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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 02.04.2003
Aktenzeichen: 16 Wx 31/03
Rechtsgebiete: FGG, ZPO, BVormVG


Vorschriften:

FGG § 16 Abs. 2
FGG § 19
FGG § 22 Abs. 1
FGG § 27
FGG § 29
FGG § 29 Abs. 2
FGG § 56g Abs. 5
FGG § 56g Abs. 1
FGG § 67 Abs. 3
ZPO §§ 166 ff.
ZPO § 127 Abs. 3
ZPO § 127 Abs. 3 S. 3
ZPO § 127 Abs. 3 S. 4
ZPO § 127 Abs. 3 S. 5
ZPO § 127 Abs. 3 S. 6
ZPO § 174
ZPO § 569 Abs. 1
ZPO § 574 Abs. 1 Ziff. 2
BVormVG § 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 31/03

In dem Betreuungsverfahren

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Manteufel

am 02.04.2003

beschlossen:

Tenor:

Das als sofortige weitere Beschwerde zu behandelnde Rechtsmittel des Beteiligten zu 4. gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 29.10.2002 - 1 T 382/02 - wird als unzulässig verworfen.

Der Beteiligte zu 4. hat dem Beteiligten zu 2. die im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen Kosten zu erstatten.

Gründe:

I.

Auf Anregung ihres Ehemannes leitete das Amtsgericht ein Betreuungsverfahren gegen die Betroffene ein. Nachdem in einem am 27.07.2002 eingegangenen fachärztlichen Gutachten festgestellt worden war, dass sie an einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis leidet und eine mangelnde Einsichtsfähigkeit bei zunehmender Krankheitssymptomatik für sie zu bedrohlichen Folgen führen könne, hörte der Vormundschaftsrichter sie am 31.07.2002 an. Eingangs des Anhörungstermins bestellte er den mit erschienenen Beteiligten zu 2., einen Rechtsanwalt, zum Verfahrenspfleger, und zwar im Rahmen seiner Berufsausübung. Noch am gleichen Tag ordnete er eine umfassende Betreuung an und bestellte den Ehemann der Betroffenen zum Betreuer.

Mit einem am 05.09.2002 eingegangenen Schriftsatz hat der Beteiligte zu 4. gegen die Statusentscheidung, dass die Bestellung des Beteiligten zu 2. im Rahmen seiner Berufsausübung erfolge, Beschwerde eingelegt. Diese hat das Landgericht mit Beschluss vom 29.10.1992 zurückgewiesen und in den Gründen u. a. ausgeführt, dass ein weiteres Rechtsmittel nicht zugelassen werde, weil die Sache einen Einzelfall betreffe und nicht von grundsätzlicher Bedeutung sei.

Gegen den am 05.11.2002 zugestellten Beschluss wendet sich der Beteiligte zu 4. mit seiner am 17.12.2002 eingegangenen "weiteren Beschwerde" vom 12.12.2002.

II.

Das formgerecht eingelegte Rechtsmittel ist als sofortige weitere Beschwerde entsprechend § 56g Abs. 5 FGG zu behandeln. Das Rechtsmittel ist nicht statthaft, weil das Landgericht es nicht zugelassen hat.

1.

