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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 17.07.2003
Aktenzeichen: 5 U 18/03
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 195
BGB § 276
BGB § 278
BGB § 823
BGB § 831
BGB § 852
BGB § 906
BGB § 909
BGB § 1004
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 3 n. F.
1. Eine deliktische Haftung des Bauherrn für baubedingte Schäden am Nachbargebäude scheidet aus, wenn er die Arbeiten von Fachleuten hat durchführen lassen, deren Sachkunde er vertrauen durfte. Architekt und Bauunternehmer sind keine Verrichtungsgehilfen des Bauherrn.

2. Für derartige Schäden schuldet der Bauherr jedoch in entsprechender Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB einen angemessenen Ausgleich, wenn der Geschädigte die Beeinträchtigung nicht abwehren konnte.

3. Der Ausgleichsanspruch verjährt auch dann nach 30 Jahren, wenn daneben ein Anspruch aus unerlaubter Handlung in Betracht kommt, für den die dreijährige Verjährungsfrist des § 852 BGB gilt.

4. Hat der Kläger erstinstanzlich keinen Anlass, zu seiner Aktivlegitimation ergänzend vorzutragen, muss neues Vorbringen in zweiter Instanz jedenfalls mangels Nachlässigkeit berücksichtigt werden.


Oberlandesgericht Koblenz Im Namen des Volkes Urteil

5 U 18/03

Verkündet am 17. Juli 2003

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichtes Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Kaltenbach sowie die Richter am Oberlandesgericht Dr. Menzel und Stein auf die mündliche Verhandlung vom 26. Juni 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichtes Koblenz vom 5. Dezember 2002 aufgehoben.

Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt. Zur Entscheidung über den Umfang des Klageanspruchs wird die Sache an das Landgericht Koblenz zurückverwiesen. Dort ist auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu befinden.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe:

I.

Der Kläger nimmt die Beklagten im Wege der Leistungsklage und der Feststellungsklage auf Schadensersatz in Anspruch. Er wirft ihnen vor, ihr Grundstück anlässlich der Errichtung eines Gebäudes in einer Weise vertieft zu haben, dass das in seinem Eigentum und im Eigentum seiner Schwester stehende Nachbarhaus die erforderliche Stütze verloren habe und daraufhin Risse aufgetreten seien.

Das Landgericht hat das Klageverlangen im Anschluss an eine Beweisaufnahme abgewiesen, weil es eine Schadensursächlichkeit des Bauvorhabens der Beklagten nicht hat bejahen können. Das greift der Kläger in Erneuerung seines Begehrens mit der Berufung an. Er wendet sich gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts, das namentlich die gebotene Auseinandersetzung mit der Stellungnahme eines Privatgutachters habe vermissen lassen.

II.

Die Berufung führt zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache (§ 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO). Entgegen der Auffassung des Landgerichts haben sich die Beklagten dem Kläger ersatzpflichtig gemacht. Wie weit diese Ersatzpflicht reicht, bedarf allerdings noch einer Aufklärung. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist deshalb lediglich der Erlass eines Grundurteils möglich.

1.

Eine Inanspruchnahme der Beklagten unter deliktischen Gesichtspunkten scheidet freilich aus. Sie würde, gleich ob man insoweit § 823 Abs. 1 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 909 BGB heranzieht, grundsätzlich ein persönliches schuldhaftes Fehlverhalten voraussetzen. Dafür ist nichts ersichtlich.

a) Die Beklagten haben den Bau auf ihrem Grundstück nicht eigenverantwortlich erstellt, sondern dazu andere Personen herangezogen. Für sie waren drei Architekten (denen sie im Verlauf des Rechtsstreits den Streit verkündet haben) bauleitend tätig, und die Arbeitsausführung lag bei einem Bauunternehmen (das als Streithelfer in den Prozess eingetreten ist). Es ist weder behauptet noch sonst erkennbar, dass die Beklagten diesen Fachleuten nicht hätten vertrauen können und, indem sie sie beauftragten, ihren Sorgfaltspflichten nicht genügten. Genauso wenig gibt es Hinweise darauf, dass sie später Anlass zu der Annahme gehabt hätten, das Bauvorhaben werde nicht sachgerecht durchgeführt, weil nachbarliche Interessen nicht in der gesetzlich gebotenen Weise beachtet würden. Daher lässt sich nicht feststellen, dass die Beklagten zu irgendeiner Zeit gehalten gewesen wären, sich persönlich um die Bauarbeiten zu kümmern und auf die von ihnen beauftragten Personen Einfluss zu nehmen (BGH NJW-RR 1997, 1374; BGH NJW 2001, 1865, 1866; OLG Hamm ZfS 1996, 6 f; einschränkend OLG Bremen MDR 1960, 495). Sie konnten davon ausgehen, dass diese in nicht geringerem Maße aufmerksam und sachkundig waren als sie selbst. Eine Verletzung von Verkehrssicherungspfliehten durch mangelnde Kontrolle ist mithin nicht gegeben. Dafür, dass die Beklagten Weisungen erteilt hätten, das Baugrundstück in Gefahr bringender Weise auszuschachten und dabei gleichzeitig von notwendigen Sicherungsmaßnahmen zugunsten der Grundstücksnachbarn abzusehen, fehlt jeder Anhalt.

