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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 17.10.2002
Aktenzeichen: 5 U 1735/01
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 666
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
ZPO § 543 Abs. 2
Überlässt ein Mitglied einer Bruchteilsgemeinschaft dem anderen Miteigentümer über viele Jahre die Verwaltung und erweckt er dabei den Eindruck keine näheren Informationen über veranlasste Maßnahmen und die Verwendung von Geldern zu wünschen, schuldet der Verwalter am Ende der Verwaltungszeit nach Treu und Glauben nur im eingeschränkten Maß Rechenschaft.
Tatbestand:

Der Kläger und die Beklagte sind Geschwister. Sie waren seit 1991 zu je 1/2 Eigentümer eines Grundstücks, auf dem sich ein altes Haus befand. Zur Vornahme anstehender Sanierungsmaßnahmen erteilte der Kläger der Beklagten unter dem 11. Februar 1992 Vollmacht. In der Folge gab diese, vor allem bei ihrem Ehemann, zahlreiche Arbeiten in Auftrag, die aus Darlehensmitteln, öffentlichen Fördergeldern, Mieteinnahmen und teilweise auch Einlagen der Parteien finanziert wurden.

Der Kläger nahm auf die Sanierung, die im Wesentlichen in der Zeit von 1994 bis 1996 erfolgte, keinen Einfluss und überließ die Verantwortung der Beklagten. Im Juli 1998 legte die Beklagte die Verwaltung nieder, nachdem sie ihren Miteigentumsanteil am Grundstück bereits mit Wirkung zum 18. Dezember 1996 auf ihren Sohn übertragen hatte.

Im Zusammenhang damit erhielt der Kläger von der Beklagten Aufstellungen über die jährlichen Ausgaben für das Anwesen, Kontoauszüge und Rechnungen, deren Vollständigkeit und Aussagegehalt er unter dem 28. August 1998 bemängelte. Daraufhin listete der Ehemann der Beklagten in einem Schreiben vom 5. Oktober 1998 die von ihm erbrachten Arbeiten auf. Zusätzliche Angaben - die teilweise auch Berichtigungen vornahmen, indem Drittleistungen offengelegt wurden erfolgten am 2. November 1998 und am 7. Januar 1999. Im weiteren Verlauf gingen dem Kläger von Seiten des gemeinsamen Steuerberaters umfangreiche Zahlenübersichten zu.

Anknüpfend an mehrere im Jahre 2000 erhobenen Anfragen, die aus seiner Sicht nur unbefriedigend beantwortet wurden, hat der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit von der Beklagten

1. Auskunft begehrt,

a) wozu ein Betrag von 17.712,53 DM, um den sie den Saldo des gemeinsamen Kontos in der Zeit vom 24. Februar 1995 bis zum 28. Mai 1998 durch die Ziehung von acht Schecks gemindert habe, verwandt worden sei, hilfsweise, wozu sieben der acht Schecks Verwendung gefunden hätten,

b) was der Verwendungszweck eines am 18. März 1997 mittels Schecks abgehobenen Betrags von 1.240 DM gewesen sei,

c) welche Bauleistungen 16 Rechnungen, die der Ehemann der Beklagten vom 12. April 1994 bis zum 12. Februar 1996 ausgestellt habe, zugrundelägen und wie es sich mit der Abnahme dieser Leistungen verhalte,

2. verlangt, die Richtigkeit der zu erteilenden Auskunft an Eides statt zu versichern,

3. für den Fall, dass die Auskunft in einzelnen Punkten nicht gegeben werde, die Auszahlung der jeweils davon betroffenen Beträge an sich und den Sohn der Beklagten als Eigentümergemeinschaft gefordert.

Das Landgericht hat die darauf gestützte Klage mit der Begründung abgewiesen, dass die Inanspruchnahme der Beklagten treuwidrig sei, da der Kläger die Verwaltung der Beklagten bis in das Jahr 1998 hinein nicht beanstandet habe. Das greift der Kläger in Erneuerung seiner erstinstanzlichen Anträge mit der Berufung an. Er ist der Meinung, dass es insoweit keinen Vertrauensschutz der Beklagten geben dürfe, denn er habe erstmals 1998 Anlass gehabt, Unstimmigkeiten zu vermuten.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist ohne Erfolg. Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

1. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, weitere Auskünfte über die Verwendung der streitigen Geldbeträge oder den Gegenstand der streitigen, von ihrem Ehemann gefertigten Rechnungen zu erteilen. Denn die Informationen, die der Kläger bisher erhalten hat, waren nicht unzulänglich. Von daher fehlt auch die Grundlage dafür, die Beklagte ergänzend zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung oder gar ersatzweise zu irgendwelchen Zahlungen heranzuziehen.

