Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 04.01.2006
Aktenzeichen: 7 UF 759/05
Rechtsgebiete: BGB, VAÜG, SGB VI, GKG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1587 b Abs. 2
BGB § 1587 b Abs. 5
BGB § 1587 b Abs. 6
VAÜG § 2 Abs. 1 S. 2
VAÜG § 2 Abs. 2
VAÜG § 3 Abs. 2 Nr. 1
VAÜG § 3 Abs. 2 Nr. 2
VAÜG § 3 Abs. 3
SGB VI § 76
SGB VI § 76 Abs. 2 Satz 3
ZPO § 621 Abs. 1 Nr. 6
ZPO § 621 e Abs. 1
GKG § 21
GKG § 49
ZPO § 93 a
Hat in der Ehezeit ein Ehegatte angleichungsdynamische und der andere Ehegatte regeldynamische Anrechte erworben, sind bei Durchführung des Versorgungsausgleichs die angleichungsdynamischen Anrechte mit dem für den Zeitpunkt der Entscheidung maßgebenden Anpassungsfaktor nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 VAÜG zu multiplizieren, um die zwischen Ehezeitende und Zeitpunkt der Entscheidung eingetretene Angleichungsdynamik zu berücksichtigen.

Bei Ermittlung des Höchstbetrages nach § 1587 b Abs. 5 BGB ist nur auf die in der Ehe erworbenen Entgeltpunkte abzustellen, wobei Entgeltpunkte Ost ebenso wie Entgeltpunkte West mit ihrem Nominalbetrag in die Berechnung einzustellen sind.

Bei der Anordnung der Umrechnung in Entgeltpunkte nach § 1587 b Abs. 6 BGB hat nur dann eine Umrechnung des aktuellen Rentenwertes mit einem Angleichungsfaktor stattzufinden, wenn der Ehegatte mit den werthöheren auszugleichenden Anrechten werthöhere angleichungsdynamische Anrechte als der andere Ehegatte hat und deshalb eine Umrechnung der zu übertragenden oder zu begründenden Rentenanwartschaften in Entgeltpunkte (Ost) zu erfolgen hat.


Oberlandesgericht Koblenz Beschluss

Geschäftsnummer: 7 UF 759/05

in der Familiensache

wegen Versorgungsausgleichs (abgetrennte Scheidungsfolgesache).

Der 7. Zivilsenat -4. Senat für Familiensachen- des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Wolff, die Richterin am Oberlandesgericht Darscheid und den Richter am Oberlandesgericht Eck

am 04. Januar 2006

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung Bund wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Sinzig vom 27. Oktober 2005 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Zu Lasten der Versorgung der Antragstellerin bei dem A..-Bundesverbandwerden auf dem Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Bund - Vers.Nr. 53 ...... H 038 - Rentenanwartschaften von monatlich 111,83 EUR, bezogen auf den 30. Juni 2000, begründet. Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Hinsichtlich der Kosten erster Instanz verbleibt es bei der Entscheidung des Familiengerichts. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zwischen den Parteien gegeneinander aufgehoben.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 1.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Parteien haben am 18.06.1985 geheiratet und sind auf den dem Antragsgegner am 07.07.2000 zugestellten Antrag der Antragstellerin durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Sinzig vom 13.03.2001 geschieden worden. In der gesetzlichen Ehezeit (01.06.1985 bis 30.06.2000) hat die Ehefrau einen Anspruch auf ein Ruhegehalt nach beamtenrechtlichen Vorschriften beim A..-Bundesverband und der Ehemann sowohl regeldynamische als auch angleichungsdynamische gesetzliche Rentenanwartschaften bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (jetzt: Deutsche Rentenversicherung Bund) erworben. Die Entscheidung über den Ausgleich dieser Anrechte hat das Familiengericht, da bei Ausspruch der Scheidung eine Versorgung noch nicht bezogen wurde, abgetrennt und nach § 2 Abs. 1 S. 2 VAÜG ausgesetzt.

