Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 30.08.1999
Aktenzeichen: 9 WF 514/99
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 645 f.
ZPO § 648 Abs. 2 Satz 3
ZPO § 654
ZPO § 323
ZPO § 767
ZPO § 114
ZPO § 650
ZPO § 651
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OLG Koblenz Beschluß 30.08.1999 - 9 WF 514/99 - 3 F 156/99 AG Hermeskeil

wegen Kindesunterhalt

hier: Beschwerde gegen die Verweigerung von Prozesskostenhilfe.

Der 9. Zivilsenat - 4. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Krüger, die Richterin am Oberlandesgericht Peters und den Richter am Landgericht Christoffel am 30. August 1999 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Hermeskeil vom 4. August 1999 abgeändert und dem Antragsteller Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt. Ihm wird Rechtsanwalt zur Vertretung beigeordnet.

Gründe

Das Familiengericht hat dem Antragsteller die Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Klage auf Kindesunterhalt verweigert, weil die Klage mutwillig sei, da dem Antragsteller das kostengünstigere vereinfachte Verfahren nach § 645 f. ZPO zur Verfügung stehe.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers hat Erfolg.

Im Ausgangspunkt geht das Familiengericht allerdings richtig davon aus, dass die Rechtsverfolgung mutwillig ist, wenn sie von dem abweicht, was eine verständige, ausreichend vermögende Partei in einem gleich gelagerten Fall tun wurde. Eine solche Partei wurde bei zwei gleichwertigen prozessualen Wegen nicht den kostspieligeren beschreiten (vgl. Zöller/Schneider ZPO 21. Aufl. Rn. 34 m. w. N.).

Bei der Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen minderjähriger Kinder mag es oftmals der kostengünstigere Weg sein, das vereinfachte Verfahren zu wählen. In diesem entsteht lediglich eine Anwaltsgebühr. Das Verfahren hat sogar Vorteile gegenüber dem normalen Klageverfahren (vgl. Strauß FamRZ 1998, 1002). Es kann dem Kind den Vorteil bringen, dass es, außer der Titulierung des vom Schuldner anerkannten Betrages oder des Regelbetrages bis zum 1,5-fachen, die Auskunft über dessen Einkünfte, sein Vermögen und seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie Belege über die Einkünfte erhält, auch wenn es ohne Begründung Unterhalt über den Regelbetrag hinaus bis zum 1,5-fachen Regelbetrag verlangt. Der Schuldner kann gemäß § 648 Abs. 2 Satz 3 ZPO den Einwand eingeschränkter Leistungsfähigkeit nur erheben, wenn er die Auskunft erteilt und die Belege vorlegt. Das vereinfachte Verfahren dürfte dem Kind zumeist auch schneller einen Unterhaltstitel verschaffen.

Indes hat das vereinfachte Verfahren auch Nachteile (vgl. Strauß a.a.O. S. 1003). Es ist zum Beispiel nicht für den Mangelfall geeignet. Insbesondere ist der Titel aber einem Urteil auf Zahlung von Unterhalt insofern nicht gleichwertig, weil er aufgrund der Sondervorschrift des § 654 ZPO mit einer Abänderungsklage angegriffen werden kann, für die weder die Voraussetzungen des § 323 ZPO noch § 767 ZPO gelten. Deshalb wird verbreitet eine Unterhaltsklage trotz der Möglichkeit des vereinfachten Verfahrens nicht für mutwillig gehalten (vgl. FamRefK/Häußermann § 1612 a BGB Rn. 2; Gerhardt/von Heintschel-Heinegg/Klein 2. Aufl. Kap. 6 Rn. 202 b m.w.N.; anderer Ansicht: OLG Hamm FamRZ 1999, 995).

Vorliegend kann dahinstehen, ob Prozesskostenhilfe für eine reguläre Unterhaltsklage unter dem Gesichtspunkt der Mutwilligkeit (§ 114 ZPO) generell nachrangig gegenüber dem vereinfachten Verfahren nach § 645 f. ZPO ist oder ob das Kind auch bei Benötigung von Prozesskostenhilfe das volle Wahlrecht zwischen den beiden Verfahrensarten hat. Im vorliegenden Fall wird das Familiengericht nämlich zu entscheiden haben, ob die Antragsgegnerin sich so behandeln lassen muss, als habe sie eine für sie günstigere Steuerklasse gewählt. Von Bedeutung werden dürfte auch die Frage, ob die Leistungsfähigkeit der Antragsgegnerin sich deshalb vermindert, weil sie für die bei ihr lebende gemeinsame Tochter keinen Unterhalt erhält. Damit wird der Rechtspfleger wahrscheinlich ich nach § 650 ZPO verfahren und es ist absehbar, dass die Parteien in das streitige Verfahren gemäß § 651 ZPO übergehen werden. Unter diesen Voraussetzungen ist das vereinfachte Verfahren nach § 645 f. ZPO dann jedenfalls nicht das schnellere und kostengünstigere. Vielmehr wird ein Titel eher zügig durch das normale Klageverfahren zu erreichen sein.

Ende der Entscheidung

Zurück