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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 01.12.2005
Aktenzeichen: 6 U 951/04
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, StBerGebV


Vorschriften:

BGB § 286 Abs. 1
BGB § 288 Abs. 2
BGB § 615
BGB § 615 Satz 1
BGB § 615 Satz 2
BGB § 627
BGB § 627 Abs. 1
BGB § 628 Abs. 2
ZPO § 287
ZPO § 529
StBerGebV § 16
Kommt im Rahmen eines Dienstvertrages der Dienstberechtigte in Annahmeverzug, so besteht nach § 615 BGB ein Vergütungsanspruch für die Zeit bis zur tatsächlichen Beendigung des Dienstverhältnisses. Der Vergütungsanspruch beschränkt sich, falls keine Kündigung ausgesprochen wird, nicht auf den Zeitraum bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 6 U 951/04

Verkündet am 01.12.2005

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Sartor, den Richter am Oberlandesgericht Ritter und den Richter am Oberlandesgericht Grünewald auf die mündliche Verhandlung vom 10.11.2005

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Kläger wird das am 17.06.2004 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Mainz teilweise abgeändert und das Urteil insgesamt neu gefasst wie folgt:

Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Kläger 1.599,18 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.10.2002 zu zahlen.

Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, an die Kläger 1.878,45 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.10.2002 zu zahlen.

Die Klage wird im Übrigen abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des ersten Rechtszuges werden wie folgt verteilt: Von den Gerichtskosten tragen die Kläger 74 %,die Beklagte zu 1) 12 % und die Beklagte zu 2) 14 %. Die Kläger tragen 73 % der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und 75 % der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2). Die Beklagte zu 1) trägt 12 % und die Beklagte zu 2) 14 %der außergerichtlichen Kosten der Kläger.

Für die Kosten des Berufungsverfahrens gilt: Von den Gerichtskosten tragen die Kläger 40 %, die Beklagte zu 1) 28 % und die Beklagte zu 2) 32 %. Die Kläger tragen 57 % der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und 8 % der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2). Die Beklagte zu 1) trägt 28 % und die Beklagte zu 2) 32 % der außergerichtlichen Kosten der Kläger.

Im Übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Kläger verlangen von den Beklagten aufgrund der mit diesen geschlossenen Steuerberaterverträge Zahlung der vereinbarten Vergütung für infolge Annahmeverzuges nicht geleistete Dienste, hilfsweise Schadensersatz nach fristloser Kündigung.

Die Kläger haben beantragt,

die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an sie 5.929,59 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.10.2002 zu zahlen;

die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an sie 7.547,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.10.2002 zu zahlen.

Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die tatsächlichen Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen.

Die Kläger tragen zur Begründung ihrer Berufung vor, die Beklagten seien bezüglich der von ihnen, den Klägern, geschuldeten Dienstleistungen in Annahmeverzug geraten, weil die Beklagten es versäumt hätten, die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Außerdem seien die Beklagten zum Schadensersatz gemäß § 628 Abs. 2 BGB verpflichtet, da sie die von den Klägern ausgesprochene fristlose Kündigungen der Steuerberaterverträge durch vertragswidriges Verhalten veranlasst hätten.

Die Kläger beantragen,

die Beklagten wie folgt zu verurteilen:

die Beklagte zu 1) zur Zahlung von 3.728,24 EUR und die Beklagte zu 2) zur Zahlung von 2.048,41 EUR, jeweils zu verzinsen mit 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.10.2004.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie machen u. a. geltend, sie hätten sich weder in Annahmeverzug befunden noch vertragswidrig verhalten. Die von den Klägern erklärten fristlosen Kündigungen seien unwirksam. Zur Höhe der geltend gemachten Forderungen tragen sie vor, die Kläger hätten erhebliche Aufwendungen erspart, welche von den Forderungen in Abzug zu bringen seien. Ein Schaden sei den Klägern nicht entstanden.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die von ihnen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätze und Urkunden (bis Bl. 242 GA) Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig. Sie hat in der Sache jedoch nur zum Teil Erfolg.

Soweit die Kläger mit ihrer Klage neben einem Schadensersatzanspruch in zweiter Instanz erstmals einen Erfüllungsanspruch nach § 615 BGB geltend machen, mag eine Klageänderung in Form einer nachträglichen objektiven Klagehäufung vorliegen (vgl. z. B. BGH NJW 2001, 1210, 1211). Diese ist jedoch zulässig, da der Senat sie für sachdienlich hält und sie auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat (§ 533 ZPO). Den Erfüllungsansprüchen liegt der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde wie den Schadensersatzansprüchen. Durch die Zulassung der Klageänderung wird die endgültige Beilegung des Streits gefördert, ein neuer Prozess vermieden und die Erledigung des anhängigen Rechtsstreits nicht verzögert.

