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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 23.05.2001
Aktenzeichen: 5 U 1298/00
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 462
BGB § 459
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 708 Ziffer 11
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 5 U 1298/00

Verkündet am 23. Mai 2001

in dem Rechtsstreit

Der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat auf die mündliche Verhandlung vom 26. April 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Kaltenbach, sowie die Richter am Oberlandesgericht Dr. Menzel und Weller

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 3. August 2000 teilweise abgeändert wie folgt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die O... Leasing GmbH & Co. OHG R.......... 94.052,62 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 4. November 1998 zu zahlen Zug um Zug gegen Übergabe des Pkw Opel Omega Caravan MV 6, fünftürig, mit der FIN WOLOVBP35W1160442.

Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte in Annahmeverzug befindet.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 1/5, die Beklagte 4/5.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch den Kläger abwenden gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 130.000 DM, sofern nicht dieser zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000 DM abwenden, sofern nicht diese zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Sämtliche Sicherheitsleistungen können durch selbstschuldnerische, unbedingte Bürgschaften einer als Steuerbürgin zugelassenen Bank erbracht werden.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt aus abgetretenem Recht der O... Leasing GmbH & Co. OHG Rüsselsheim (künftig: O... Leasing) die Wandlung des mit der Beklagten geschlossenen Kaufvertrages über einen PKW Opel Omega Caravan.

Aufgrund des mit der O... Leasing geschlossenen Leasingvertrages, der eine Abtretung der Gewährleistungsansprüche vorsieht, hat der Kläger das mit einem Steinmetzkompressor umgebaute Fahrzeug Anfang Mai 1998 übernommen. Nach Übernahme reklamierte er metallische Geräusche im Bereich des Kompressors sowie ein "Ruckeln des Fahrzeuges". Diese Mängelrügen wiederholte er mehrfach, auch, nachdem am 19.6.1998 der Kompressor ausgetauscht und am 19.7.1998 Arbeiten am Steuergerät vorgenommen worden waren (31 GA). Nach einer Überprüfung der Beklagten am 21.8.1998 erklärte deren Mitarbeiter, das Fahrzeug entspreche dem Stand der Technik, ein Fehler liege nicht vor (31 GA).

Der Kläger hat im November 1998 ein Beweisverfahren eingeleitet (15 OH 14/98) und gestützt auf das dort erstellte Gutachten des Sachverständigen L..... im Januar 1999 Wandlungsklage eingereicht, der das Landgericht mit dem angefochtenen Urteil entsprochen hat.

Mit der Berufung rügt die Beklagte, dass nicht festgestellt sei, dass die Mängel "metallische Geräusche des Kompressors im Fahrbetrieb" bzw. "Motorruckeln" bei der Übergabe des Fahrzeuges vorgelegen hätten. Betreffend den Mangel "Absterben des Motors im Fahrbetrieb" erhebt sie die Einrede der Verjährung. Jedenfalls müsse sich der Kläger im Rahmen der Rückabwicklung die gezogenen Nutzungen anrechnen lassen.

Der Kläger hält dem entgegen, die Mängel hätten bei Übergabe vorgelegen. Das "Ruckeln bzw. Absterben des Motors" beschrieben ein und dasselbe Problem, eine Störung des Verbrennungsvorganges. Mit dem selbständigen Beweisverfahren sei daher der Eintritt der Verjährung umfassend unterbrochen worden. Die Vorteile aus der Nutzung des Fahrzeuges seien im Verhältnis zwischen Leasingnehmer und Leasinggeber abzurechnen.

Der Senat hat ergänzend Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen K...... und Anhörung des Sachverständigen L......

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils, die in zweiter Instanz gewechselten Schriftsätze, die Sitzungsniederschriften und die Verfahrensakten 15 OH 14/98.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat einen Teilerfolg. Aus abgetretenem Recht der O... Leasing kann der Kläger die Wandlung des Kaufvertrages verlangen, muss sich jedoch die gezogenen Nutzungen anrechnen lassen.

Im Einzelnen:

Der Senat ist überzeugt, dass das Fahrzeug bei Übergabe an den Kläger bzw. auch noch nach dem Austausch des Kompressors und den Arbeiten an der Steuereinheit mit Mängeln behaftet war. Der Pkw wurde von drei sachverständigen Personen auf zahlreichen Probefahrten über eine Wegstrecke von 838 km gefahren (Bl. 42 in 15 OH 14/98). Der Sachverständige L...., hat dabei ein Motorruckeln und das Aussetzen des Motors selbst in betriebswarmem Zustand festgestellt. Insbesondere das Absterben des Motors konnte immer nur dann festgestellt werden, wenn das Fahrzeug über lange Zeit mit voller Leistung gefahren und dann der Motor ausgekuppelt wurde. Diesen Mangel hat der Zeuge K...... bei der von ihm geschilderten Probefahrt nicht feststellen können. Daher bedarf es auch nicht der ergänzenden Vernehmung des Zeugen R..... (150, 151, 164 GA).