b) Für etwaige schadensbegründende Nachlässigkeiten der Architekten oder des Bauunternehmens brauchen die Beklagten nicht einzustehen. Da das nachbarliche Verhältnis der Parteien vertragliche oder quasi-vertragliche Beziehungen zum Kläger nicht begründen konnte (BGHZ 42, 374, 377; OLG Bremen MDR 1960, 495), ist für eine Haftungszurechnung über § 278 BGB kein Raum. Im Rahmen des § 823 BGB, der den Klageanspruch allein tragen könnte, kommt nur § 831 BGB als Zurechnungsnorm in Betracht. Diese Bestimmung ist jedoch ebenso wenig anwendbar.

Sie würde voraussetzen, dass Architekten oder Bauunternehmer Verrichtungsgehilfen des Bauherrn sind. Diese Voraussetzung ist aber im Hinblick auf deren eigene, regelmäßig überlegene fachliche Qualifikation und die dadurch begründete Selbständigkeit nicht erfüllt (BGHZ 42, 374, 375; BGH MDR 1994, 1119; BGH NJW 2001, 1865, 1866; Brandenburgisches OLG ZfS 2002, 332; OLG Bremen MDR 1960, 495; OLG Hamm ZfS 1996, 6 f.; Staudinger/Belling/Eberl-Borge, BGB, 14. Aufl., § 831 Rz. 60, 66). Damit vermögen denkbare Versäumnisse, die den Hilfskräften der Beklagten anzulasten sind, auch unter deliktischen Gesichtspunkten eine Haftung nicht auszulösen.

2.

Die Beklagten haften jedoch verschuldensunabhängig nach den Grundsätzen, die der Bundesgerichtshof bezogen auf nachbarliche Verhältnisse in Anlehnung an die Regelung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB entwickelt hat. Die Ansprüche, die sich daraus ergeben, waren, auch wenn das Verlangen des Klägers darauf anfänglich nicht gestützt worden ist, von vornherein Klagegegenstand und von Amts wegen in die gerichtliche Prüfung einzubeziehen (BGH NJW-RR 1997, 1374). Insofern geht der Einwand, der Kläger habe sie verspätet in den Prozess eingeführt, fehl. Entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB muss ein Grundstückseigentümer für Schäden seines Nachbarn aufkommen, die aus ihm zurechenbaren, nach § 1004 BGB unzulässigen Einwirkungen auf dessen Grundstück entstehen, falls der betroffene Nachbar nicht in der Lage war, diesen Einwirkungen zu begegnen (BGHZ 72, 289, 292 ff.; BGH NJW 1984, 2207, 2208; BGH NJW-RR 2000, 537; BGH NJW 2001, 1865, 1866). So verhält es sich auch im vorliegenden Fall.

a) Die Ausschachtungsarbeiten, die im Zuge der von den Beklagten veranlassten Baumaßnahme durchgeführt wurden, haben zu einer Destabilisierung des dem Kläger und seiner Schwester gehörenden Hauses geführt, so dass es dort zu Schäden kam. Das ergibt sich zur Überzeugung des Senats (§ 286 Abs. 1 ZPO) aus dem Parteivorbringen und den vom Landgericht erhobenen Beweisen.

