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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 21.04.2006
Aktenzeichen: 8 U 1425/05
Rechtsgebiete: ZVG, BGB


Vorschriften:

ZVG § 57 c Abs. 1
BGB § 1004 Abs. 1 S. 1
BGB § 1004 Abs. 1 S. 2
1. Es besteht kein Feststellungsinteresse des Grundpfandgläubigers gegen die vom Mieter geltend gemachte Kündigungsbeschränkung im anhängigen Zwangsversteigerungsverfahren.

2. Wenn der Mieter im Zwangsversteigerungsverfahren unberechtigterweise Beiträge i.S.v. § 57 c Abs. 1 ZVG anmeldet, kann der Gläubiger in entsprechender Anwendung von § 1004 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB die Rücknahme dieser Anmeldung und die Unterlassung einer erneuten Anmeldung verlangen.


OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 8 U 1425/05

Verkündet am 21.4.2006

in dem Rechtsstreit

Der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Hölzer sowie die Richterinnen am Oberlandesgericht Speich und Becht auf die mündliche Verhandlung vom 31. März 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 31. August 2005 abgeändert.

Die Feststellungsklage wird als unzulässig abgewiesen.

2. Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird der Beklagte verurteilt, seine Anmeldungen nach §§ 57 c, 57 d ZVG in dem Zwangsversteigerungsverfahren 12 K 33/98 AG Wittlich zu widerrufen und es zu unterlassen, diese Mieterrechte erneut anzumelden.

Dem Beklagten wird für jeden Fall des Zuwiderhandelns gegen seine Unterlassungspflicht ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.

3. Die Klägerin hat die Kosten des ersten Rechtszugs zu tragen.

Von den Kosten des 2. Rechtszuges haben der Beklagte 55% und die Klägerin 45 % zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des gegen sie zu vollstreckenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenseite zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin, eine durch Grundschuld gesicherte Gläubigerin, betreibt die Zwangsversteigerung des streitgegenständlichen Grundstücks, das im Alleineigentum der - nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz - verstorbenen Mutter des Beklagten stand. Im Rahmen des Versteigerungsverfahrens (12 K 33/98 AG Wittlich) hat der Beklagte Mietkostenvorauszahlungen in Höhe von 1,3 Millionen DM im Sinne des § 57 c ZVG behauptet, die er mit einem Betrag in Höhe von 1.000 DM monatlich abwohne, und sich auf einen Mietvertrag mit seiner Mutter vom 27. Januar 1986 berufen.

Das Amtsgericht Wittlich hat das Versteigerungsverfahren mit Beschluss vom 30. April 2004 im Hinblick auf den vorliegenden Rechtsstreit einstweilen eingestellt (GA Bl. 46).

Die Klägerin hat vorgetragen,

die ihr mit der Grundschuld gestellte Sicherheit werde durch das Verhalten des Beklagten, der sich zu Unrecht auf die Schutzvorschrift des § 57 c ZVG berufe, wertlos.

Sie hat beantragt,

1. festzustellen, dass der am 27. 1. 1986 zwischen dem Beklagten und dessen Mutter, Frau M... G..., F... , ..... O...-M... geschlossene Mietvertrag hinsichtlich des Gebäudes, F... , in ..... O...-M... unwirksam sei;

2. hilfsweise festzustellen, dass die im Mietvertrag vom 27. 1.1986 zwischen dem Beklagten und dessen Mutter, Frau M... G..., F... , ..... O...-M... getroffene "Mietvorauszahlungsvereinbarung/ Baukostenzuschussabrede" unwirksam sei;

3. äußerst hilfsweise festzustellen, dass das Sonderkündigungsrecht nach § 57 a ZVG durch das behauptete Mietverhältnis des Beklagten nicht beschränkt werde (GA Bl. 130/131).

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Das Landgericht hat den Beklagten persönlich angehört (Sitzungsniederschrift vom 20. Juli 2005, GA Bl. 112-114) und die Vollstreckungsakte beigezogen (GA Bl. 156).