Mit Beschluss vom 12.01.2001 - 16 Wx 147/00 - hat der Senat die Anregung des Bundesverfassungsgerichts an die Fachgerichte in dem Beschluss vom 07.06.2000 - 1 BvR 23/00 - (FamRZ 2000, 1280) aufgegriffen, in den Fällen, in denen anwaltsspezifische Tätigkeiten anfallen werden, bereits bei der Bestellung eines Rechtsanwalts als Verfahrenspfleger die Feststellung zu treffen, dass diese im Rahmen seiner anwaltlichen Berufsausübung erfolgt, weil dies der Rechtssicherheit und Klarheit diene. Der Senat hat sodann weiter entschieden, dass diese Feststellung für den Bezirksrevisor als Vertreter der Staatskasse anfechtbar sei, und zwar mit dem Rechtsmittel, das ohne gesetzliche Sonderregelung im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit eröffnet ist, also der einfachen Beschwerde nach § 19 FGG. Eine sofortige Beschwerde nach § 56g Abs. 5 FGG scheide aus, weil es sich bei der bloßen Feststellung, dass ein Verfahrenspfleger in seiner Funktion als Rechtsanwalt bestellt sei, nicht um eine Entscheidung über die Festsetzung seiner Vergütung, eines ihm zustehenden Aufwendungsersatzes o. ä. im Sinne des § 56g Abs. 1 FGG handele. Gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts sei sodann auch ohne Zulassung die einfache weitere Beschwerde nach den §§ 27, 29 FGG eröffnet (Senatsbeschluss vom 11.05.2001 - 16 Wx 77/01 - = FamRZ 2001, 1643 = OLGReport Köln 2001, 391 = NJWE-FER 2001, 290). Diese Rechtsprechung hat der Senat sodann in weiteren Entscheidungen, in denen der Bezirksrevisor die sog. Statusentscheidung angefochten hatte, aufrechterhalten.

2.

Eine Verfassungsbeschwerde gegen den auf dieser Linie liegenden Senatsbeschluss vom 08.05.2002 - 16 Wx 72/02 - , mit dem die dortige Statusentscheidung aufgehoben worden war, hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 23.07.2002 - 1 BvR 1069/02 - nicht zur Entscheidung angenommen, aber in den Gründen betont, es sei unter dem Gesichtspunkt der Rechtsklarheit verfassungsrechtlich geboten, das Verfahren so zu gestalten, dass die Statusentscheidung darüber, ob rechtsanwaltsspezifische Tätigkeiten durch den Verfahrenspfleger zu erwarten sind, möglichst abschließend getroffen werde, bevor ein Rechtsanwalt seine Tätigkeit als Verfahrenspfleger aufnehme. Wege hierzu ließen sich beispielsweise aus den für vergleichbare Fallkonstellationen vom Gesetzgeber geschaffenen verfahrensrechtlichen Vorgaben entnehmen. So sei etwa das entsprechende Problem bei der Anfechtung der Entscheidung über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe durch die Staatskasse gem. § 127 Abs. 3 ZPO durch eine fristgebundene und zudem nur innerhalb einer Ausschlussfrist möglichen Beschwerde gelöst worden.

3.

Entsprechend dieser Anregung hat der Senat sodann mit Beschluss vom 07.02.2003 - 16 Wx 9/03 - zunächst entschieden, dass auf die Erstbeschwerde des Bezirksrevisors die Ausschlussfrist des § 127 Abs. 3 S. 4, 5 ZPO entsprechend anwendbar ist, also eine Beschwerde nach Ablauf von drei Monaten ab Wirksamwerden der Bestellung unstatthaft ist. Dies bedingt - was noch ergänzend anzumerken ist - zugleich eine entsprechende Anwendung des § 127 Abs. 3 S. 6 ZPO. Die Statusentscheidung braucht also dem Vertreter der Staatskasse nicht von Amts wegen bekannt gegeben zu werden, und er kann sich auf Stichproben beschränken. Damit kann einerseits dem Interesse des Pflegers, alsbald Klarheit darüber zu erlangen, wie er seine Vergütung abrechnen kann, und andererseits dem öffentlichen Interesse Rechnung getragen werden, einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand zu verhindern, der entstehen würde, wenn man jede Pflegerbestellung mit einer Statusentscheidung dem Bezirksrevisor bekannt geben müsste (vgl. zu den Erwägungen, die § 127 Abs. 3 S. 4, 6 ZPO zugrunde liegen und deren verfassungsrechtliche Zulässigkeit BVerfG NJW 1995, 581).

