Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 28.06.2001
Aktenzeichen: 6 U 2114/98
Rechtsgebiete: UrhG, ZPO


Vorschriften:

UrhG § 105
UrhG § 104 S. 1
UrhG §§ 31 f
UrhG § 104
ZPO § 281
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ BESCHLUSS

Geschäftsnummer: 6 U 2114/98

Verkündet am 28. Juni 2001

in dem Rechtsstreit

Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Sartor sowie die Richter am Oberlandesgericht Dr.Schwarz und Willems

auf die mündliche Verhandlung vom 10. Mai 2001

beschlossen:

Tenor:

Das Oberlandesgericht Koblenz erklärt sich für funktionell unzuständig.

Der Rechtsstreit wird auf Antrag der Klägerin an das funktionell zuständige Pfälzische Oberlandesgericht in Zweibrücken verwiesen.

Gründe:

I. Die Klägerin ist ein Schulbuchverlag; die Beklagte ist Lehrerin und als Schulbuchautorin tätig.

In mehreren Verlagsverträgen vereinbarten die Parteien die Mitarbeit der Beklagten an dem von der Klägerin herausgegebenen Englischwerk "Contacts Basic Course" für die Hauptschule. Der Klägerin war ein umfassendes und ausschließliches Nutzungsrecht an den jeweiligen Schul- und Workbooks für die Dauer des gesetzlichen Urheberrechts eingeräumt. Die Beklagte hatte sich verpflichtet, ohne Genehmigung der Klägerin nicht an einem anderen Werk mitzuwirken und so mit dem Englischwerk der Klägerin in Wettbewerb zu treten.

Mit Schreiben vom 4. August 1997 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie werde noch im August 1997 mit der Arbeit an dem für Hauptschulen bestimmten Englischwerk "Portobello Road" des S-Verlages beginnen. Am 1. Oktober 1997 schloss sie mit dem S-Verlag einen Beratervertrag über die Mitwirkung bei der Bearbeitung dieses Schülerbuches ab.

Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen vereinbarte Wettbewerbsverbot der Tätigkeit der Beklagten für das Englischwerk des S-Verlages entgegensteht.

Auf Antrag der Klägerin hat das Landgericht Koblenz der Beklagten untersagt, als Autorin und/oder als Beraterin an dem Hauptschulwerk "Portobello Road" des S-Verlages für die Jahrgangsstufen 5 bis 10 mitzuarbeiten.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihr Begehren auf Klageabweisung weiterverfolgt. Sie rügt insbesondere die funktionelle Zuständigkeit des Landgerichts Koblenz und demzufolge auch des Oberlandesgerichts Koblenz.

Die Klägerin tritt dem entgegen. Hilfsweise beantragt sie die Abgabe des Rechtsstreits an das für Urheberrechtsstreitigkeiten zuständige Pfälzische Oberlandesgericht in Zweibrücken.

Beide Parteien wiederholen im wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen und ergänzen es.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze sowie das angefochtene Urteil verwiesen.

II. Auf den Hilfsantrag der Klägerin ist der Rechtsstreit an das Pfälzische Oberlandesgericht in Zweibrücken abzugeben.

1. Entgegen der Ansicht des Landgerichts handelt es sich vorliegend um eine Urheberrechtsstreitigkeit im Sinne des § 105 UrhG, für die in der Berufungsinstanz das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken zuständig ist.