Die Beklagten sind den Klägern gemäß § 615 Satz 1 BGB zur Zahlung der vereinbarten Vergütung für die Dienste verpflichtet, die infolge mangelnder Mitwirkung der Beklagten nicht geleistet werden konnten.

Zwischen den Klägern und jeder der beiden Beklagten bestand jeweils ein Steuerberatervertrag, aufgrund dessen die Kläger den Beklagten folgende Leistungen schuldeten: Erstellen der Buchführung, der Jahresabschlüsse, der Steuererklärungen und der Lohn- und Gehaltsabrechnungen sowie begleitende Tätigkeiten (§ 1 Ziff. 1 der beiden Steuerberaterverträge vom 06.12.2001). Vorliegend handelt es sich um typische Steuerberaterverträge, somit nach allgemeiner Meinung um Dienstleistungsverhältnisse (vgl. dazu BGH NJW 1970, 1596, 1597).

Mit der Annahme der vereinbarten Dienstleistungen befanden sich die Beklagten spätestens seit Mitte 2002 in Verzug (§ 293 BGB).

Um den Gläubiger in Annahmeverzug zu versetzen, genügt, wenn zur Bewirkung der Leistung Handlungen des Gläubigers erforderlich sind, ein wörtliches Angebot des Schuldners oder die Aufforderung an den Gläubiger, die erforderlichen Handlungen vorzunehmen (§ 295 Satz 1 und 2 BGB). Ein solcher Fall ist hier gegeben. Gemäß § 6 Ziff. 5 Buchst. a) der Steuerberaterverträge waren die Beklagten zur Mitwirkung verpflichtet, soweit dies zur ordnungsgemäßen Erledigung des Auftrags erforderlich war; insbesondere hatten sie unaufgefordert alle für die Ausführung des Auftrags notwendigen Unterlagen zu übergeben. Nachdem die Beklagten dies unstreitig ab April 2002 unterlassen und den Klägern seitdem keinerlei Unterlagen mehr übergeben hatten, wurden sie von den Klägern mehrfach hierzu aufgefordert. So baten die Kläger den Geschäftsführer der Beklagten zu 1) und Inhaber der Beklagten zu 2), M... W..., zunächst mit Schreiben vom 06.06.2002 um Übersendung der Buchführungsunterlagen für die Umsatzsteuer-Voranmeldung. Nachdem die Beklagten daraufhin nicht tätig geworden waren, wurde ihnen gegenüber mit Schreiben der Kläger vom 18.06.2002 noch einmal ausdrücklich die Bereitschaft erklärt, die vereinbarten Steuerberaterleistungen zu erbringen, und für den Fall, dass die Beklagten nicht tätig werden sollten, eine Gesamtabrechnung angekündigt. Mit Schreiben vom 09.07.2002 wiesen die Kläger erneut vergeblich darauf hin, dass die für eine effektive und verantwortliche Beratung notwendige Kommunikation mit den Beklagten nicht mehr stattfinde. Diese reagierten hierauf nicht. Dass die Beklagten zur Mitwirkung an der Tätigkeit der Steuerberater, insbesondere zur Übersendung der notwendigen Unterlagen, außerstande gewesen wären (§ 297 BGB), wird nicht behauptet. Annahmeverzug ist daher eingetreten.

Kommt im Rahmen eines Dienstvertrages der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete gemäß § 615 Satz 1 BGB für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Diese Bestimmung findet auf Dienstverträge jeglicher Art Anwendung (Münchener Kommentar / Henssler, BGB, 4. Aufl., § 615 Rdnr. 9), also auch auf die zwischen den Parteien bestehenden.

Die Dienstleistungen der Kläger an die Beklagten unterblieben infolge des Annahmeverzuges. Dafür, dass die Kläger aus anderem Grund ihre Leistungen an die Beklagten eingestellt hätten, besteht kein Anhaltspunkt. Das erforderliche Kausalitätsverhältnis zwischen dem Unterlassen der Mitwirkung seitens der Beklagten und der Nichterbringung weiterer Leistungen durch die Kläger ist auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Beklagten gemäß § 627 BGB jederzeit zu einer ordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt waren. Denn die Beklagten sprachen eine Kündigung nicht aus, obwohl sie nicht daran gehindert waren, von diesem Recht Gebrauch zu machen.

