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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 30.04.2001
Aktenzeichen: 4 W-RE 525/00
Rechtsgebiete: HGB, ZPO, BGB


Vorschriften:

HGB § 362
ZPO § 541
BGB § 549 Abs. 1 Satz 2
BGB § 549 Abs. 1
BGB § 516 Abs. 2 Satz 2
BGB § 549 Abs. 2 Satz 1
BGB § 549 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ

Beschluss

Geschäftsnummer: 4 W-RE 525/00 3 S 371/99 LG Mainz 84 C 195/99 AG Mainz

in dem Rechtsstreit

wegen Zahlung von Mietzins, hier: Rechtsentscheid.

Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Bamberger, den Richter am Oberlandesgericht Bock sowie die Richterin am Oberlandesgericht Becht

am 30. April 2001

beschlossen:

Tenor:

Es ist nicht als generelle Verweigerung der vom Mieter allgemein - ohne Benennung eines bestimmten Untermietinteressenten - erbetenen Erlaubnis zur Untervermietung (§ 549 Abs. 1 Satz 2 BGB) anzusehen, wenn der Vermieter sich dazu nicht innerhalb einer ihm vom Mieter gesetzten angemessenen Frist äußert.

Gründe:

I.

Die Beklagten waren Mieter der Kläger. Mit Schreiben vom 24. August 1998 baten die Beklagten die Kläger unter Hinweis auf die Notwendigkeit eines Umzugs aus Anlass eines Arbeitsplatzwechsels des Beklagten zu 1 unter Fristsetzung bis zum 15. September 1998 um Erteilung der Erlaubnis zur Untervermietung; einen Untermietinteressenten benannten die Beklagten den Klägern nicht. Nachdem die Kläger hierauf nicht reagiert hatten, kündigten die Beklagten das Mietverhältnis gemäß § 549 Abs. 1 Satz 2 BGB zum 31. Dezember 1998 und gaben die Mietwohnung zu diesem Zeitpunkt zurück.

Die Kläger begehren mit der Klage Zahlung des Mietzinses für die Zeit nach dem Auszug der Beklagten bis zur anderweitigen Vermietung der Wohnung zum 1. Mai 1999.

Das Landgericht, bei dem die Sache in der Berufungsinstanz anhängig ist, hat dem Senat folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:

Ist es als generelle Verweigerung der vom Mieter allgemein - ohne Benennung eines bestimmten Untermietinteressenten - erbetenen Erlaubnis zur Untervermietung (§ 549 Abs. 1 Satz 2 BGB) anzusehen, wenn der Vermieter sich nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist äußert?

Das Landgericht beabsichtigt, die Rechtsfrage zu bejahen. Seiner Ansicht nach hat das Schweigen des Vermieters in diesen Fällen die Wirkung einer im Zweifel ablehnenden Willenserklärung, weil der Vermieter verpflichtet gewesen wäre, seinen gegenteiligen Willen zum Ausdruck zu bringen. Falls eine Erklärungspflicht des Vermieters nur nach Benennung eines bestimmten Untermietinteressenten bejaht werde, wäre der Mieter gezwungen, zunächst mit unter Umständen erheblichem Aufwand konkrete Interessenten ausfindig zu machen. Dieser Aufwand wäre sinnlos, wenn der Vermieter mit einer Untervermietung ohnehin nicht einverstanden sei. Das berechtigte Interesse des Vermieters werde dadurch gewahrt, dass er auch dann, wenn er zunächst generell zugestimmt habe, eine endgültige Entscheidung davon abhängig machen könne, dass nicht wichtige Gründe in der Person des - dann von dem Mieter zu benennen- den - Interessenten vorliegen.

II.

Die Voraussetzungen für den Erlass eines Rechtsentscheids gemäß § 541 ZPO liegen vor.

Die Rechtsfrage ist für die Sachentscheidung erheblich. Von ihr ist es abhängig, ob die Beklagten einen Grund zur Kündigung hatten und ob damit ihre Kündigung wirksam war. In diesem Fall haben die Kläger keinen Anspruch auf Fortentrichtung des Mietzinses über den Kündigungszeitpunkt hinaus.