a) Urheberrechtsstreitigkeiten sind nach der Legaldefinition des § 104 S.1 UrhG alle Ansprüche aus einem im Urhebergesetz geregelten Rechtsverhältnis. Dabei ist der Begriff der Urheberrechtsstreitssache im Interesse der vom Gesetzgeber erstrebten Konzentration weit auszulegen. Erfasst werden alle im Urhebergesetz geregelten Rechtsverhältnisse. Für das Vertragsrecht kommt es hierbei darauf an, ob die im Urhebergesetz geregelten Rechtsverhältnisse Gegenstand der vertraglichen Abrede sind. Hierzu gehören insbesondere Vereinbarungen über die Schaffung und Verwertung des Werkes, da es insoweit um Ansprüche aus der im Urhebergesetz geregelten Urheberschaft (§ 7, 8 UrhG) und Nutzungsrechtseinräumung (§ 31 f UrhG) geht. So ist auch die im Verlaggesetz geregelte Übertragung des Verlagsrechts eine Nutzungsrechtseinräumung, die ihre Ergänzung in §§ 31 f UrhG findet, so dass auch die daraus herrührenden Streitigkeiten Urheberrechtsstreitigkeiten sind. Demgemäß ging auch bereits die Begründung zu § 115 Regierungsentwurf, jetzt § 105 UrhG, von der Anwendbarkeit des § 105 UrhG auf verlagsrechtliche Prozesse aus (vgl. v.Gamm, Urheberrechtsgesetz, § 104 Rn.2).

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen liegt eine Urheberrechtsstreitigkeit im Sinne des § 104 UrhG vor.

In den Verlagsverträgen wurden der Klägerin umfassende Verlags- und ausschließliche Nutzungsrechte am Werk der Beklagten eingeräumt. Soweit sich die Beklagte in § 1 Ziffer 5 über die Übertragung der Nutzungsrechte hinaus verpflichtete ohne Genehmigung des Verlages anderweitig weder Auszüge aus seinem Werk zu veröffentlichen, noch ein anderes Werk erscheinen zu lassen, das den gleichen Gegenstand oder Teile davon in ähnlicher Weise behandelt und das daher geeignet ist, mit dem vorliegenden Werk in Wettbewerb zu treten, noch an einem solchen Werk in irgendeiner Weise mitzuwirken, ist dies lediglich Ausfluss der bereits übertragenen ausschließlichen Nutzungsrechte im Sinne des Urhebergesetzes, die deren weiterer Absicherung dient. Das darin enthaltene Wettbewerbsverbot ist mit den Vereinbarungen über die Urheberschaft und die Nutzungsrechtseinräumung so eng verknüpft, dass dem Wettbewerbsverbot kein eigenständiger Rechtscharakter zukommt. Es handelt sich insgesamt um eine urheberrechtliche Streitigkeit, für die die funktionelle Zuständigkeit des Pfälzischen Oberlandesgerichts in Zweibrücken als Berufungsgericht begründet ist.

2. Der Verweisung steht kein Rügeverzicht der Beklagten entgegen.

Die Beklagte hat im Schriftsatz vom 2. Februar 1998 die Zuständigkeit des angerufenen Landgerichts Koblenz ausdrücklich gerügt und die Verweisung des Rechtsstreits an das zuständige Landgericht Frankenthal beantragt. Wenn auch in der mündlichen Verhandlung die Rüge nicht ausdrücklich wiederholt wurde, so erfolgte doch die Antragstellung -wie in der Regel üblich- unter stillschweigender Bezugnahme auf die Schriftsätze. Zudem hat das Landgericht die Frage der Zuständigkeit im Urteil erörtert, was darauf schließen läßt, dass die Frage der Zuständigkeit Gegenstand der mündlichen Verhandlung war. Falls keine Rüge erhoben oder die erhobene Rüge fallen gelassen worden wäre, wären Ausführungen im Urteil überflüssig und entbehrlich gewesen. Von einem Rügeverzicht der Beklagten kann unter diesen Umständen keine Rede sein.

3. Die Verweisung des Berufungsrechtsstreits an das funktionell zuständige Pfälzische Oberlandesgericht in Zweibrücken als Berufungsgericht ist gemäß § 281 ZPO zulässig (vgl. BGHZ 49, 33, 38; BGHZ 71, 367, 374 für die Verweisung in Kartellsachen). Insoweit besteht kein Unterschied zu Kartellsachen.

Einer Aufhebung des angefochtenen Urteils bedarf es nicht, da der Rechtsstreit lediglich an das zuständige Berufungsgericht und nicht an das zuständige erstinstanzliche Gericht verwiesen wird.

Ende der Entscheidung

Zurück