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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 28.11.2000
Aktenzeichen: 8 W 751/00
Rechtsgebiete: ZPO, RPflG, BSHG


Vorschriften:

ZPO § 567 Abs. 1
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 569
ZPO § 120 Abs. 4
ZPO § 115 Abs. 2
RPflG § 11
BSHG § 88 Abs. 2 Nr. 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ BESCHLUSS

Geschäftsnummer: 8 W 751/00 3 O 450/97 LG Bad Kreuznach

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Hölzer, den Richter am Oberlandesgericht Grüning und die Richterin am Oberlandesgericht Krumscheid

am 28. November 2000

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Klägers wird der die dem Beklagten bewilligte Prozesskostenhilfe abändernde Beschluss der Rechtspflegerin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bad Kreuznach vom 28. Juni 2000 aufgehoben.

Es verbleibt bei der bewilligten Prozesskostenhilfe.

Gründe:

Die dem Kläger bewilligte Prozesskostenhilfe hat die Rechtspflegerin des Landgerichts durch den angefochtenen Beschluss dahin abgeändert, dass dieser einmalig 11.035,40 DM zu zahlen hat, nachdem sich die Parteien in dem vorliegenden Verfahren vergleichsweise auf die Zahlung von 50.000 DM an den Kläger geeinigt haben und dieser auch den Betrag erhielt. Dagegen wendet sich der Kläger, der inzwischen seit 20. September 2000 arbeitslos ist, mit seiner Beschwerde vom 7. August 2000. Die Rechtspflegerin hat dieser nicht abgeholfen.

Die gemäß §§ 567 Abs. 1, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen, § 569 ZPO, zulässige Beschwerde - nach der Änderung des § 11 RPflG keine Erinnerung (vgl. hierzu Zöller-Philippi, ZPO, § 120 Rn. 29) - hat in der Sache Erfolg. Denn die Rechtspflegerin hat zu Unrecht gemäß § 120 Abs. 4 ZPO eine nachträglich - einmalige - Zahlung von 17.035,40 DM angeordnet.

Zwar haben sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers vorliegend wesentlich durch die aufgrund des im vorliegenden Verfahren geschlossenen Vergleiches von der Beklagten an ihn gezahlten 50.000 DM verbessert. Auch ist der von der Rechtspflegerin gewählte weg, die sofortige volle Zahlung aller bereits fälligen Kosten anzuordnen, grundsätzlich nicht zu beanstanden, weil die der Partei bewilligte Prozesskostenhilfe nach § 120 Abs. 4 ZPO wegen nachträglichen Vermögenserwerbs nicht aufgehoben werden darf (vgl. hierzu statt aller OLG Koblenz in RPfl 96, 206 = FamRZ 96, 617; Zöller-Philippi a.a.O. Rdn. 24 mit weiteren umfangreichen Nachweisen).

Gleichwohl kann dies vorliegend - ausnahmsweise - nicht zu einer Abänderung der dem Kläger bewilligten Prozesskostenhilfe führen. Denn jede Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, kann vor Einleitung des Abänderungsverfahrens über ihr zugeflossenes Vermögen frei verfügen. Sie ist nicht verpflichtet, von sich aus auf die Änderung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse hinzuweisen und braucht sich auch nicht darauf einzustellen, dass sie später eventuell zur Zahlung von Kosten herangezogen werden könnte (vgl. hierzu OLG Bamberg in JurBüro 1993, 232, in FamRZ 1995, 347). Auch ist eine Partei nach nunmehr wohl einhellig vertretener Ansicht (vgl. hierzu OLG Zweibrücken in MDR 97, 886; OLG Bamberg in FamRZ 1995, 374; OLG Koblenz in RPfl 1996, 206) nicht generell verpflichtet, erworbenes Vermögen vorrangig zur Deckung der Prozesskosten und erst nachrangig zur Tilgung bestehender Schulden einzusetzen.

Das gilt nach der Ansicht des Senates zwar nicht uneingeschränkt. In Fällen, in denen das Abänderungsverfahren zum Zeitpunkt des Vermögenserwerbs bereits eingeleitet bzw. die Änderungsentscheidung bereits ergangen ist, kann und muss sich die Partei darauf einstellen, dass die von der Staatskasse getragenen Anwalts- und Gerichtskosten aus ihrem Vermögen zu zahlen sind. Zur Tilgung anderer Verbindlichkeiten darf sie den erhaltenen Betrag dann nur noch einsetzen, wenn dafür ein unabweisbares Bedürfnis besteht (vgl. hierzu OLG Zweibrücken a.a.O.).

Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Denn das Abänderungsverfahren war zum Zeitpunkt des Vermögenserwerbs noch nicht eingeleitet, erst recht war noch keine Änderungsentscheidung ergangen. Auf eine mögliche Abänderung der Prozesskostenhilfebewilligung hat die Rechtspflegerin den Kläger erst mit Schreiben vom 8.6.2000 hingewiesen und zur Stellungnahme aufgefordert; darauf geantwortet hat der Kläger mit Schreiben vom 20.6.2000. Damit hatte der Kläger nicht bereits vor Erhalt der 50.000 DM Kenntnis von der Einleitung des Abänderungsverfahrens und brauchte sich deshalb auch nicht entsprechend einzustellen.

Darüber hinaus kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger glaubhaft vorgetragen hat, er habe die erhaltene Zahlung zumindest auch zum Bau bzw. Erwerb des mit seiner jetzigen Ehefrau bewohnten Familienheimes benutzt. Insoweit ist er nach der Überzeugung des Senates so zu behandeln, als habe er statt des Geldes von vornherein das Heim erhalten, das nach den §§ 115 Abs. 2 ZPO, 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG nicht für die Prozesskosten einzusetzen ist (vgl. hierzu Zöller-Philippi a.a.O. Rdn. 25 m.w.N.).

Nach alledem war der angefochtene Beschluss aufzuheben, so dass es bei der bewilligten Prozesskostenhilfe verbleibt.

Ende der Entscheidung

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