a) Der Kläger ist darüber unterrichtet worden, worauf die von ihm angeführte Kontobelastung von im Saldo 17.712,53 DM zurückzuführen ist. Dabei geht es unter Gegenrechnung einer Einzahlung von 16.000 DM durch die Beklagte um Abverfügungen von in der Summe 33.712,53 DM, denen die Ausstellung von acht Schecks über 4.788,80 DM (am 24. Februar 1995), 2.130,10 DM (am 17. März 1995), 2.193,63 DM (am 27. März 1995), 2.000 DM (am 27. April 1995), wiederum 2.000 DM (am 28. April 1995), 20.000 DM (am 14. Juni 1995), 500 DM (am 29. Oktober 1996) und 100 DM (am 28. Mai 1998) zugrundeliegt. Die Beklagte hat erläutert, was jeweils mit den Scheckbeträgen geschehen ist und zahlreiche Rechnung vorgelegt, die damit beglichen wurden.

b) Darüber hinaus wurde der Kläger auch über den Verwendungszweck des zusätzlich von ihm angesprochenen Schecks vom 18. März 1997 über 1.240 DM informiert. Die Beklagte hat ausgeführt, dass es sich um einen Barscheck handelt, dessen Gegenwert an einen Bekannten floss, nachdem dieser beim Einkauf von Baumaterial mit entsprechenden Mitteln in Vorlage getreten war. Da der Betrag dem Bekannten zusätzlich noch überwiesen wurde und deshalb doppelt gezahlt worden war, kam es zur Rückgewähr von 1.240 DM, die dem gemeinsamen Konto der Parteien dann wieder gutgebracht wurden.

c) Schließlich hat sich die Beklagte auch über die Arbeiten erklärt, auf die sich die streitigen, von ihrem Ehemann erstellten Rechnungen beziehen. Dies ist unter Hinweis auf schriftliche Angaben von dessen Seite geschehen. Ergänzend ist mitgeteilt worden, dass den Rechnungsstellungen ein Stundensatz von 45 DM zugrundeliegt. Zudem hat die Beklagte geäußert, dass die Abnahme der Arbeiten allmonatlich sukzessiv erfolgte.

2. Auskunftsrechte des Klägers über die vorliegenden Informationen hinaus bestehen nicht. Die Beklagte hat den Anforderungen, die unter den gegebenen Umständen an sie zu stellen sind, genügt; eine weitergehende Unterrichtung des Klägers wäre überobligationsmäßig. Da nicht erkennbar ist, dass die Beklagte ihren Pflichten nicht in dem gebotenen Maße nachgekommen wäre, kann ihr auch nicht die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung darüber abverlangt werden, dass die Angaben zutreffen und vollständig sind (§ 259 Abs. 2 BGB). Erst recht gibt es keine Grundlage dafür, die Beklagte wegen mangelhafter Auskünfte auf Ersatzzahlungen in Anspruch zu nehmen.

Wesentlich für diese Beurteilung ist, dass die Beklagte nur in einem eingeschränkten Maße Auskünfte schuldet. Die grundsätzliche, aus § 666 BGB herleitbare Pflicht, dem Kläger innerhalb des von ihr wahrgenommenen Aufgabenkreises Rechenschaft abzulegen (BGHZ 10, 385, 386), wird nämlich durch das Gebot von Treu und Glauben begrenzt (BGHZ 10, 385, 387; Bittner in Staudinger, BGB, 14. Aufl., § 259 Rdnr. 27). Dabei wirkt sich im vorliegenden Fall der Umstand aus, dass der Kläger über weite Zeit den Eindruck erweckte, keine näheren Informationen zu wünschen, und daher seine Rechte - jedenfalls jenseits des Rahmens, in dem er von der Beklagten unterrichtet worden ist - verwirkt hat (BGHZ 39, 87, 92; Heinrichs in Palandt, BGB, 61. Aufl., § 261 Rdnr. 24).

a) Der Kläger hat der Beklagten, begleitet durch eine Vollmacht, langfristig die Verwaltung und Sanierung des gemeinsamen Hausgrundstücks überlassen. Bis in das Jahr 1998 hinein hat er sich, bezogen auf die streitigen Vorgänge, ohne weiteres mit den Nachrichten begnügt, die ihm die Beklagte jeweils zukommen ließ. Er sah weder eine Notwendigkeit dafür, zeitnah Nachfragen zu stellen, noch Anlass, bei dem Steuerberater der Parteien vorstellig zu werden. Genausowenig kündigte er an, in Zukunft Einblick in irgendwelche Unterlagen nehmen zu wollen oder jedenfalls zusätzliche Angaben zu erwarten. Insofern bestand für die Beklagte keine Veranlassung, ihre Handlungen im Interesse des Klägers zu dokumentieren. Sie brauchte auch ihren Ehemann nicht dazu anzuhalten, dass er aufschlüsselte, was im Einzelnen Gegenstand der von ihm erstellten Rechnungen war. Es genügte, dass die Rechnungen vom Finanzamt und, soweit es um die Gewährung öffentlicher Fördermittel ging, von der Stadt akzeptiert wurden. Dass dies nicht geschehen wäre, ist weder behauptet noch sonst ersichtlich.

