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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 21.06.2000
Aktenzeichen: 5 U 225/01
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 377 Abs. 3
ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
BGB § 654
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Verkündet am 21. Juni 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Kaltenbach und die Richter am Oberlandesgericht Dr. Menzel und Weller auf die mündliche Verhandlung vom 31. Mai 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 15. Dezember 2000 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits fallen dem Kläger zur Last.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Kläger ist Immobilienmakler. In einem Zeitungsinserat vom 5. November 1998 bot er den Verkauf einer Doppelhaushälfte zum Preis von 355.000 DM an. Danach meldeten sich die Beklagten, und es kam am 14. November 1998 zu einem Besichtigungstermin. Bei dieser Gelegenheit wies der Kläger darauf hin, dass beim Kauf eine Maklerprovision anfalle. Anschließend überließ er den Beklagten Pläne des Hauses. Als Kaufpreis erschien nunmehr ein Betrag von 350.000 DM möglich.

Am 15. November 1998 besichtigten die Beklagten das Haus ein zweites Mal, indem sie sich den Schlüssel von einem Grundstücksnachbarn besorgten. Sie bekundeten dann gegenüber dem Kläger Erwerbsinteresse, äußerten aber am 18. November 1998 Bedenken gegen die Höhe des Kaufpreises. Der Kläger ließ sie indessen alsbald wissen, dass ein Betrag unter 350.000 DM für den Verkäufer nicht in Betracht komme.

Später knüpften die Beklagten Kontakt zu dem Makler M....., der seinerseits ein Haus für 350.000 DM annonciert hatte. Als sich herausstellte, dass es dabei um eben das Objekt ging, das schon von dem Kläger angeboten worden war, sagten die Beklagten, sie zahlten dafür nicht den genannten Preis. Es gelang M....., den Verkäufer auf einen Betrag von 330.000 DM herunterzuhandeln. Auf dieser Grundlage schlossen die Beklagten dann am 2. Dezember 1998 einen Kaufvertrag.

Nunmehr nimmt der Kläger die Beklagten auf Zahlung eines Maklerhonorars in Anspruch. Das Landgericht hat seinem Antrag, der auf einen Betrag von 11.832 DM nebst Zinsen gerichtet gewesen ist, im Anschluss an die Parteivernehmung der Beklagten stattgegeben.

Das greifen die Beklagten mit der Berufung sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach an. Sie bestreiten wie bereits in erster Instanz den Abschluss eines Maklervertrags, weil der Kläger sein Provisionsverlangen nicht deutlich gemacht habe. Zudem habe der Kläger keine wesentliche Maklertätigkeit erbracht, denn er habe ihnen den Namen und die Anschrift des Verkäufers vorenthalten. Darüber hinaus fehle es an einem maßgeblichen Ursachenzusammenhang zwischen der Tätigkeit des Klägers und dem Hauskauf. Im Übrigen scheitere ein möglicher Provisionsanspruch jedenfalls daran, dass der Kläger wider besseres wissen mitgeteilt habe, der Verkäufer lehne einen Kaufpreis von weniger als 350.000 DM ab. Diese falsche Information begründe einen Verwirkungseinwand oder aufrechenbare Schadensersatzforderungen. Dem tritt der Kläger entgegen.

Der Senat hat ergänzend Beweis erhoben, indem er den Verkäufer Sch gemäß § 377 Abs. 3 ZPO als zeugen vernommen hat.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung führt zur Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung und zur Abweisung der Klage. Der Maklerprovisionsanspruch des Klägers (§ 652 Abs. 1 Satz 1 BGB) scheitert an dem Verwirkungseinwand (§ 654 BGB).

1. Mit dem Landgericht ist davon auszugehen, dass zwischen den Parteien ein Maklervertrag (§ 652 BGB) zustande kam. Dieser Vertrag verpflichtete die Beklagten grundsätzlich dazu, eine Nachweistätigkeit des Klägers zu honorieren, wenn sie zum Abschluss des von ihnen angestrebten Kaufs führte.

Um einen Maklervertrag zu schließen, bedarf es keiner ausdrücklichen Vereinbarung. Es reicht aus, dass der Kunde die Dienste des Maklers entgegen nimmt und wissen muss, dass der Makler dafür im Erfolgsfall eine Vergütung verlangen wird (BGH NJW-RR 1996, 114; OLG Hamburg NJW-RR 1996, 1463, 1464; Sprau in Palandt, BGB, 60. Aufl., § 652 Rdnr. 4). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt: Die Beklagten hatten sich auf das Inserat vom 5. November 1998 an den Kläger gewandt und sich dann das angebotene Haus zeigen lassen. Es ist unstreitig, dass der Kläger dabei auf den Anfall einer Maklerprovision hinweis. Indem der Kläger diesen Punkt zur Sprache brachte, wurde ausreichend deutlich, dass es insoweit um mögliche Zahlungspflichten der Beklagten ging. Deren behauptete subjektive Annahme, der Kläger habe dabei allein auf seine Ansprüche gegen den - gar nicht anwesenden - Verkäufer abgehoben, war bei gebotener objektiver Sicht (§§ 133, 157 BGB) irrig und damit belanglos.

