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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 11.05.2006
Aktenzeichen: 14 WF 49/06
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1592 Nr. 2
BGB § 1599 I
BGB § 1600 I Nr. 1
BGB § 1600b II 1
ZPO § 114
ZPO § 640e I
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Prozesskostenhilfe verweigernde Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Köln vom 2. Februar 2006 - 301 F 45/06 - abgeändert.

Der Klägerin wird ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin T in L bewilligt.

Gründe:

I.

Die nicht verheiratete Klägerin ist die Mutter eines am 29. Januar 2004 geborenen Mädchens. Der Beklagte hat die Vaterschaft für das Kind durch Jugendamtsurkunde vom 25. März 2004 anerkannt. Mit am 31. Januar 2006 beim Amtsgericht eingereichter Klage erstrebt die Klägerin die Feststellung, dass der Beklagte nicht der Vater ihrer Tochter ist. Sie trägt dazu vor, der leibliche Vater des Kindes sei ein Herr S. Dieser habe jedoch nach der Geburt des Kindes aus persönlichen Gründen nicht in Erscheinung treten sollen, weshalb sie - die Klägerin - die Angabe des Kindesvaters verweigert habe. Sie sei jedoch von den Sozialbehörden mit der Androhung von Leistungsentzug unter Druck gesetzt worden und habe deshalb den Beklagten, der sich zur Vaterschaftserkennung bereit gefunden habe, als Vater benannt. Inzwischen habe sich die Situation geändert, sie - die Klägerin - und der leibliche Kindesvater beabsichtigten, demnächst zu heiraten. Für sie sei es deshalb wichtig, dass der richtige Vater des Kindes in der Geburtsurkunde stehe.

Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht die von der Klägerin beantragte Prozesskostenhilfe mit der Begründung abgelehnt, die Rechtsverfolgung sei mutwillig, weil die Klägerin selbst durch falsche Erklärungen bewirkt habe, dass die Abstammung des Kindes unrichtig in öffentliche Urkunden eingetragen worden sei.

Der gegen diese Entscheidung gerichteten Beschwerde der Klägerin hat das Amtsgericht nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Der zuständige Einzelrichter hat die Entscheidung dem Senat als Kollegialgericht übertragen.

Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat Aussicht auf Erfolg. Auch bei einem bewusst falschen Vaterschaftsanerkenntnis kann die Vaterschaft gemäß § 1600 I Nr. 1, 1599 I, 1592 Nr. 2 BGB angefochten werden (Senat in FamRZ 2002, 629ff. mit ausführlicher Begründung; Palandt/Diederichsen, BGB, 65. Aufl. 2006, Rdn. 2 zu § 1598). Das Anfechtungsrecht ist in diesen Fällen nicht wegen Rechtsmissbrauchs ausgeschlossen (Senat, a.a.O., für den Fall der Anfechtung durch den Anerkennenden). Die zweijährige Anfechtungsfrist, die gemäß § 1600b II 1 BGB mit der Wirksamkeit der Anerkennung beginnt, ist vorliegend gewahrt.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts kann die nachgesuchte Prozesskostenhilfe nicht wegen Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung versagt werden. Insoweit ergeben sich Parallelen zum Fall der Auflösung einer Scheinehe (vgl. dazu und zum Nachfolgenden BGH in FamRZ 2005, 1477f.). Zwar ist die Eingehung der Scheinehe als rechtsmissbräuchlich anzusehen, nicht aber die Auflösung der Ehe auf dem gesetzlich vorgeschriebenen Weg. Daraus ergibt sich zugleich, dass ein Scheidungsbegehren in diesen Fällen nicht als mutwillig im Sinne von § 114 ZPO angesehen werden kann. Andernfalls würde die bedürftige Partei unter Verletzung des Grundsatzes der Rechtsanwendungsgleichheit schlechter gestellt als die nicht bedürftige.

Entsprechende Erwägungen gelten für den vorliegenden Sachverhalt. Auch hier mag zwar die Vaterschaftsanerkennung und insbesondere die in Kenntnis der Nichtvaterschaft des Beklagten erteilte Zustimmung der Klägerin zu der Anerkennung rechtsmissbräuchlich gewesen sein, das gilt aber nicht für die Beseitigung der dadurch eingetretenen Rechtsfolgen auf dem gesetzlich allein möglichen Weg der Vaterschaftsanfechtung (vgl. Senat, a.a.O.). Wenn danach in solchen Fällen einer nicht bedürftigen Partei diese Möglichkeit eröffnet ist, kann sie einer bedürftigen Partei nicht wegen Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung verweigert werden.

Da die Bedürftigkeit der Klägerin zweifelsfrei belegt ist, war ihr somit Prozesskostenhilfe bewilligen.

Aus gegebenen Anlass weist der Senat abschließend darauf hin, dass es entgegen der Auffassung des Vormundschaftsgerichts, das von dem Familiengericht um die Bestellung eines Ergänzungspflegers gebeten worden ist, einer solchen Bestellung im vorliegenden Falle sehr wohl bedarf. Das Erfordernis ergibt sich aus der nach § 640e I ZPO zwingend vorgeschriebenen Beiladung des betroffenen Kindes, das durch die allein sorgeberechtigte Mutter, die Klägerin im Statusprozess ist, nicht vertreten werden kann (ausführlich dazu BGH in FamRZ 2002, 880 ff.).

Ende der Entscheidung

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