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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 12.06.2001
Aktenzeichen: 4 U 1573/00
Rechtsgebiete: LMBMG, UWG, ZPO


Vorschriften:

LMBMG § 17 Abs. 1 Nr. 5
UWG § 3
ZPO § 91 Abs.1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Verkündet am 12. Juni 2001

in dem Rechtsstreit

wegen wettbewerbsrechtlicher Ansprüche.

Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch die Richter am Oberlandesgericht Bock und Marx sowie die Richterin am Oberlandesgericht Becht auf die mündliche Verhandlung vom 22. Mai 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bad Kreuznach vom 17. Oktober 2000 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

Sie führt zur Abänderung des angefochtenen Urteils und Abweisung der Klage.

Soweit die Klägerin mit dem Klageantrag zu 1. geltend macht, die von ihr beanstandete Aufmachung der Verpackung des von der Beklagten vertriebenen Ciabatta-Brotrohlings führe den Verkehr über dessen Herkunft irre, steht ihr ein Unterlassungsanspruch nicht zu.

Nach § 17 Abs.1 Nr.5 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes ist es verboten, Lebensmittel unter irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung gewerbsmäßig in den Verkehr zu bringen, wobei eine Irreführung insbesondere dann vorliegt, wenn zur Täuschung geeignete Bezeichnungen über die Herkunft verwendet werden. Diese Norm, mit der die Etikettierungsrichtlinie des Rates in nationales Recht umgesetzt worden ist, ist - auch bei reinen Inlandssachverhalten - nach den von dem Europäischen Gerichtshof entwickelten gemeinschaftsrechtlichen Maßstäben zur Beurteilung irreführender Angaben auszulegen (OLG Frankfurt, WRP 2001, 558 (560) m.w.N.).

Entscheidend ist demnach, ob die streitgegenständliche Verpackungsaufmachung bei dem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher unrichtige Vorstellungen über die Herkunft des in dieser Verpackung angebotenen Ciabatta-Brotrohlings hervorzurufen geeignet ist und auf diese Weise die Kaufentscheidung beeinflussen kann. Dies ist nach Auffassung des Senats hier nicht der Fall.

Es erscheint bereits fraglich, ob ein für die Beurteilung ins Gewicht fallender Teil der beteiligten Verkehrskreise heute in der Bezeichnung "Ciabatta" einen Hinweis auf die Herstellung in Italien sieht. Zwar schließt der Verbraucher aus der Bezeichnung einer Ware in der Sprache eines fremden Landes gewöhnlich auf die Herkunft der Ware aus diesem Land (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22.Aufl., § 3 UWG Rn.195 m.w.N.; Fezer, Markenrecht, § 126 MarkenG Rn.7). Geographische Herkunftsangaben können jedoch im Laufe der Zeit einen Bedeutungswandel erfahren und sich zu Gattungsbezeichnungen oder reinen Beschaffenheitsangaben entwickeln. Dafür ist entscheidend, dass nur noch ein unbeachtlicher Teil der beteiligten Verkehrskreise in der Angabe einen Hinweis auf die geographische Herkunft der Ware sieht (Fezer aaO § 126 Rn.13 m.w.N.; Baumbach/Hefermehl aaO § 3 UWG Rn.219).

Die Frage, ob nur noch 10 % der Verkehrskreise mit "Ciabatta" eine Herkunftsvorstellung verbinden, bedarf vorliegend keiner abschließenden Klärung. Selbst wenn man - zugunsten der Klägerin - davon ausgeht, dass sich die ausländische Bezeichnung Ciabatta noch nicht zu einer herkunftsneutralen Gattungsbezeichnung oder Beschaffenheitsangabe umgewandelt hat, ist ein Unterlassungsanspruch der Klägerin nicht gegeben. Es handelt sich nämlich zumindest um eine nicht eindeutige, nur mittelbare Herkunftsangabe (Baumbach/Hefermehl aaO Rn.194; Fezer aaO Rn.7). Diese erfährt auch durch die verwendete Farbkombination keinen eindeutigen Herkunftshinweis.

Auf der von der Klägerin beanstandeten Verpackung werden zwar die italienischen Nationalfarben Grün, Weiß und Rot verwendet. Eine flaggenartige Verwendung erfolgt jedoch nicht. Die Farben Grün und Rot sind in halbmondförmiger, gezackter Linie als Umrandung des Textes angebracht. Zwar mag mit der Verwendung der Farben hier eine gewisse Assoziation der Verbraucher mit Italien verbunden sein. Entscheidend ist jedoch der Gesamteindruck, den die konkrete Aufmachung nach ihrer Gestaltung und den verwendeten Bezeichnungen auf die Verbraucher macht. Selbst wenn man - auch hier wieder zu Gunsten der Klägerin - davon ausgeht, dass es sich um ein "ausländisch aufgemachtes" Erzeugnis handelt, so erscheint fraglich, ob der Verbraucher davon ausgeht, dass es sich hierbei um eine im Ausland hergestellte Originalware handelt oder ob er nur auf die Verwendung eines ausländischen Rezeptes schließt. Dass die Beklagte das italienische Rezept verwendet, ist zwischen den Parteien unstreitig.