Mit Urteil vom 31. August 2005, auf das zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstands Bezug genommen wird, hat das Landgericht festgestellt, dass das Sonderkündigungsrecht des Erstehers nach § 57 a ZVG als Versteigerungsbedingung in dem Zwangsvollstreckungsverfahren 12 K 33/98 AG Wittlich durch Rechte des Beklagten als Mieter nicht beschränkt werde, und die Klage im Übrigen abgewiesen (GA Bl. 150-159).

Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung, mit der er die Klageabweisung erstrebt (GA Bl. 167). Er rügt die Verletzung formellen Rechts; das Landgericht sei über den Antrag hinausgegangen und habe die Hinweispflicht verletzt. Er hält die Klage für unzulässig, verweist auf § 89 InsO und trägt vor, er sei Alleinerbe seiner Mutter.

Wegen des Berufungsvorbringens im Einzelnen wird auf die Berufungsbegründung vom 21. November 2005 (GA Bl. 167-173) sowie den Schriftsatz vom 24.Januar 2006 (GA Bl. 194-195) verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Mit ihrer Anschlussberufung beantragt sie,

1. (entsprechend dem Feststellungsausspruch zu Ziffer 1. des angefochtenen Urteils) festzustellen, dass das Sonderkündigungsrecht des Erstehers nach § 57 a ZVG als Versteigerungsbedingung in dem Zwangsvollstreckungsverfahren 12 K 33/98 Amtsgericht Wittlich durch Rechte des Beklagten als Mieter nicht beschränkt werde,

2. den Beklagten zu verurteilen, seine Anmeldungen nach §§ 57 c, 57 d ZVG in dem anhängigen vorgenannten Zwangsversteigerungsverfahren zu widerrufen und es zu unterlassen, diese Mieterrechte erneut anzumelden, sowie dem Beklagten für jeden Fall des Zuwiderhandelns gegen seine Unterlassungspflicht ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden könne, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten anzudrohen,

3. hilfsweise festzustellen, dass das Sonderkündigungsrecht nach § 57 a ZVG durch das behauptete Mietverhältnis des Beklagten nicht beschränkt werde; den Antrag zu 1. stellt sie nur vorsorglich für den Fall, dass ein Verstoß des Landgerichts gegen § 308 ZPO bejaht werde (GA Bl. 178).

Wegen des Vorbringens der Klägerin im Einzelnen wird auf die Berufungserwiderung sowie die Anschlussberufungsbegründung vom 22. Dezember 2005 (GA Bl. 176-188) verwiesen.

Der Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen (GA Bl. 198).

Auf seinen Schriftsatz vom 24. Januar 2006 (GA Bl. 194-195) wird auch insoweit Bezug genommen.

II.

A) Die Berufung des Beklagten ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

1. Die Rüge von Verfahrensfehlern greift nicht durch.

a) Mit dem Tenor Ziffer 1. hat das Landgericht lediglich das Rechtschutzbegehren der Klägerin sachgerecht ausgelegt und entsprechend sprachlich gefasst.

Selbst wenn darin aber ein Verstoß gegen § 308 ZPO gesehen werden könnte, wäre dieser - nach höchstrichterlicher Rechtsprechung - nachträglich dadurch geheilt, dass die Klägerin Zurückweisung der Berufung beantragt hat und dadurch in zulässiger Weise ihr Begehren erweitert hätte (BGH v. 7. Mai 1991 - IX ZR 188/90, NJW-RR 91, 1127 m.w.N.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 308 Rdnr. 7 m.w.N.).

b) Das Landgericht hat nicht gegen die ihm gemäß § 139 Abs. 2 ZPO obliegende Hinweispflicht verstoßen, in dem es in der Geltendmachung des § 57 c ZVG einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB angenommen hat. Der Beklagte hat im Übrigen auch nicht dargelegt, welchen neuen Sachvortrag er im Falle eines solchen Hinweises vorgebracht hätte.

