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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 23.01.2002
Aktenzeichen: 9 U 1616/00
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 543 Abs. 1
BGB § 812
BGB § 286
BGB § 288
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Koblenz Im Namen des Volkes Urteil

-abgekürzt gemäß § 543 Abs. 1 ZPO-

Geschäftsnummer: 9 U 1616/00

Verkündet am 23. Januar 2002

in dem Rechtsstreit

wegen ungerechtfertigter Bereicherung.

Der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Krüger, die Richterin am Oberlandesgericht Peters und den Richter am Oberlandesgericht Eck

auf die mündliche Verhandlung vom 12. Dezember 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

Das Versäumnisurteil des Senates vom 17. Oktober 2001 bleibt aufrechterhalten.

Der Beklagte hat auch die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Das Versäumnisurteil des Senates vom 17. Oktober 2001 ist aufrecht zu erhalten, weil auch die erneute mündliche Verhandlung ergeben hat, dass die in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung in der Sache nicht gerechtfertigt ist.

Das Landgericht hat der auf Zahlung von 16.000 DM nebst Verzugszinsen gerichteten Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung aus §§ 812, 286, 288 BGB stattgegeben. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug. Das Berufungsvorbringen des Beklagten rechtfertigt keine Wiederholung der von der Zivilkammer durchgeführten Beweisaufnahme; für die beantragte Parteivernehmung des Beklagten zum Zustandekommen der behaupteten Abtretungsvereinbarung ist kein Raum, weil nach der zutreffenden Beweiswürdigung des Landgerichts die Aussagen der Zeugen R..... und Gr.... den Abschluss einer solchen Vereinbarung nicht wahrscheinlich erscheinen lassen (§ 448 ZPO).

Im Hinblick auf die Berufungsbegründung ist ergänzend auszuführen:

Keinesfalls spricht bereits der tatsächliche Geschehensablauf für die Richtigkeit des Beklagtenvortrags. Zwar trifft es zu, dass der Zeuge R..... durch das Telefax der Klägerin vom 10. Oktober 1999 bevollmächtigt worden war, die "finanziellen Dinge" abzusprechen, und auch die mehrfachen telefonischen Rücksprachen mit dem Geschäftsführer der Klägerin während der Verhandlungen über die Herausgabe der Fahrzeuge könnten für das Zustandekommen der vom Beklagten behaupteten Vereinbarung sprechen. Jedoch übersieht der Beklagte, dass der Zeuge nach seiner Aussage von der Forderung des Beklagten "völlig überrascht" war, er über die Hintergründe des Streits zwischen dem Geschäftsführer der Klägerin und dem Beklagten nichts wusste und in den Telefonaten mit dem Geschäftsführer der Klägerin über die Forderungen zwischen den Parteien gar nicht gesprochen hat. Dementsprechend fand zwischen dem Zeugen R..... und dem Beklagten auch keine Verhandlung über die Berechtigung der von diesem geltend gemachten Forderung statt. Vielmehr ging es allein darum, welcher Geldbetrag gezahlt werden musste, um die Fahrzeuge heraus zu bekommen. Dass hiermit keine endgültige Regelung getroffen sein sollte, folgt deutlich aus der Äußerung des Zeugen R..... anlässlich der Geldübergabe, dass der Beklagte "zusehen solle, wie er mit Herrn G..... zurecht komme", was der Zeuge im umgekehrten Sinne anschließend auch zu dem Geschäftsführer der Klägerin gesagt hat. Nichts anderes ergibt sich aus der Aussage des Zeugen Gr...., der zwar auch die - unstreitige - Einigung auf Zahlung von 16.000 DM bestätigt hat, aber Verhandlungen über die Berechtigung der vom Beklagten erhobenen Forderungen ebenfalls nicht zu schildern vermochte. Dass beide Zeugen abschließend den Eindruck hatten, dass die Sache für sie erledigt sei, hat das Landgericht zutreffend allein auf die Zeugen, nicht aber auf das Verhältnis zwischen den Parteien bezogen.