Keine Anwendung auf den vorliegenden Fall finden die in der Rechtsprechung zur außerordentlichen Kündigung eines Dienstvertrages entwickelten Grundsätze, wonach in einem solchen Falle Ersatz nach § 628 Abs. 2 BGB nicht für solche Vermögensnachteile verlangt werden kann, die auch bei einer ordentlichen Kündigung entstanden wären. Nach dieser Rechtsprechung reicht bereits die bloße Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung als hypothetisches rechtmäßiges Alternativverhalten aus, die Ansprüche aus § 628 Abs. 2 BGB entsprechend zu begrenzen (vgl. BAG NJW 1984, 2846,2847; AP Nr. 18 zu § 628 BGB). Dies hat seinen Grund in dem Schutzzweck der Bestimmung des § 628 Abs. 2 BGB: Der Vertragspartner des vertragsbrüchigen Teils soll nur von dem Schaden frei gehalten werden, der dadurch entstanden ist, dass die Vertragsbeendigung vor Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist erfolgen muss und ihm deshalb kein ausreichender Zeitraum gewährt wird, um die Voraussetzungen eines Anschlussvertrages zu schaffen; einen Schadensersatzanspruch ad infinitum soll er darüber hinaus nicht erhalten (BAG NJW 1981, 2430, 2431; Staudinger / Preis, BGB, Januar 2002, § 628 Rdnr. 44).

Die Regelung des § 615 BGB hat zwar einen ähnlichen Zweck, indem sie den Dienstverpflichteten davor schützen soll, seine Arbeitskraft kurzfristig anderweitig verwerten zu müssen (vgl. Münchener Kommentar / Henssler, BGB, 4. Aufl., § 615 Rdnr. 1). Während aber der nach § 628 Abs. 2 BGB Verpflichtete durch die wirksam erklärte fristlose Kündigung daran gehindert ist, den Dienstvertrag durch ordentliche Kündigung zu beenden, kann der in Annahmeverzug Befindliche die ordentliche Kündigung jederzeit aussprechen und dadurch seine Verpflichtung aus § 615 BGB beschränken. Er bedarf also keines zusätzlichen Schutzes vor zeitlich unbegrenzten Vergütungsansprüchen, wenn er von seinem Kündigungsrecht keinen Gebrauch macht.

Durch § 615 BGB wird kein Ausgleich für eine vorzeitige, von dem Dienstberechtigten verschuldete Vertragsbeendigung gewährt, sondern dem Dienstverpflichteten soll sein vertraglicher Anspruch auf Vergütung so lange erhalten bleiben, wie er zur Dienstleistung verpflichtet ist. Der Annahmeverzug des Dienstberechtigten endet daher ex nunc erst, wenn das Dienstverhältnis beendet worden ist (Münchener Kommentar § 615 Rdnr. 46).

Da die Beklagten die mit den Klägern bestehenden Dienstverträge nicht kündigten, müssen sie sich an deren Fortbestehen festhalten lassen und grundsätzlich die darin vereinbarte Vergütung für die Zeit bis zur fristlosen Kündigung durch die Kläger zahlen. Eine konkludente Kündigung der Beklagten ist in der Nicht-Inanspruchnahme der Dienstleistungen nicht zu erblicken, da hierin ein Wille zur Vertragsauflösung nicht hinreichend zum Ausdruck kam. So haben sich die Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit in erster Instanz sogar darauf berufen, dass die Verträge mit den Klägern fortbestünden.

Die Kläger handelten nicht rechtsmissbräuchlich, als sie mit dem Ausspruch einer fristlosen Kündigung nach Eintritt des Annahmeverzuges noch mehrere Monate warteten. Dies bewirkte zwar, dass der Vergütungsanspruch der Kläger sich laufend erhöhte, obwohl von ihnen keine Leistungen mehr erbracht wurden. Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Kläger eine Kündigung zum frühestmöglichen Zeitpunkt allein in der Absicht unterließen, gegen die Beklagten möglichst hohe Zahlungsansprüche ohne Gegenleistung zu erlangen. Vielmehr stand für die Kläger mangels ausdrücklicher Erklärungen der Beklagten zunächst nicht eindeutig fest, dass diese auf Dauer kein Interesse mehr an den vereinbarten Steuerberaterleistungen hatten, so dass ein Abwarten im Hinblick auf eine mögliche Fortsetzung der Zusammenarbeit mit den Beklagten nicht von vornherein zwecklos erschien. Die Kläger können den Anspruch aus § 615 BGB deshalb in vollem Umfang geltend machen.