2. Die Feststellungsklage ist jedoch unzulässig.

Für die Feststellungsklage gelten gemäß § 256 Abs. 1 ZPO besondere Sachurteilsvoraussetzungen. Streitgegenstand der Feststellungsklage kann nur der Streit über ein Rechtsverhältnis oder die Tatfrage der Echtheit einer Urkunde sein (Zöller/Greger, aaO, § 256 Rdnr. 2 a).

Rechtsverhältnis ist die rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu einer anderen Person oder Sache. Das Rechtsverhältnis muss grundsätzlich ein gegenwärtiges sein und grundsätzlich zwischen den Parteien bestehen (Zöller/Greger, aaO, § 256 Rdnr. 3a, 3b).

Ein die Feststellungsklage rechtfertigendes Rechtsverhältnis besteht hier zwischen den Parteien jedoch nicht. Die mögliche Beschränkung des Sonderkündigungsrechts für den - zukünftigen und gegenwärtig nicht feststehenden - Ersteher nach § 57 c ZVG ist für die Zwangsversteigerung des streitgegenständlichen Grundstückes derzeit rechtlich nicht von Bedeutung. Dies wird insbesondere daraus ersichtlich, dass die Erklärungen des Beklagten als - behaupteter - Mieter über von ihm geleistete Beiträge gemäß § 57 d Abs. 2 ZVG im Zwangsversteigerungstermin von dem Vollstreckungsgericht lediglich - in materiell-rechtlicher Hinsicht ungeprüft - bekannt zu geben sind.

Die Klägerin kann auch kein rechtliches Interesse an der Klärung eines fremden Rechtsverhältnisses - und zwar zwischen dem zukünftigen Ersteher und dem Beklagten als Mieter - im Wege der Feststellungsklage geltend machen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann zwar auch ein Drittrechtsverhältnis Gegenstand einer Feststellungsklage sein (BGH v. 19. Januar 2000 - IV ZR 57/99, VersR 00, 866 m.w.N.). Für die Zulässigkeit eines solchen Feststellungsbegehrens ist jedoch grundsätzlich vorauszusetzen, dass die Drittrechtsbeziehung auf die rechtliche Situation des Klagenden unmittelbaren Einfluss hat und dieser ein rechtliches Interesse an alsbaldiger Klärung dieser Frage hat. Ein lediglich wirtschaftliches Interesse reicht im Allgemeinen aber nicht aus (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 61. Aufl., § 256 Rdnr. 27; OLG Düsseldorf v. 24. November 1998 - 4 U 106/97, NVersZ 2000, 347).

Wie sich aus der Sitzungsniederschrift des Landgerichts vom 20. Juli 2005 ergibt (GA Bl. 113), zielt das Interesse der Klägerin vorliegend auf eine bessere Verwertung des der Zwangsversteigerung unterliegenden Grundstücks und damit ausschließlich auf ein wirtschaftliches Interesse.

Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass zwischen den Dritten - Ersteher und (behaupteter) Mieter - gegenwärtig noch kein Rechtsverhältnis besteht. Der zukünftige Ersteher ist noch nicht bekannt und es steht ferner noch nicht fest, ob er das ihm zustehende Sonderkündigungsrecht überhaupt ausnutzen wird. Daher ist eine Klage auf Feststellung von Rechtsfolgen aus einem künftig - möglicherweise - entstehenden Rechtsverhältnis unzulässig (BGH v. 13. März 01 - VI ZR 290/00, MDR 01, 829; Zöller/Greger, aaO, § 256 Rdnr. 3 a; OLG Dresden v. 12. Dezember 02 - 19 U 1678/02, Rpfleger 03, 311 = NJOZ 03, 798).

Die Berufung des Beklagten ist somit begründet und führt zur Abweisung der Feststellungsklage als unzulässig.

B) a) Die Anschlussberufung der Klägerin ist zulässig.

1. Der Antrag zu 1) war in zulässiger Weise von einer innerprozessualen Bedingung abhängig gemacht worden, die - wie sich aus den Ausführungen zu II. A) 1. a) ergibt - hier nicht eingreift, so dass über den Antrag insoweit nicht zu befinden war (vgl. dazu Zöller/Greger, aaO, § 253 Rdnr. 1).