Unstreitig sind an dem Anwesen zahlreiche Risse festzustellen, die sich namentlich an den Außenwänden zeigen. Darüber hinaus ist es im Innern des Gebäudes zu Verziehungen und Unebenheiten gekommen, so dass Türen und Fenster schwer gängig sind. Über die Ursachen dieser Erscheinungen besteht freilich Streit. Während der Kläger dafür die Baumaßnahme der Beklagten verantwortlich macht, gehen diese von altersbedingten Setzungen aus, die durch Kriegseinwirkungen gefördert worden seien.

b) Um eine Klärung herbeizuführen, hat das Landgericht Zeugen gehört und mehrfach - zunächst schriftlich und am Ende auch mündlich - die Stellungnahme des Sachverständigen B. eingeholt, der zuvor bereits ein Beweissicherungsgutachten gefertigt hatte. Grundlage von dessen Beurteilung war eine 1997 - und damit im Folgejahr des Baubeginns auf dem Grundstück der Beklagten - durchgeführte Ortsbesichtigung. In dem Beweissicherungsgutachten wies er auf zahlreiche Risse hin, deren Ursprung er wegen vorhandener Staubablagerungen oder Verfüllungen in der Zeit vor den Arbeiten auf dem Nachbargrundstück sah. Schräge Wände und Decken, die er bemerkte, vermochte er wegen der Neigungsrichtung seinerzeit ebenfalls nicht mit dem Bau der Beklagten in Zusammenhang zu bringen, weil sich ein uneinheitliches Bild biete. Des Weiteren verneinte er einen solchen Zusammenhang auch in Bezug auf klemmende Fenster und Türen mit der Begründung, dass diese schon langfristig eingebaut seien und nunmehr der Nachjustierung bedürften.

Seine Einschätzung unterstrich der Sachverständige B. dann im hiesigen Prozess in seinem ersten Ergänzungsgutachten durch die Erwägung, das dem Kläger und seiner Schwester gehörende Hause weise an der dem Gebäude der Beklagten zugewandten Giebelseite keine Risse auf und die an den Traufwänden vorhandenen Risse konzentrierten sich nicht auf den Grundstücksgrenzbereich. Das spreche ebenso gegen eine Schadensursächlichkeit der Baumaßnahme wie der Umstand, dass an einer Garage, die gegenüberliegend an den Neubau angrenze, keine Risse aufgetreten seien. Vor diesem Hintergrund müsse die Ursache der Risse in einem - zwischen den Parteien unstreitigen - Bombeneinschlag während des Kriegs gesucht werden.

c) Diese Sicht der Dinge begegnet durchgreifenden Bedenken. Der Kläger hat - unter Bezugnahme auf die teilweise graphisch verdeutlichten Ausführungen der Privatgutachter G. und J. - dargelegt, dass es sich bei den vorhandenen Rissen um typische Setzungserscheinungen handelt. Ihr Verlauf, der - von oben nach unten gesehen - vom Gebäude der Beklagten weg weist, lässt auf eine Absenkung der dortigen Giebelwand mit nachfolgenden Auswirkungen auf die Traufwände schließen. Dass es an der Giebelwand selbst keine Risse gibt, steht mit einer solchen Entwicklung eher im Einklang, als dass es ihr widerspricht.

Dem hat sich dann auch der Sachverständige B. in seinem zweiten Ergänzungsgutachten angenähert. Darin hat er nicht mehr ausgeschlossen, dass sich eine Setzungsbewegung am Gebäude der Beklagten auf das dem Kläger und seiner Schwester gehörende Haus übertrug, indem es dort die Giebelwand senkte und dies Belastungen für die Traufwände nach sich zog. Die noch in dem ersten Ergänzungsgutachten aufgestellte These des Sachverständigen B., ein solcher Schadenshergang sei deshalb fragwürdig, weil an der auf der anderen Gebäudeseite gelegenen Garage entsprechende Schadenszeichen fehlten, war zwischenzeitlich durch das unstreitige Vorbringen des Klägers erschüttert worden, dass die Garage - anders als das eigene Haus - auf eine Bodenplatte gestellt sei. Überdies hat der Sachverständige B. schließlich anlässlich seiner gerichtlichen Anhörung die Auffassung vertreten, die Schadensursache sei nicht in einem über lange Jahre gewachsenen Setzungsprozess, sondern in einem singulären Ereignis zu suchen. Das indiziert nachdrücklich einen kausalen Beitrag der Baumaßnahme der Beklagten und nicht etwa des Bombeneinschlags im Krieg, weil die Schadensentwicklung in jüngster Zeit deutlich voranschritt. Eine solche Schlussfolgerung klang im Übrigen auch in dem zweiten Ergänzungsgutachten des Sachverständigen B. an; bereits darin wurde die These eines Kriegsschadens stark relativiert.