Jedoch kann auch diese Frage hier letztlich dahinstehen. Denn durch den Zusatz "nach italienischer Art" ist jedenfalls eine ausreichende Entlokalisierung erfolgt.

Im Wettbewerbsschutz geographischer Herkunftsangaben ist anerkannt, dass eine Herkunftsangabe durch Zusätze entlokalisiert und dadurch die Gefahr einer Irreführung ausgeschlossen werden kann. Dabei läßt sich die Frage, ob die Gefahr der Irreführung durch einen entlokalisierenden Zusatz ausgeschlossen ist, nur von Fall zu Fall beurteilen. Der strengste Maßstab ist bei verkehrsbekannten Herkunftsangaben anzulegen, mit denen der Verkehr Gütevorstellungen verbindet. Der Zusatz muss demnach dann besonders deutlich und unübersehbar sein, wenn das ausländische Erzeugnis im Verkehr besonders geschätzt wird und das Publikum daher Wert darauf legt, dass die Ware aus einem bestimmten Land stammt. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt.

Es ist anerkannt, dass bei nur mittelbaren und nicht eindeutigen Herkunftsangaben ein Zusatz eher eine entlokalisierende Wirkung entfalten kann (Feier aaO § 127 Rn.19 m.w.N.; Baumbach/Hefermehl aaO Rn.198, 225; Althammer/Ströbele/Klaka, MarkenG, 5.Aufl., § 127 Rn.7). Zu berücksichtigen ist hier, dass es sich lediglich um eine - zu Gunsten der Klägerin unterstellt - mittelbare Herkunftsangabe handelt und der Zusatz zwar kleiner als das Wort "Ciabatta", aber doch drucktechnisch hervorgehoben unmittelbar unter der Bezeichnung Ciabatta angebracht ist und nicht etwa räumlich getrennt (BGH GRUR 71, 29 (32) -Deutscher Sekt-).

Der Zusatz "nach italienischer Art" stellt klar, dass es sich nicht um eine in Italien hergestellte Originalware handelt, sondern dass lediglich die Herstellung aufgrund des italienischen Rezepts erfolgt ist.

Eine weitere Entlokalisierung erfolgt hier durch die Angabe des Unternehmens. Zwar mag grundsätzlich die Angabe eines Unternehmens allein zur Entlokalisierung nicht ausreichen. Wie oben ausgeführt, ist jedoch der jeweilige Gesamteindruck entscheidend. Hier ist bereits eine Entlokalisierung durch den Zusatz "nach italienischer Art" erfolgt, der durch die Nennung der Beklagten nur noch bekräftigt wird.

Nach alledem ist ein Unterlassungsanspruch der Klägerin wegen der Bezeichnung "Ciabatta" in Verbindung mit der Verwendung der Farbkombination nicht gegeben.

Soweit die Klägerin in der Berufungsinstanz erstmals auf die fehlende Prozentangabe der verwendeten Olivenölmenge sowie die in den "Leitsätzen für Brot und Kleingebäck" nicht vorgesehene Bezeichnung "Weizengebäck" hinweist (GA Bl. 83, 85), ist ein Unterlassungsanspruch aus § 3 UWG ebenfalls nicht begründet. Insofern fehlt die wettbewerbsrechtliche Relevanz.

Aus dem Schutzzweck des § 3 UWG folgt, dass es genügt, wenn eine Angabe über geschäftliche Verhältnisse geeignet ist, bei einem nicht unerheblichen Teil der umworbenen Verkehrskreise irrige Vorstellungen über das Angebot hervorzurufen und seine Kaufentscheidung in wettbewerbsrechtlich relevanter Weise irgendwie zu beeinflussen (Baumbach/Hefermehl aaO Rn.87).

Die Darlegungs- und Beweislast obliegt dem Kläger (Baumbach/Hefermehl aaO Rn.119). Anhaltspunkte für die wettbewerbsrechtliche Relevanz sind von der Klägerin nicht dargetan.

Demzufolge ist der mit der Klage geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht begründet. Folglich hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Ersatz der ihr durch die Abmahnung entstandenen Aufwendungen (Klageantrag zu 2)).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs.1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr.10, 711, 713 ZPO.

Der Streitwert und der Wert der Beschwer der Klägerin werden auf 40.315 DM festgesetzt.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 546 Abs.1 S.2 ZPO) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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