Nachdem der Antragsgegner seit 01.12.2004 eine Rente wegen Erwerbsminderung bezieht, hat das Familiengericht auf seinen Antrag das Verfahren nach § 2 Abs. 2 VAÜG wieder aufgenommen. Es hat mit Unterstützung des Sachverständigen H... ermittelt, dass dem nach der Auskunft vom 27.09.2000 (Bl. 10 ff GA) ursprünglich mit 1.855,43 DM bewerteten Anrecht der Antragstellerin unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich erfolgten Absenkung des Versorgungshöchstsatzes von 75% auf 71,75% und der Begrenzung der jährlichen Sonderzahlung auf 4,17% nur noch ein Wert von 872,68 € (1.706,81 DM) zukommt (Bl. 83 ff GA). Die Rentenversicherung Bund hat mit Auskunft vom 26.04.2005 (Bl. 60 ff GA) mitgeteilt, dass sich die auf die Ehezeit entfallenden Anwartschaften des Antragsgegners auf eine regeldynamische gesetzliche Rente auf 340,85 € und auf eine angleichungsdynamische Rente auf 254,16 € belaufen.

Auf dieser Grundlage hat das Familiengericht mit Beschluss vom 27.10.2005 zu Lasten der beamtenähnlichen Versorgung der Antragstellerin Rentenanwartschaften von monatlich 137,51 €, bezogen auf den 30.06.2000, auf dem Versicherungskonto des Antragsgegners bei der gesetzlichen Rentenversicherung begründet. Zugleich hat es angeordnet, dass die Rentenanwartschaften in Entgeltpunkte umzurechnen seien und dabei der aktuelle Rentenwert (Ost) mit seinem Wert bei Ehezeitende für die Ermittlung der Entgeltpunkte (Ost) mit dem Angleichungsfaktor 1,0104762 zu vervielfältigen sei.

Mit ihrer gegen diese Entscheidung gerichteten Beschwerde begehrt die Deutsche Rentenversicherung Bund eine Begrenzung des Ausgleichs auf den Höchstbetrag von 111,83 € nach § 76 SGB VI und eine Umrechnung in Entgeltpunkte ohne Angleichsfaktor vorzunehmen.

II.

Die gemäß §§ 621 e Abs. 1, 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Der zwischen den Parteien durchzuführende Versorgungsausgleich ist nach §§ 1587b Abs. 5 BGB, 76 Abs. 2 S. 3 SGB VI auf 111,83 € begrenzt und die Umrechnung in Entgeltpunkte hat ohne Vervielfältigung des Rentenwertes mit einem Angleichungsfaktor zu erfolgen.

Zutreffend ist das Familiengericht allerdings davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 2 Abs. 2 VAÜG gegeben sind. Auch ist die Ausgleichsberechnung als solche nicht zu beanstanden, derzufolge die Antragstellerin, die insgesamt die werthöheren Anrechte erworben hat, dem Antragsgegner in Höhe von insgesamt 137,51 € ausgleichspflichtig ist, und der Ausgleich nach § 1587b Abs. 2 BGB im Wege des Quasisplittings zu erfolgen hat.

