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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 14.06.2007
Aktenzeichen: 6 U 529/06
Rechtsgebiete: HGB


Vorschriften:

HGB § 87 Abs. 3 Nr. 1
1. Ist ein Handelsvertreter für ein Unternehmen tätig, das Zuflieferprodukte für die Automobil- und Automobilzulieferindustrie herstellt und vertreibt, und vermittelt er über auf ein spezielles Automobilmodell zugeschnittene Produkte einen Rahmenvertrag, auf dessen Grundlage das Unternehmen während der Laufzeit des auszustattenden Modells auf jeweilige Bestellung des Vertragspartners liefert, ohne dass eine Bezugsverpflichtung besteht, so entstehen Provisionsansprüche erst aufgrund der jeweiligen Einzelbestellungen.

2. In einem solchen Fall kann nach Beendigung des Handelsvertretervertrages eine Frist von vier Jahren angemessen sein, innerhalb deren die aufgrund des Rahmenvertrages erfolgten Bestellungen einen Provisionsanspruch des Handelsvertreters nach § 87 Abs. 3 Nr. 1 HGB auslösen.

Das Urteil ist durch Tatbestandsberichtigung vom 15.08.2007 berichtigt worden.


OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 6 U 529/06

Verkündet am 14.06.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Sartor, den Richter am Oberlandesgericht Ritter und den Richter am Oberlandesgericht Beickler auf die mündliche Verhandlung vom 26.04.2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 15.02.2006 verkündete Teilurteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Koblenz teilweise abgeändert und das Urteil insgesamt neu gefasst wie folgt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin einen Buchauszug gemäß § 87 c Abs. 2 HGB zu erteilen, der sämtliche Geschäfte zu enthalten hat, die die Klägerin in der Zeit vom 01.05.2000 bis zum 31.01.2004 mit Kunden innerhalb des Vertretungsbezirks der Klägerin,

PLZ

35300 - 35799,

36000 - 36999,

53000 - 53699,

53860 - 53999,

54000 - 56999,

57600 - 57699,

60000 - 68999,

76710 - 76899,

sowie den Kunden

Firma A...

Firma A..., und

Firma K... GmbH & Co. KG,

ausgenommen sämtliche Werke der Firmen

D... AG,

F... AG sowie

B... AG,

sowie ausgenommen alle Geschäfte mit den in Betracht kommenden Kunden des gesamten Geschäftsbereichs "Handel",

betreffend sämtliche Produkte der T...-Werke

a) Firma B...

b) Firma B... & S... und

c) ...

d) Firma S... und

e) ...

f) Firma O

abgeschlossen hat, hinsichtlich der Werke zu b) bis f) jedoch nur, soweit Umsätze nach dem 28.02.2007 erfolgten, und dabei folgende Angaben zu machen:

(1.) Name und Adresse des Auftraggebers,

(2.) Auftragsdatum,

(3.) Auftragsinhalt,

(4.) Rechnungsinhalt,

(5.) Lieferdatum,

(6.) Zahlungsdatum,

(7.) Angaben zu Nicht- oder Teilauslieferungen,

(8.) Gründe für die Nicht- oder Teilauslieferungen,

(9.) Angaben zu Retouren und Stornierungen (Gutschriften),

(10.) Gründe für die Retouren bzw. Stornierungen (Gutschriften),

(11.) Vorlage aller vertraglichen Unterlagen betreffend die Geschäfte und Umsätze der Beklagten mit den Kunden, dies in jeweils zeitlicher Reihenfolge.

2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin einen Buchauszug gemäß § 87 c Abs. 2 HGB über sämtliche Geschäfte zu erteilen, die die Klägerin im Vertragsgebiet

PLZ

35300 - 35799,

36000 - 36999,

53000 - 53699,

53860 - 53999,

54000 - 56999,

57600 - 57699,

60000 - 68999,

76710 - 76899,

sowie mit den Kunden

Firma A...