Die Rechtsfrage hat auch grundsätzliche Bedeutung. Es ist zu erwarten, dass sie auch künftig wiederholt auftritt und zu ihr in Rechtsprechung und Rechtsliteratur wie auch bisher unterschiedliche Auffassungen vertreten werden. Soweit ersichtlich, ist die Vorlagefrage bisher noch nicht Gegenstand eines Rechtsentscheids gewesen.

In der Sache entscheidet der Senat die vorgelegte Rechtsfrage wie aus der Eingangsformel ersichtlich. Es ist nicht als generelle Verweigerung der vom Mieter allgemein - ohne Benennung eines bestimmten Untermietinteressenten - erbetenen Erlaubnis zur Untervermietung anzusehen, wenn der Vermieter sich nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist dazu äußert.

Gemäß § 549 Abs. 1 BGB ist der Mieter ohne die Erlaubnis des Vermieters nicht berechtigt, den Gebrauch der gemieteten Sache einem Dritten zu überlassen, insbesondere die Sache weiterzuvermieten. Verweigert der Vermieter die Erlaubnis, so kann der Mieter das Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist kündigen, sofern nicht in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt.

Nach dieser Vorschrift erfordert das Recht zur Kündigung also die Verweigerung der Erlaubnis zur Untervermietung durch den Vermieter. Nach dem Gesetz liegt eine solche das Kündigungsrecht auslösende Verweigerung dann vor, wenn sie nach der Benennung der Person des in Betracht kommenden Untermieters erfolgt. Eine Verweigerung wird auch dann bejaht, wenn sie ohne vorherige Benennung eines Untermietinteressenten von Seiten des Vermieters ausdrücklich generell erklärt wird, wenn der Vermieter dem Mieter gegenüber also erklärt, er werde keinesfalls (unabhängig davon, ob ihm ein potentieller Untermieter benannt wird) eine Gebrauchsüberlassung an Dritte erlauben (vgl. dazu RGZ 74, 179; BGHZ 59, 7; KG WuM 1996, 698; Staudinger/Emmerich, BGB, 13. Bearb., § 549, Rn. 53; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 7. Aufl., § 549, Rn. 65).

Hier geht es jedoch um den Fall, dass der Mieter den Vermieter ohne Benennung eines Untermietinteressenten um die Erlaubnis zur Untervermietung bittet und der Vermieter auf diese Anfrage lediglich schweigt.

Für diesen Fall kann das bloße Schweigen des Vermieters auf die Anfrage des Mieters nicht als Verweigerung der Erlaubnis gemäß § 549 Abs. 1 Satz 2 BGB angesehen werden. Das Schweigen kann unter verschiedenen Gesichtspunkten in den Bereich rechtlicher Relevanz gelangen.

Zum einen kann dem Schweigen aufgrund umfassender tatrichterlicher Würdigung aller Umstände des Einzelfalles als konkludentem Verhalten ein Erklärungswert beizumessen sein. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn Begleitumstände, vorangegangenes Tun, Abreden oder begleitende Erklärungen nur den Schluss auf einen bestimmten Erklärungswert des Schweigens zulassen. Die Beurteilung solcher Umstände unterfällt der tatrichterlichen Würdigung und Auslegung im Einzelfall und kann daher nicht Gegenstand eines Rechtsentscheides sein. Darauf zielt die Vorlagefrage allerdings vorliegend auch nicht ab.

Bloßes Schweigen kann aber auch allein aufgrund gesetzlicher Bestimmung rechtliche Relevanz haben. Solche Bestimmungen, wie sie etwa § 516 Abs. 2 Satz 2 BGB oder § 362 HGB enthalten, bestehen für die hier zu entscheidende Problematik jedoch nicht.

Es bestehen auch keine sonstigen Gründe, vorliegend das bloße Schweigen mit der Bedeutung einer Verweigerung auszustatten.