Ein Anspruch nach § 615 BGB besteht auch dann, wenn - wie hier - keine zeitabhängige, sondern eine leistungsabhängige Vergütung vereinbart ist. In diesem Fall steht dem Dienstverpflichteten das Entgelt zu, welches er bei Fortsetzung seiner Arbeit erzielt hätte (Münchener Kommentar § 615 Rdnr. 55). Dabei ist der hypothetische Verlauf seiner Tätigkeit bei gleich bleibenden Bedingungen zugrunde zu legen und ggf. eine Schätzung nach § 287 ZPO vorzunehmen.

Die Kläger haben gegen die Beklagte zu 1) einen Anspruch auf Zahlung von 1.599,18 EUR.

In der Zeit bis zur Kündigung des Dienstverhältnisses mit der Beklagten zu 1) durch Schreiben vom 24.09.2002 hätten die Kläger für diese unstreitig folgende Leistungen erbracht:

Buchführung für die Zeit vom 01.04.2002 bis zum 30.08.2002, Jahresbilanz 01.10.2001 - 30.09.2002 nebst Anhang, Umsatzsteuererklärung für 2001, Gewerbesteuererklärung für 2001, Körperschaftssteuererklärung für 2001, Erklärung über die Entwicklung des Eigenkapitals für 2001.

Hierfür wäre Honorar in folgendem Umfang angefallen:

Buchführung 01.04.2002 - 30.08.2002 740,00 € Umsatzsteuererklärung 2001, 169,00 € Gewerbesteuererklärung 2001, 101,40 € Körperschaftssteuererklärung 2001, 210,40 € Erklärung üb. Entwicklung d. Eigenkapitals 2001 157,80 € 1.378,60 € 16 % MWSt. 220,58 € Gesamtbetrag 1.599,18 €

Die Berechung ist nach den Bestimmungen der StBerGebV korrekt erfolgt. Bezüglich der Buchführung ist das Honorar zu Recht mittels Hochrechnung aus den bekannten Zahlen für die Zeit bis März 2002 ermittelt worden sind. Für Bilanz und Steuererklärungen waren als Gegenstandswerte diejenigen des Vorjahres zugrunde zu legen. Da die Beklagten hierzu keine weiteren Unterlagen vorgelegt haben und insofern auch keine konkreten Angaben machen, ist aus dem Gesichtspunkt der Beweisvereitelung zu ihren Lasten von gleich bleibenden Gegenstandswerten auszugehen.

Soweit die Kläger ein Entgelt für die Buchführung auch für den Monat September 2002 verlangen, besteht kein Anspruch, da die Kündigung gegenüber der Beklagten zu 1) bereits am 24.09.2002 erfolgte. Aus demselben Grund steht den Klägern das von ihnen geltend gemachte Honorar für die Erstellung der Bilanz bis zum 30.09.2002 nicht zu.

Kein Ersatz kann verlangt werden für die in den eingeklagten Beträgen enthaltenen Auslagenpauschalen gemäß § 16 StBerGebV, da die Auslagen von den Klägern erspart wurden (vgl. Münchener Komm. § 615 Rdnr. 57).

Darüber hinaus brauchen die Kläger sich ersparte Aufwendungen gemäß § 615 Satz 2 BGB nicht anrechnen zu lassen. Vorteile, die aus anderweitiger Verwendung ihrer Dienste gezogen wurden (§ 615 Satz 2 BGB), werden nicht behauptet.

Es ist weder dargetan noch bewiesen, dass den Kläger dadurch, dass sie nicht mehr für die Beklagten tätig waren, über die nach § 16 StBerGebV zu berechnenden Auslagen hinaus weitere Ersparnisse entstanden wären. Beweispflichtig hierfür sind die Beklagten (vgl. dazu Münchener Kommentar § 615 Rdnr. 124). Sie tragen dazu jedoch keine konkreten Tatsachen vor. Insbesondere bestreiten sie den diesbezüglichen Vortrag der Kläger nicht substantiiert. Die laufenden Kosten des Betriebes der Kläger blieben unverändert. Insbesondere wurde das Personal nicht reduziert. Die Kläger waren, nachdem die Arbeiten für die Beklagten entfallen waren, nicht verpflichtet, ihr Personal zu reduzieren (vgl. zu § 649 Satz 2 BGB: BGH NJW 2000, 653, 654). Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten ist den Klägern insofern nicht vorzuwerfen.