Firma A..., und

Firma K... GmbH & Co. KG,

ausgenommen sämtliche Werke der Firmen

D...AG,

F... AG sowie

B... AG, Werk

sowie ausgenommen alle Geschäfte mit den in Betracht kommenden Kunden des gesamten Geschäftsbereichs "Handel",

betreffend sämtliche Produkte der T...-Werke

a) Firma B...

b) Firma B... & S... K... und

c) ...

d) Firma S... und

e) ...

f) Firma O...

noch vor Vertragsende vermittelt oder so vorbereitet hat, dass die Auftragserteilung auf ihre Tätigkeit zurückzuführen ist, während der Geschäftsabschluss erst nach Beendigung des Vertrages erfolgte, hinsichtlich der Werke zu b) bis f) jedoch nur, soweit der Geschäftsabschluss erst nach dem 28.02.2007 erfolgte, und dabei folgende Angaben zu machen:

(1.) Name und Adresse des Auftraggebers,

(2.) Auftragsdatum,

(3.) Auftragsinhalt,

(4.) Rechnungsinhalt,

(5.) Lieferdatum,

(6.) Zahlungsdatum,

(7.) Angaben zu Nicht- oder Teilauslieferungen,

(8.) Gründe für die Nicht- oder Teilauslieferungen,

(9.) Angaben zu Retouren und Stornierungen (Gutschriften),

(10.) Gründe für die Retouren bzw. Stornierungen (Gutschriften),

(11.) Vorlage aller vertraglichen Unterlagen betreffend die Geschäfte und Umsätze der Beklagten mit den Kunden, dies in jeweils zeitlicher Reihenfolge.

3. Die auf Erteilung eines Buchauszuges gerichteten Klageanträge zu I.1. und 2. werden im Übrigen abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung über die Kosten des ersten Rechtszuges bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 400.000,00 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 10.000,00 EUR leistet.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Zahlung von Handelsvertreterprovision und hat zu diesem Zweck Stufenklage gegen sie erhoben.

Die Klägerin war vom 01.05.2000 bis zum 31.01.2004 für die Beklagte als Handelsvertreter tätig und vermittelte Verträge über Zulieferprodukte für Automobile. Der Handelsvertretervertrag wurde durch Kündigung der Beklagten zum 31.01.2004 beendet.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

I. 1. der Klägerin einen (von der Klägerin im Einzelnen spezifizierten) Buchauszug gemäß § 87 c Abs. 2 HGB zu erteilen, der sämtliche Geschäfte zu enthalten habe, die die Beklagte in der Zeit vom in der Zeit vom 01.05.2000 bis zum 31.01.2004 mit Kunden innerhalb des Vertreterbezirks der Klägerin betreffend sämtliche Produkte bestimmter Werke der Beklagten abgeschlossen habe;

2. der Klägerin einen entsprechenden Buchauszug gemäß § 87 c Abs. 2 HGB zu erteilen, der sämtliche Geschäfte zu enthalten habe, die die Beklagte in der Zeit vom 01.05.2000 bis zum 31.01.2004 vermittelt oder so vorbereitet habe, dass die Auftragserteilung auf ihre Tätigkeit zurückzuführen sei, während der Geschäftsabschluss erst nach Vertragsende erfolgt sei;

II. die sich aus dem Buchauszug ergebenden, noch nicht gezahlten Provisionen abzurechnen;

III. den sich aus dem Buchauszug ergebenden Provisionsbetrag nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Fälligkeit an die Klägerin zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und u. a. vorgetragen, Provisionen stünden der Klägerin nicht mehr zu, da sie nur Rahmenverträge vermittelt habe. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung geltend gemacht.

Das Landgericht hat den Klageanträgen der ersten Stufe mit Ausnahme eines geringen Teils der von der Klägerin verlangten Angaben durch Teilurteil stattgegeben. Auf die tatsächlichen Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen.

Die Beklagte trägt zur Begründung ihrer Berufung u. a. vor, die von der Klägerin verlangten Unterlagen gingen über die in einem Buchauszug geschuldeten Angaben hinaus. Bezüglich nachvertraglicher Geschäfte sei der Anspruch zumindest zeitlich zu begrenzen. Die Beklagte wendet Erfüllung des Anspruchs auf Buchauszug ein.

Im Laufe des Berufungsverfahrens hat die Beklagte die von ihr überreichten Unterlagen durch die Vorlage eines Buchauszuges für die Zeit bis zum 28.02.2007 ergänzt.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Teilurteils die Klageanträge I.1. und 2. insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, die von der Beklagten bislang übereichten Unterlagen genügten nicht den Anforderungen eines geordneten und umfassenden Buchauszuges.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die von ihnen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätze und Urkunden Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch nur zum Teil Erfolg.