Unter Berücksichtigung des unstreitigen Geschehensablaufes, des im selbständigen Beweisverfahren eingeholten Gutachtens und der Anhörung des Sachverständigen L..... ist der Senat überzeugt (§ 286 ZPO), dass diese Mängel bereits bei Übergabe des Fahrzeuges vorlagen und durch das Austauschen des Kompressors nicht behoben wurden.

Denn schon wenige Tage nach der Übernahme des Fahrzeuges hat der Kläger metallische Geräusche im Bereich des Kompressors und ein "Ruckeln des Fahrzeuges" bemängelt (31 GA). Er hat diese Rügen nach dem Austausch des Kompressors wiederholt, obgleich die Beklagte behauptete, die Fehler seien nicht feststellbar. Dies ist nach den Angaben des Sachverständigen L..... nachvollziehbar, weil die Beklagte lediglich kurze Probefahrten vornahm, während der Kläger das Fahrzeug offensichtlich häufig und lange unter voller Last gefahren hat (von der Übernahme im Mai 1998 bis zur Stilllegung Ende November 1998 mehr als 30.000 km).

Der Sachverständige hat zur Vermutung der Beklagten, die festgestellten Mängel könnten auf die Standzeiten des Pkw zurückzuführen sein, ausgeführt, dass er davon ausgehe, dass die Firma O0... ein System herstelle, das eine längere Standzeit auch unter ungünstigen Bedingungen mit hoher Feuchtigkeit überstehe. Er habe bei der Übernahme des Fahrzeuges die Steckkontakte und Zündkerzen überprüft und dabei nichts festgestellt, was auf Feuchtigkeits- oder Standschäden hingewiesen habe. Letztlich ausschließen könne er das natürlich nicht. Er habe bei seinen Untersuchungen auch keine Hinweise auf einen hohen Verschleiß oder mangelhafte Wartung bei hoher Beanspruchung gefunden. Aufgrund der Tatsache, dass der Kläger die Mängel von Beginn an und ständig rügte und den Feststellungen des Sachverständigen L..... besteht für den Senat kein vernünftiger Zweifel daran, dass die Mängel bei Übergabe bereits vorgelegen haben.

Entgegen der Ansicht der Berufung ist Verjährung nicht eingetreten, weil der Kläger mit dem Beweisantrag "der Motor ruckelt bei einem Lastwechsel" hinreichend zumindest laienhaft eine Störung des Verbrennungsvorgangs im Motor beschrieben hat, die (auch) Ursache für das Aussetzen des Motors sein kann (165 GA). Mehr war zur Unterbrechung der Verjährung nicht erforderlich.

Nach alledem ist die O... Leasing berechtigt, den Kaufvertrag gemäß §§ 462, 459 BGB zu wandeln. Dem Kläger steht der Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises aus abgetretenem Recht Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeuges und unter Anrechnung der gezogenen Nutzungen zu. Er hat zugestanden, mit dem Pkw 31.000 km gefahren zu sein (149 GA). Für eine höhere Nutzung wäre die Beklagte beweisführungspflichtig; Beweis hat sie nicht angetreten. Nach der von der Berufung zitierten Formel, die auch der Senat ständig anwendet, errechnet sich eine Nutzungsentschädigung von 24.655,54 DM (118.708,34 DM x 0,67 % x 31). In diesem Umfang hat die Berufung einen Teilerfolg.

Entgegen der Ansicht des Klägers sind die Nutzungsvorteile (auch) im Verhältnis der Vertragsparteien 0... Leasing (deren abgetretenen Anspruch der Kläger geltend macht) und Beklagte zu berücksichtigen. Denn es handelt sich hier um den Anspruch auf Wandlung und nicht um den Anspruch aus vollzogener Wandlung. Nur über den letzteren Anspruch verhalten sich die vom Kläger zitierten Urteile des Bundesgerichtshofs. Selbstverständlich kann die Beklagte als Verkäuferin bei Rückgabe des wertgeminderten Fahrzeuges die Nutzungsentschädigung gegen den zurückzuzahlenden Kaufpreis gegenrechnen. In der Folgeabrechnung zwischen dem Kläger und der O... Leasing kann dieser die Rückzahlung der Leasingraten verlangen und die O... Leasing ihrerseits die an die Beklagte gezahlte Nutzungsentschädigung gegenrechnen.

In Höhe der Nutzungsentschädigung hat die Berufung daher Erfolg, im Übrigen ist sie zurückzuweisen. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Ziffer 11, 711 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 120.000 DM.

Die Beschwer der Beklagten durch das angefochtene Urteil übersteigt 60.000 DM, die Beschwer des Klägers liegt darunter.

Ende der Entscheidung

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