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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 07.04.2000
Aktenzeichen: 16 Wx 35/00
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 22 Abs. 1
WEG § 21 Abs. 3
WEG § 21 Abs. 2
WEG § 47
WEG § 47 S. 2
WEG § 48
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 35/00 29 T 216/99 - LG Köln - 35 II 25/99 AG Bergisch-Gladbach

In der Wohnungseigentumssache

pp.

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Dr. Ahn-Roth am 07.04.2000

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 19.01.2000 - 29 T 216/99 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten für das Verfahren der Erstbeschwerde entfällt.

Die Antragsgegner haben die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten sind auch für die dritte Instanz nicht zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 8.000,00 DM festgesetzt.

Gründe

Die Antragsteller und die Antragsgegner sind Mitglieder einer aus vier Miteigentümern bestehenden Wohnungseigentumsanlage. Die Antragstellerin hat im Jahre 1998 gegen eine Miteigentümerin, die Beteiligte zu 2. a) einen rechtskräftigen Titel auf Beseitigung einer Markise erwirkt. In der Eigentümerversammlung vom 13.03.1999, an der die Antragstellerin aus zwischen den Beteiligten streitigen Gründen nicht teilgenommen hat, beantragte die Beteiligte zu 2. a) darüber abzustimmen, ob die Markise störe. Sie und die weiteren beiden Antragsgegner beschlossen sodann unter TOP 8 für die Eigentümergemeinschaft "ihre nachträgliche Zustimmung zum Anbringen der Markise an der Stelle, an welchem sie zu diesem Zeitpunkt angebracht war".

Diesen Beschluss sowie weitere unter TOP 6 getroffene Regelungen hat die Antragstellerin angefochten. Das Amtsgericht hat dem Anfechtungsantrag wegen der Markise stattgegeben und ihn im übrigen zurückgewiesen. Eine hiergegen eingereichte sofortige Beschwerde der Antragsgegner blieb ohne Erfolg. Mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde verfolgen sie ihr Begehren auf Zurückweisung des Anfechtungsantrags wegen der Markise weiter.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige weitere Beschwerde ist zulässig (§§ 27 Abs. 1, 29 FGG, § 45 WEG), jedoch nicht begründet.

Zwar kommt der nach Zurückweisung einer sofortigen Beschwerde durch das Landgericht rechtskräftig gewordenen Entscheidung des Amtsgerichts vom 27.04.1998 über die Beseitigung der Markise Rechtskraftwirkung nur im Verhältnis zwischen der Antragstellerin und der Beteiligten zu 2. zu, da die übrigen Mitglieder der Eigentümergemeinschaft an dem früheren Verfahren nicht formell beteiligt waren (vgl. Merle in Bärmann/Pick/Merle, WEG 8. Auflage, § 45 Rdn. 116). Auch ist es für das vorliegende Verfahren ohne Interesse, ob das Beseitigungsverlangen der Antragstellerin - wie das Landgericht gemeint hat - mutwillig ist bzw. sie gem. zur Duldung der Markise verpflichtet ist, da ihr im Verhältnis zu der Beteiligten zu 2. a) rechtskräftig ein Beseitigungsanspruch zuerkannt ist.

Bereits das Amtsgericht hat indes rechtlich zutreffend ausgeführt, dass es sich bei der auffällig und in unüblicher Weise im Dachbereich angebrachten Markise um eine bauliche Veränderung handelt, die der Zustimmung aller Miteigentümer bedurft hätte. Ein gleichwohl unter Missachtung des § 22 Abs. 1 WEG nur mehrheitlich gefasster Beschluss, mit dem die Eigentümergemeinschaft ihre Zustimmung erteilt, ist auf einen Anfechtungsantrag hin für ungültig zu erklären (vgl. Senatsbeschluss vom 29.04.1997 - 16 Wx 76/97 - OLGR 1997, 218)

Um einen derartigen Fall eines unwirksamen Mehrheitsbeschlusses handelt es sich hier. Regelungsinhalt des Beschlusses war bereits nach dessen klaren Wortlaut die "Zustimmung" zum Anbringen der Markise und nicht etwa - so die Interpretationsversuche der Antragsgegner - die Entscheidung, dass die Anbringung "nicht wieder rückgängig gemacht werden soll". Selbst wenn letzteres wortwörtlich so beschlossen worden wäre, würde es sich im übrigen ebenfalls der Sache nach um nichts anderes als um eine Zustimmung zu einer baulichen Veränderung handeln.

Eine Rechtfertigung kann die Mehrheitsentscheidung entgegen der Meinung der Antragsgegner schon deshalb nicht in § 21 Abs. 3 WEG finden, weil ausdrücklich gesetzlich bestimmt ist, dass zustimmungsbedürftige Maßnahmen nicht nach dieser Norm beschlossen werden können (§ 22 Abs. 1 S. 1, letzter Hs. WEG). Damit erübrigen sich weitere Ausführungen zu den rechtlichen Erwägungen in der Begründung der weiteren Beschwerde. Im übrigen würde eine Maßnahme nur dann ordnungsgemäßer Verwaltung i. S. d. § 21 Abs. 2 WEG entsprechen, wenn sie im Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer erfolgt (Merle a.a.O. Rdn. 60). Dies ist dann nicht der Fall, wenn die Gemeinschaft zu einer bereits gerichtlich entschiedenen Streitigkeit zwischen zwei Wohnungseigentümerinnen nachträglich Partei ergreift und versucht, bei unveränderter tatsächlicher und rechtlicher Ausgangslage durch Mehrheitsentscheidung einen rechtskräftigen Titel der einen gegen die andere ins Leere laufen zu lassen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, der unterlegenen Beteiligten zu 1. die Gerichtskosten des Verfahrens dritter Instanz aufzuerlegen.

Für eine Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten bestand keine Veranlassung. Im WEG-Verfahren haben die Beteiligten nach § 47 S. 2 WEG ihre außergerichtlichen Kosten grundsätzlich selbst zu tragen. Dieser Grundsatz gilt zwar nicht ohne Einschränkungen. So kann eine Ausnahme dann in Betracht kommen, wenn die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung mutwillig, d. h. die Aussichtslosigkeit für den betreffenden Beteiligten von vornherein erkennbar war und es deswegen unbillig wäre, den Verfahrensgegner mit den erwachsenen außergerichtlichen Kosten zu belasten (vgl. Senatsbeschluss vom 09.02.2000 - 16 Wx 15/00; Staudinger/Wenzel, WEG, § 47 Rd. 19 mit Nachweisen). Vorliegend liegt es zwar auf der Hand, dass seitens der Antragsgegner versucht wird, den rechtskräftigen Beseitigungsausspruch zu unterlaufen. Angesichts des Umstands, dass nicht alle Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft an dem früheren Verfahren beteiligt waren, kann die Ausschöpfung des Instanzenzuges durch die Antragsgegner nicht als mutwillig angesehen werden. Dies hat die Folge, dass auch die Kostenentscheidung des Landgerichts, für die die gleichen Erwägungen gelten, entsprechend abzuändern war.

Die Festsetzung des Geschäftswerts folgt aus § 48 WEG und entspricht den unbeanstandet gebliebenen Wertfestsetzungen der Vorinstanzen.

Ende der Entscheidung

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