Die Klage ist zulässig. Soweit mit dem Klageantrag zu I.2. die Erteilung von Buchauszügen verlangt wird, die noch nicht getätigte Geschäfte betreffen, liegt eine zulässige Klage auf künftige Leistung vor. Denn da die Beklagte ihre diesbezügliche Verpflichtung ernsthaft bestreitet, ist den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt, dass die Beklagte sich der rechtzeitigen Leistung entziehen wird (§ 259 ZPO; vgl. dazu BGH NJW 1999, 954, 955).

Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges ist dem Grunde nach gegeben (§ 87 c Abs. 2 HGB). Er ist jedoch bezüglich der bis zum 28.02.2007 getätigten Geschäfte für die Werke der Beklagten in N..., B..., D..., Sch... und S... erfüllt. Hinsichtlich des Werkes in N... ist eine Erfüllung zu verneinen.

1. Die Beklagte schuldet der Klägerin Provision für alle Geschäfte, die während des Bestehens des Handelsvertretervertrages mit Kunden im Vertreterbezirk der Klägerin abgeschlossen wurden (§ 87 Abs. 2 HGB). Für diese Geschäfte kann die Klägerin von der Beklagten gemäß § 87 c Abs. 2 HGB einen Buchauszug verlangen (Klageantrag zu I.1.).

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist ein Buchauszug nicht nur für die Geschäfte geschuldet, die seit dem 01.11.2000 getätigt wurden, sondern auch für den davor liegenden Zeitraum ab dem 01.05.2000. Denn das Handelsvertreterverhältnis begann am 01.05.2000 (§ 1 des Handelsvertretervertrages vom 26.05.2000). Nichts anderes ergibt sich aus § 3 des Vertrages. Ziff. I. Abs. 1 dieser Vertragsbestimmung sieht lediglich für "die Betreuung des zum Stichtag 01.05.2000 übernommenen Umsatzes" und "den Aufbau der Aktivitäten hinsichtlich Neu- und Sonderteilen" eine pauschale Vergütung für die Zeit vom 01.11.2000 bis zum 30.04.2002 vor. Die Regelung in § 3 Ziff. II., wonach die dort festgelegten Provisionen "zahlbar ab 01.11.2000" sein sollen, stellt eine Fälligkeitsregelung dar und bedeutet nicht, dass für die Ergebnisse der ersten sechs Monate der Tätigkeit der Klägerin keine Provision zu zahlen sei. Ein Provisionsanspruch besteht für diesen Zeitraum nur dann nicht, wenn die Provision nach § 87 Abs. 3 HGB einem ausgeschiedenen Handelsvertreter zusteht (§ 3 letzter Absatz).

Die Klägerin hat außerdem gemäß § 87 Abs. 3 Nr. 1 HGB Anspruch auf Provision für die Geschäfte, die innerhalb einer "angemessenen Frist" nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen wurden, soweit sie die Geschäfte vermittelt oder sie eingeleitet und so vorbereitet hat, dass der Abschluss überwiegend auf die Tätigkeit der Klägerin zurückzuführen ist (Klageantrag zu I.2.). Auch bezüglich dieser Geschäfte ist die Beklagte der Klägerin zur Erteilung eines Buchauszuges verpflichtet. Der Buchauszug ist allerdings nicht auf die Geschäfte zu begrenzen, die "überwiegend" auf die Tätigkeit der Klägerin zurückzuführen sind, da der Handelsvertreter Gelegenheit erhalten muss, zu prüfen, inwiefern seine Tätigkeit ursächlich war.

2. Die Frage, ob die Provisionen, welche der Klägerin für Bestellungen in der nachvertraglichen Zeit zustehen, auf § 87 Abs. 1 oder § 87 Abs. 3 Nr. 1 HGB beruhen, bedarf in der hier anhängigen ersten Stufe der Stufenklage keiner abschließenden Entscheidung. Der Senat neigt zwar dazu, dass zumindest auf einen Teil dieser Bestellungen § 87 Abs. 3 Nr. 1 HGB Anwendung findet, ist jedoch der Auffassung, dass die angemessene Frist, innerhalb welcher die provisionspflichtigen Bestellungen erfolgt sein müssen, noch nicht abgelaufen ist. Das ergibt sich aus der Besonderheit der von der Klägerin vermittelten Geschäfte.