b) Vor diesem Hintergrund hat der Kläger seine weitergehenden Rechte eingebüßt. Anders wäre es allein dann, wenn er nachweisen könnte, dass er greifbaren Anlass hätte, an der Verlässlichkeit der Beklagten als Sachwalterin seiner Interessen zu zweifeln und deshalb das Vertrauen, das er über Jahre hinweg hatte, enttäuscht wäre (BGHZ 39, 87, 93; Bittner, aaO, § 259 Rdnr. 28; Heinrichs, aaO, § 261 Rdnr. 24). Das ist aber nicht der Fall; eine Schädigung der Belange des Klägers ist nicht zu ersehen:

Der Vorwurf des Klägers, die Beklagte habe zu hohe Baukosten produziert, trägt nicht. Insgesamt entstand insoweit ein Aufwand in der Größenordnung von 500.000 DM bis 600.000 DM; der Betrag von 890.269,61 DM, den der Kläger nennt, beinhaltet weitere Kosten wie insbesondere Kreditkosten. Aufwendungen im Bereich von 500.000 DM bis 600.000 DM lagen indessen auf der Linie, die eine Drittfirma vorab unter dem 29. Dezember 1992 vorgezeichnet hatte, wobei deren Kostenanschlag nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten verschiedene Leistungen (wie die Absenkung der Kellerdecke und den Ausbau des Dachgeschosses) nicht einmal erfasste.

Auch das Vorbringen des Klägers, die Beklagte habe zugelassen, dass ihr Ehemann fingierte Rechnungen über Bauarbeiten erstellt habe, kann keine besonderen Auskunftspflichten herbeiführen. Denn die Beklagte ist dem mit dem nicht entkräfteten Einwand entgegengetreten, dass damit keine ungerechtfertigte Kostenbelastung für die Grundstücksgemeinschaft verbunden gewesen sei. Allein auf diese Weise habe - in Absprache mit den städtischen Behörden - die Voraussetzung für den Erhalt öffentlicher Fördermittel geschaffen werden können, weil die zugrundeliegenden Arbeiten von Aushilfskräften durchgeführt worden seien, die ihrerseits keine Rechnungen gefertigt hätten.

Als ebensowenig tragfähig hat sich die weitere Behauptung des Klägers herausgestellt, die Beklagte habe das gemeinsame Vermögen geschädigt, indem sie an ihren Ehemann adressierte Rechnungen beglichen habe. Die Beklagte hat nämlich aufgezeigt, dass die Rechnungen Lieferungen an die Parteien zum Gegenstand hatten und sich die Rechnungsanschrift aus dem Bestreben erklärt, einen andernfalls nicht erhältlichen Rabatt in Anspruch zu nehmen.

Auch der Umstand, dass der Ehemann der Beklagten unter dem 5. Oktober 1998 Ausführungen zu seiner Tätigkeit machte, die teilweise falsch waren und deshalb später korrigiert werden mussten, ist nicht geeignet, nachhaltige Zweifel an der Geschäftsführung der Beklagten zu begründen. Denn insoweit geht es nicht um ein Fehlverhalten, das der Beklagten zugerechnet werden könnte. Unabhängig davon ist nicht zu ersehen, dass die unzutreffenden Angaben des Ehemannes der Beklagten, die aus dem Gedächtnis heraus gemacht wurden, vorsätzlich erfolgt und nicht auf einen bloßen Erinnerungsfehler zurückgegangen wären.

Schließlich trägt auch das neuerliche Vorbringen des Klägers nicht, der verstorbene Vater der Parteien habe eine Anwartschaft auf gewisse Gelder gehabt, von denen er erst jüngst erfahren habe.

Damit ist eine irgendwie geartete Unredlichkeit der Beklagten nicht dargetan. Im Übrigen ist die Beklagte möglichen Vorwürfen, die in diesem Zusammenhang gegen sie oder gegen ihren Ehemann erhoben werden könnten, entgegen getreten.

3. Nach alledem scheidet eine ergänzende Inanspruchnahme der Beklagten aus, so dass die Berufung mit den Nebenentscheidungen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO zurückzuweisen ist.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird in Übereinstimmung mit der unangefochtenen Bemessung, die das Landgericht für die erste Instanz vorgenommen hat, mit 15.338,76 EUR (= 30.000 DM) bemessen. Für die Zulassung der Revision gibt es keine Grundlage, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.

Der nachgereichte, nicht nachgelassene Schriftsatz des Klägers vom 09. Oktober 2002 rechtfertigt nicht, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.

Ende der Entscheidung

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