Ein Vergleich der von dem Kläger zusammen mit dem Privatgutachten J. vorgelegten neuen Fotos und den Aufnahmen, die der Sachverständige B. 1997 gemacht hat, zeigt, dass sich die Rissbildung seither intensiviert hat. Alte, schon seinerzeit dokumentierte Risse haben sich vergrößert, und neue Risse sind hinzugekommen. Die Schadstellen befinden sich nicht schwerpunktmäßig dort, wo es kriegsbedingte Einwirkungen gegeben hatte, sondern spiegeln in ihrer Gesamtheit das Bild einer Setzungsbewegung durch Nachbarbebauung wieder.

3.

Vor diesem Hintergrund kann an einer von der Baumaßnahme der Beklagten ausgehenden Schadensverursachung kein vernünftiger Zweifel bestehen. Ob den Beklagten dabei alle vom Kläger geltend gemachten Schäden zuzurechnen sind oder ob, wie der Geschäftsführer der Streithelferin der Beklagten abweichend von der Aussage der Zeugen G..., K..., J..., Kr... und Kö... bekundet hat und wie auch durch den Zeugen W. unter Beweis gestellt ist, Altschäden da waren, die entsprechend der Annahme des Sachverständigen B. auf Kriegseinflüsse zurückgehen, bedarf keiner Entscheidung. Dasselbe gilt für die Frage nach einer möglichen Schadensmitverursachung durch den Kläger oder seine Schwester aufgrund einer Vernachlässigung ihrer Gebäudeunterhaltungspflicht (vgl. dazu BGHZ 62, 177, 182) oder aufgrund einer besonderen Schadensanfälligkeit ihres Hauses (BGH DRsp Nr. 2001/16073). Sollten derartige Faktoren zum Tragen kommen, könnten sie die grundsätzlich bestehende Haftung der Beklagten nur mindern, nicht aber generell ausschließen. Damit sind die Voraussetzungen für den Erlass eines Grundurteils gegeben. Die Klärung der Umstände, die die Höhe des Ersatzanspruchs des Klägers bestimmen (zu dessen grundsätzlichem Umfang vgl. BGH NJW-RR 1997, 1374 f.), ist entsprechend dem Antrag des Klägers in Wahrung des Interesses der Parteien an einem umfassenden Instanzenzug dem Landgericht zu überlassen (§ 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO), das darüber bisher - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - noch nicht befunden hat.

4.

Der nachbarliche Ausgleichsanspruch, der das vorliegende Grundurteil trägt, ist nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil den Kläger oder dessen Schwester der Vorwurf träfe, nicht durch eine einstweilige Verfügung den Bau der Beklagten unterbunden oder jedenfalls auf Sicherungsvorkehrungen anlässlich der Ausschachtung der Baugrube und der Gründung hingewirkt zu haben. Genauso wie die Beklagten darauf vertrauen durften, dass die von ihnen eingeschalteten Architekten und das beauftragte Bauunternehmen ohne Beeinträchtigung.der Nachbarbebauung arbeiten würden, konnten dies auch der Kläger und seine Schwester tun. Dass zu dem Zeitpunkt, als sich dann später erstmals Schäden zeigten, noch irgendwelche präventiven Maßnahmen mit Erfolg hätten durchgeführt werden können, ist weder behauptet noch sonst ersichtlich. Im Übrigen brauchten der Kläger und seine Schwester das Risiko einer Intervention so lange nicht einzugehen, wie ihnen nicht durch einen Sachverständigen attestiert war, dass die Schadensursache bei den Beklagten lag (BGH NJW-RR 1997, 1374). Das ist selbst in dem Beweissicherungsverfahren nicht geschehen.

5.

Dass der Kläger lediglich Miteigentümer des geschädigten Gebäudes ist, hindert ihn nicht, von den Beklagten Leistungen an sich allein zu verlangen. Wie die zu den Akten gereichte schriftliche Erklärung seiner Schwester vom 12. Februar 2003 belegt, hat diese alle der Inanspruchnahme der Beklagten zugrunde liegenden Ansprüche an ihn abgetreten. Allerdings kann, da dies von den Beklagten bestritten worden ist, nicht davon ausgegangen werden, dass die Abtretung wie angegeben bereits 1996 erfolgte. Aber aus der vorgelegten Erklärung wird der Wille deutlich, den Kläger in die Lage zu versetzen, alle Rechte eigenständig geltend zu machen. Damit ist vorsorglich für den Fall, dass es 1996 zu keiner rechtlich anzuerkennenden Zession gekommen sein sollte, eine Rechtsübertragung im Zeitpunkt der Niederschrift der Erklärung vorgenommen worden.