Die Tätigkeit der Klägerin bestand unstreitig darin, mit potentiellen Kunden der Beklagten Verträge über Zulieferprodukte für die Automobil- und Automobilzulieferindustrie auszuhandeln, auf deren Grundlage die Beklagte dann ihre Produkte während der Laufzeit der auszustattenden Automobilmodelle auf jeweilige Bestellung des Vertragspartners lieferte, ohne dass bestimmte Mengen bereits in dem Ursprungsvertrag festgelegt waren. Bei den ursprünglich geschlossenen Verträgen dürfte es sich somit um Rahmenverträge handeln, die keine Liefer- und Zahlungsverpflichtung begründeten. Durch die Vermittlung solcher Verträge erwarb die Klägerin noch keinen Provisionsanspruch, sondern ein solcher konnte in diesen Fällen erst aufgrund der nachfolgenden Einzelbestellungen entstehen. Der Senat folgt dabei der herrschenden Meinung, dass Vor- und Rahmenverträge keine provisionspflichtigen Geschäfte i. S. des § 87 HGB darstellen (vgl. BGH NJW 1958, 180; Baumbach / Hopt, HGB, 32. Aufl., § 87 Rdnr. 7, 41; Küstner / Thume, Hdb. d. gesamten Außendienstrechts, Bd. 2, 7. Aufl., Rdnr. 716 zu sog. "Blankettbestellungen"). Hiervon zu unterscheiden sind Sukzessivlieferverträge, in denen bereits eine Bezugsverpflichtung nach Laufzeit und Mengen festgelegt ist, sowie Dauerschuldverhältnisse (vgl. dazu BGH aaO.; Baumbach / Hopt § 87 Rdnr. 38). Da unstreitig zumindest in einem Teil der von der Klägerin vermittelten Rahmenverträge keine Bezugsverpflichtung vorgesehen ist, wird, soweit aufgrund dieser Verträge Bestellungen nach dem 31.01.2004 erfolgten, von Provisionsansprüchen gemäß § 87 Abs. 3 Nr. 1 HGB auszugehen sein (vgl. dazu Küstner / Thume aaO.), und zwar unter der Voraussetzung, dass die Geschäfte innerhalb einer angemessenen Frist nach dem Ende des Vertragsverhältnisses zwischen den Parteien abgeschlossen wurden.

Als angemessen sieht der Senat im vorliegenden Fall eine Frist von nicht unter vier Jahren an. Was angemessen i. S. des § 87 Abs. 3 Nr. 1 HGB ist, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung von Art, Inhalt und Bedeutung des Geschäfts sowie der Verkehrsanschauung (Baumbach / Hopt § 87 Rdnr. 43; Ebenroth / Löwisch, HGB, § 87 Rdnr. 31). Eine feste zeitliche Grenze gibt es nicht (so ausdrücklich Ebenroth / Löwisch aaO.). Auch der von der Beklagten genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofes (Urt. v. 30. 1. 64, zitiert in: von Gamm NJW 79, 2492) ist nicht zu entnehmen, dass die dort als angemessen angenommene Frist von zwei Jahren als Maximum zu verstehen sei. Zweck der zeitlichen Begrenzung in § 87 Abs. 3 Nr. 1 HGB ist es, eine schnelle Abwicklung des Vertragsverhältnisses mit dem ausgeschiedenen Handelsvertreter zu ermöglichen. Diesem Interesse des Unternehmers steht das Interesse des Handelsvertreters gegenüber, eine Vergütung für seine Tätigkeit auch dann zu erhalten, wenn sie erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses Früchte trägt. Dem Interessenwiderstreit ist u. a. dadurch Rechnung zu tragen, dass die Frist, innerhalb deren Geschäftsabschlüsse noch provisionspflichtig sind, sich nach der für das jeweilige Geschäft üblichen Dauer der Abschlussverhandlungen richtet (Schlegelberger, HGB, 5. Aufl., § 87 Rdnr. 48; Staub, HGB, 4. Aufl., § 87 Rdnr. 47; Münchener Kommentar / v. Hoyningen-Huene, HGB, § 87 Rdrnr.111; Ebenroth / Löwisch aaO.). Soweit im vorliegenden Fall die nach Abschluss des jeweiligen Rahmenvertrages getätigten Bestellungen als die maßgeblichen Geschäftsabschlüsse gelten müssen, ist also von Bedeutung, innerhalb welchen Zeitraumes es üblicherweise zu solchen Bestellungen kommt.