2. Der Antrag zu 2) stellt eine - im Rahmen der Anschlussberufung zulässige - Klageänderung dar (vgl. BGHZ 4, 229 (233); Zöller/Gummer/Heßler, aaO, § 524 Rdnr. 31 u. 33).

Die Klageänderung genügt auch den Erfordernissen des § 533 ZPO. Der Senat hält sie für sachdienlich und sie kann auf Tatsachen gestützt werden, die der Senat ohnehin gemäß § 529 ZPO seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat.

3. Soweit der Beklagte geltend macht, inzwischen Alleinerbe seiner Mutter und damit Eigentümer des Grundstücks zu sein, führt dieser Umstand nicht zur Unzulässigkeit der Klage.

Die Frage, ob der Beklagte tatsächlich Erbe geworden ist, ist bisher nicht geklärt. Nach einem in Kopie bei den Akten befindlichen Testament der Mutter des Beklagten (GA Bl. 33) hat diese ihren Enkel zum Alleinerben eingesetzt; der Beklagte bestreitet die Wirksamkeit des Testaments, auf das er sich jedoch selbst zur Begründung seines behaupteten Wohnrechts beruft, und trägt vor, sein Sohn habe die Erbschaft ausgeschlagen - was indes wegen dessen Minderjährigkeit (s. GA Bl. 33) der Genehmigung gemäß §§ 1643 Abs. 2, 1822 Abs. 2 BGB bedürfte -. Letztlich bedarf dies hier keiner abschließenden Klärung.

Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Leistungsklage wie hier fehlt nur bei objektiv sinnlosen Klagen, d.h. wenn der Kläger kein schutzwürdiges Interesse an dem begehrten Urteil haben kann (Zöller/Greger, aaO, vor § 253 Rdnr. 18). Dies ist nur bei ganz besonderen Umständen der Fall, denn grundsätzlich hat jeder Rechtssuchende einen öffentlich-rechtlichen Anspruch darauf, dass Gerichte sein Anliegen sachlich prüfen und bescheiden. Unstreitig wird das Vollstreckungsverfahren "gegen die Erben" geführt (GA Bl. 196) und ruht derzeit. Der Beklagte hat in diesem Versteigerungsverfahren bisher keinerlei Erklärung zur Erbenstellung oder seinem weiteren Verhalten abgegeben. Bei dieser (ungeklärten) Sachlage besteht also nach wie vor ein Rechtschutzbedürfnis der Klägerin für die geltend gemachte Widerrufs- und Unterlassungsklage.

b) Die Anschlussberufung ist auch begründet.

a) Unerheblich ist, ob über das Vermögen der -inzwischen verstorbenen- Grundstückseigentümerin bereits vor Klageerhebung das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Das Verbot der Einzelzwangsvollstreckung gemäß § 89 InsO greift hier nicht ein. Gemäß § 49 InsO haben Grundschuldgläubiger, die nach Maßgabe des Zwangsversteigerungsrechts vollstrecken, einen Anspruch auf abgesonderte Befriedigung.

b) Die Klägerin kann verlangen, dass der Beklagte seine Anmeldungen nach § 57 c ZVG widerruft und es bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes unterlässt, solche Mieterrechte erneut anzumelden (vgl. BGH v. 13. Juni 02 - IX ZR 26/01, NJW-RR 02, 1304). Der Klägerin steht ein quasi negatorischer Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch gegen den Beklagten analog § 1004 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB zu. Die Grundschuld der Klägerin ist ein beschränktes Sachenrecht, auf das § 1004 BGB entsprechende Anwendung findet (OLG Dresden: v. 28. Februar 03 - 14 U 1399/02, ZMR 03, 670; v. 12. Dezember 02 - 19 U 1678/02, aaO; OLG Düsseldorf v. 18. April 1997 - 22 U 238/96, WM 1997, 1593).