Hierbei brauchte die Frage nicht näher problematisiert zu werden, ob und ggfls. wie entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Senats neben der Geltung der Ausschlussfrist eine Befristung des Rechtsmittels selbst zu erfolgen hat. Da die Statusentscheidung dem Bezirksrevisor regelmäßig nicht förmlich gem. § 16 Abs. 2 FGG i. V. m. §§ 166 ff. ZPO zugestellt wird und auch im konkreten Fall nicht zugestellt worden war, konnte ohnehin weder die Frist für eine etwaige sofortige Beschwerde nach § 22 Abs. 1 FGG, noch für eine solche in entsprechender Anwendung des § 127 Abs. 3 S. 3 ZPO in Gang gesetzt werden.

4.

Vorliegend bedarf die Frage einer etwaigen Befristung oder sonstigen Begrenzung des Beschwerderechts der Staatskasse aber einer Entscheidung, zwar nicht für das Erstbeschwerdeverfahren, wohl aber für die Rechtsbeschwerde, die nach förmlicher Zustellung gegen Empfangsbekenntnis gem. § 16 Abs. 2 FGG i. V. m. § 174 ZPO erst nach Ablauf nicht nur der Frist von 2 Wochen der §§ 22 Abs. 1, 29 Abs. 2 FGG, sondern auch der Monatsfrist des § 127 Abs. 3 S. 3 ZPO eingelegt worden ist.

Auf der Grundlage der Prämissen des Bundesverfassungsgerichts, das zur Schaffung von Rechtsklarheit mehrfach die Notwendigkeit der Befristung betont hat, kann der Senat nicht mehr an seiner Rechtsprechung zur Statthaftigkeit der einfachen Beschwerde und der einfachen weiteren Beschwerde festhalten. Vielmehr ist es geboten, § 56 g Abs. 5 FGG entsprechend anzuwenden.

Als Alternativen für eine Befristung der Rechtsmittel kommen in Betracht, entweder eine sofortige Beschwerde mit einer entsprechende Anwendung der Monatsfrist des § 127 Abs. 3 S. 3 ZPO sowie im Falle einer Zulassung die Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 1 Ziff. 2 ZPO oder aber eine sofortige Beschwerde sowie bei Zulassung ggfls. eine sofortige weitere Beschwerde nach § 56g Abs. 5 S 2 FGG.

Gegen eine entsprechende Anwendung der Rechtsmittel im Prozesskostenhilfe-Verfahren spricht, dass vorliegend an sich keine Sachnähe zu diesem Verfahren besteht und die entsprechende Anwendung der Ausschlussfrist des § 127 Abs. 3 S. 4 ZPO nur darauf beruht, dass es im Rechtsmittelsystem der freiwilligen Gerichtsbarkeit keine zeitliche Zäsur für eine Beschwerde eines Beteiligten gibt, dem eine Entscheidung nicht oder nicht im Wege der förmlichen Zustellung gem. § 16 Abs. 2 FGG i. V. m. den §§ 166 ff. ZPO zugestellt worden ist. Zudem stellen die Monatsfristen des § 127 Abs. 2 S. 3, Abs. 3 S. 3 ZPO eine Ausnahme gegenüber der gem. § 569 Abs. 1 ZPO grundsätzlich für sofortige Beschwerden geltenden Notfrist von zwei Wochen dar. Mit der für die sofortige Beschwerde der Staatskasse geltenden Frist des § 127 Abs. 3 S. 3 sollte ein Gleichlauf mit der Monatsfrist für das Rechtsmittel einer Partei hergestellt werden. Der Grund für diese Frist liegt wiederum darin, dass wegen der Auswirkungen einer negativen Bescheidung eines Prozesskostenhilfegesuchs für eine bedürftige Partei ein Angleichung an die für Rechtsmittel in der Hauptsache geltenden Fristen der §§ 517, 548 ZPO erfolgen sollte (vgl. BT-Drucksache 14/4722 S. 76). Dieser gesetzgeberische Zweck greift indes vorliegend nicht ein, und es sind auch sonst keine Gründe dafür erkennbar, die eine längere als die im FGG-Verfahren für befristete Rechtsmittel geltende Frist von zwei Wochen des § 22 Abs. 1 FGG rechtfertigen könnten. Im Gegenteil spricht das Verfassungsgebot, dass der anwaltliche Verfahrenspfleger möglichst alsbald Klarheit über die Bestandskraft der Statusentscheidung erhält, gerade für diese Frist.