Bei Geschäftsabschlüssen aufgrund eines Rahmenvertrages über Serienlieferungen, wie von der Klägerin vermittelt, ist zu berücksichtigen, dass dieser Vertrag von vornherein darauf ausgerichtet ist, über längere Zeit durch regelmäßige Bestellungen und Lieferungen praktiziert zu werden. Zwar mag eine rechtliche Bindung an den Rahmenvertrag nicht bestehen. Ein entscheidender Unterschied zu anderen unverbindlichen Rahmenverträgen, welche lediglich Produkte zum Gegenstand haben, die der Unternehmer auch an Dritte liefert, besteht aber darin, dass hier die zu liefernden Produkte so, wie im Rahmenvertrag genau beschrieben, für das auszustattende Automobilmodell individuell entwickelt worden sind. Aufgrund dieser Tatsache besteht für die Beklagte eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass ihr Vertragspartner die Produkte während der gesamten Laufzeit des Modells von ihr beziehen wird. Solche Rahmenverträge kommen in ihrer wirtschaftlichen Auswirkung einem frei kündbaren Dauerschuldverhältnis nahe. Hinzukommt, dass dem Abschluss der Rahmenverträge, wie die Beklagte nicht substantiiert bestreitet, durchweg eine intensive technische Vorbereitung durch die Klägerin vorausging, da die Zubehörteile in Zusammenarbeit mit dem Automobilhersteller oder -zulieferer sowie unter Berücksichtigung der Produktionsmöglichkeiten der Beklagten geplant und auf das Automobilmodell abgestimmt werden mussten, für welches sie bestimmt waren. Diesem Sachverhalt ist es angemessen, dass der auf einen mehrjährigen Zeitraum angelegten und über eine normale ständige Geschäftsbeziehung weit hinausgehenden wirtschaftlichen Position der Beklagten auch auf Seiten der Klägerin eine längere Frist entspricht, innerhalb deren sie nach Beendigung des Handelsvertretervertrages Provision für die auf dem Rahmenvertrag beruhenden Geschäfte verlangen kann. Die Frist muss sich billiger Weise an der voraussichtlichen Laufzeit des Automobilmodells orientieren, für welches die Zubehörteile geliefert werden sollen.

Der Senat hält daher grundsätzlich eine Frist von etwa vier Jahren, d. h. im vorliegenden Fall bis Anfang 2008, noch nicht für unangemessen. So hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung unbestritten vorgetragen, dass im vorliegenden Fall die Laufzeiten i. d. R. zwischen fünf und sieben Jahren lägen, bisweilen sogar über zehn Jahre. Sollte allerdings das auszustattende Modell vor Ablauf der jeweiligen Frist auslaufen, so endet damit zwangsläufig auch die Provisionspflicht. Zur Bestimmung der angemessenen Frist im Einzelfall bedarf es hinsichtlich eines jeden Rahmenvertrages einer besonderen Prüfung. Da es hierfür bislang an ausreichendem Tatsachenvortrag fehlt, konnte eine zeitliche Begrenzung der Verpflichtung zur Erteilung von Buchauszügen im vorliegenden Verfahren nicht festgestellt und deshalb auch nicht in den Tenor aufgenommen werden.

Ob aufgrund einer ergänzenden Vertragsauslegung, wie in der zum alten Handelsvertreterrecht ergangenen Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 18.11.1957 (NJW 1958, 180) erörtert, ein Anspruch auf Vergütung auch für die Vermittlung oder Vorbereitung von Geschäfte zu bejahen ist, die nach Ablauf einer angemessenen Frist i. S. des § 87 Abs. 3 Nr. 1 HGB geschlossen wurden, ist nach den vorangegangenen Ausführungen vorerst nicht zu prüfen.

