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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 21.07.2000
Aktenzeichen: 8 U 1591/99
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 275
BGB § 324 Abs. 1
BGB §§ 323 f.
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 256
ZPO § 543 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 8 U 1591/99 11 O 217/99 LG Trier

Verkündet am 21. Juli 2000

Hölzmer, Justizsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Hölzer, den Richter am Oberlandesgericht Grüning und die Richterin am Oberlandesgericht Krumscheid auf die mündliche Verhandlung vom 16. Juni 2000

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 14. September 1999 - Einzelrichter - wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000 DM abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Mit der Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass die mit Schreiben vom 23. Februar 1999 ausgesprochene Kündigung des Pachtverhältnisses zwischen den Parteien gemäß Pachtvertrag vom 5. Juni 1998 über die Gaststätte "K B " in W unwirksam ist und dass das Pachtverhältnis über den 24. Februar 1999 hinaus weiter fortbesteht.

Am 5. Juni 1998 schlossen die Parteien einen Pachtvertrag über die Gaststätte, die am 21. Dezember 1998 aufgrund eines Brandereignisses beschädigt worden ist. Zu diesem Schaden ist es gekommen, als ein Mitarbeiter des Klägers versucht, eine Gasflasche an einem der beiden in der Gaststätte betriebenen Dönergrill zu wechseln.

Die Parteien streiten über den Umfang der entstandenen Brandschäden sowie darüber, ob dem Mitarbeiter des Klägers und damit auch dem Kläger eine schwerwiegende Vertragsverletzung anzulasten ist, die die Kündigung des Pachtverhältnisses rechtfertigen könnte.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung. Beide Parteien wiederholen ihren erstinstanzlichen Vortrag und ergänzen ihn. Der Kläger beantragt hilfsweise die Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet ist, mit dem Kläger ein Mietverhältnis über die Räumlichkeiten abzuschließen, die den Räumen der gepachteten Gaststätte "K B " entsprechen und zwar zu den Konditionen des Pachtvertrages vom 5. Juni 1998.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Pacht- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil sowie auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze und Urkunden verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung hat keinen Erfolg.

1. Die erhobene Feststellungsklage ist sowohl im Haupt- als auch im Hilfsantrag unzulässig, § 256 ZPO.

Prozessvoraussetzung für die Feststellungsklage ist neben den allgemeinen Sachurteilsvoraussetzungen einschließlich des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses das schutzwürdige Interesse des Klägers an der alsbaldigen Feststellung. Dieses fehlt regelmäßig, wenn eine Klage auf Leistung möglich ist, der im Interesse der endgültigen Klärung des Streitstoffes in einem Prozess der Vorrang zu geben ist. Die auf die Feststellung des Anspruchsgrundes beschränkte Feststellungsklage ist unzulässig (BGHZ 5, 314; BGH NJW 1993, 2993).

Im vorliegenden Fall ist auch die Leistungsklage zumutbar. Der Kläger ist in der Lage, seine Interessen in Form einer Leistungsklage durchzusetzen. Zum einen könnte er auf die Einräumung des Besitzes mit der Begründung klagen, dass das Pachtverhältnis weiterbesteht. Zum anderen könnte er Leistungsklage auf Schadensersatz erheben, da die Schadensentstehung, nämlich der Besitzverlust, abgeschlossen ist, und die Bemessung keine schwierigen Prognosen erfordert.

Auch den Hilfsantrag könnte der Kläger ohne weiteres in einen Leistungsantrag kleiden, in dem er beantragt, den Beklagten zu verpflichten, einen entsprechenden Mietvertrag abzuschließen.

2. Im Übrigen hat der Kläger gegen den Beklagten auch keinen Anspruch auf Feststellung, dass das Pachtverhältnis weiterbesteht. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen, denen der Senat folgt, § 543 Abs. 1 ZPO.

Auch der Vortrag des Klägers in der Berufungsinstanz führt zu keiner abweichenden rechtlichen Beurteilung.

