähe verbleibenden Fahrers, es zu sofortigen Fahrten zu einem beliebigen vom Besteller zu bestimmenden Ziel einzusetzen (vgl. auch Bidinger, Personenbeförderungsrecht 2. Aufl. Anm. 16 zu § 47 PBefG). Es genügt nicht, dass bei einer Kraftdroschke für Passanten lediglich der Eindruck entsteht, sie sei zur Benutzung frei. Denn damit ist noch nicht gewährleistet, dass das Fahrzeug dem Publikum auch tatsächlich zur Verfügung steht. Die Fahrbereitschaft hängt vielmehr entscheidend (auch) vom Willen des Fahrers ab (vgl. OLG Düsseldorf, MDR 1986, 696).

In keinem der zahlreichen beanstandeten Einzelfälle ist erkennbar, dass der jeweilige Fahrer die Gemeinden außerhalb seines Betriebssitzes ohne vorherige Bestellung aufgesucht hatte. Selbst wenn sich die Fahrzeuge in Einzelfällen längere Zeit an einem Standort außerhalb des Konzessionsgebiets befanden, bedeutet dies nicht, dass die Taxen für Passanten zur Verfügung standen. Es ist durchaus nachvollziehbar, dass die Fahrer noch auf ihre Kunden, die sie herbeigerufen hatten, warten mussten. Weiter ist eine Wartezeit zwischen zwei Fahrtaufträgen vorstellbar, in welcher es sich nicht lohnt, zum Betriebssitz zurückzufahren. Unbedeutend ist hierbei, ob der Fahrer im Fahrzeug saß oder nicht. Es kommt vielmehr darauf an, ob der Fahrer des Taxis bereit ist, einen zufällig vorbeikommenden Kunden - nach der Wartezeit! - mitzunehmen. Dies hat der Kläger in keinem der beanstandeten Fälle glaubhaft gemacht.

Die Werbung im Mitteilungsblatt von W......... im Gewerberegister und in Diskotheken reicht gleichfalls - auch bei Angabe der Telefonnummer des Betriebssitzes W........ - nicht aus, um einen Verstoß gegen § 47 I PBefG zu begründen. Denn diese Werbung ist darauf ausgerichtet, telefonische Aufträge zu erhalten, die dann auch zu Fahrten außerhalb des Konzessionsgebietes berechtigen. Um eine derartige telefonische Bestellung handelte es sich auch bei der nicht konzessionswidrigen Fahrt der beiden Kanzleiangestellten des erstinstanzlichen Klägervertreters (vgl. eidesstattl. Vers. Bl. 70f GA).

III.

Es kann damit dahinstehen, dass ein Anspruch nach § 1 UWG inzwischen verjährt wäre (§ 21 I UWG). Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung und das nachfolgende Verfahren haben den Lauf der Verjährungsfrist nicht unterbrochen (vgl. Palandt/Heinrichs, 61 Aufl., § 209 BGB Rn. 23; OLG Hamm MDR 1977, 491).

Weiter kommt es nicht mehr darauf an, dass die einstweilige Verfügung auch deshalb aufzuheben gewesen wäre, weil sie nicht in der Frist des § 929 II ZPO vollzogen, d.h. im Parteibetrieb zugestellt, wurde (vgl. zu diesem Erfordernis auch bei der Urteilsverfügung Zöller-Vollkommer, 23. Aufl., § 929 ZPO Rn. 12; BGH BGHZ 120, 73; OLG Frankfurt WRP 2000, 411; OLG Hamburg OLGR 2000, 109; OLG Köln GRUR 1999, 89; Senat OLGR 1997, 10, KG KGR 1995, 71 sowie OLG Düsseldorf OLGR 1993, 172).

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Der Streitwert für das Verfahren wird auf 10.000,- € festgesetzt. Es besteht kein Anlass, von dem Regelstreitwert, den der Senat in ständiger Rechtsprechung für das einstweilige Verfügungsverfahren eines Wettbewerbers in dieser Höhe annimmt, abzuweichen.

Ende der Entscheidung

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