Das Gebot führt weiter dazu, die Vorschrift des § 56g Abs. 5 FGG nicht nur wegen der Beschwerdefrist, sondern insgesamt entsprechend anzuwenden mit der Folge, dass eine sofortige weitere Beschwerde nur noch im Falle der Zulassung durch das Landgericht statthaft ist. Entsprechendes gilt für die in Satz 1 enthaltenen Regelungen, wonach bereits die Erstbeschwerde nur zulässig ist, wenn die Beschwer mehr als 150,00 € beträgt oder das Vormundschaftsgericht sie zugelassen hat. Letzteres erlaubt das Ausscheiden von Bagatellsachen, bei denen die Problematik nicht über den Einzelfall hinausgeht. Damit kann daher ebenfalls erreicht werden, dass der anwaltliche Verfahrenspfleger ggfls. noch vor Aufnahme seiner Tätigkeit Klarheit über die Art und Weise seiner Vergütung enthält.

Die Entscheidung eines Familiensenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 14.05.2002 - 9 WF 60/02 - (FamRZ 2003, 323), wonach die Feststellung, dass eine Verfahrenspflegschaft berufsmäßig geführt werde, generell nicht anfechtbar sei, betrifft nicht die vorliegende Konstellation, in der auch von dem Vertreter der Staatskasse nicht in Zweifel gezogen wird, dass dem Beteiligten zu 2. jedenfalls eine Vergütung nach § 67 Abs. 3 FGG i. V. m. § 1 BVormVG zusteht. Auch gibt sie schon deshalb keinen Anlass für eine Vorlage nach § 28 Abs. 2 FGG, weil sie auf eine Erstbeschwerde und nicht im Verfahren der weiteren Beschwerde ergangen ist.

5. Zusammenfassend ist also festzustellen:

a) Die Statusentscheidung, dass die Verfahrenspflegschaft eine anwaltliche ist, ist für den Bezirksrevisor entsprechend § 56g Abs. 5 S. 1 mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar, wenn die Beschwer der Staatskasse 150,00 € übersteigt oder das Vormundschaftsgericht sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen hat.

b) Wegen der nur entsprechenden Anwendung dieser Vorschrift und zur Verhinderung eines unangemessenen Verwaltungsaufwandes bedarf es keiner Bekanntgabe der Statusentscheidung im Wege einer förmlichen Zustellung nach § 16 Abs. 2 FGG i. V. m. §§ 166 ff. ZPO. Vielmehr gilt wegen des gleichgelagerten Regelungszweckes § 127 Abs. 3 S. 6 ZPO entsprechend.

c) Die fehlende Bekanntgabe gegenüber der Staatskasse hat zwar die Folge, dass gem. § 22 Abs. 1 FGG die Frist von zwei Wochen für die sofortige Beschwerde nicht in Gang gesetzt wird. Indes ist das Beschwerderecht der Staatskasse zeitlich durch eine entsprechende Anwendung der Ausschlussfrist von drei Monaten des § 127 Abs. 3 S. 4 ZPO begrenzt.

d) Eine sofortige, also befristete, weitere Beschwerde der Staatskasse ist entsprechend § 56g Abs. 5 S. 2 FGG nur statthaft, wenn das Landgericht sie wegen grundsätzlicher Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen hat.

5.

Die Anwendung dieser Grundsätze führt vorliegend dazu, dass das Rechtsmittel des Beteiligten zu 4. schon wegen fehlender Zulassung durch das Landgericht nicht statthaft ist. Auf die Frage einer Verfristung kommt es daher nicht an.

III.

Die Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten des Beteiligten zu 2. beruht auf § 13 Abs. 1 S. 2 FGG. Für das Erstbeschwerdeverfahren erübrigte sich eine Erstattungsanordnung, da das Landgericht ihn nicht beteiligt hat. Auch im übrigen ist eine Kostenentscheidung nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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