2. Die Nachweistätigkeit des Klägers hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die Beklagten das streitige Objekt schließlich kauften. Die Besichtigung vom 14. November 1998 und die weitere Besichtigung, die sie daraufhin am nächsten Tag vornahmen, weckten ihr Interesse und ihren Erwerbswillen. Dass der Kläger bei alledem den Verkäufer nicht benannte, machte seine Leistungen nicht bedeutungslos. Zwar ist die Leistung eines Maklers vielfach nur dann wesentlich und damit auch vergütungsfähig, wenn er seinem Auftraggeber den prospektiven Vertragspartner namhaft macht (BGHZ 141, 40, 46). Aber im vorliegenden Fall war das entbehrlich. Denn es war dafür gesorgt, dass die Beklagten den Verkäufer ohne Weiteres ausfindig machen konnten, indem sie sich an den Grundstücksnachbarn wandten, der - wie sie über den Kläger erfahren hatten - den Hausschlüssel im Auftrag des Verkäufers verwahrte.

3. Allerdings war die Tätigkeit des Klägers nicht unmittelbar ursächlich für den Kauf. Denn solange die Beklagten mit dem Kläger in Kontakt waren, standen für sie Preisvorstellungen des Verkäufers im Raum, die sich nicht mit ihren Überlegungen trafen. Eine Einigung mit dem Verkäufer wurde erst dadurch erzielt, dass sie den Makler M..... heranzogen und der Verkäufer ihnen danach entgegen kam.

Das war jedoch unschädlich. Die Mitwirkung des Maklers M..... hat die Leistung des Klägers nicht rechtlich bedeutungslos werden lassen. Eine Maklertätigkeit wird nicht schon dadurch unerheblich, dass sich der Kunde von dem Makler abwendet und das angebotene Objekt über einen anderen Makler zu einem günstigeren Preis erwirbt (BGH NJW 1980, 123, 124); dabei können selbst Preisabweichungen von mehr als 10 % ohne Gewicht sein (OLG München NJW-RR 1995, 1524). Anders verhalten sich die Dinge freilich, wenn der Preisunterschied im Bereich von 20 angesiedelt ist und zudem Jahre zwischen dem Nachweis des Maklers und dem Vertragsschluss des Kunden liegen (OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 1272, 1273) oder wenn der Verkäufer zwischenzeitlich die Verkaufsabsicht aufgegeben hatte (BGH NJW-RR 1996, 691; BGH NJW-RR 1991, 950 f; OLG Frankfurt MDR 1999, 351). Von einer derartigen, den Kausalverlauf unterbrechenden Ausnahmesituation kann hier indessen keine Rede sein:

Das Interesse der Beklagten an dem streitigen Objekt war letztlich ungebrochen. Es führte dazu, dass sie über den Makler M..... in Preisverhandlungen mit dem Verkäufer eintraten, und das Haus dann weniger als einen Monat nach dem Zeitpunkt kauften, zu dem sie die Dienste des Klägers in Anspruch genommen hatten. Dabei wich der Kaufpreis nur verhältnismäßig geringfügig von dem Betrag ab, den der Kläger genannt hatte.

4. Die Maklerprovision, die der Kläger nach alledem vom Grundsatz her verdient hat, ist jedoch gemäß § 654 BGB verwirkt. Die Vorschrift des § 654 BGB, die den Fortfall des Maklerlohns in Fällen der vertragswidrigen Doppeltätigkeit anspricht, ist über ihren Wortlaut hinaus anwendbar. Sie steht einer Vergütung des Maklers auch dann entgegen, wenn dem Makler schwerwiegende Pflichtverstöße anzulasten sind (BGH NJW 1985, 45). Das ist der Fall, wenn der Makler in einem für den Auftraggeber wichtigen Punkt vorsätzlich oder grob leichtfertig falsche Angaben macht; dazu gehören insbesondere unrichtige Informationen über den möglichen Kaufpreis eines Hausgrundstücks (BGH NJW 1985, 1276, 1277; OLG Hamm NJW-RR 1997, 370, 371).

Eben das trifft hier zu. Der Kläger hatte die Beklagten nämlich falsch über die Verbindlichkeit der von ihm genannten Kaufpreisforderung des Verkäufers unterrichtet. Er stellte hier zuletzt einen Betrag von 350.000 DM als nicht mehr verhandelbar in den Raum. Seinem Vorbringen nach hatte er insoweit mit dem Verkäufer Rücksprache gehalten, und dieser habe, da noch andere Kaufinteressenten für das Haus vorhanden gewesen seien, nicht weiter nachgeben wollen. Tatsächlich hatte er jedoch gar nicht mehr bei dem Verkäufer angefragt. Das geht aus dessen schriftlicher Zeugenaussage hervor, die der Senat eingeholt hat. Daraus ist außerdem zu entnehmen, dass die Beklagten seinerzeit die einzigen Kaufinteressenten waren.

Von daher war es verfehlt, bei den Beklagten den Eindruck zu erwecken, eine Reduzierung des Kaufpreises auf unter 350.000 DM komme nicht in Betracht. Dass sie gleichwohl noch möglich war, belegt der spätere Vertragsschluss unter Einschaltung des Maklers M....., als man sich auf 330.000 DM einigte.

Damit schlug der Kläger den Beklagten eine Kaufgelegenheit voreilig aus der Hand. Die Beklagten mussten sich nach neuen Objekten umschauen, ehe sie schließlich erst auf Umwegen zu dem angebotenen Haus zurückfanden. Das war nicht nur mit zusätzlichen Mühen verbunden, sondern beinhaltete auch das Risiko, nunmehr gegenüber dem Makler M..... provisionspflichtig zu werden. Unter diesen Umständen wäre es unvertretbar, wenn der Kläger, der für die Entwicklung verantwortlich ist, seinen Makleranspruch behielte.

5. Mithin hat die Berufung Erfolg. Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91 Abs.1 Satz 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 11.832 DM festgesetzt. Dem entspricht die Beschwer des Klägers.

Ende der Entscheidung

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