Der Beklagte ist Störer. Er beeinträchtigt das Recht der Klägerin dadurch, dass er im Rahmen des Zwangsversteigerungsverfahrens - unberechtigt - Aufwendungen nach § 57 c ZVG angemeldet hat.

Der Schutz des Mieters durch § 57 c ZVG beruht letztlich auf dem Grundsatz von Treu und Glauben. Die Sonderstellung des Mieters gegenüber dem Grundpfandgläubiger nach dieser Vorschrift ist dadurch zu rechtfertigen, dass durch die tatsächlichen Leistungen des Mieters ein Sachwert geschaffen worden ist, der dem Ersteher später in der Form höherer Mieteinnahmen zugute kommt. Wirtschaftlich betrachtet beruht die Wertsteigerung des Grundstücks in den Fällen des § 57 c ZVG auf Leistungen des Mieters, die an sich vom früheren Eigentümer und Vollstreckungsschuldner hätten aufgebracht werden müssen (BGH: v. 30. März 1989 - IX ZR 276/88, WM 1989,866; v. 13. Juni 2002 - IX ZR 26/01, aaO). Demzufolge setzt die Bestimmung unter anderem voraus, dass der Mieter vor Durchführung der Instandsetzung tatsächlich Beiträge zur Schaffung oder Instandsetzung des Mietobjekts erbracht hat, und zwar -bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise- aus seinem eigenen Vermögen. Dafür ist im Zivilprozess der Mieter beweispflichtig, weil er aus diesen Tatsachen ihm günstige Rechtsfolgen herleiten will (BGH aaO). Im Rahmen des § 1004 BGB obliegt dem Störer die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchshindernde Duldungspflicht gemäß § 1004 Abs. 2 BGB (Bamberger/Roth, BGB, § 1004 Rdnr. 122 m.w.N.); im vorliegenden Fall obliegt folglich dem Beklagten die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des § 57 c ZVG (Stöber, ZVG 17. Aufl., § 57 d Rdnr. 4).

Die Voraussetzungen des § 57 c ZVG hat der Beklagte vorliegend jedoch nicht dargetan.

Ob er Aufwendungen in der von ihm geltend gemachten Höhe zur Errichtung des Wohnhauses aus seinem Vermögen erbracht hat, kann dahinstehen. Voraussetzung des § 57 c ZVG ist nämlich weiter, dass die (hier streitigen) Aufwendungen auf einer vorherigen Vereinbarung zwischen Vermieter und Mieter beruhen; der Schutz des § 57 c Abs. 1 ZVG - Ziffer 1 und Ziffer 2 - greift nur dann ein, wenn der Beitrag des Mieters auf einer Vereinbarung zwischen Vermieter/Eigentümer und Mieter beruht (BGH v. 30. November 1966 - VIII ZR 145/65, MDR 67, 297 = NJW 67, 555). Dabei macht es keinen Unterschied, ob im Zeitpunkt der Vereinbarung der Mietvertrag schon geschlossen oder der Abschluss erst beabsichtigt war. Ausreichend ist, dass die Vereinbarung mit Rücksicht auf den Abschluss eines Mietvertrages getroffen worden ist und die Vertragsparteien bei Abschluss des (eigentlichen) Mietvertrages davon ausgehen, dass die vorhergehende Vereinbarung Teil des Mietvertrages werden soll. Der Erwerber muss eine Leistung nach § 57 c ZVG nur dann gegen sich gelten lassen, wenn der Rechtsgrund der Leistungen ein bereits vorhandener oder künftiger Abschluss eines Mietvertrages ist. Es muss sich also um eine Leistung handeln, die der Zuwendende in seiner Eigenschaft als gegenwärtiger oder zukünftiger Mieter zu Aufbau oder Ausbau der Mietsache macht (BGH aaO; OLG Dresden v. 28. Februar 2003 - 14 U 1399/02, aaO; OLG Hamm v. 3. Dezember 1986 - 30 U 81/86, MDR 87, 1033).

Eine solche Vereinbarung hat der Beklagte hier nicht dargetan.

