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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 29.01.2007
Aktenzeichen: 7 WF 93/07
Rechtsgebiete: RVG, ZPO


Vorschriften:

RVG § 18
ZPO § 620
ZPO § 620b Abs. 1
ZPO § 620b Abs. 2
ZPO § 644
Nach § 18 RVG ist für einen nach Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellten Antrag nach § 620b I oder II ZPO ein eigener Wert festzusetzen; dieser ist dem ursprünglichen Wert des Verfahrens hinzuzuaddieren. Das gilt auch für Anordnungen, die auf Zahlung von Unterhalt gerichtet sind, und zwar sowohl nach § 620 ZPO als auch nach § 644 ZPO.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ BESCHLUSS

Geschäftsnummer: 7 WF 93/07

in der Familiensache

wegen Kindesunterhalts

hier: Streitwert des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Der 7. Zivilsenat -4. Senat für Familiensachen- des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Wolff, die Richterin am Oberlandesgericht Darscheid und den Richter am Oberlandesgericht Eck

am 29. Januar 2007

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Klägerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Simmern vom 29.08.2006 teilweise dahingehend abgeändert, dass der Gegenstandswert für das Verfahren der einstweiligen Anordnung auf 5.388,00 € festgesetzt wird. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die nach § 33 Abs. 3 RVG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat in der Sache nur teilweise Erfolg. Der Wert für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist abweichend von der Bewertung des Familiengerichts auf 5.388,00 € festzusetzen.

Gemäß § 53 Abs. 2 GKG wird in einem Verfahren nach § 620 S. 1 Nr. 4 und 6, § 644 ZPO auf Erlass einer die Unterhaltspflicht regelnden einstweiligen Anordnung der Wert nach dem sechsmonatigen Bezug berechnet. Das war hier zunächst der vom Familiengericht auf der Grundlage des Beschlusses vom 05.04.2006 errechnete Betrag von 1.542,00 € (<69,00 € + 2 x 66,00 € + 56,00 €> x 6). Zutreffend rügt die Beschwerde jedoch, dass dieser Wert um den Gegenstandswert des Antrags vom 22.06.2006 zu erhöhen ist. Nach § 18 Nr. 1 des seit dem 01.07.2004 in Kraft befindlichen Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes gelten mehrere Verfahren der in lit. a) bis f) aufgeführten einstweiligen Anordnungen, die unter demselben Buchstaben genannt sind, gebührenrechtlich als eine Angelegenheit. Jedoch sind die Gegenstandswerte der mehreren Verfahren zusammenzurechnen, auch wenn diese den gleichen Gegenstand betreffen. Bei dem Antrag auf Abänderung der einstweiligen Anordnung handelt es sich um ein weiteres Verfahren in diesem Sinne. Das folgt aus der ausdrücklichen Erwähnung des § 620b Abs. 1, 2 ZPO in dem die einstweiligen Anordnungen nach § 620 ff ZPO betreffenden § 18 Nr. 1 b) RVG. Im vorliegenden Fall beruht die einstweilige Anordnung auf § 644 ZPO. Zwar ist in dem diese Anordnung betreffenden Buchstaben f) des § 18 RVG die Vorschrift des § 620b ZPO - anders als in lit. b) - nicht ausdrücklich aufgeführt. Jedoch verweist § 18 Nr. 1 lit. f) RVO auf § 644 ZPO, der seinerseits wiederum die §§ 620a bis g ZPO und damit auch die auf Aufhebung oder Änderung einer ergangenen Anordnung gerichtete Vorschrift des § 620b ZPO für entsprechend anwendbar erklärt. Hieraus folgt, dass auch bei einer einstweiligen Anordnung nach § 644 ZPO ein Antrag nach § 620b ZPO eine Streitwerterhöhung auslöst, zumal Gründe für eine wertmäßige Differenzierung zwischen einem Verfahren nach § 644 ZPO und nach § 620 ZPO nicht erkennbar sind.

Nach bisherigem Recht (§ 41 BRAGO) erhielt der Rechtsanwalt für mehrere, den gleichen Gegenstand betreffende Verfahren der einstweiligen Anordnung die Gebühren ebenfalls nur einmal, allerdings nur aus einem, nämlich dem höchsten Streitwert. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs zum Kostenrechtsmodernisierungsgesetz (BT-Drs. 15/1971 S. 192) trug dies dem zusätzlichen Aufwand des Rechtsanwalts für die weiteren Verfahren nicht ausreichend Rechnung. Deshalb werden nunmehr als Ausgleich dafür, dass die mehreren Verfahren gebührenrechtlich als eine Angelegenheit gelten, die Streitwerte zusammengerechnet. Das gilt nicht nur bei Beantragung mehrerer, in einer Ziffer des § 18 RVG aufgeführter einstweiliger Anordnungen, sondern auch bei Wiederholung eines Antrags oder für den Antrag auf Abänderung einer erlassenen Anordnung (so auch Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl., § 18, Rdn. 16 und 17; OLG München, NJW-RR 2006, 357 zu mehreren, die elterliche Sorge betreffenden Anordnungen). Soweit demgegenüber Wolf in Schneider/Wolf, RVG, 3. Aufl. (dort § 18, Rdn. 33 und 34) die Auffassung vertritt, der Streitwert erhöhe sich nicht, wenn das Gericht nach § 620b Abs. 1 oder 2 ZPO eine Anordnung aufhebe oder ändere, beruht dies ausweislich der zum Nachweis zitierten Entscheidungen auf der alten Gesetzeslage nach § 41 BRAGO und missachtet die ausdrückliche gesetzliche Anordnung in § 18 RVG zur Zusammenrechnung der Gegenstandswerte.

Zwar liegt in einer solchen Erhöhung des Streitwertes im Falle einer auf Zahlung von Unterhalt gerichteten Anordnung ein Widerspruch zu dem in §§ 42, 53 Abs. 2 GKG zum Ausdruck gebrachten Anliegen des Gesetzgebers, den Wert von Unterhaltsverfahren aus sozialen Zwecken möglichst niedrig zu halten (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 36. Aufl., § 42 GKG, Rdn. 2). Jedoch lässt die Fassung des § 18 RVG und die aus den Materialien ersichtliche Begründung zu dieser Gesetzesänderung keinen Raum, Unterhaltsverfahren nach dieser Vorschrift anders als sonstige einstweilige Anordnungen zu behandeln.

Abweichend vom Begehren des Beschwerdeführers ist der Wert jedoch nicht um (829,00 € x 6 =) 4.974,00 € zu erhöhen sondern lediglich um (641,00 € x 6 =) 3.846,00 €. Der Wert des neuen Antrags besteht nämlich nur in der Differenz zwischen dem bisher für die Kinder festgesetzten Unterhalt (insgesamt 188,00 €) und den mit dem Antrag vom 22.06.2006 begehrten höheren Beträgen von insgesamt 829,00 €; diese Differenz beläuft sich auf 641,00 €.

Hiernach ist der Wert für das Verfahren der einstweiligen Anordnung auf insgesamt 5.388,00 € (1.542,00 € + 3.846,00 €) festzusetzen.

Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 33 Abs. 9 RVG).

Ende der Entscheidung

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