3. In dem zu erteilenden Buchauszug sind sämtliche Angaben zu machen, die im Urteil des Landgerichts unter Ziff. I. 1. und 2. des Tenors aufgeführt sind.

Ein Buchauszug muss alles enthalten, was sich aus den dem Unternehmer verfügbaren schriftlichen Unterlagen im Zeitpunkt der Ausstellung des Buchauszuges über die fraglichen Geschäfte ergibt und nach der getroffenen Provisionsvereinbarung für die Berechnung der Provision von Bedeutung sein kann (BGH NJW 01, 2333, 2334; Baumbach / Hopt, HGB, 27. Aufl., § 87 c Rdnr. 15). Dazu gehören: Namen und Anschrift der Kunden und ggf. Kundenummer, Inhalt und Datum der Aufträge, Umfang und Datum der Lieferungen, Rechungsbeträge nebst Datum und Nummer der Rechnungen, Zahlungen unter Angabe des Zahlungsdatums, Rückgaben und Nichtausführung von Geschäften sowie deren Gründe (Baumbach / Hopt aaO.). Zur Information über den Inhalt der Aufträge müssen dem Handelsvertreter zwar grundsätzlich nicht die vollständigen Verträge vorgelegt werden. Im vorliegenden Fall kann die Klägerin dies jedoch verlangen, da allein aus den tabellarischen Aufstellungen, welche die Beklagte vorgelegt hat, die vertragliche Ausgestaltung der Liefer- oder Bezugsverträge nicht zu entnehmen ist.

4. Der Anspruch der Klägerin ist, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht verjährt. Im vorliegenden Fall ist gemäß § 88 HGB a. F. von einer vierjährigen Verjährungszeit auszugehen. Die Verjährung wurde durch die Klagezustellung unterbrochen, die nach der Klageeinreichung vom 23.12.2004 demnächst i. S. des § 167 ZPO erfolgt ist.

5. Der Anspruch der Klägerin auf Erteilung eines Buchauszugs ist jedoch teilweise erfüllt (§ 362 BGB).

Bezüglich der vom 01.05.2000 bis zum 28.02.2007 geschlossenen provisionspflichtigen Geschäfte über Produkte aller T...-Werke außer demjenigen in N... sowie bezüglich der bis zum 28.02.2007 aufgrund solcher Geschäfte getätigten Umsätze der Beklagten hat diese der Klägerin einen ordnungsgemäßen Buchauszug erteilt.

Die Beklagte hat der Klägerin mehrere Datenträger (CD-ROM) übergeben, auf denen in Tabellenform die Geschäfte aufgelistet sind, die in der Zeit vom 01.05.2000 bis zum 28.02.2007 über Produkte der von der Beklagten betriebenen Werke in N..., B..., D..., Sch... und S... mit Kunden im Handelsvertreterbezirk der Klägerin getätigt wurden. Darin sind die von der Klägerin verlangten Angaben enthalten, wie im Tenor des angefochtenen Urteils zu I.1. und 2. jeweils unter (1.) bis (6.) aufgeführt. Die Angaben zur Nichtausführung von Aufträgen oder zu Retouren (7.) - (10.) erübrigen sich, da die Beklagte die Auskunft erteilt hat, dass die Ausführung in keinem Fall unterblieben und Retouren nicht erfolgt seien. Zur vertraglichen Ausgestaltung der Liefer- oder Bezugsverträge (11.) hat die Beklagte die Vertragsurkunden in Kopie vorgelegt und in den Buchauszug zu jeder der einzelnen Lieferungen einen Verweis auf den dazu gehörenden Rahmenvertrag aufgenommen. Dies genügt den Anforderungen an einen Buchauszug gemäß § 87 c Abs. 2 HGB.

Die der Klägerin zur Verfügung gestellten Excel-Tabellen enthalten eine geordnete Zusammenstellung der geschuldeten Angaben. Beim Lesen der Tabellen mit dem Computerprogramm "Microsoft Excel" stehen der Klägerin über den Befehl "Daten" Ò "Sortieren" verschiedene Sortierungsmöglichkeiten zur Verfügung, insbesondere nach Kundennummer, Kundennamen und Rechnungsdatum. Die Sortierung der Vertragsunterlagen nach Namen der Auftraggeber ist nicht zu beanstanden.