Gegen die Beklagte zu 2) haben die Kläger einen Anspruch auf Zahlung von 1.878,45 EUR.

In der Zeit bis zur Kündigung des Dienstverhältnisses mit der Beklagten zu 2) durch Schreiben vom 01.10.2002 hätten die Kläger für diese folgende Leistungen erbracht:

Buchführung für die Zeit vom 01.04.2002 bis zum 15.08.2002, Bilanz für 2001/2002, Umsatzsteuererklärung für 2001, Gewerbesteuererklärung für 2001, Einkommensteuererklärung für 2001 nebst Anlagen N und KAP.

Hierfür wäre Honorar in folgendem Umfang angefallen:

Buchführung 01.04.2002 - 15.08.2002 208,80 € Bilanz für 2001/2002 270,00 € Umsatzsteuererklärung 2001, 169,00 € Gewerbesteuererklärung 2001, 101,40 € Einkommensteuererklärung 2001, 498,60 € Anlage KAP 191,55 € Anlage N 180,00 € 1.619,35 € 16 % MWSt. 259,10 € Gesamtbetrag 1.878,45 €

Die Berechung ist ebenfalls nach den Bestimmungen der StBerGebV korrekt erfolgt.

Zu Recht wird eine Vergütung bezüglich der Erstellung der Einkommensteuererklärung verlangt. Denn auch diese gehörte nach § 1 des Steuerberatervertrages zur vereinbarten Tätigkeit der Kläger.

Die gemäß § 16 StBerGebV berechneten Auslagenpauschalen entfallen auch hier.

Bezüglich § 615 Satz 2 BGB gilt das Gleiche wie für die Beklagte zu 1).

Die Klage ist daher in dem Umfang teilweise begründet, wie aus dem Tenor dieses Urteils ersichtlich.

Die Zinsansprüche ergeben sich aus den §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 2 BGB.

Schadensersatzansprüche gemäß § 628 Abs. 2 BGB stehen den Klägern dagegen nicht zu.

Die außerordentliche Kündigung der Kläger erfolgte zwar berechtigt, da die Beklagten ihre Vertragspflichten durch Unterlassen der erforderlichen Mitwirkung über längere Zeit erheblich verletzt hatten (§ 626 Abs. 1 BGB). Entgegen der Ansicht der Beklagten wurde die Kündigung auch innerhalb der Zwei-Wochen-Frist nach § 626 Abs. 2 BGB erklärt; denn bei dem Vertragsverstoß der Beklagten handelte sich um einen Dauertatbestand, der zur Zeit der Kündigung fortbestand (vgl. dazu Münchener Kommentar § 626 Rdnr. 307).

Der Ersatzanspruch der Kündigenden gemäß § 628 Abs. 2 BGB beschränkt sich jedoch, wie zuvor bereits ausgeführt, auf den Schaden, der im Falle einer ordentlichen Kündigung nicht entstanden wäre, im vorliegenden Fall also auf das Honorar, welches bis zur Beendigung des Vertragsverhältnisses durch eine mögliche ordentlichen Kündigung angefallen wäre. Danach ist den Klägern kein ersatzfähiger Schaden entstanden. Denn bei Verträgen über die Erbringung von Diensten höherer Art, die aufgrund besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen, wie dies bei Steuerberaterleistungen der Fall ist, ist die Kündigung nach § 627 Abs. 1 BGB grundsätzlich jederzeit zulässig. Das ordentliche Kündigungsrecht nach § 627 BGB war, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Kläger nicht wirksam ausgeschlossen worden (vgl. dazu auch BGH NJW 1999, 276, 278). Eine ordentliche fristlose Kündigung hätte also durch die Beklagten zur selben Zeit ausgesprochen werden können wie die außerordentliche Kündigung der Kläger, so dass auch in diesem Fall kein Honorar mehr hätte anfallen können (ebenso für den Fall der Möglichkeit einer außerordentlichen fristlosen Kündigung durch den Kündigungsempfänger: BGH NJW 1966, 347, 348).

Auf die Berufung der Kläger war nach allem das Urteil des Landgerichts teilweise abzuändern.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 und 2, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 5.776,65 EUR festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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