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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 26.04.2006
Aktenzeichen: 13 U 58/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 234 Abs. 3
ZPO § 418
ZPO § 696 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

13 U 58/07

In dem Prozesskostenhilfeverfahren

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln am 26. April 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Gundlach sowie die Richter am Oberlandesgericht Hentschel und Dr. Waters

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Beklagten vom 13.03.2007 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Berufungsverfahrens gegen das am 05.02.2007 verkündete Urteil des Landgerichts Aachen - 1 O 750/06 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 114 Satz 1 ZPO liegen nicht vor, denn die beabsichtigte Berufung bietet keine Aussicht auf Erfolg.

Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Vollstreckungsbescheid vom 27.04.1998 der Beklagten am 29.04.1998 wirksam durch Niederlegung zugestellt worden ist (§ 182 Abs.2 ZPO a.F.).

Ausweislich des Aktenausdrucks, der im maschinell bearbeiteten Mahnverfahren an die Stelle der Akten tritt (§ 696 Abs.2 S.1 ZPO), ist nach dem Inhalt der Postzustellungsurkunden der Beklagten sowohl der Mahnbescheid (am 07.04.1998) als auch der Vollstreckungsbescheid (am 29.04.1998) durch Niederlegung und Abgabe einer Benachrichtigung in der bei gewöhnlichen Briefen üblichen Weise (Hausbriefkasten) an der angegebenen Zustellanschrift (M-Straße 57 in ##### B) zugestellt worden. Gemäß § 696 Abs.2 S.2 ZPO gelten für den Aktenausdruck die Vorschriften über die Beweiskraft öffentlicher Urkunden entsprechend. Wie die Postzustellungsurkunden selbst begründet demgemäss die im Aktenausdruck als Inhalt der Postzustellungsurkunden festgehaltene Beurkundung der postalischen Zustellung über die Art und Weise der Benachrichtigung gemäß § 418 Abs.1 ZPO den vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen (vgl. Senat, Beschluss vom 28.02.2001 - 13 W 82/00; OLG Dresden, JurBüro 1999, 154).

Zur Führung des nach § 418 Abs.2 ZPO zulässigen Gegenbeweises genügt bloße Glaubhaftmachung i.S.d. § 294 ZPO nicht. Die Unrichtigkeit des beurkundeten Zustellungsvorgangs muss vielmehr über bloße Zweifel an der Richtigkeit der beurkundeten Feststellung hinaus freibeweislich zur vollen Überzeugung des Gerichts feststehen. Zwar dürfen wegen der Beweisnot der betroffenen Partei die Anforderungen an den Gegenbeweis nicht überspannt werden. Es bedarf aber jedenfalls einer plausiblen und schlüssigen Darlegung von Umständen, die - wenn sie nicht schon jede Möglichkeit der Richtigkeit des beurkundeten Geschehensablaufs ausschließen - zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Unrichtigkeit der Beurkundung begründen müssen (vgl. BVerfG NJW 1992, 224; OLG Düsseldorf, VRS Bd. 87 (1992), 441 und NJW 2000, 2831; OVG Münster, NVwZ 2000, 346). Daran fehlt es hier, denn seitens der Beklagten wird lediglich ins Blaue hinein behauptet, der Briefträger habe die Niederlegungsnachricht nicht in den Briefkasten eingelegt; konkrete Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten des Postbediensteten bei Ausführung der Zustellung und damit für eine Falschbeurkundung werden hingegen nicht dargetan.

Mit Niederlegung der Sendung und Abgabe der schriftlichen Mitteilung ist die Zustellung wirksam vollzogen gewesen; darauf, ob die Beklagte die in den Briefkasten eingeworfene Benachrichtigung erhalten hat, kommt es - worauf das Landgericht bereits zutreffend hingewiesen hat - nicht an.

Zu Recht hat das Landgericht der Beklagten auch keine Wiedereinsetzung in die versäumte Einspruchsfrist gewährt.

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand scheidet aus, weil die Ausschlussfrist von einem Jahr gemäß § 234 Abs.3 ZPO abgelaufen ist. Nach dieser Vorschrift kann nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Zwar tritt der Schutzzweck des § 234 Abs.3 ZPO, die Gefährdung der formellen Rechtskraft zu beschränken und den Bestand der an ihren Eintritt geknüpften Rechte des Prozessgegners zu schützen, ausnahmsweise zurück, soweit der Prozessgegner auf den Eintritt der Rechtskraft nicht vertrauen darf und der Antragsteller den Ablauf der Ausschlussfrist nicht zu vertreten hat (Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 234 Rn. 12), diese Voraussetzungen liegen hier aber entgegen der Ansicht der Beklagten nicht vor. Die Klägerin hat auch nach dem Vorbringen der Beklagten frühestens im Mai 2000 davon erfahren, dass die Beklagte von dem ihr am 29.04.1998 zugestellten Vollstreckungsbescheid keine Kenntnis hatte. Zu diesem Zeitpunkt aber war die Frist des § 234 Abs.3 ZPO schon mehr als ein halbes Jahr abgelaufen, so dass die Klägerin seinerzeit auf den Eintritt der Rechtskraft des Vollstreckungsbescheides vertrauen durfte.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Ende der Entscheidung

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