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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 24.11.2004
Aktenzeichen: 4 W 493/04
Rechtsgebiete: GKG, ZPO


Vorschriften:

GKG § 48 Abs. 2
ZPO § 3
Das Verfahren über die Ablehnung eines Sachverständigen ist keine nicht-vermögensrechtliche Streitigkeit i.S.d. § 48 Abs. 2 GKG. Der Beschwerdewert bemisst sich daher gem. § 3 ZPO nach dem Interesse an der begehrten Entscheidung, das mit einem Bruchteil des Hauptsachestreitwertes anzusetzen ist.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ BESCHLUSS

Geschäftsnummer: 4 W 493/04

In dem selbständigen Beweisverfahren

hier: Gegenvorstellung gegen die Festsetzung des Beschwerdewerts.

Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Bamberger, den Richter am Oberlandesgericht Becht und die Richterin am Oberlandesgericht Darscheid am 24.11.2004 beschlossen:

Tenor:

Auf die Gegenvorstellung der Antragsgegner zu 1 ) und 2 ) wird die Festsetzung des Beschwerdewerts im Beschluss des Senats vom 16.08.2004 abgeändert.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird wie folgt festgesetzt:

im Verhältnis zu dem Antragsgegner zu 1 ): 7.300,00 €, dem Antragsgegner zu 2 ): 2.300.00 €, der Antragsgegnerin zu 3 ): 500,00 € der Antragsgegnerin zu 4 ): 500,00 €.

Gründe:

I.

Die Antragsteller machen zahlreiche Baumängel an dem Gebäudekomplex R.......... 20A - D in B..... geltend. Das Landgericht hat angeordnet, Beweis über die Behauptungen der Antragsteller durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zu erheben, und zum Sachverständigen Herrn Dipl.-Ing. C.... J. M. K... bestellt. Im Verlauf des weiteren Verfahrens haben die Antragsteller den Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Das Landgericht hat durch Beschluss vom 12.03.2004 das Ablehnungsgesuch zurückgewiesen, da es nicht rechtzeitig gemäß § 406 Abs. 2 ZPO angebracht worden sei. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragsteller hat der Senat mit Beschluss vom 16.08.2004 zurückgewiesen und den Wert des Beschwerdegegenstandes auf 6.000,00 € festgesetzt und dazu ausgeführt:

"Das Interesse der ablehnenden Partei an der Ablösung des Sachverständigen deckt sich regelmäßig mit ihrem Interesse am Ausgang des Verfahrens, weil sie befürchtet, wegen der Verwertung des Gutachtens zu unterliegen (OLG Koblenz, NJW-RR 1998, 1222 ff. m.w.N.; OLG Naumburg, OLGR 98, 323). Daher entspricht der Beschwerdewert dem vollen Wert des selbständigen Beweisverfahrens (vgl. Zöller/Herget, aaO, § 3 Rdn. 16 Stichwort: Selbständiges Beweisverfahren). Diesen schätzt der Senat vorsichtig auf mindestens 6.000,00 € im Hinblick darauf, dass die Antragsteller in ihrer Antragsschrift vom 27.08.2002 die Kosten für die Behebung der zahlreichen Mängel mit mehr als 5.000,00 € angegeben haben."

Dagegen wenden sich die Antraggegner zu 1 ) und 2 ) mit ihrer Gegenvorstellung vom 24.08.2004, mit der sie eine Festsetzung des Gegenstandswerts auf 22.100,00 € erstreben, was dem Betrag entspricht , den der Sachverständige als Gesamtmängelbeseitigungsaufwand festgestellt hat. Der Anregung der Antragsgegner zu 1 ) und 2 ) hat sich die Antragsgegnerin zu 3 ) angeschlossen. Die Antragsteller sind der Auffassung, dass der Gegenstandswert für das Ablehnungsverfahren nicht nach dem vollen Wert der Hauptsache zu bemessen sei. Im Übrigen seien die Gegenstandswerte für die einzelnen Antragsgegner unterschiedlich festzusetzen.

Auf die Gegenvorstellung ist die erfolgte Bestimmung des Gegenstandswerts des Beschwerdeverfahrens zu korrigieren. Der Senat ist nach § 63 Abs.3 Satz 1 GKG befugt, seine Wertfestsetzung aus dem Beschluss vom 16.08.2004 in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Sinne zu ändern.

Der Beschwerdewert ist nach § 3 ZPO auf etwa ein Drittel des dem Verhältnis zu den einzelnen Antragsgegners entsprechenden Hauptsachestreitwertes festzusetzen.