Die gegenteilige, diese Frage bejahende Auffassung des Landgerichts wird vertreten von dem Amtsgericht Hamburg-Wandsbek (WuM 1986, 314) und dem Landgericht Nürnberg-Fürth (WuM 95, 587). Diese Auffassung teilt der Senat jedoch nicht (so auch LG Gießen, WuM 1999, 458; Palandt/Weidenkaff, BGB, 60. Aufl., § 549, 9; Grapentin in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., IV, 215). Ein Teil der Literatur ist nicht eindeutig (Staudinger/Emmerich, BGB, 13. Bearb., § 549, Rn. 43, Rn. 35; Schmidt-Futterer, Mietrecht, 7. Aufl., § 549 BGB, Rn. 65; Emmerich/Sonnenschein, Miete, 7. Aufl., § 549 BGB Rn. 12 f., 16; offen auch OLG Hamm, OLG-Report 1992, 275).

Die Erlaubnis zur Untervermietung ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die die ohne Erlaubnis sonst gegebene Vertragswidrigkeit der Gebrauchsüberlassung an Dritte (§ 550 BGB) ausschließt (BGHZ 59, 3). Bloßes Schweigen stellt grundsätzlich keine rechtsgeschäftliche Willenserklärung dar. Wer schweigt, setzt im Allgemeinen keinen Erklärungstatbestand. Er bringt weder Zustimmung noch Ablehnung zum Ausdruck (Pa- landt/Heinrichs, BGB, 60. Aufl., Einf. vor § 116 Rn. 7 ff. m.w.N., Flume, Band II Das Rechtsgeschäft, 4. Aufl., § 5, 2).

Etwas anderes gilt dann, wenn der Schweigende verpflichtet ist, seinen gegenteiligen Willen zum Ausdruck zu bringen (BGHZ 1, 353; BGH NJW 90, 1601). In diesen Fällen kann das Schweigen einer Willenserklärung gleichstehen. Um einen solchen Fall handelt es sich vorliegend aber nicht. Denn der Mieter hat gegenüber dem Vermieter keinen Anspruch auf Abgabe einer Erklärung zu der generellen Frage, ob er mit der Untervermietung einverstanden ist, solange der Mieter dem Vermieter keinen konkreten Untermietinteressenten benennt. Dies hat das Kammergericht für den Fall des § 549 Abs. 2 Satz 1 BGB entschieden (KG Berlin, Rechtsentscheid vom 11. Juni 1992 - 8 RE-Miet 1946/92). Der Senat teilt diese Auffassung. Schon der Wortlaut von § 549 Abs. 1 und Abs. 2 setzt voraus, dass die Person des Dritten bei der Bitte des Mieters um Erlaubniserteilung bekannt sein muss (BayObLG NJW-RR 1995, 969). Es ist auch kein Grund ersichtlich, diese Frage für den Fall des § 549 Abs. 1 BGB anders zu entscheiden. Im Fall des § 549 Abs. 2 geht es um die Teiluntervermietung von Wohnraum. Im Fall des § 549 Abs. 1 geht es, soweit vorliegend durch Rechtsentscheid zu befinden ist, um die Untervermietung des gesamten Wohnraums. Der insoweit maßgebliche Inhalt der gesetzlichen Regelung in § 549 Abs. 1 und Abs. 2 ist identisch. Ebenso ist die Interessenlage der Vertragsparteien in beiden Fällen gleich.

Hat der Mieter aber keinen Anspruch auf Abgabe einer generellen Erklärung zur Frage der Erlaubnis der Untervermietung, so kann das Schweigen des Vermieters zu dieser Frage unter diesem Gesichtspunkt nicht als Verweigerung der Erlaubnis angesehen werden. Daran vermag auch nichts zu ändern, wenn der Mieter dem Vermieter zur Abgabe der begehrten Erklärung eine angemessene Frist setzt. Dieser lediglich einseitige Akt des einen Vertragspartners ist auf die rechtliche Beurteilung des Verhaltens des anderen Vertragspartners ohne Einfluss.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Der Vermieter, der die hier erbetene Erklärung nicht vorzeitig abgibt, handelt nicht treuwidrig.