Jedoch hat das Familiengericht nicht beachtet, dass gemäß § 1587b Abs. 5 BGB der Monatsbetrag der nach Absatz 1 zu übertragenden oder nach Absatz 2, 3 zu begründenden Rentenanwartschaften in den gesetzlichen Rentenversicherungen zusammen mit dem Monatsbetrag der in den gesetzlichen Rentenversicherungen bereits begründeten Rentenanwartschaften des ausgleichsberechtigten Ehegatten den in § 76 Abs.2 Satz 3 SGB VI bezeichneten Höchstbetrag nicht übersteigen darf. Ein Versicherter kann nämlich in der gesetzlichen Rentenversicherung keine höhere Rente erlangen, als sie den Beitragsbemessungsgrenzen entspricht. Der nach § 1587b Abs. 5 BGB i.V. mit § 76 Abs. 2 S. 3 SGB VI zu beachtende Höchstbetrag will eine dieser Limitierung etwa entsprechende Begrenzung (nämlich auf zwei Entgeltpunkte pro Jahr) erreichen (vgl. BGH FamRZ 2005, 432; Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht, 4. Aufl., § 1587b BGB Rdnr. 49). Dies wird dadurch bewirkt, dass die Zahl der in die Ehezeit fallenden Kalendermonate durch sechs geteilt wird; das Ergebnis ist die Zahl der in der Ehezeit maximal erreichbaren Entgeltpunkte. Der über den Versorgungsausgleich zu berücksichtigende Zuschlag an Entgeltpunkten darf zusammen mit den in der Ehezeit bereits vorhandenen Entgeltpunkten diesen Wert nicht übersteigen (§ 76 Abs. 2 S. 3 SGB VI); multipliziert mit dem aktuellen Rentenwert ergibt er den in Geld ausgedrückten Höchstbetrag (im Sinne des § 1587b Abs. 5 BGB). Sinn dieser Regelung ist es sicherzustellen, dass der ausgleichsberechtigte Ehegatte aus Gründen der Gleichbehandlung innerhalb der Versichertengemeinschaft durch den Versorgungsausgleich keine höheren Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung erlangen kann als diejenigen, die er hätte erwerben können, wenn er während der gesamten Ehezeit zu Höchstbeiträgen selbst versichert gewesen wäre (BGH, a.a.O.; Dörr, in: MünchKomm, 4. Aufl., § 1587b Rdnr. 61; Johannsen/Henrich/Hahne, a.a.O.).

Der im vorliegenden Fall maßgebende Höchstbetrag der zugunsten des Antragsgegners zu begründenden Anwartschaften ist in der Beschwerde zutreffend mit 111,83 € errechnet. Die Ehezeit (01.06.1985 bis 30.06.2000) betrug insgesamt 181 Monate, sodass die auf die Ehezeit bezogene Gesamtversorgung nach Durchführung des Versorgungsausgleichs 30,1667 Entgeltpunkte nicht überschreiten darf (181 : 6). Da der Antragsgegner nach der Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 26.04.2005 (Bl. 61 R GA) bereits selbst 13,8049 Entgeltpunkte in der Rentenversicherung (West) und 11,8326 Entgeltpunkte in der Rentenversicherung (Ost) erworben hat, verbleiben für den gesetzlichen Versorgungsausgleich nur noch 4,5292 Entgeltpunkte. Multipliziert mit dem allgemeinen Rentenwert zum Ende der Ehezeit von 48,29 DM errechnet sich hieraus ein Höchstbetrag von 218,72 DM; das sind 111,83 €. Der restliche Ausgleich bleibt dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten (§ 1587f Nr. 2 BGB).

Die Anordnung der Umrechnung in Entgeltpunkte folgt aus § 1587 b Abs. 6 BGB. Hierbei ist für die vom Familiengericht angeordnete Umrechnung des aktuellen Rentenwertes mit einem Angleichungsfaktor kein Raum. Eine solche Umrechnung findet nach § 3 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 VAÜG nur statt, wenn der Ehegatte mit den werthöheren auszugleichenden Anrechten werthöhere angleichungsdynamische Anrechte als der andere Ehegatte hat und deshalb eine Umrechnung der zu übertragenden oder zu begründenden Rentenanwartschaften in Entgeltpunkte (Ost) zu erfolgen hat. Das ist hier jedoch nicht der Fall, weil die ausgleichspflichtige Antragstellerin nur über eine regeldynamische Anwartschaft verfügt.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 21 GKG, 93 a ZPO, 49 GKG.

Ende der Entscheidung

Zurück