In seinem Schreiben vom 24. Januar 2000 (GA Bl. 34) hat er die "Baufertigstellung im Jahre 1985" angegeben. Des Weiteren hat er in erster Instanz dargelegt, das Wohnhaus sei in den Jahren 1982 bis 1985 errichtet worden (Schriftsatz vom 8. April 2005, S. 2 = GA Bl. 92). Im Rahmen seiner persönlichen Anhörung vor dem Landgericht am 2. März 2005 hat der Beklagte selbst vorgebracht, der Neubau sei in den Jahren 1982 bis 1985 errichtet worden; nach Einzug sei dann der Mietvertrag vom 27. Januar 1986 auf Anraten seiner Ehefrau, einer Juristin, zur Klarstellung der Rechtsbeziehungen hinsichtlich des Wohnhauses abgeschlossen worden. Zwar hat der Beklagte in erster Instanz weiter vorgetragen, mündlich sei schon vorher ein Mietvertrag abgeschlossen worden (GA Bl. 55). Dieses Vorbringen ist jedoch unsubstantiiert und damit einer Beweisaufnahme nicht zugänglich. In dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht auf die Unsubstantiiertheit des Vorbringens hingewiesen (UA S. 10 = GA Bl. 135). In der Berufungsbegründung hat der Beklagte dieserhalb jedoch sein Vorbringen nicht konkretisiert.

Aufgrund des eigenen Vorbringens des Beklagten geht der Senat in Übereinstimmung mit dem Landgericht davon aus, dass der Beklagte die (streitigen) Aufwendungen nicht in seiner Eigenschaft als Mieter oder Pächter, sondern aufgrund anderer Rechtsbeziehungen aufgebracht hat. In einem solchen Fall ist seine Bevorzugung vor anderen Gläubigern nach § 57 c ZVG nicht gerechtfertigt.

Soweit der Beklagte in zweiter Instanz geltend macht, das Haus sei in den Jahren 1980 bis 1989 errichtet und bei Einzug noch nicht fertig gestellt gewesen (GA Bl. 168), handelt es sich um neues Vorbringen, das gemäß § 531 Abs. 1 ZPO keine Berücksichtigung finden kann. Nach seinen eigenen erstinstanzlichen Angaben war der Bau 1985 fertig gestellt; lediglich der Innenausbau soll bis 1989 erfolgt sein (GA Bl. 99).

Die somit unberechtigte Anmeldung von Mietvorauszahlungen gemäß § 57 c ZVG des Beklagten führt dazu, dass der gesetzliche Zweck der Zwangsversteigerung vereitelt oder doch zumindest ernstlich in Frage gestellt wird. Das Zwangsversteigerungsverfahren hat den gesetzlichen Zweck, durch Erzielen eines möglichst hohen, dem Grundstückswert entsprechenden Gebots bei freier Konkurrenz der Bieter weitgehende Deckung der Grundstückslasten zu erreichen. Dieser Zweck kann vereitelt werden, wenn jemand Beiträge im Sinne des § 57 c Abs. 1 ZVG zum Zwangsversteigerungsverfahren anmeldet, die in Wirklichkeit nicht, jedenfalls nicht als solche geleistet worden sind. Da die Erklärungen eines - behaupteten - Mieters über von ihm geleistete Beiträge gemäß § 57 d Abs. 2 ZVG im Zwangsversteigerungstermin vom Vollstreckungsgericht lediglich (ungeprüft) bekannt zu geben sind, müssen potentielle Bieter regelmäßig befürchten, dass sie im Falle der Zuschlagserteilung das Kündigungsrecht nach § 57 a ZVG gegenüber dem betreffenden Mieter gemäß § 57 c Abs. 1 ZVG nicht oder jedenfalls zeitweilig bis zur Tilgung der angemeldeten Beiträge nicht ausüben können. Es liegt auf der Hand, dass in einem solchen Fall Bieterinteressenten gar kein Gebot oder jedenfalls nur Gebote abgeben, die dem wirklichen Grundstückswert nicht entsprechen und eine ohne die Anmeldung des Mieters zu erwartende weitgehende Deckung der Grundstückslasten ausschließen.