Mangels anderweitiger Regelung ist der Mieter nicht berechtigt, den Gebrauch der gemieteten Sache einem Dritten zu überlassen (§ 549 Abs. 1 Satz 1 BGB). Macht der Mieter von der gemieteten Sache einen vertragswidrigen Gebrauch und setzt er den Gebrauch ungeachtet einer Abmahnung des Vermieters fort, kann der Vermieter auf Unterlassung klagen (§ 550 BGB). Insoweit ist die Rechtslage eindeutig und es bedarf keiner Erklärungen des Vermieters dazu. Möchte der Mieter gleichwohl untervermieten, so ist dieses Begehren zunächst auf eine vertragswidrige Gebrauchsüberlassung an Dritte gerichtet (§ 550 BGB - vgl. dazu auch BGHZ 59, 7). § 549 Abs. 1 BGB gibt dem Mieter nicht die Möglichkeit, sein Begehren gegenüber dem Vermieter zu erzwingen. Das Gesetz löst den Interessenkonflikt aber dadurch, dass es dem Mieter die Möglichkeit eröffnet, sich vorzeitig aus dem Vertragsverhältnis zu lösen. Es verlangt ihm allerdings dafür ab, dass er dem Vermieter einen Untermietinteressenten präsentiert und dass der Vermieter diesen Interessenten ablehnt. Zur Kündigung gemäß § 549 Abs. 1 BGB ist der Mieter dann allerdings nur berechtigt, wenn für die Ablehnung "nicht in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt". Das kann der Vermieter bei seiner Entscheidung über die Erlaubnis nur beurteilen, wenn er den Dritten kennt. Zwar kann der Vermieter diese Situation selbst vorzeitig herbeiführen, indem er gegenüber dem Mieter generell äußert, er werde schlechthin keinen Untermieter akzeptieren. Der Vermieter braucht sich aber keine dahin gehende Erklärung durch entsprechende Bewertung seines Schweigens aufdrängen zu lassen, indem der Mieter von ihm die Abgabe einer solchen generellen Erklärung verlangt, ohne dass ihm, dem Vermieter, alle maßgebenden Umstände - Person des Dritten - bekannt sind (vgl. dazu auch Emmerich/Sonnenschein, a.a.O., Rn. 12 f.).

Freilich können Fälle denkbar sein, in denen der Vermieter böswillig oder gar in Schädigungsabsicht den Mieter den (unter Umständen erheblichen) Aufwand betreiben lässt, einen Untermietinteressenten ausfindig zu machen, obwohl er von vornherein entschlossen ist, jedweden Untermieter abzulehnen. Das wäre treuwidrig. Eine dahin gehende Bewertung bedarf aber konkreter Feststellungen im Einzelfall. Es bedarf nicht der generellen Bewertung des bloßen Schweigens als treuwidrige Erlaubnisverweigerung, nur um solche Einzelfälle zu erfassen.

Der Senat verkennt nicht, dass das zweistufige Vorgehen - zunächst generelle Erlaubnis zur Untervermietung und sodann Genehmigung eines konkreten Untermieters -, wie es das Landgericht Nürnberg-Fürth zur Begründung seiner abweichenden Auffassung anführt, im Einzelfall sinnvoll und ökonomisch sein kann. Es ist auch, wenn die Parteien sich darauf verständigen, nicht ausgeschlossen, so zu verfahren. Diese Verfahrensweise kann jedoch nicht erzwungen werden, da das Gesetz dies nicht vorsieht.

Das Argument, der Vermieter hätte es andernfalls in der Hand, allein durch sein Schweigen auf entsprechende Anfragen der Mieter das vom Gesetz vorgesehene Sonderkündigungsrecht nach § 549 Abs. 1 Satz 2 BGB hinfällig zu machen, wenn man sein Schweigen in dem hier in Rede stehenden Fall nicht als Verweigerung ansähe, greift ebenfalls nicht durch. Denn das Gesetz knüpft das Sonderkündigungsrecht erst an die unberechtigte Verweigerung der Erlaubnis im Hinblick auf einen konkret vorgeschlagenen Untermietinteressenten an.



Ende der Entscheidung

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