Die Klägerin hat unstreitig gestellt, dass der für die Zeit bis zum 28.02.2007 vorgelegte Buchauszug betreffend das Werk in D... ordnungsgemäß ist. Hinsichtlich der Werke in N..., B..., Sch... und S... stehen die von der Klägerin vorgetragenen Beanstandungen einer Erfüllung nicht entgegen.

Der jeweilige Auftragsinhalt ergibt sich, wie in dem an die Prozessbevollmächtigte der Klägerin gerichteten Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 01.11.2006 ausgeführt, aus den Spalten "Rahmenvertrag Nr. ", "Artikelnummer", "Kunden-Artikel-Nummer", "Teilebezeichnung" und "Lieferscheinmenge". Der jeweilige Auftragsinhalt ist dadurch hinreichend bezeichnet, da der Klägerin die Verträge, soweit diese bei der Beklagten vorhanden waren, vorliegen und über die Zuordnung der Lieferungen zum jeweiligen Rahmenvertrag keine Zweifel bestehen können. Soweit die Angabe von Datum und Inhalt der Auftragsbestätigungen sowie der abgerechneten und gezahlten Provisionen verlangt wird, ist die Klage durch das Teilurteil des Landgerichts - zu Recht - abgewiesen worden. Das Urteil ist insoweit nicht mit einem Rechtsmittel angegriffen worden.

Dass in den von der Beklagten vorgelegten Tabellen nicht die volle Anschrift der einzelnen Auftraggeber, sondern jeweils nur der Sitz der Firma angegeben ist, stellt dies die Angabe der Adresse i. S. des angefochtenen Teilurteils dar. Dies genügt angesichts der begrenzten Anzahl der Auftraggeber zu deren Identifizierung. Jeweils auch die Straßenbezeichnung zu verlangen, wäre deshalb rechtsmissbräuchlich.

Soweit, wie von der Klägerin vorgetragen, Verträge teilweise fehlen, hat die Beklagte die Auskunft erteilt, dass weitere Vertragsunterlagen trotz gründlicher Suche nicht auffindbar seien. Zwar kann der einen Buchauszug schuldende Unternehmer unter Umständen verpflichtet sein, sich die hierzu erforderlichen Unterlagen zu beschaffen, soweit er sie nicht unmittelbar in Besitz hat (vgl. BGH NJW 2001, 2333, 2334). Dies kann allerdings nur ausnahmsweise verlangt werden, so z. B., wenn die Unterlagen sich bei einer Schwestergesellschaft des verpflichteten Unternehmens befinden (so BGH aaO.) oder wenn der Unternehmer sich die Unterlagen ohnedies im Rahmen einer ordnungsgemäßen Buchführung zu beschaffen hätte. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor.

6. Hinsichtlich der Lieferung von Produkten des T...-Werkes in N... dagegen hat die Beklagte den Anspruch der Klägerin auf Erteilung eines ordnungsgemäßen Buchauszuges nicht erfüllt.

Die vorgelegten Excel-Tabellen bezüglich des Werkes in N... enthalten bereits nicht alle Geschäfte, die während des Handelsvertreterverhältnisses getätigt wurden, sondern nur solche, die ab dem 17.08.2001 abgeschlossen wurden. Es fehlt also ein Buchauszug für die Zeit vom 01.05.2000 bis zum 16.08.2001.