a) Diesen erst im Berufungsverfahren in den Prozess eingeführten Umstand kann der Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO im Sinne einer neuen Tatsachengrundlage berücksichtigen. Das ergibt sich aus § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO, weil das erstinstanzliche Verfahren bereits abgeschlossen war, bevor es zu der Abtretungserklärung vom 12. Februar 2003 kam (Ball, in: Musielak, ZPO, 3. Aufl., § 531 Rz. 19). Unabhängig davon ist im Hinblick auf § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO zu sehen: Der Kläger hatte keine hinreichende Veranlassung, seine Aktivlegitimation vor dem Landgericht unter eigentumsrechtlichen Gesichtspunkten darzulegen. Zwar waren von den Beklagten in diesem Punkt Einwände erhoben worden. Aber diese Einwände hatte das Landgericht erkennbar für unbeachtlich gehalten, indem es in eine umfangreiche Beweisaufnahme über die Schadensverantwortlichkeit der Beklagten eintrat. Von daher handelte der Kläger nicht schuldhaft, wenn er keine weiteren Ausführungen machte (BVerfGE 62, 249, 255; Gummer, in: Zöller, 23. Aufl., § 531 Rz. 33).

b) Insofern ist dem Kläger auch nicht anzulasten, dass er es versäumte, zur Abtretung in der Berufungsbegründungsschrift vorzutragen, sondern dies erst nachfolgend tat. Bereits das schließt aus, das Vorbringen gemäß § 530 ZPO zurückzuweisen. Außerdem setzt § 530 ZPO zusätzlich zu einem Schuldvorwurf voraus, dass infolge des verspäteten Vorbringens eine Verzögerung in der Erledigung des Rechtsstreits eintritt; daran fehlt es vorliegend.

c) Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen kann dem Kläger schließlich auch nicht entgegengehalten werden, er habe eine nach § 533 ZPO unzulässige Klageänderung vorgenommen. Der neue Vortrag ist sachdienlich, weil der alte Prozessstoff als Entscheidungsgrundlage verbleibt und seine Zulassung die Führung eines weiteren Rechtsstreits erübrigt.

6.

Schließlich scheitert auch die von den Beklagten erhobene Verjährungseinrede. Der bürgerlich-rechtliche Ausgleichsanspruch entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB unterliegt nämlich der 30-jährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F. Für die Anwendung des § 852 Abs. 1 BGB a.F., auf die die Beklagtenseite verweist, ist deshalb kein Raum. Im Übrigen spricht Vieles dafür, dass auch nach dieser Vorschrift keine Verjährung eingetreten wäre. Denn das Ersatzverlangen des Klägers wurde bereits 1998 umfassend gerichtlich geltend gemacht, und dazu war der Kläger selbst dann, wenn die Forderungsabtretung durch seine Schwester erst mit der Erklärung vom 12. Februar 2003 wirksam geworden sein sollte, schon damals nach Maßgabe der §§ 1011, 432 BGB befugt. Von daher sind die Beklagten nicht von einem Nichtberechtigten in Anspruch genommen worden, dessen Klage allerdings nicht verjährungsunterbrechend hätte wirken können (vgl. zu alledem Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl, § 209 Rz. 9).

7.

Mithin dringt die Berufung mit der Rechtsfolge des § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO durch.

Der Streitwert für die zweite Instanz wird in Übereinstimmung mit der unangefochtenen Festsetzung, die das Landgericht für das erstinstanzliche Verfahren vorgenommen hat, mit 15.338,56 EUR bemessen.

Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung. Die entscheidungserhebliche Frage nach der entsprechenden Anwendbarkeit des § 906 Abs. 2 S. 2 BGB innerhalb eines Rechtsverhältnisses der vorliegenden Art ist bereits höchstrichterlich beantwortet. Dasselbe gilt im Hinblick auf die Zulässigkeit neuen Parteivorbringens in zweiter Instanz, wenn ein Vortrag in erster Instanz unmöglich war oder jedenfalls wegen der erkennbaren Rechtsauffassung des Gerichts nicht von Bedeutung gewesen wäre.

Ende der Entscheidung

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