Die Klägerin kann deshalb in entsprechender Anwendung des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB von dem Beklagten als Störer die Beseitigung der fortdauernden Beeinträchtigung ihrer Grundschuld verlangen. Der Beseitigungsanspruch richtet sich auf die Rücknahme der Anmeldung von Rechten gemäß § 57 c Abs. 1 ZVG; nur die Rücknahme dieser Anmeldung gewährleistet die Beseitigung der Störung, so dass ausnahmsweise die Verurteilung zur Vornahme einer bestimmten Handlung zulässig ist (BGH v. 12. Dezember 2003 - V ZR 98/03, NJW 2004, 1035; Palandt/Bassenge, BGB, 65. Aufl., § 1004 Rdnr. 51).

Daneben kann die Klägerin von dem Beklagten in ebenfalls entsprechender Anwendung des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB auch verlangen, dass er nach Rücknahme seiner Anmeldung der unbegründeten Ansprüche als Beiträge im Sinne des § 57 c ZVG im Zwangsversteigerungsverfahren unterlässt.

Auch insoweit ist unbeachtlich, ob der Beklagte als Erbe in die Vermieterstellung des - streitigen - Mietverhältnisses eingetreten ist. Schuldrechtliche Beziehungen zwischen Erblasser und Alleinerben erlöschen mit dem Erbfall durch Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit (Konfusion; vgl. Müller-Christmann in Bamberger/Roth, BGB, Aktualisierung Januar 2005, § 1922 Rdnr. 20). Selbst wenn ein Mietvertrag zwischen dem Beklagten und seiner Mutter bestanden haben sollte, wäre er folglich erloschen, so dass dem Beklagten Einwendungen gemäß § 57 c ZVG im Zwangsversteigerungsverfahren nicht mehr zustehen würden.

Nach alledem hat die Anschlussberufung der Klägerin Erfolg.

C) Auf den Antrag der Klägerin werden dem Beklagten für den Fall der Zuwiderhandlung gegen seine Unterlassungspflicht Ordnungsmittel gemäß § 890 Abs. 1 ZPO angedroht.

D) Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 2 ZPO.

Der Erfolg der Klägerin beruht darauf, dass sie erst in zweiter Instanz einen Leistungsantrag gestellt hat, während die in erster Instanz erhobene Feststellungsklage unzulässig war.

Folglich hat die Klägerin die Kosten erster Instanz zu tragen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens waren entsprechend dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens zu quoteln.

Der Senat setzt den Streitwert des Berufungsverfahrens auf 440.000 € fest.

Dieser Streitwert setzt sich wie folgt zusammen:

- für die Feststellungsklage (Gegenstand der Berufung) und die Widerrufsklage (Anschlussberufung) auf 400.000 €

- für die Unterlassungsklage auf 40.000 €.

Bezüglich der Feststellungs- und Widerrufsklage gilt gemäß § 5 ZPO wegen wirtschaftlicher Identität der Rechtsschutzziels das Additionsverbot; die Anschlussberufung der Klägerin führt insoweit somit nicht zu einer Werterhöhung. Zugrunde liegt nämlich das Begehren einer einheitlichen "Leistung" (vgl. Zöller/Herget, aaO, § 5 Rdnr. 8 m.w.N.).

Der mit der Anschlussberufung weiterhin geltend gemachte Unterlassungsantrag führt gemäß § 5 ZPO zu einer Streitwerterhöhung (Zöller, aaO, § 3 Rdnr. 16 "Widerruf"); der Senat schätzt das Interesse der Klägerin insoweit auf 10 % des der Widerrufsklage zugrunde liegenden Interesses.

Unter Zugrundelegung des Streitwerts in Höhe von 440.000 € für die zweite Instanz führt die Kostenquotelung gemäß § 97 Abs. 2 ZPO dazu, dass die Klägerin 45 % der Kosten zweiter Instanz und der Beklagte 55 % der Kosten zweiter Instanz zu tragen hat.

D) Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

E) Die Revision gegen dieses Urteil war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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