Zu Recht beanstandet die Klägerin darüber hinaus den Umstand, dass in dem Buchauszug betreffend das Werk N... Auslandslieferungen unstreitig nicht aufgeführt sind. Die Beklagte leugnet nicht, dass die von der Klägerin zu betreuenden Kunden u. a. Lieferungen an Werke in Auftrag gegeben haben, die sich im Ausland befinden. Die Beklagte kann einen Buchauszug für solche Geschäfte nicht mit der Begründung verweigern, nach ihrer Auffassung stünden der Klägerin für bestimmte Auslandslieferungen keine Provisionsansprüche zu. Denn der nach § 87 c Abs. 2 HGB geschuldete Buchauszug hat auch solche Geschäfte zu enthalten, bei denen zweifelhaft ist, ob dem Handelsvertreter hierfür eine Provision zusteht. Nur solche Geschäfte sind nicht anzugeben, für die eindeutig keine Provision angefallen ist (BGH NJW-RR 1989, 738, 739). Vorliegend handelt es sich aber gerade um Geschäfte, bei denen die Provisionspflicht zwischen den Parteien streitig ist, so dass auch diese in den Buchauszug aufzunehmen sind. Unzureichend ist auch der Vortrag der Beklagten, soweit Geschäfte mit der Firma A... AG in dem erteilten Buchauszug für das Werk in B... aufgeführt seien, "können sich hierunter auch Lieferungen an das Werk in A... verbergen," die aus dem T...-Werk in N... stammten. Da die Klägerin einen Anspruch auf Erteilung eines vollständigen Buchauszuges u. a. betreffend sämtliche Produkte des Werkes der Beklagten in N... hat, muss dem Buchauszug auch in nachprüfbarer Weise zu entnehmen sein, welche Auslandslieferungen von diesem Werk stammten. Dies ist nicht der Fall.

Außerdem enthält der Buchauszug für das Werk in N... nicht das jeweilige Auftragsdatum [jeweils Ziff. (2.) unter Ziff. I. und II. des Urteilstenors]. Während diese Angaben bezüglich der übrigen T...-Werke in der Spalte "Abschlussdatum" in den vorgelegten Tabellen zu finden sind, weist der Buchauszug für das Werk N... eine solche oder eine entsprechende Spalte nicht auf. Das jeweilige Datum der Auftragserteilung bzw. Bestellung ist jedoch im Buchauszug anzugeben, da es zur Berechung der Provision von Bedeutung sein kann.

Der Buchauszug zum Werk N... ist des Weiteren ungenügend, weil er keine Angaben zum Inhalt der Rahmenverträge oder sonstigen Rechtsgeschäften enthält, die den einzelnen Lieferungen zugrunde liegen [unter Ziff. I. und II. des Urteilstenors Ziff. (3.) "Auftragsinhalt"]. Die Mitteilung des Gegenstandes der Lieferung genügt hierzu nicht, weil sie ohne Bezugnahme auf einen bestimmten Vertrag die rechtliche Grundlage der Lieferung nicht erkennen lässt. Wenn das Werk in N... nach der Auskunft der Beklagten keinerlei schriftliche Verträge im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Klägerin besitzt, so rechtfertigt das nicht, der Klägerin die geschuldeten Angaben zum Inhalt der Aufträge zu verweigern, soweit sie der Beklagten aus anderen Quellen wie Bestellschreiben, E-Mails, Lieferscheinen o. ä. verfügbar sind. Dass auch solche Unterlagen fehlten, ist nicht dargetan. Sollten, wie von der Beklagten vorgetragen, z. T. Bestellungen ohne einen zuvor geschlossenen Vertrag erfolgt sein, so behauptet die Beklagte jedenfalls nicht, dass dies auf sämtliche Lieferungen des Werkes N... zuträfe.

Aus den vorgenannten Gründen genügt der zum Werk N... vorgelegte Buchauszug nicht, den Anspruch der Klägerin zu erfüllen. In Anbetracht der erheblichen Mängel kommt eine bloße Ergänzung dieses Buchauszuges nicht in Betracht, sondern ein solcher ist bezüglich des Werkes in N... vollständig neu zu erstellen.

7. Soweit die Klageforderung erfüllt ist, war das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage teilweise abzuweisen. Im Übrigen war die Berufung zurückzuweisen.

Der von Seiten der Klägerin eingereichte Schriftsatz vom 24.05.2007 gibt keinen Anlass zur Wiedereröffnung der Verhandlung. Er enthält insbesondere keinen Tatsachenvortrag, der einen Wiederaufnahmegrund darstellen würde, und es ist auch nicht auf einen Verfahrensfehlers des Gerichts zurückzuführen, dass er erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgt ist (§ 156 ZPO).

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Hinsichtlich des Streitwertes für das Berufungsverfahren bleibt es bei dem Beschluss des Senats vom 25.07.2006.

Ende der Entscheidung

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