Zwar führt die Zerstörung der Pachtsache nicht ohne weiteres zur Beendigung des Pachtvertrages. Vielmehr besteht der Pachtvertrag mit einem geänderten Inhalt fort (BGH NJW 1976, 1506 f.). Hat der Pächter den Untergang der Pachtsache, wie hier, zu vertreten, wird der Verpächter von der Pflicht zur Gebrauchsüberlassung (§§ 581 Abs. 2, 536 BGB) frei, § 275 BGB. Er behält allerdings den Anspruch auf die Gegenleistung, § 324 Abs. 1 BGB. Die §§ 581 Abs. 2, 337, 538 verdrängen insoweit die §§ 323 f. BGB nicht (BGH aaO, 1507).

Die Zerstörung der Pachtsache hatte damit das Ende der Verpflichtung des Beklagten zur Gebrauchsüberlassung zur Folge.

Ist aber der Beklagte von der Pflicht zur Gebrauchsüberlassung gemäß § 275 BGB freigeworden, so entfällt damit zugleich eine Verpflichtung zum Wiederaufbau der Räumlichkeiten.

Die Frage, ob die Pachtsache wieder herzustellen ist, stellt sich nur bei teilweiser Zerstörung des Objektes. Im vorliegenden Fall ist anhand des Sachverständigengutachtens vom 21. Dezember 1998 zweifelsfrei davon auszugehen, dass das Pachtobjekt durch den Brand zerstört wurde. So stellt der Sachverständige fest, dass durch eine Explosion mit Brandfolge im Erdgeschoss erhebliche Gebäudeschäden entstanden sind. Die Geschoßdecke Erdgeschoss/1. Obergeschoss wurde durch die Explosion mit Brandfolge so stark geschädigt, dass diese komplett zu erneuern ist einschließlich der tragenden Stützkonstruktionselemente. Darüber hinaus muss zur Durchführung dieser Erneuerung der gesamte Deckenbereich vom Erdgeschoss bis zum Dachgeschossbereich ausgebaut werden, um die Reparaturarbeiten bzw. die Anschlüsse fachgerecht ausführen zu können. Ein Abfangen in Teilbereichen hält der Sachverständige bedingt durch die Gebäudekonstruktion nicht für möglich. Auch aus der spezifizierten Schadensaufstellung im Gutachten des Sachverständigen geht eindeutig hervor, dass von einer Zerstörung des Pachtobjektes auszugehen ist. Wird aber der Beklagte aufgrund der vollständigen Zerstörung der verpachteten Räume gemäß § 275 BGB von der Pflicht zur Gebrauchsüberlassung frei, so ist er auch in der Entscheidung darüber, auf welche Weise er das Grundstück - erhalten gebliebene Bauteile - unter Einsatz der Versicherungsleistungen in Zukunft verwendet und nutzt, ungebunden (BGH aaO, 1507). Einer Anhörung des Sachverständigen bedarf es nicht, da sich die Zerstörung auch aus dem Bildband der Strafakten ergibt. Zudem hat der Kläger in erster Instanz in der Klageschrift selbst vorgetragen: "Die Decke über den Räumlichkeiten war aus Holz. Sie ist durch die Explosion entflammt und der Brand ist dann in das erste Stockwerk durchgegangen, und zwar im Bereich von Küche und Lager."

Das gilt auch für den Fall, dass der Kläger die Versicherungsprämien gezahlt hat. Mit der Zahlung der Versicherungsprämien erwirbt der Kläger nicht das Recht, dass der Beklagte das Gebäude zu seinen Gunsten und Nutzen wieder aufbauen muss, vielmehr wird er dadurch begünstigt, dass die Gebäudeversicherung dem Beklagten den Schaden ersetzt und er nur im Falle von Vorsatz und grober Fahrlässigkeit in Regress genommen werden kann.

3. Auch der Hilfsantrag des Klägers hat keinen Erfolg. Zum Abschluss eines neuen Pachtvertrages mit dem Kläger ist der Beklagte allenfalls unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben verpflichtet, sofern ihm ein solcher Vertragsschluss zumutbar ist. Die Zumutbarkeit ist bei dem Kläger einmal deshalb zu verneinen, weil in seinen Räumen der Brand ausgebrochen ist, zum anderen hat der Kläger unstreitig die eidesstattliche Versicherung abgegeben, so dass dem Beklagten auch aus diesem Grund der Abschluss eines neuen Pachtvertrages nicht zugemutet werden kann

II. Die Berufung des Klägers ist daher mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Wert der Beschwer des Klägers entspricht dem Streitwert: 62.064 DM.



Ende der Entscheidung

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