Bei der Entscheidung nach § 406 Abs.4 und 5 ZPO handelt es sich nicht um eine eigenständige nicht-vermögensrechtliche Streitigkeit im Sinne des § 48 Abs. 2 GKG sondern eine das Verfahren betreffende Entscheidung im Rahmen des Rechtsstreits, der keine selbstständige Bedeutung zukommt. Bemisst sich somit der Beschwerdewert nach § 3 ZPO nach dem Interesse an der begehrten Entscheidung, ist dieses nicht mit dem Hauptsachestreitwert gleichzusetzen, sondern nur mit einem Bruchteil von etwa einem Drittel, weil dies der eingeschränkten Bedeutung und Rolle des Sachverständigen im Prozess entspricht. Sein Gutachten bestimmt nicht allein den Ausgang des Verfahrens, sondern dient lediglich dem Gericht als Entscheidungshilfe, indem es ihm die für die Entscheidung notwendigen Fachkenntnisse vermittelt; das Gericht wiederum ist an die Meinung des Sachverständigen nicht gebunden, sondern kann etwa weitere Sachverständige beauftragen.

Der Senat schließt sich damit für die Ablehnung eines Sachverständigen der Ansicht des Bundesgerichtshofs ( BGH AGS 2004, 159 / 160; ebenso: OLG Düsseldorf, MDR 2004, 1083 f. ) an und hält an seiner bisherigen abweichenden Auffassung ( NJW-RR 1998, 1222 m.w.N. ) nicht mehr fest.

Als Streitwert für das selbstständige Beweisverfahren ist der Hauptsachewert oder der Teil des Hauptsachewertes anzusetzen, auf den sich die Beweiserhebung bezieht.

Denn das selbstständige Beweisverfahren ist nach der gesetzlichen Neuregelung als vorweggenommener Teil des späteren Hauptsacheverfahrens anzusehen, was sich aus § 493 Abs.1 ZPO ergibt, wonach die selbstständige Beweiserhebung einer Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht gleichsteht. Sie dient damit nicht der Verfolgung eines im Verhältnis dazu geringeren Rechtsschutzziels ( BGH WuM 2004, 627 ).

Trägt der Antragsteller zur Vorbereitung der gerichtlichen Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen darauf an, die Kosten für die Beseitigung konkret behaupteter Mängel sachverständig feststellen zu lassen, so richtet sich das streitwertbildende Interesse an der Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens grundsätzlich nach dem für die Beseitigung der Mängel erforderlichen Aufwand, der auf der Grundlage der Sachdarstellung des Antragstellers nach objektiven Gesichtspunkten zu bestimmen ist. Dieser Aufwand wird in der Regel jedenfalls dann nach den vom Sachverständigen ermittelten Mängelbeseitigungskosten zu veranschlagen sein, wenn die Angaben des Antragstellers zur Höhe des Streitwerts nur grob geschätzt sind und bei verständiger Auslegung vorrangig der Feststellung der sachlichen Zuständigkeit dienen sollen. Dann nämlich will der Antragsteller erkennbar die von ihm bei Antragstellung nicht bestimmbaren tatsächlichen Kosten der Mängelbeseitigung festgestellt wissen; darin besteht sein Interesse ( vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 2003, 1530 m.w.N. ).

So liegen die Dinge hier. Die Antragsteller haben in ihrem Antrag ausgeführt: " Das Landgericht Mainz ist sachlich und örtlich zuständig. Die Kosten der Beseitigung der Mängel belaufen sich auf mehr als € 5.000,00." Daraus wird deutlich, dass die Antragsteller ihr Interesse nicht konkret beziffern sondern lediglich eine Untergrenze angeben wollten, um die Zuständigkeitswahl zu begründen. Das Interesse ist demnach nach den vom Sachverständigen objektiv ermittelten Mängelbeseitigungskosten zu bestimmen.

Dabei sind nach der unterschiedlichen Beteiligung der Antragsgegner an dem selbstständigen Beweisverfahren die Streitwerte verschieden festzusetzen. Die Antragsschrift und der daraufhin ergangene Beschluss umfassen mehrere in einem Antrag zusammengefasste Beweisfragen, die verschiedene Beteiligte als Antragsgegner betreffen. Nach der Darstellung der Antragsteller wollen sie den Antragsgegner zu 1 ) wegen aller gerügten Mängel in die Verantwortung nehmen, die Antragsgegner zu 2 ) - 4 ) jeweils nur wegen eines Teils, die die von diesen jeweils ausgeführten Leistungen betreffen. Demgemäß ist der Streitwert im Verhältnis zu den einzelnen Antragsgegnern jeweils getrennt nach dem Wert der zu sichernden Ansprüche festzusetzen (vgl. OLG Nürnberg, MDR 1999, 1522; KG, NJW-RR 2000, 1622; OLG Düsseldorf, BauR 1995, 586 f.).

Unter Ansatz der nach den Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. Kurz auf die Antragsgegner zu 2 ) - 4 ) entfallenden Mängelbeseitigungskosten ( 6.850,00 € / 1.450,00 € / 1.600,00 € ) ergeben sich für das Verfahren betreffend die Ablehnung des Sachverständigen unter Zugrundelegung von rund einem Drittel des Hauptsachewertes folgende Gegenstandswerte für das Beschwerdeverfahren:

im Verhältnis zu dem Antragsgegner zu 1 ): 7.300,00 €, dem Antragsgegner zu 2 ): 2.300.00 €, der Antragsgegnerin zu 3 ): 500,00 € und der Antragsgegnerin zu 4 ): 500,00 €.

Ende der Entscheidung

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