Die Kammer hat auch nicht die Beweislast verkannt. Zwar trifft es zu, dass der Bereicherungsgläubiger in der Regel beweisen muss, seine Leistung ohne Rechtsgrund erbracht zu haben, wenn der Schuldner einen solchen substantiiert darlegt (vgl. z.B. BGH NJW-RR 1992, 1216; Staudinger/Lorenz, BGB, Bearbeitung April 1999, § 812 Rdn. 29). Indes gilt dies dann nicht, wenn der Gläubiger seine Leistung in der Weise unter Vorbehalt erbracht hat, dass den Leistungsempfänger in einem späteren Rückforderungsstreit die Beweislast für das Bestehen des Anspruchs treffen soll; dann muss der Bereicherungsschuldner entsprechend der ursprünglichen Beweislastverteilung die Berechtigung seiner Gegenforderung beweisen (vgl. BGH NJW 1983, 1111 und 1999, 494; Staudinger/Lorenz, a.a.O., Rdn. 11; Baumgärtel/Strieder, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, 2. Aufl., § 812 Rdn. 31), wobei allerdings die Beweislast für die Erklärung eines Vorbehalts wiederum den Leistenden trifft (OLG Hamm NJW-RR 1987, 985; Staudinger/Lorenz, a.a.O., § 814 Rdn. 11; Baumgärtel/Strieder, a.a.O. Rdn. 32 und 40). Ein solcher Vorbehalt ist hier - stillschweigend - erklärt worden.

Der Zeuge R..... wurde von der Zahlungsforderung des Beklagten überrascht. Er befand sich in einer Zwangslage, weil er die Fahrzeuge zur Vorbereitung des Rennens in E...... benötigte und bereits am nächsten Tag Testfahrten unternehmen wollte. Die Berechtigung der Forderung des Beklagten konnte er ebenso wenig überprüfen wie der Geschäftsführer der Klägerin bei den telefonischen Rücksprachen mit dem Zeugen. Demgemäß war die Berechtigung der geltend gemachten Ansprüche auch nicht Gesprächsthema zwischen dem Beklagten und dem Zeugen. Vielmehr ging es allein darum, welcher Geldbetrag aufgewandt werden musste, um die Freigabe der Fahrzeuge zu erreichen. In dieser Situation konnte der Beklagte redlicherweise nicht davon ausgehen, dass die Klägerin die Berechtigung der Forderungen auf sich beruhen lassen wollte.

Wer zur Abwendung eines überraschend geltend gemachten Zurückbehaltungsrechts, dessen Berechtigung er nicht sofort überprüfen kann, zahlt, weil er auf den zurückgehaltenen Gegenstand dringend angewiesen ist, will sich erkennbar eine Rückforderung ohne Veränderung der den Gläubiger treffenden Beweislast vorbehalten. Dieser Fall ist nicht anders zu beurteilen wie die Zahlung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil oder einem durch eine etwaige Aufhebung im Nachverfahren auflösend bedingten Vorbehaltsurteil (BGH NJW 1978, 43 und 1983, 1111), die Zahlung im Laufe eines Rechtsstreits unter Fortsetzung der Rechtsverteidigung (BGH NJW 1999, 494) oder aber eine Zahlung aufgrund Drohung mit Klageerhebung (Baumgärtel/Strieder, a.a.O., Rdn. 40). In all diesen Fällen ist anerkannt, dass auch ohne ausdrückliche Erklärung eines Vorbehalts aus den Umständen erkennbar wird, dass sich der Zahlende mit seiner Leistung nicht des Vorteils der ursprünglich bestehenden Beweislastverteilung begeben will. Dem ist die Zahlung zur Abwendung eines Zurückbehaltungsrechts aus einer Zwangslage heraus gleich zu erachten. Auch in diesem Fall erfolgt die Leistung unfreiwillig zur Abwendung eines ansonsten drohenden Nachteils, so dass es nicht gerechtfertigt erscheint, mit der Leistung eine Beweislastumkehr zu verbinden. Wer sich unter Anwendung von Zwang die Leistung verschafft, soll dafür nicht mit einer Befreiung von dem ursprünglich ihm obliegenden Nachweis der Anspruchsvoraussetzungen belohnt werden (Baumgärtel/Strieder, a.a.O., Rdn. 40).

Die Hilfsaufrechnung mit angeblichen Forderungen des Fahrers D............ aus abgetretenem Recht ist als nicht sachdienlich zurückzuweisen (§ 530 Abs. 2 ZPO). Der Beklagte beruft sich mit der Berufung erstmals auf dieser von der Klägerin bestrittene Gegenforderung, nachdem er in erster Instanz erfolglos einen Anspruch auf Preisgelder aus eigenem Recht reklamiert und mit angeblichen an ihn abgetretenen Ansprüchen des Zeugen Gr.... aufgerechnet hatte, während die vorprozessual erhobene Gegenforderung wiederum einen anderen Gegenstand aufwies (vgl. die Zusammenstellung auf S. 1 des Schriftsatzes vom 6. Juli 2000, Bl. 38 d.A.).

Der Streitwert des Berufungsverfahrens und die Beschwer des Beklagten werden auf 16.000 DM festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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